Wälzschälen als „neue“ Alternative

Neue Wendeschneidplattenwerkzeuge von Ingersoll erhöhen die Wirtschaftlichkeit und universelle Einsetzbarkeit eines alten, traditionellen Verfahrens zur Herstellung von Innen- und Außenverzahnungen: Die Entwicklung des Wälzschälens geht schon auf den Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts zurück. Das neue Verfahren zur Herstellung von Verzahnungen wurde dann auch im Jahre 1910 durch Wilhelm von Pittler zum Patent angemeldet. Obwohl das Wälzschälen hohes Potential in Bezug auf Produktivität und Flexibilität versprach, konnte es sich in der Praxis nicht durchsetzen und geriet in Vergessenheit. Die technischen Möglichkeiten der damaligen Zeit waren in den Bereichen Maschinensteuerung und Werkzeugperformance für dieses Hochleistungsbearbeitungsverfahren noch nicht gegeben. Durch enorme Fortschritte, sowohl bei den Werkzeugmaschinen und Steuerungen als auch bei den Werkzeugen durch moderne Schneidstoffe und Beschichtungen, ist das Wälzschälen mittlerweile für serielle Einsätze geeignet und verspricht eine interessante Alternative zu den etablierten Verfahren wie Wälzfräsen und Wälzstoßen zu werden. Ingersoll hat vor ca. zwei Jahren beschlossen, das alte Verfahren des Wälzschälens mit neuen, modernen Werkzeugen zu beleben.

Skizze einer Bearbeitungssituation beim Wälzschälen einer Innenverzahnung.

Skizze einer Bearbeitungssituation beim Wälzschälen einer Innenverzahnung.

Beispiel Wälzschälwerkzeug

Das erste von Ingersoll vor etwa zwei Jahren hergestellte Wälzschälwerkzeug wurde im eigenen Hause an einem Testwerkstück erfolgreich mit folgenden Parametern eingesetzt:

• Modul 5
• Zähnezahl Werkzeug: 14
• Zähnezahl Werkstück: 24
• Anzahl Schnitte: 13
• Bearbeitungszeit: ca. 5 min.

Werkzeug und Werkstück wurden mit Bedacht gewählt, denn das Werkzeug konnte nach dem erfolgreichen Test im eigenen Hause auch zu einem Versuch bei einem Kunden auf einem universalen Drehfräszentrum eingesetzt werden, und zwar zur Herstellung von Getriebebauteilen für Großbaumaschinen. Diese können nun in weniger Aufspannungen wirtschaftlicher produziert werden. Bei den ausgiebigen Tests im eigenen Hause hat man bei Ingersoll sowohl Innen- wie auch Außenverzahnungen hergestellt. Auch sind Werkzeuge mit unterschiedlichen Achskreuzwinkeln zwischen 15° und 30° in Modul 3 hergestellt und getestet worden.

Das Wälzschälen ist ein kontinuierlich spanabhebendes Verfahren zur Herstellung von sogenannten rotationssymmetrischen, periodischen Strukturen – in erster Linie Verzahnungen. Im Vergleich zu anderen bekannten Verzahnverfahren, bietet das Wälzschälen sowohl hohe Produktivität wie auch eine enorme Flexibilität. Es ist sowohl in der Lage wälzfräsbare Verzahnungen herzustellen als auch einen weiten Teilbereich des Wälzstoßens abzudecken.Vereinfacht gesehen, kann man das Wälzschälen als eine Kombination des Wälzfräsens und Stoßens betrachten, wobei es einige Vorteile der genannten Verfahren in sich vereint. In erster Linie sind dies die Produktivität des Wälzfräsens und die Flexibilität des Wälzstoßens. Besonders bei der Innenverzahnung im Wettbewerb zum Wälzstoßen kann das Wälzschälverfahren durch wesentlich höhere Produktivität punkten.

