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Paul Horn GmbH Markus Horn Corona: Kurzarbeit ist kein Allheilmittel
Corona hinterlässt in den unterschiedlichsten Bereichen einschneidende Spuren. So viel steht jetzt schon fest, obwohl über die längerfristigen Auswirkungen teilweise noch Unklarheit herrscht. Markus Horn, Geschäftsführer der Paul Horn GmbH, stellt sich 2020 auf jeden Fall auf ein Minus ein. Er rechnet mit einem Ergebnis im Auftragseingang, das etwa 20 % unterhalb des Vorjahres liegen wird – vorausgesetzt, dass keine weiteren Verschärfungen oder andere den Geschäftsbetrieb einschränkende Maßnahmen kommen. Denn Kurzarbeit alleine sei als „Rettungsanker“ zu wenig.
„Branchenübergreifend hatte sich bereits Ende 2019 ein Rückgang abgezeichnet, der durch Corona nochmals drastisch verschärft wurde und sich auch noch eine gewisse Zeit durchzieht. Es bleibt die Sorge, wie es mit den Insolvenzen weitergeht.“ Markus Horn, Geschäftsführer der Paul Horn GmbH
Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise nach nun rund sechs Monaten für Ihr Unternehmen?
Wir befinden uns aktuell im dritten Quartal und sehen, nachdem wir im zweiten Quartal mit rund 50 % Rückgang zu kämpfen hatten, eine leichte Steigerung im Auftragseingang, wobei wir immer noch spürbar unter den guten Zahlen der Vorjahre liegen. Am stärksten merkt man den Rückgang im Bereich Automotive. Aber auch hier ist eine Verbesserung zu verzeichnen. Länder, die im Lockdown waren, sind ebenfalls auf einem Weg, der sich positiv entwickelt – wenn auch hier deutlich unterhalb der Vorjahreswerte. Bezogen auf die eigene Lieferfähigkeit gab und gibt es bei Horn zu keiner Zeit Schwierigkeiten. Die weitreichenden Präventivmaßnahmen haben gewirkt und werden bis mindestens zum Jahresende aufrechterhalten.
Welche wirtschaftlichen Auswirkungen erwarten Sie aufgrund der aktuellen Entwicklungen für das laufende Geschäftsjahr?
2020 rechnen wir mit einem Ergebnis im Auftragseingang, welches etwa 20 % unterhalb des Vorjahres liegt, vorausgesetzt, dass es keine Verschärfungen oder andere für den Geschäftsbetrieb einschränkende Maßnahmen gibt – Stichwort „zweite Welle“. In der Jahresbetrachtung macht sich vor allem der Einbruch im zweiten Quartal bemerkbar.
Welche Form von staatlicher Unterstützung hätten Sie sich gewünscht?
Kurzarbeit hilft, die personellen Konsequenzen abzufedern – ist aber kein Allheilmittel. Die Verlängerung auf 24 Monate in Deutschland ist eine richtige und wichtige Maßnahme und kann vielen Unternehmen helfen. Dennoch fehlen aktuell Aufträge und folglich Umsatz. Deshalb wäre es eigentlich notwendig, die aktuellen Reiserestriktionen – gegebenenfalls unter Auflagen – für Geschäftsreisen zu reduzieren und globale Lieferketten wieder anzuschieben. Weitere wichtige Punkte sind der Bürokratieabbau sowohl in Deutschland als auch in der EU, eine Senkung der Steuern und weitere Maßnahmen, um Länder wie Deutschland oder Österreich als Investitionsstandort im weltweiten Wettbewerb attraktiv zu machen.
Was war für Sie das wichtigste Werkzeug, um diese Krise durchtauchen zu können?
Neben der schon genannten Kurzarbeit haben wir bei Horn flexible Arbeitszeiten und ganz essenziell eine hervorragende Belegschaft. Auch der zu Beginn der Corona-Pandemie einberufene Krisenstab, der bis heute im Einsatz ist und vor allem Präventivmaßnahmen festlegt, ist hier förderlich.
Inwiefern könnte die Corona-Krise Ihr Unternehmen nachhaltig verändern? Z. B. Umdenken bei der Ausgestaltung der Lieferketten, Lagerhaltung, Homeoffice, weniger Reisetätigkeit, mehr Remote-Aktivitäten etc.
