interview

Siemens AG Österreich Industrial Edge: Werkstückoptimierung bis zur Perfektion

Wer hat, der kann: Perfekte Werkstücke in kürzester Zeit liefern zu können, ist nicht nur das Bestreben von Werkzeugmaschinenanbietern. Auch Anwender wünschen sich am Ende ihrer Prozesskette form- und funktionsvollendete Teile. Um sich derart erfolgreich am Markt behaupten zu können, braucht es einen innovativen, verlässlichen Digitalisierungspartner, der Schritt für Schritt selbst ausgeklügelte Applikationsanforderungen in der Entwicklung begleitet und mitträgt. Welche Benefits Siemens über die umfassende Generierung von Werkstück-Daten mittels seiner neuesten Edge- und App-Angebote bieten kann, erklärt Matthias Kneissl, Business Development Manager Digitalization Sales AT/CEE bei Siemens Österreich.

Selbstverständlich stehen wir auch Endkunden bei ihren Digitalisierungsprojekten hilfreich zur Seite, um Produktionsprozesse stetig zu optimieren, ausfallfrei am Laufen zu halten und die Qualität von Werkstücken permanent zu verbessern. 

Matthias Kneissl, Business Development Manager Digitalization Sales AT/CEE bei Siemens Österreich.

Selbstverständlich stehen wir auch Endkunden bei ihren Digitalisierungsprojekten hilfreich zur Seite, um Produktionsprozesse stetig zu optimieren, ausfallfrei am Laufen zu halten und die Qualität von Werkstücken permanent zu verbessern. Matthias Kneissl, Business Development Manager Digitalization Sales AT/CEE bei Siemens Österreich.

Herr Kneissl, zur EMO 2021 hat Siemens sein SINUMERIK-Edge-Angebot für die Werkzeugmaschine erweitert. Können Sie uns diese Neuheiten näher erläutern?

Ganz richtig, zur EMO haben wir unser Edge-Angebot zum IPC227E um zwei neue Edge-Geräte speziell für Werkzeugmaschinen aufgestockt. Es handelt sich dabei um einen kleineren und einen größeren Industrie-PC. Mit der kleinen Edge-Box IPC127E ermöglichen wir eine günstige Einstiegsvariante, um den Weg betreffend Konnektivität und Leistungsfähigkeit auch für einfache Anwendungsfälle zu ebnen. Und mit der größeren Variante, dem IPC427E, zielen wir darauf ab, aufwendigere und auch größere Applikationen mittels ausreichender Rechenleistung für die Anforderungen von KI-basierten Edge-Applikationen und anspruchsvollen Datenanalysen installieren zu können. Gleichzeitig haben wir natürlich auch unsere Siemens-eigenen Edge-Applikationen weiterentwickelt und neue Apps vorgestellt.

Neu ist auch die Namensgebung unseres Siemens Edge-Angebots. Es wurde bisher unter dem Namen „Sinumerik-Edge“ geführt, ab sofort nennt sich unser Angebot „Industrial Edge for Machine Tools“. Mit Industrial Edge bietet Siemens ein Konzept, bei dem sowohl Maschinenbauer als auch Anwender je nach Bedarf die Vorteile der Datenverarbeitung mittels Edge bzw. Cloud Computing flexibel nutzen können, und das weit über die Werkzeugmaschine hinaus.

Siemens erweitert das Industrial-Edge-Angebot für Werkzeugmaschinen um zwei neue Edge-Geräte.

Siemens erweitert das Industrial-Edge-Angebot für Werkzeugmaschinen um zwei neue Edge-Geräte.

Danke für das Stichwort! Bei den Apps ist ja eines Ihrer Herzstücke Analyze MyWorkpiece /Capture. Welche Vorteile ergeben sich für die User in der Praxis?