Die Bearbeitungszeiten liegen beim Wälzschälen etwa bei 30 % bis 50 % im Vergleich zum Wälzstoßverfahren. Das Wälzschälen benötigt, im Gegensatz zum Wälzstoßen, durch die Schrägstellung des Werkzeuges gegenüber dem Werkstück (Achskreuzwinkel) jedoch einen Bearbeitungsweg, der etwas größer ist als die Breite der zu erzeugenden Verzahnung. Diese Zusatzwege bezeichnet man als Ein- und Überlaufwege. Sie nehmen mit steigendem Achskreuzwinkel zu. Durch diese notwendigen Ein- und Überlaufwege hat das Wälzschälen gegenüber dem Stoßen geringe Einschränkungen bei sehr engen Innenverzahnungen und Störkonturen. Für die Mehrzahl der Anwendungsfälle, die bisher dem Wälzstoßen vorbehalten waren, ist jedoch das Wälzschälen eine wesentlich produktivere und wirtschaftlichere Bearbeitungsmethode.

Ein Ingersoll Wälzschälwerkzeug bei einer Testbearbeitung mit Modul 5.

Ein Ingersoll Wälzschälwerkzeug bei einer Testbearbeitung mit Modul 5.

Das Wälzschälverfahren (Bearbeitungsablauf)

Im Gegensatz zum Wälzfräsen, das auf der Kinematik des Schneckengetriebes basiert, ist das Prinzip des Wälzschälens mit einem Schraubenradgetriebe vergleichbar. Kennzeichnend beim Wälzschälverfahren ist die windschiefe Anordnung der Achsen von Werkstück und Werkzeug. Die Spanbildung wird einerseits durch den Axialvorschub des Werkzeuges und andererseits durch die Wälzbewegung erzeugt. Durch die gekreuzte Achsenanordnung entsteht eine Relativbewegung zwischen Werkzeug und Werkstück, die bei dieser Bearbeitung die Schnittbewegung darstellt. Die Hauptschnittrichtung ergibt sich entlang der Zahnlücke des Werkstückes. Die Größe des Achskreuzwinkels und die Drehzahl der Bearbeitungsspindel beeinflussen somit die Schnittgeschwindigkeit.

Ingersoll Wälzschälwerkzeuge sind auch mit innerer Kühlmittelzufuhr verfügbar.

Ingersoll Wälzschälwerkzeuge sind auch mit innerer Kühlmittelzufuhr verfügbar.

Ingersoll Werkzeuge zum Wälzschälen

Die Ingersoll Werkzeuge GmbH hat eine lange Tradition in der Herstellung besonders leistungsfähiger Hartmetall-Wendeschneidplatten-Werkzeuge für die Verzahnung. So sind Ingersoll Wälzfräser, Schälwälzfräser und auch Einzelteilfräser in Wendeschneidplattenausführung schon seit mehr als 50 Jahren auf dem Markt. Aber auch mit neu entwickelten Wälzstoßwerkzeugen hat Ingersoll vor einigen Jahren das Wälzstoßen wirtschaftlicher gemacht. Basierend auf den Erfahrungen mit diesen Wälzstoßwerkzeugen sind die neuen Wendeschneidplatten-Wälzschälwerkzeuge entwickelt worden.

Das Grundprinzip der Wälzstoßwerkzeuge wurde auch für die neuen Wälzschälwerkzeuge übernommen, lediglich die Wendeschneidplattensitze mussten in der durch den Achskreuzwinkel resultierenden Schräge eingebracht werden. Die Werkzeugkörper sind aber wie gewohnt aus hochvergütetem Stahl hergestellt. Die Plattensitze weisen, wie bei den Stoßwerkzeugen, einen Formschluss auf und sind hochgenau gefräst. Der formschlüssige Wendeschneidplattensitz garantiert eine exakte Positionierung und einen stabilen Sitz der Wendeschneidplatte. Auch alle anderen Vorteile der Wendeschneidplatten-Werkzeuge im Vergleich zu nachschleifbaren Werkzeuge kommen bei den neuen Wälzschälwerkzeugen zum Tragen:

 Kein Nachschleifen notwendig  Kein Nachbeschichten erforderlich  Gleichbleibende Genauigkeit und Leistung nach dem Wechsel der Wendeschneidplatten  Wendeschneidplatten mit zwei Schneidkanten

Weiterhin ist erwähnenswert, dass die neuen Ingersoll Wälzschälwerkzeuge optional mit innerer Kühlmittelzufuhr lieferbar sind.

