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Corona Dixi Polytool Marc Schuler: Corona beschleunigte die Digitalisierung
Trotz Krise wurde bei Dixi Polytool weiter investiert. Managing Director Marc Schuler spricht im nachfolgenden Interview u. a. vom Aufbau eines kleinen Filmstudios für Online-Seminare, von der Dixi-Academy, von zwei großen Digitalisierungsprojekten, die aktuell in den Startblöcken stehen sowie von einem in Kürze erfolgenden Launch eines kompletten Werkzeugsortiments für die Plexiglas-Bearbeitung. Außerdem kündigt er ein neues revolutionäres Kühlungskonzept für Mikrowerkzeuge an.
„An einen zweiten Lockdown glaube ich nicht. Das kann sich kein Land mehr leisten. Die Folgen wären katastrophal, speziell in den ärmeren Regionen dieser Welt. Ein Medikament darf nicht schlimmer sein als die Krankheit!“ Marc Schuler, Managing Director bei Dixi Polytool
Welche wirtschaftlichen Auswirkungen erwarten Sie aufgrund der aktuellen Entwicklungen für das laufende Geschäftsjahr?
Wir gehen davon aus, dass wir ca. 30 bis 35 % Umsatz einbüßen werden. All unsere Pläne sind auf solch einen Rückgang eingestellt und die Maßnahmen wurden in diese Richtung getroffen. Im Bereich der Konsumgüter ist dies ein massiver Rückgang. Die Erholung wird viel Zeit in Anspruch nehmen
Dixi Polytool kann zum Glück auf gute Jahre zurückblicken und hat auch eine sehr solide Bilanz mit minimaler Verschuldung. Trotz Krise haben wir 2020 weiter investiert, wenn auch reduziert. Wir stehen somit bereit, um uns so schnell wie möglich aus dieser Krise herauszuarbeiten und können uns dabei auf ein solides Produktportfolio stützen. Es stehen auch einige Produkte kurz vor dem Launch, wie zum Beispiel ein komplettes Werkzeugsortiment für die Plexiglas-Bearbeitung sowie ein neues revolutionäres Kühlungskonzept für Mikrowerkzeuge.
Inwiefern könnte die Corona-Krise Ihr Unternehmen nachhaltig verändern? Z. B. Umdenken bei der Ausgestaltung der Lieferketten, Lagerhaltung, Homeoffice, weniger Reisetätigkeit, mehr Remote-Aktivitäten etc.
Es wird sicherlich ein „vor“ und ein „nach“ Covid geben. Das Homeoffice wird sich sicherlich in den nächsten Jahren teilweise durchsetzen. Allerdings sind wir in der Industrie limitiert, da man Werkstatt-Jobs nicht von zu Hause ausführen kann. Für die administrativen Abläufe werden wir jedoch sicherlich vermehrt auf Homeffice zu setzen versuchen. Wir gehen auch davon aus, dass sich die professionelle Reisetätigkeit nach der Corona-Krise massiv reduzieren wird. Deshalb bauen wir momentan ein kleines Filmstudio mit mehreren Kameras in den Konferenzräumen und der Fertigung, damit wir in Zukunft, flexibel und kundenorientiert, Seminare organisieren können, die ohne Reisetätigkeit funktionieren. Außerdem erstellen wir eine Dixi-Academy.
Die Digitalisierung der Firma war ohnehin geplant, jetzt wird sich dieser Prozess massiv beschleunigen. Wir stehen in den Startblöcken für zwei sehr große und wichtige Projekte. Da wir bereits in der ganzen Firma eine „leane“ Organisation haben, ist die Basis gegeben, um diesen Schritt nun zu wagen. Man sieht also, dass selbst in Krisenzeiten neue Lösungen entstehen, welche sich in den nächsten Jahren durchsetzen werden.
Führte die Corona-Krise in Ihrem Unternehmen zu Änderungen der Lieferantenstrategie?
Nein, bei Dixi Polytool setzen wir durchwegs auf Langzeit-Partnerschaften mit unseren Lieferanten. In den letzten zehn Jahren wurde verstärkt selektiert und vor allem bei strategischen Einkäufen bauen wir auf lokale Partnerschaften. Unser lokales Denken wurde während dieser Krise bestätigt, demzufolge werden wir diese Lieferantenstrategie weiter so pflegen.
Ist die wirtschaftliche Talsohle bereits durchschritten?
In unserem Bereich gehen wir davon aus, dass die beiden Sommermonate Juli und August die Talsohle darstellen. Zahlreiche Firmen haben während dieser zwei Monate auf ein Monat Urlaub und ein Monat Kurzarbeit gesetzt. Wir glauben, dass die Indikatoren und Auftragseingänge ab September wieder langsam nach oben zeigen werden. Kurzfristig werden wir jedoch das „Vor-Covid-Niveau“ bei weitem nicht mehr erreichen.
Was würden Sie bei einer zweiten Welle bzw. einem zweiten Lockdown machen?
Für mich gibt es keine zweite Welle. Wir sind und bleiben bis zur Impfung in der ersten Welle. Die Intensität dieser Welle über die Zeit, wird durch die Politik gesteuert, indem sie unsere Freiheiten temporär reduziert oder erhöht. An einen zweiten Lockdown glaube ich überhaupt nicht. Kein Land kann sich so einen mehr leisten. Die Konsequenzen wären katastrophal, in vielen Ländern sogar dramatisch. Das Medikament darf nicht schlimmer sein als die Krankheit! Sollten die Krankheitsfälle im Herbst und in den Wintermonaten massiv ansteigen, gilt es hauptsächlich die älteren Personen sowie die Risikopersonen gut zu schützen – aber nicht, indem man die ganze Gesellschaft „schließt“.
Wann denken Sie ist das „Vor-Krisen-Niveau“ wieder erreicht?
Wir gehen davon aus, dass dies kaum vor Ende 2022 sein wird. Es könnte sogar noch länger dauern, da einige Branchen extrem betroffen sind. Ganz düster sieht es in der Luftfahrt aus und da diese Branche für unsere Industrien extrem wichtig ist, ist es schwierig, positiv in die Zukunft zu blicken.
Welche Krise erleb(t)en Sie als herausfordernder – die Finanzkrise 2008/2009 oder die „Corona-Krise“? Warum?
Diese Frage ist schwer zu beantworten, da sich die coronabedingte Wirtschaftskrise erst in ihrer Anfangsphase befindet. Man kann aber davon ausgehen, dass die aktuelle Krise viel U-förmiger verlaufen wird als die Finanzkrise, welche rund zwölf Monate lang einen negativen Einfluss auf die Industrie hatte. Diesmal wird es wahrscheinlich viel länger dauern. Verschiedene Sektoren, wie zum Beispiel die Luftfahrt, erwarten drei bis vier Jahre Krise. Zusätzlich muss man sagen, dass während der Finanzkrise Asien (im Bereich Industrie) relativ wenig betroffen war. Covid-19 hingegen betrifft praktisch alle Länder und nur sehr wenige Sektoren bleiben verschont. Es besteht auch eine sehr große Unsicherheit, wie es weitergehen soll bzw. kann, solange keine Impfung als effizient betrachtet wird. Derzeit wird viel spekuliert und gemutmaßt, was wir in der Wirtschaft wenig schätzen.
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