Der Hauptvorteil für unsere Kunden findet sich darin, dass sie mittels Analyze MyWorkpiece /Capture Daten direkt aus der SINUMERIK mit einer Abtastrate von nur einer Millisekunde, sprich im Lagereglerzyklus, ableiten und diese dann aufbereitet für die weitere Verwendung exportieren können. Und das ohne eine höhere Belastung der NCU, um den Bearbeitungsbetrieb nicht zu beeinflussen. Mit der daraus gewonnenen extrem hohen Datendichte können Anwender nun auch wesentlich bessere Analysen und Interpretationen aus bearbeiteten Werkstücken ableiten.

Begleitend dazu können auch Daten von externen Sensoren über unseren neuen Adapter in die Edge-Box miteingelesen und beispielsweise über MQTT an angeschlossene Systeme gestreamt werden. Die Daten lassen sich im Anschluss sowohl lokal als auch über eine sichere Cloud-Umgebung weiterverarbeiten beziehungsweise an weitere Applikationen übergeben, um daraus den weiteren Nutzen zu generieren.

So können die aufgezeichneten Daten zum Beispiel mit Analyze MyWorkpiece /Monitor mithilfe statistischer Modelle oder via Machine-learning-Modellen überwacht werden, um potenziellen Ausschuss schon während der Bearbeitung zu erkennen und so die Qualitätskontrolle durch gezielte Probenentnahme effizienter zu gestalten. Oder man generiert aus den Daten mit Analyze MyWorkpiece /Toolpath einen Digitalen Zwilling seines Werkstücks und kann so Rückschlüsse auf die realen Bearbeitungsabläufe ziehen.

Mit „Industrial Edge for Machine Tools“ ergeben sich neue Möglichkeiten der Analyse und Optimierung von Produktionsprozessen.

Mit „Industrial Edge for Machine Tools“ ergeben sich neue Möglichkeiten der Analyse und Optimierung von Produktionsprozessen.

Könnte man damit beispielsweise auch Werkstückoberflächen noch besser optimieren?

Ja, genau diese Möglichkeit wollen wir unseren Kunden bieten. Hier wird über die Software Analyze MyWorkpiece /Toolpath mit Hilfe der gewonnenen Prozessdaten, die über die Industrial Edge for Machine Tools aufgezeichnet werden, eine realistische Oberflächenkonstruktion erstellt. Damit kann die Werkstückqualität bewertet werden, bevor das Werkstück gefertigt und somit möglicherweise Ausschuss produziert wird.

Mit Analyze MyWorkpiece /Toolpath ist es möglich einen Digitalen Zwilling eines Werkstücks zu generieren, um so Rückschlüsse auf die realen Bearbeitungsabläufe ziehen zu können. Links im Bild das echte Werkstück. Rechts im Bild ein Oberflächen-Rendering mit Analyze MyWorkpiece /Toolpath.

Mit Analyze MyWorkpiece /Toolpath ist es möglich einen Digitalen Zwilling eines Werkstücks zu generieren, um so Rückschlüsse auf die realen Bearbeitungsabläufe ziehen zu können. Links im Bild das echte Werkstück. Rechts im Bild ein Oberflächen-Rendering mit Analyze MyWorkpiece /Toolpath.

Wie kommen Ihre Kunden zu diesen neuen Apps?

Wir bedienen uns hier der Möglichkeiten, die wir durch unsere eigene Softwaresparte bei Siemens haben. Die Ansprechpartner für unsere Kunden sind aber dieselben wie im klassischen SINUMERIK-Geschäft. Seit Herbst 2021 können außerdem sämtliche dieser Software-Apps für Werkzeugmaschinen auch im neuen Machine-Tool-Software-Store online von unseren Kunden angefragt und erworben werden.

Analyze MyWorkpiece /Monitor trifft Aussagen über die Qualität des Endprodukts in Echtzeit auf Basis von trainierten Modellen.

Analyze MyWorkpiece /Monitor trifft Aussagen über die Qualität des Endprodukts in Echtzeit auf Basis von trainierten Modellen.

Wo werden Ihre Apps besonders häufig genutzt?