Deutlich erkennbar ist der Achskreuzwinkel zwischen Werkstück und Werkzeug.

Deutlich erkennbar ist der Achskreuzwinkel zwischen Werkstück und Werkzeug.

Ingersoll Wälzschälbearbeitung in der Praxis

Wie schon erwähnt, lassen die Fortschritte bei den Werkzeugmaschinen und Steuerungen die Idee des Wälzschälens wieder aufleben. Die Entwicklungen bei den Werkzeugmaschinenherstellern sind dabei durchaus unterschiedlich. Traditionelle Hersteller von Maschinen für die Verzahnung bieten auch für das Wälzschälen speziell auf diese Bearbeitung ausgelegte Bearbeitungsmaschinen an. Hersteller von universalen CNC-Drehbearbeitungszentren oder Drehfräszentren setzen demgegenüber meist auf ihre Standardmaschinen, die durch zusätzliche Software auf die neue Aufgabe „Wälzschälen“ aufgerüstet werden können. Es gibt sicherlich Gründe und Vorteile für beide Wege.

Wälzschälen ist ein sehr dynamischer Prozess, bei dem die Abläufe äußerst genau synchronisiert sein müssen. Hier kann eine speziell auf diese Kinematik abgestimmte Maschine durchaus Zeitvorteile ausspielen. Auf der anderen Seite bieten Kombi-Bearbeitungen wie Drehen und Verzahnen ohne Umspannen, sowie Schrupp- und Schlichtbearbeitung in einer Aufspannung, wie bei Universalmaschinen möglich, hohe Vorteile in der Bearbeitungszeit wie auch in der Genauigkeit. Für Ingersoll als Werkzeughersteller stellt sich diese Frage, Spezialmaschine oder Universalmaschine nicht, die neu entwickelten Werkzeuge erreichen auf beiden Werkzeugmaschinen-Ausführungen hervorragende Ergebnisse. Das erste von Ingersoll vor etwa zwei Jahren hergestellte Wälzschälwerkzeug wurde im eigenen Hause an einem Testwerkstück erfolgreich mit folgenden Parametern eingesetzt:

• MODUL 5 • ZÄHNEZAHL Werkzeug: 14 • ZÄHNEZAHL Werkstück: 24 • ANZAHL SCHNITTE: 13 • BEARBEITUNGSZEIT: ca. 5 min.

Werkzeug und Werkstück waren mit Bedacht gewählt, denn das Werkzeug konnte nach dem erfolgreichen Test im eigenen Hause auch zu einem Versuch bei einem Kunden auf einem universalen Drehfräszentrum eingesetzt werden, und zwar zur Herstellung von Getriebebauteilen für Großbaumaschinen. Diese Getriebebauteile können nun durch das neue Bearbeitungsverfahren in weniger Aufspannungen wirtschaftlicher produziert werden. Bei den ausgiebigen Tests im eigenen Hause hat man bei Ingersoll sowohl Innen- wie auch Außenverzahnungen hergestellt. Auch sind Werkzeuge mit unterschiedlichen Achskreuzwinkeln zwischen 15° und 30° in Modul 3 hergestellt und getestet worden.

Durch die intensiven Versuche im eigenen Haus hat man bei Ingersoll schon fundierte Erfahrungen, konstruktiv wie auch anwendungsspezifisch, sammeln können. Inzwischen sind Wälzschälwerkzeuge für die Erstausrüstung nicht nur nach Europa, sondern auch nach USA, Japan und Australien geliefert worden. Besonders für Steckverzahnungen ist die beim Wälzschälen erreichte Qualität ohne Nachbearbeitung ausreichend. Bei Ingersoll sind schon Werkzeuge von Modul 2 bis Modul 8 realisiert worden, sie sind aber durchaus bis Modul 11 denkbar.

Eingriff-Situation des Wälzschälwerkzeuges Modul 5 beim Testeinsatz.

