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Frühzeitig Maßnahmen ergriffen

Die Lage der deutschen Maschinenbauer in der Corona-Krise hat sich weiter verschärft. Nach einer Umfrage des Branchenverbandes VDMA verzeichnen inzwischen 89 Prozent der Mitgliedsunternehmen Beeinträchtigungen. Wir sprachen mit Lothar Horn, Geschäftsführer der Paul Horn GmbH in Tübingen und ehemaliger Präsident des Verbands VDMA-Präzisionswerkzeuge, über die aktuelle Situation. Das Gespräch führte Christof Lampert, x-technik, am 21.04.2020

Nur gemeinsam lässt sich diese Zeit so gut wie möglich überdauern. Wir bei Horn wissen das und alle ziehen mit.

Lothar Horn, Geschäftsführer der Paul Horn GmbH

Nur gemeinsam lässt sich diese Zeit so gut wie möglich überdauern. Wir bei Horn wissen das und alle ziehen mit. Lothar Horn, Geschäftsführer der Paul Horn GmbH

Herr Horn, welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf Ihr Unternehmen?

Betrachtet man das zweite Quartal 2020, so rechnen wir hier mit einem Rückgang im Auftragseingang von etwa 50 Prozent. In Ländern, in denen die Medizintechnik eine große Rolle spielt, verzeichnen unsere Vertretungen weniger Rückgang als in Ländern, die vor allem automotive-lastig sind. In Ländern, in denen staatliche Regelungen die vorübergehende Schließung der Industrie als Folge haben, verzeichnen wir einen noch höheren Rückgang. Beispiele hierfür sind Italien, Frankreich und Spanien. Die Auswirkungen in Summe sind heute noch gar nicht absehbar, weil niemand weiß, wie und wann es weitergeht. Aber wir sind zuversichtlich und arbeiten weiter an Lösungen für unsere Kunden und halten unsere Lieferfähigkeit sowie den gewohnten Service aufrecht. Nur die Termine vor Ort können aus gegebenem Anlass nicht wahrgenommen werden.

Weltweit arbeiten über 1.500 Menschen in der Horn Gruppe. Horn unterstützt die Produktion von Bauteilen für beispielsweise Herz-Lungen-Maschinen. Diese Bauteile werden in der Medizintechnik dringend für die Behandlung von COVID-19 benötigt.

Weltweit arbeiten über 1.500 Menschen in der Horn Gruppe. Horn unterstützt die Produktion von Bauteilen für beispielsweise Herz-Lungen-Maschinen. Diese Bauteile werden in der Medizintechnik dringend für die Behandlung von COVID-19 benötigt.

Welche Maßnahmen haben Sie getroffen, um sich auf die aktuelle Situation einzustellen?

Wir haben bereits frühzeitig Maßnahmen ergriffen und einen Krisenstab aus Geschäftsführung, Betriebsrat und Personalwesen eingeführt, der sich bis heute täglich berät, abstimmt und das weitere Vorgehen festlegt. Abstandsregeln sind einzuhalten, Mund- und Nasenschutz sind entsprechend zu verwenden und auf die gründliche Handhygiene ist verstärkt zu achten. Die Arbeitsplätze wurden, wo möglich, nach den Abstandsempfehlungen neu ausgerichtet und angeordnet. Teilweise sind Abteilungsbereiche in unterschiedlichen Gebäuden untergebracht. Wichtig ist auch die Meldekette bei Verdachtsfällen und bei positiv getesteten Fällen, damit hier schnell und zielführend gehandelt werden kann. Auch mehrstufige Einschränkungen im Betriebsrestaurant waren und sind essentiell, um nur einige Maßnahmen zu nennen. Nur gemeinsam lässt sich diese Zeit so gut wie möglich überdauern. Wir bei Horn wissen das und alle ziehen mit. An dieser Stelle ein Dankeschön an die gesamt Horn-Belegschaft.

Seit 1969 entwickelt und produziert die Firma Paul Horn GmbH Einstech-, Längsdreh- und Nutfräswerkzeuge, die auf dem Markt eine Spitzenposition einnehmen.

