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Deutsche Werkzeugmaschinenindustrie startet 2022 nach der Pandemie durch

„Die Werkzeugmaschinenindustrie hat gute Chancen auf ein erfolgreiches Jahr 2022“, sagte Franz-Xaver Bernhard, Vorsitzender des VDW (Verband Deutscher Werkzeugmaschinenfabrik) am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz des Verbands in Frankfurt am Main. Seit vergangenem Jahr befindet sich die Branche in einem starken Aufschwung, der bezogen auf Märkte und Abnehmerbranchen breit aufgestellt ist. Für 2022 wird ein Produktionsplus von 14 Prozent prognostiziert.

„Wir haben gute Chancen auf ein erfolgreiches Jahr 2022“, sagt Franz-Xaver Bernhard, Vorsitzender des VDW, anlässlich der Jahrespressekonferenz.

„Wir haben gute Chancen auf ein erfolgreiches Jahr 2022“, sagt Franz-Xaver Bernhard, Vorsitzender des VDW, anlässlich der Jahrespressekonferenz.

„Der Optimismus für 2022 gründet auf der hervorragenden Nachfrageentwicklung seit Mitte vergangenen Jahres“, erläuterte Bernhard. Sie zeige den großen Nachholbedarf bei den Investitionen weltweit, der gerne mit Werkzeugmaschinen Made in Germany gedeckt werde. Der Auftragseingang ist 2021 insgesamt um 58 Prozent gestiegen. Starker Treiber war das Ausland mit einem Anstieg von 62 Prozent. Die inländischen Bestellungen legten ebenfalls kräftig um mehr als die Hälfte zu.

Starke Nachfrage begründet Zuversicht

Von den ausländischen Märkten hatten die Europäer nach vorläufigen Zahlen des VDW die Nase vorn. Sie steigerten ihre Bestellungen um 90 Prozent, gefolgt von Amerika mit einem Zuwachs von 66 und Asien mit einem Anstieg von 61 Prozent. China und die USA bleiben die beiden größten Märkte und die wichtigsten Kunden mit hohen zweistelligen Zuwächsen von 65 und 92 Prozent. In der Liste der Top 20 haben alle Länder ihre Nachfrage mindestens zweistellig, manche sogar dreistellig, nach oben gefahren. Besonders gut liefen die Bestellungen aus Italien, Österreich, Tschechien, der Schweiz und Indien. Italien und Österreich profitierten von staatlicher Förderung.

Das globale Bruttoinlandsprodukt soll 2022 gemäß Prognosepartner Oxford Economics um 4,2 Prozent wachsen, die Industrieproduktion um 4,4 Prozent und die Investitionen um 4,3 Prozent. Beim Investitionsanstieg führt unser größter Abnehmer Europa die Triade an. „Davon können wir profitieren, denn die Auftragsbücher vieler Kunden sind gut gefüllt“, sagte Bernhard. Für Deutschland stellten sich einige Daten noch besser dar. Nach schwächerer Entwicklung im Vorjahr zieht die deutsche Industrie jetzt nach. Auch die beiden Frühindikatoren, Ifo-Geschäftsklima und Einkaufsmanagerindex, zeigen nach oben.

„Gleichwohl ist die Prognose 2022 noch von Unsicherheit geprägt“, räumte Bernhard ein. Angesichts der gewaltigen Infektionszahlen mit der Omikron-Variante befürchtet Oxford Economics, dass sich viele Menschen in die Selbstisolation begeben, nicht reisen und damit das Wirtschaftsleben hemmen. Zwar zeige die Erfahrung, dass die Wirtschaft schnell wieder Tritt fasst, wenn die Infektionszahlen sinken. Der schwache Jahresstart sei jedoch eine Hypothek für das Gesamtergebnis. Auch erschwere die erklärte No-Covid-Strategie Chinas eine Normalisierung der Lieferketten.