Eingriff-Situation des Wälzschälwerkzeuges Modul 5 beim Testeinsatz.

Fertig bearbeitetes Testwerkstück. Bearbeitungsdauer: ca. 5 Minuten.

Fertig bearbeitetes Testwerkstück. Bearbeitungsdauer: ca. 5 Minuten.

Bearbeitungsvorführungen Wälzschälen bei Ingersoll

Die Bearbeitungen mit den unterschiedlichen Wälzschälwerkzeugen sind bei Ingersoll auf einer Mazak Integrex e 420 HII Multi-Funktionsmaschine durchgeführt worden. Diese Maschine wurde durch Zusatzequipment und Software von Mazak für das Wälzschälen aufgerüstet und steht für weitere Kundenvorführungen zur Verfügung. „Mit unserem Know-how und den neuen Wälzschälwerkzeugen versetzen wir viele unserer Kunden in die Lage, eigene Verzahnungen herzustellen, die bisher noch nicht daran gedacht haben“, beschreibt Markus Grebe, Produktmanager Formwerkzeuge bei Ingersoll, die neuen Möglichkeiten. „Wir können dem interessierten Kunden mitteilen: Deine Maschine kann mehr als du denkst“, ergänzt Olaf Singe, Konstruktionsleiter bei Ingersoll, diese Aussage. Für den Maschinenhersteller Mazak sind gemeinsame Kundenvorführungen ebenfalls von Bedeutung. „Wir planen konkrete Zusammenarbeit in Zukunft, um diese interessante Bearbeitung auf unseren Maschinen mit Ingersoll-Werkzeugen den aufmerksamen Kunden zu demonstrieren.“ erläutert Johannes Burkart, Marketing-Manager bei Mazak die gemeinsamen Pläne.

Bei Ingersoll bearbeitete Testwerkstücke mit Innen- und Außenverzahnung.

Bei Ingersoll bearbeitete Testwerkstücke mit Innen- und Außenverzahnung.

Testwerkzeuge zum Wälzschälen mit unterschiedlichen Achskreuzwinkeln zwischen 15° und 30° zum Testen des Einflusses des Achskreuzwinkels.

Testwerkzeuge zum Wälzschälen mit unterschiedlichen Achskreuzwinkeln zwischen 15° und 30° zum Testen des Einflusses des Achskreuzwinkels.

V.l.n.r.: Markus Grebe, Produktmanager Formwerkzeuge bei Ingersoll, Johannes Burkart, Marketing-Manager bei Mazak, und Olaf Singe, Leiter Konstruktion bei Ingersoll, besprechen gemeinsam die geplante Zusammenarbeit bei den Kundenvorführungen vor der Mazak Maschine.

V.l.n.r.: Markus Grebe, Produktmanager Formwerkzeuge bei Ingersoll, Johannes Burkart, Marketing-Manager bei Mazak, und Olaf Singe, Leiter Konstruktion bei Ingersoll, besprechen gemeinsam die geplante Zusammenarbeit bei den Kundenvorführungen vor der Mazak Maschine.

Wälzschälen hat Potential

Die Frage, wo das Wälzschälen in Zukunft einzugruppieren ist, kann man sicher nicht in einem Satz beantworten. Fest steht aber sicherlich, dass das Wälzschälen als kontinuierliches, hochproduktives Bearbeitungsverfahren bei der Innenverzahnung eine wichtige Rolle spielen wird. Bei der Außenverzahnung muss das Verfahren von der Technologie her mit dem äußerst effektiven Wälzfräsen konkurrieren. Aber auch hier ist, durch die Bearbeitungsmöglichkeit auf Standardmaschinen, nun für mittlere Unternehmen mit kleineren Losgrößen die Möglichkeit gegeben, Zahnräder in der eigenen Fertigung zu produzieren, was bisher nicht möglich war. Interessierte Anwender können sowohl bei der Ingersoll Werkzeuge GmbH als auch bei Mazak Informationen über die Möglichkeit der Verzahnungsbearbeitung im eigenen Hause einholen.

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