Volle Kontrolle

Haas gehört zu den vier größten Steuerungsherstellern weltweit: In Kürze liefert Haas Automation seine 160.000ste Maschine aus. Da jede dieser Maschinen mit der eigenen Haas-Steuerung ausgestattet ist, gehört der US-Maschinenbauer damit zu den vier größten Steuerungsherstellern weltweit. Die Philosophie der Amerikaner: Der Bediener soll möglichst einfach zum Ziel kommen. Autor: Manfred Flohr / Fachmagazin maschine+werkzeug

Viele Funktionen sind über den Druck einer einzigen Taste ausführbar.

Viele Funktionen sind über den Druck einer einzigen Taste ausführbar.

Firmengründer Gene Haas hatte das Entwicklungsziel von Anfang an selber vorgegeben: Die Steuerung soll mit Funktionen ausgestattet sein, die es ermöglichen, schnell mit der Maschine umzugehen und produktiv zu sein. Die Anforderungen kommen aus der Praxis, denn Gene Hass hat über viele Jahre in seiner Werkstatt mit anderen Steuerungen gearbeitet, ehe er mit der Produktion eigener Werkzeugmaschinen begann. Zusammen mit Chefentwickler Kurt Zierhut hat Haas seine Vorstellungen einer bedienerfreundlichen Steuerung umgesetzt – gemacht von Anwendern für Anwender.

Das Konzept wird schon beim Arbeitsbeginn deutlich. Der Bediener schaltet die Maschine ein und muss lediglich eine Taste drücken, damit die Maschine sich referenziert und er anfangen kann zu arbeiten. Alle Achsen der Maschine erfahren durch den Tastendruck einen Reset. Diese Vorgehensweise setzt sich fort. Einige der leistungsstärksten Funktionen der Haas-Steuerung gehorchen dem Druck einer einzigen Taste. So kann der Bediener den Werkzeugversatz durch Betätigung nur einer Taste einstellen, ohne von Hand Werte in die Steuerung eingeben zu müssen. Er positioniert einfach ein Werkzeug im Schrittbetrieb auf die Oberfläche des Teiles, drückt die Taste zur Messung des Werkzeugversatzes und die Werkzeuglänge wird automatisch im Längenregister gespeichert. Dann drückt er die Taste zur Auswahl des nächsten Werkzeugs und wiederholt den Prozess für jedes weitere Werkzeug. Das Einstellen des Werkstückversatzes ist genauso einfach.

Die Hilfe-Funktion für die Steuerung ist ein integriertes, durchsuchbares Bedienerhandbuch, das die verschiedenen Funktionen der Haas-Maschine erläutert. Der Anwender gibt einfach ein Suchwort ein, um ein Thema zu finden, oder drückt F1 für Hilfe zu den G-Codes oder F2 für Erläuterungen zu den M-Codes. Die Kalkulator-Seiten enthalten leistungsstarke Funktionen zum Lösen von trigonometrischen Gleichungen, Kreis-Kreis-Tangenten-Gleichungen und Kreis-Linien-Tangenten-Gleichungen und erlauben die Berechnung von Drehzahlen und Vorschüben sowie die Ausführung mathematischer Standardberechnungen. Die Lösungen der Gleichungen können vom Rechner aus direkt in ein Programm eingefügt werden.

Um die von Haas in den USA selbst produzierte Steuerung kann sich der gleiche Servicetechniker kümmern wie für die Maschine.

Um die von Haas in den USA selbst produzierte Steuerung kann sich der gleiche Servicetechniker kümmern wie für die Maschine.

Die gleiche Steuerung für alle Maschinen

Die Steuerungen baut Haas in seinem Werk in Oxnard/Kalifornien selber, einschließlich der Software dazu. Alle Werkzeugmaschinen von Haas sind mit der gleichen Steuerung ausgestattet. Der Bediener soll damit in der Lage sein, ein Drehzentrum und eine Fräsmaschine zu bedienen, ohne dafür aufwendige Schulungen besuchen zu müssen. Selbst die Bildschirmdarstellung bleibt die gleiche, auch bei neuen Maschinen und neuen Versionen der Software. Neue Funktionen werden immer in die vorhandenen Menüs integriert. Das Bedienkonzept beruht auf drei Modi – Einrichtung, Bearbeitung und Betrieb –, denen je ein Bildschirm zugeordnet ist.