Erholung 2021 schneller als erwartet

Nach dem tiefen Einbruch der Werkzeugmaschinenindustrie durch die Pandemie 2020 ist die Branche mit guten Aufträgen im vergangenen Jahr wieder durchgestartet. Nach Schätzungen des VDW hat sie 2021 Maschinen und Dienstleistungen im Wert von rund 12,7 Mrd. Euro produziert. Das entsprach einem Zuwachs von 4 Prozent.

Getrieben wurde das Geschäft durch den Export, der mit 8 Prozent Plus doppelt so stark wuchs wie die Produktion. Amerika führte das Auslandsgeschäft mit plus 13 Prozent an, gefolgt von Asien mit plus 11 und dem Schlusslicht Europa mit plus 5 Prozent. Unter den zehn größten Märkten legten Tschechien, Italien, Mexiko, China und die Niederlande zweistellig zu. China hat sich nach einem starken Rückgang 2020 wieder gefangen.

Dem gegenüber ging der Inlandsabsatz aufgrund der Investitionszurückhaltung der Automobilindustrie noch um 5 Prozent zurück. Der nur leicht gestiegene Verbrauch von 1 Prozent wurde durch die Importe gestützt, die um mehr als ein Zehntel zulegten. Die Kapazitätsauslastung lag im Januar 2022 bei 87,2 Prozent im Vergleich zu 72,7 Prozent ein Jahr zuvor. Mit 64.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern notierte die Beschäftigung im Dezember 6,1 Prozent unter Vorjahr.

Größte Herausforderung sind Lieferengpässe und Fachkräftemangel

„Engpässe in den Lieferketten von Elektronikbauteilen und Metallerzeugnissen waren das beherrschende Thema für die Industrie im vergangenen Jahr, und sie dauern an“, berichtete Bernhard. In der Werkzeugmaschinenindustrie hatten sie laut einer Umfrage Ende 2021 nahezu alle Hersteller erreicht.

Insbesondere der Chipmangel trifft die Firmen zweifach. Einerseits ist die Lieferfähigkeit des wichtigen Abnehmers Automobilindustrie eingeschränkt. Andererseits fehlen Chips für Steuerungen, einer der wichtigsten Komponenten in der Werkzeugmaschine, aber auch für Gateways, Edge Computer oder Antriebe. Das verzögert die Auslieferung bestellter Maschinen.

Die Ursachen für den Chipmangel starteten bei rückläufigen Bestellungen zu Beginn der Corona-Pandemie. Folge waren die Stilllegung von Kapazitäten sowie die Umleitung von Lieferungen in die Konsumgüterindustrie. Produktionskapazitäten für neue Chipgenerationen benötigen Zeit. Beschränkt ist auch Frachtraum durch Flughafen- und Hafenschließungen in China als Teil der strikten Null-Covid- und Lockdown-Politik des Landes. „Dies kann jederzeit wieder eskalieren“, warnte Bernhard. Seit einiger Zeit setzt die höhere Nachfrage nach manchen Produkten, um sich abzusichern, die Lieferanten zusätzlich unter Druck.

Für die Werkzeugmaschinenindustrie sind Einfluss- und Kompensationsmöglichkeiten kurzfristig sehr begrenzt. Die Umstellung auf eine neue Chipgeneration braucht Zeit, weil schnell Entwicklungsaufwände von mehreren Mannjahren entstehen können. „Einstweilen bleibt nur, bei der Materialbeschaffung hohe Kreativität an den Tag zu legen und höhere Preise in Kauf zu nehmen, die ggf. nicht weitergegeben werden können“, so der VDW-Vorsitzende. Mittelfristig werde es immer wichtiger, stabile Lieferketten aufzubauen und die Zahl der Lieferanten zu diversifizieren, um Abhängigkeiten zu reduzieren.

Das Image der dualen Berufsausbildung offensiv stärken

Fast alle Werkzeugmaschinenunternehmen sehen den Fachkräftemangel ähnlich gravierend wie die Lieferengpässe. Über zwei Drittel der Hersteller wollen nach einer Umfrage im laufenden Jahr ihre Stammbelegschaft aufstocken. Dem gegenüber war die Zahl der freien Stellen im Maschinenbau im Dezember 2021 etwa doppelt so hoch wie Ende 2020. Auch die Zahl der Bewerber um eine Ausbildungsstelle und die der abgeschlossenen Ausbildungsverträge sind rückläufig.