Bei Gesprächen mit Werkzeugmaschinenherstellern geht es aktuell sehr um das bessere Verstehen des eigentlichen Bearbeitungsprozesses. Dieser Prozess war in den letzten Jahren stark abhängig vom individuellen Bediener-Know-how. Verlassen die erfahrenen Know-how-Träger das Unternehmen, geht dieses Wissen für den Betrieb verloren. Dieses „Gespür“ des Bedieners kann nun mit Hilfe unserer hochfrequenten Datengewinnung über die Industrial Edge-Box zum einen gespeichert und zum anderen für künftige Applikationen – unabhängig vom individuellen Know-how des Bedieners – genutzt werden. Dadurch kann der Bearbeitungsprozess wiederholbar in hoher Genauigkeit gewährleistet werden. Durch die Vielzahl an Analysen ergibt sich außerdem der Vorteil, gleichzeitig laufend größeres Detailwissen zum Prozess zu generieren. Auch für die Edge-Apps gilt: Man lernt nie aus!

Darüber hinaus können Maschinenbauer mit unseren Tools neue Möglichkeiten realisieren, Services an ihre Endkunden anbieten und so ihr eigenes Portfolio erweitern. Mit eigens entwickelten Applikationen oder proaktiven Maintenance-Services werden dadurch beispielsweise neue Umsatzpotenziale eröffnet.

Es ist also denkbar, dass Kunden ganz eigene Applikationen entwickeln und diese unter eigenem Label vertreiben?

Richtig. Durch das offene Ökosystem können mit unseren App-Development-Kits eigene Applikationen entwickelt werden, die dann – wie die Siemens-eigenen Apps – auf allen Geräten ausgerollt und upgedatet werden können.

Und wie sieht es mit Endkunden aus – haben auch diese die Möglichkeit, die Digitalisierungsangebote direkt von Siemens nutzen zu können?

Selbstverständlich stehen wir auch Endkunden bei ihren Digitalisierungsprojekten hilfreich zur Seite und haben – zum Beispiel in der Automobilindustrie oder Luft- und Raumfahrt – schon Projekte erfolgreich umgesetzt. Gerade diese Branchen sind sehr bestrebt, ihre Produktionsprozesse stetig zu optimieren, ausfallfrei am Laufen zu halten und die Qualität von Werkstücken permanent zu verbessern. Hier arbeiten wir auch schon an ersten Projekten, bei denen neuronale Netze helfen, die Produktqualität und die Gesamteffizienz weiter zu steigern.

Ich möchte aber auch betonen, dass wir hier wirklich von sehr spezifischen Lösungen sprechen. Bei der Entwicklung unseres Portfolios im Bereich der Digitalisierung achten wir stets darauf, dass sowohl Einmannbetriebe als auch Firmen mit großem Maschinenpark rasch ihre Vorteile sehen und vor allem realisieren können. Bestes Beispiel wäre hier unsere Software OptimizeMyMachining /Adaptive Control, wo schon mit einer kleinen Zusatzinstallation auf der NCU eine echte adaptive Vorschubregelung aktiviert werden kann. So lässt sich einerseits die Bearbeitungszeit reduzieren und andererseits auch der Werkzeugverschleiß optimieren.

Mit Blick auf den gesamten Organismus einer industriellen Digitalisierungsentwicklung stellt man fest, dass es dazu immer öfter das Know-how von Data-Scientists und ebenso von Prozesskundigen der Industrie braucht. Wie sieht die Vorgehensweise von Siemens dazu aus?

Dass es hier sowohl Domain-Know-how über die jeweilige Industrie als auch Expertenwissen im Umgang mit Datenmodellen benötigt, hat Siemens sehr früh erkannt. Wir verfügen deshalb neben den Fachspezialisten für Werkzeugmaschinen in Wien seit einiger Zeit auch über ein Team von Data-Scientists, die unsere Kunden in dieser Richtung unterstützen können.

Ich hebe in diesem Zusammenhang auch gerne den Zugang unseres Siemens AG CEO Roland Busch hervor. Mit „We drink our own champagne“ machen wir es uns selbst zur Pflicht, unsere Digitalisierungslösungen in unseren zahlreichen Werken zu etablieren, um diese zu testen, davon zu profitieren und so auch ständig weiterzuentwickeln.

Danke für das Gespräch.

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