In ihrer Darstellung zeigt die Steuerung dem Benutzer immer, wo er gerade ist. Die Current-Commands-Seite (Aktuelle Befehle) zeigt den aktuellen Status der Maschine an. Dazu gehören das laufende Programm, die Position, das in die Spindel eingesetzte Werkzeug, die Spindel- und Achsbelastung, die Spindeldrehzahl und der Vorschub. Zusätzliche Fenster geben die im aktuellen Programm verwendeten Befehle und G-Codes an, während Timer über die Zykluszeit, Bearbeitungszeit, Betriebszeit und die M30-Zählung (Anzahl der Teile) informieren. Andere Felder zeigen Makro-Variablen und die minimale und maximale Spindelbelastung eines jeden Werkzeugs an und melden die Werkzeugstandzeit.

Haas setzt für alle seine Maschinen die gleiche Steuerung ein – egal ob Drehmaschine oder vertikales/horizontales Bearbeitungszentrum.

Haas setzt für alle seine Maschinen die gleiche Steuerung ein – egal ob Drehmaschine oder vertikales/horizontales Bearbeitungszentrum.

Intuitive Bedienung

Das Intuitive Programmiersystem (IPS) von Haas ermöglicht dem Bediener die Ausführung grundlegender Fräsarbeiten ohne Kenntnis des G-Codes. „Unser IPS ist eine Dialogsteuerung“, erläutert Wim Meeus, Technical Support Coordinator in Brüssel, wo Haas seine Europa-Zentrale hat. „Man sieht das passende Bild und wählt einfach die entsprechende Funktion aus.“ Das dialoggeführte Betriebssystem verwendet aussagekräftige Registerkartenmenüs, die den Bediener durch die notwendigen Bearbeitungsschritte führen.

Mit einer Programmsperre kann die versehentliche oder unbefugte Bearbeitung des Programmspeichers verhindert werden. Auch Einstellungen, Parameter, Versätze und Makrovariablen lassen sich auf diese Weise schützen. Bei Bedarf kann die Steuerung in der Produktion beispielsweise so eingestellt werden, dass nur ein Programm läuft und der Bediener nichts an den Programmen oder den Offsets ändern kann. Er kann dann nur noch ›Cycle Start‹ sowie ›Power On‹ und ›Power Off‹ anwählen.

Das multifunktionale Handrad von Haas dient nicht nur der Bewegung der Achsen, sondern kann auch in anderen Betriebsarten eingesetzt werden, um zum Beispiel das Programm schneller zu bearbeiten, die Spindeldrehzahlen und Vorschübe manuell zu übersteuern oder Versätze und Parameter abzufragen. Mit dem mobilen Bedienpult lassen sich Werkzeug-und Werkstückversätze einstellen, bis zu neun Achsen im Schrittbetrieb verfahren, die Maschinenposition sowie das aktuell laufende Programm anzeigen und vieles mehr. Um einen neuen Offset oder Nullpunkt einzugeben, muss der Bediener also nicht eigens wieder zur Steuerung gehen.

Ein wichtiges Kriterium zur Produktivitätssteigerung ist die Maximierung der Werkzeugstandzeit. Die Haas-Steuerung kann für jedes Werkzeug die Spindelbelastung überwachen und den Vorschub automatisch anpassen, wenn ein vom Bediener festgelegter Grenzwert überschritten wird. Je nach der Einstellung der Steuerung wird in solchen Fällen der festgelegte Vorschub verringert, der Bediener informiert, der Vorschub-Wartemodus aktiviert oder der entsprechende Alarm ausgelöst. Bei der ersten Ausführung eines Programms zeichnet die Haas-Steuerung automatisch für jedes Werkzeug die höchste gemessene Belastung auf. Anhand dieser Daten kann der Bediener mit der Funktion ›Tool Load Monitoring‹ Grenzwerte pro Werkzeug festlegen.

Die native Steuerung macht auch High-Speed-Bearbeitung möglich.

Die native Steuerung macht auch High-Speed-Bearbeitung möglich.

Das Handrad von Haas kann auch dazu eingesetzt werden, um das Programm schneller zu bearbeiten, Spindeldrehzahlen und Vorschübe zu übersteuern oder Versätze und Parameter abzufragen.

Das Handrad von Haas kann auch dazu eingesetzt werden, um das Programm schneller zu bearbeiten, Spindeldrehzahlen und Vorschübe zu übersteuern oder Versätze und Parameter abzufragen.