Die Verfügbarkeit von Fachkräften ist in der hochspezialisierten Werkzeugmaschinenindustrie unverzichtbare Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit. „Und qualifizierte Fachkräfte setzen eine qualifizierte Ausbildung voraus“, sagte Bernhard. Er forderte Unternehmen und Politik gleichermaßen auf, die Attraktivität der Berufsausbildung offensiv herauszustellen. Sie biete genauso viele Chancen wie der akademische Werdegang. Unternehmen müssten ihre Attraktivität hervorheben sowie eine gute Ausbildung und spezielle Förderung bieten, wenn notwendig. Auszubildende müssten an das Unternehmen auch nach der Ausbildung durch Weiterbildungsangebote, Aufstiegschancen und eine angemessene Gehaltsentwicklung an das Unternehmen gebunden werden. Die Politik ihrerseits muss den Stellenwert der Berufsausbildung ebenfalls herausstellen und gewerblich-technische Berufsschulen unterstützen, die auch ein regionaler Wirtschaftsfaktor sein können. Sie seien darüber hinaus Vorbild, weil sie vielfach technologisch besser ausgestattet sind als andere Schultypen. Um die Digitalisierung weiter zu forcieren, müsse viel mehr Berufsschulen die eigenständige Budgetierung zugestanden werden, die ihnen erlaubt, in eigener Verantwortung zu investieren. „Die duale Ausbildung ist ein Exportschlager, den wir nicht aufs Spiel setzen dürfen“, forderte Bernhard.

Energiewende bietet Potenzial für die Werkzeugmaschinenindustrie

Mit der angekündigten Energiewende rückt auch der Umbau der Energiewirtschaft in den Fokus. Der VDW lässt aktuell vom Münchner Beratungsunternehmen Strategy Engineers untersuchen, welches Potenzial für die Werkzeugmaschinenindustrie entsteht. Die Studie ist in der Abschlussphase und wird den VDW-Mitgliedern in der zweiten Märzhälfte vorgestellt.

Die meisten großen Industrieländer haben ambitionierte Strategien zur Verringerung des CO₂-Ausstoßes entwickelt. Zentrale Stellschraube ist dabei der Energiesektor, denn dort entstehen derzeit 25 Prozent der Emissionen. Zentrale Bausteine sind der Ausbau emissionsarmer Energien, Stromnetzausbau und Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. „Alles in allem ist die Umstellung auf emissionsfreie Energieträger eine globale Mammutaufgabe, für die jährlich weltweit Billionen Euro investiert werden müssen“, sagte Bernhard.

Aufgrund niedriger Stückzahlen und hoher Lebensdauer stand die Energiewirtschaft bislang nicht im Fokus der Werkzeugmaschinenhersteller. Die höheren Investitionen führen jedoch nun zu steigenden Stückzahlen von mechanischen Komponenten für Windkraftanlagen (z. B. Getriebe, Nachführungssysteme und Großlager), Verbrennungskraftmaschinen mit Relevanz für die Energiewende (Gasturbine), übergreifenden mechanischen Peripherie-Komponenten, zum Beispiel im Bereich der Wärmepumpen zur Beheizung von Häusern (Generatoren, Kompressoren) und perspektivisch Komponenten in der Wasserstofferzeugung (Elektrolyse) und -anwendung in mobilen und stationären Brennstoffzellen (Brennstoffzellensystem mit Stack sowie die so genannte Balance-of-Plant mit Kompressoren, Ventilen, Pumpen etc.).

„Wie groß das Volumen in den einzelnen Bereichen sein wird, hängt vom Tempo der Transformation ab“, sagte Bernhard abschließend. Bisher gebe es viele Absichtserklärungen. Nun müsse die Politik verlässliche Rahmenbedingungen für den Umbau schaffen, damit sich auch Unternehmen umorientieren könnten, wenn sie hier Chancen sehen.

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