Seit 1969 entwickelt und produziert die Firma Paul Horn GmbH Einstech-, Längsdreh- und Nutfräswerkzeuge, die auf dem Markt eine Spitzenposition einnehmen.

Kommen hochautomatisierte bzw. digitalisierte Unternehmen Ihrer Meinung nach besser/einfacher durch so eine Krise?

Aus meiner Sicht tun Sie das – ja. Zum einen ist dort der Personaleinsatz geringer. Zum anderen ergeben sich daraus größere Distanzen zwischen den einzelnen Personen.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen erwarten Sie aufgrund der aktuellen Entwicklungen für das laufende Geschäftsjahr?

Wie schon erwähnt, rechnen wir im zweiten Quartal mit einem Minus von bis zu 50 Prozent im Auftragseingang. Für das dritte Quartal setzen wir aktuell einen Rückgang zum Vorjahr von 15 bis 25 Prozent an. Im vierten Quartal immerhin noch 10 bis 15 Prozent. Über das ganze Jahr gesehen, planen wir aktuell mit einem Minus in der Größenordnung von 20 Prozent.

Wie lange können Sie das durchstehen bzw. was wären Ihrer Meinung nach die richtigen Maßnahmen, um die industrielle Produktion wieder auf ein zufriedenstellendes Niveau zu bekommen?

Sollten wir Kurzarbeit aufgrund von staatlicher oder amtlicher Regelungen einführen müssen, haben wir dafür bereits Richtlinien geschaffen. Für den Fall, dass Kurzarbeit vor Ende Mai 2020 kommt, zahlt die Paul Horn GmbH auf das Kurzarbeitergeld auf, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin mit 100 Prozent Nettoentgelt rechnen können. Wir wollen weiterhin so einsatzfähig wie möglich bleiben, da neben der Automotive-Industrie die Medizintechnik eine unserer wichtigsten Kundenbranchen ist. Gerade jetzt dürfen auch hier produktionsseitig keine Engpässe entstehen.

Das geht aber nur, wenn man die Beschäftigung entsprechend aufrechterhält. Eine richtige Maßnahme wäre, Kurzarbeit nicht mit 60 bzw. 67 % staatlich zu fördern, sondern mit bis zu 100 %. Denn nur, wenn Sicherheit und ein gewisses Vermögen bzw. Einkommen vorhanden ist, wird investiert. Wer heute ein Auto kauft, muss planen können. Ansonsten wird auch mittelfristig die Investitionsbereitschaft in solchen und vielen anderen Bereichen deutlich zurückgehen, was sich wiederum entlang der Wertschöpfungs- und Lieferketten negativ auswirkt. Des Weiteren sollte die Politik die Wirtschaft steuerlich entlasten. Ganz konkret könnte ein Verlustrücktrag aus dem Jahr 2020 in die Vorjahre erfolgen, der mit den ggf. vorhandenen Gewinnen verrechnet werden könnte, sofern welche erwirtschaftet wurden. Diese Erstattung würde für entsprechende Liquidität der Unternehmen sorgen. Stundungen oder leichtere Kreditvergaben sind nur kurzfristig gedacht und führen langfristig zu weiteren Problemen und im schlimmsten Fall zu einer wirtschaftlichen Katastrophe.

Wie könnte man sich künftig besser für solche Krisen-Zeiten rüsten und was sollten wir aus dieser Krise lernen?

Wir selbst haben viel aus der Finanzkrise 2008/2009 gelernt und uns entsprechend aufgestellt. Wir haben schon seit ein paar Jahren mit einem Einbruch gerechnet und in den guten Jahren entsprechend vorgesorgt. Bereits vor Corona hatte die Wirtschaft vor allem in Deutschland und Teilen Europas sowie Asiens bereits geschwächelt. Mit entsprechendem Fingerspitzengefühl haben wir hier schon Maßnahmen und Planungen angepasst. Unser Vorteil war ganz klar, dass wir vorbereitet waren. Dass es allerdings diese Form mitsamt der Einschränkungen annimmt, hätten auch wir nicht gedacht.

Danke für das Gespräch!

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