Starke Features

Ein mächtiges Werkzeug entsteht laut Wim Meeus, wenn diese Lastüberwachung mit den ›WIPS‹-Optionen der Maschine kombiniert werde. ›WIPS‹ ist das voll integrierte, drahtlose Werkzeug- und Werkstückmesstastsystem in den Haas-Maschinen. Es erlaubt die nahtlose Einrichtung von Maschinen, die schnelle Ausführung von Bearbeitungsabläufen sowie die zuverlässige Kontrolle von Werkzeugen und Werkstücken während der Bearbeitung.

Bei Haas ist man sich durchaus im Klaren darüber, dass ein Bediener sich meist nur ungern mit einer neuen Steuerung anfreunden mag. Auch aus diesem Grund wurde die Steuerung relativ einfach gehalten. Man findet bei Haas auch Dinge, die aus anderen Steuerungen schon bekannt sind, wie etwa die IPS-Funktionen. „Wer schon mit anderen Steuerungen gearbeitet hat und mit CAD/CAM vertraut ist, hat mit der Haas-Steuerung keine Probleme“, versichert Wim Meeus vom technischen Support. Viele Programme, die beispielsweise für Fanuc-Steuerungen erstellt wurden, können mit wenigen Änderungen übernommen werden. Ein Konverter im Eingang der Steuerung übersetzt das Programm automatisch für die Haas-Steuerung. Von Heidenhain-Steuerungen lassen sich Programme nicht so einfach auf Haas konvertieren. „Typische Aufgaben für den Werkzeug- und Formenbau können allerdings auch an einer Haas-Steuerung sehr rasch programmiert werden“, so Meeus.

Für Jens Thing, Geschäftsführer von Haas Automation Europe, besteht ein großer Vorteil darin, dass der gesamte Service für eine Maschine aus einer Hand kommt. „Wir haben keine Steuerungsspezialisten oder Mechanikspezialisten, auch keine Spezialisten für Siemens, Fanuc oder Heidenhain. Wir haben ausgebildete Service-Techniker, die den Service sowohl für die Maschine als auch für die Steuerung leisten“, so der Europa-Chef.

Der Zugriff lässt sich bei Bedarf auf ›Power On‹, ›Power Off‹ und ›Cycle Start‹ beschränken.

Der Zugriff lässt sich bei Bedarf auf ›Power On‹, ›Power Off‹ und ›Cycle Start‹ beschränken.

Mit dem tragbaren Bedienpult hat der Werker viele Funktionen direkt am Arbeitsraum zur Hand.

Mit dem tragbaren Bedienpult hat der Werker viele Funktionen direkt am Arbeitsraum zur Hand.

Das voll integrierte drahtlose Werkzeug- und Werkstückmesstastsystem ›WIPS‹ trägt erheblich zur Leistungsfähigkeit der Maschine bei.

Das voll integrierte drahtlose Werkzeug- und Werkstückmesstastsystem ›WIPS‹ trägt erheblich zur Leistungsfähigkeit der Maschine bei.

Mit der Maschine verbunden

Als native Steuerung ist die Haas-Steuerung tief mit der Maschine verbunden. Das wird beispielsweise am Werkzeugwechsler deutlich und an Geschwindigkeiten, die sich für jeden Programmlauf dynamisch anpassen lassen. Damit werden auch Optionen möglich wie die High-Speed-Bearbeitung (HSM), mit der Zykluszeiten stark verkürzt und die Genauigkeit wesentlich verbessert werden. Unter Verwendung eines als ›Beschleunigung vor Interpolation‹ bezeichneten Bewegungsalgorithmus in Verbindung mit der vorausschauenden Look-Ahead-Funktion ermöglicht HSM höhere Vorschübe ohne Abweichung von der programmierten Bahn. Alle festgelegten Bewegungen werden vor der Interpolation beschleunigt, um abzusichern, dass die Bewegungen der einzelnen Achsen nicht die Beschleunigungskapazität der Maschine überschreiten. Der Look-Ahead-Algorithmus ermittelt den schnellsten Vorschub, bei dem jeder Arbeitstakt ohne Halt in den jeweils folgenden Takt überführt werden kann. Das Ergebnis ist eine höhere Genauigkeit, ein gleichförmigerer Bewegungsablauf und ein höherer tatsächlicher Vorschub auch bei Werkstücken mit komplexer Geometrie.

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