Im Bereich der Lieferkette fahren wir bereits aufgrund der Erfahrungen aus der Finanzkrise 2008/2009 seit mehreren Jahren eine Mehrlieferantenstrategie, um grundsätzlich handlungsfähig zu bleiben. Darüber hinaus werden Videokonferenzen zunehmen, sei es bedingt durch Homeoffice oder fehlende Reisemöglichkeiten. Dabei ersetzen Videokonferenzen, Telefonie, Messenger oder Mails nicht den persönlichen Kontakt, sondern ergänzen ihn. Für die Zeit nach Corona werden wir durch diese zusätzlichen Kommunikationswege hoffentlich näher zusammengerückt sein und alle Wege der Kommunikation sinnvoll anwenden – wirtschaftlich und ökologisch.
Ist die wirtschaftliche Talsohle bereits durchschritten?
Sollte es keine zweite Welle geben, die ähnliche Maßnahmen nach sich zieht wie die erste Welle, haben wir die Talsohle Stand heute durchschritten, was Corona betrifft. Andere Themen wie Elektromobilität haben weiterhin einen negativen Einfluss auf das Zerspanvolumen. Branchenübergreifend hatte sich Ende 2019 bereits ein Rückgang abgezeichnet, der durch Corona nochmals drastisch verstärkt wurde und sich auch noch eine gewisse Zeit durchzieht. Die Sorge, wie es mit den Insolvenzen weitergeht, bleibt, da das Risiko eines coronabedingten spürbaren Anstiegs von Insolvenzen zum Jahresende hin bleibt. Die Erweiterung der Kurzarbeit auf bis zu 24 Monate kann hier in Teilen entgegenwirken.
Was würden Sie bei einer zweiten Welle bzw. einem zweiten Lockdown machen?
Auch in diesem Fall würden wir wieder alles daran setzen, die Gesundheit unserer Mitarbeiter so weit wie möglich zu schützen und gleichzeitig die Lieferfähigkeit aufrechtzuerhalten. Unabhängig ob ein zweiter Lockdown kommen würde, greift weiterhin unser Hygienekonzept. Darüber hinaus haben wir durch die bisher gewonnene Erfahrung konzeptionelle Anpassungen vornehmen können, die uns bei einem hoffentlich nicht eintretenden zweiten Lockdown helfen würden. Des Weiteren sind, wie schon erwähnt, unsere Präventivmaßnahmen bis mindestens Ende 2020 festgelegt.
Wann denken Sie ist das „Vor-Krisen-Niveau“ wieder erreicht?
Das Niveau vor der Corona-Krise – wir sprechen hier von den Zahlen 2019, wobei 2019 bereits ähnlich abgeschlossen wurde wie 2018 – wird meiner Meinung nach nicht vor 2022 zu schaffen sein, gerade auch wenn man an Insolvenzen, Auftragseinbrüche und Personalabbau denkt. Betrachtet man beispielsweise die Luftfahrtindustrie, so wird diese noch deutlich länger brauchen, um wieder auf die bisherigen Zahlen zu kommen, da hier Corona zeitweise zu einem fast völligen Stillstand und massiven Einschränkungen geführt hat. Bedenken muss man grundsätzlich auch, dass Unternehmen die durch Corona entstandenen Mehrkosten erst einmal wieder hereinwirtschaften müssen.
Welche Krise erleb(t)en Sie als herausfordernder – die Finanzkrise 2008/2009 oder die „Corona-Krise“? Warum?
Ganz klar die Corona-Krise. Die Finanzkrise ging vor allem von Banken und Finanzdienstleistern aus, einschließlich der Immobilienblase. Die Auswirkungen waren auch hier weltweit und branchenübergreifend spürbar, aber man konnte die Krise besser einschätzen und kalkulieren. Die Corona-Krise ist bis heute nicht kalkulierbar oder absehbar, was es umso schwieriger macht, in Planungen und Investitionen zu gehen.
Wer sind Ihrer Meinung nach die größten Krisengewinner bzw. Krisenverlierer?
Krisenverlierer sind fast alle. Wenn man nach Gewinnern sucht, findet man diese vielleicht in den digitalen Branchen. Denn der digitale Gedanke hat in Zeiten von Corona vielen eine Lösung bieten können. Wir verwenden bei uns schon länger digitale Hilfsmittel, aber manche sind erst mit Corona auf diesen Weg gestoßen worden. Langfristig wird sich aber auch hier zeigen, dass digital richtig und wichtig ist, aber den persönlichen Kontakt nicht ersetzt.
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