interview

Eberhard Zoller: 75 Jahre Innovationsgeist, Qualität und Zuverlässigkeit

75 Jahre Zoller – eine lange Zeit, die nur ein Mann komplett überblicken kann: Eberhard Zoller. Im ausführlichen Interview erinnert sich der leidenschaftliche Unternehmer und Visionär, wie er die Gründung von Zoller durch seinen Vater miterlebt hat, wie er 1968 überraschend zum Chef wurde und warum für ihn die Themen Qualität, Zuverlässigkeit, Software und Bedienerfreundlichkeit von Anfang an so wichtig waren. Zudem verrät er, warum Zoller auch die aktuelle Krise bewältigen wird und wie seine Söhne das Unternehmen international zum Erfolg führen. Das Interview führte Robert Fraunberger, x-technik

Der Visionär und leidenschaftliche Unternehmer Eberhard Zoller feiert 75-jähriges Firmenjubiläum – eine Zeitspanne, in der man stets um Qualität, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Innovationsgeist bemüht war.

Der Visionär und leidenschaftliche Unternehmer Eberhard Zoller feiert 75-jähriges Firmenjubiläum – eine Zeitspanne, in der man stets um Qualität, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Innovationsgeist bemüht war.

Herr Zoller, gibt es in den 75 Jahren eine Konstante bzw. etwas, das Zoller von Anfang an bis heute auszeichnet?

Auf jeden Fall die Zuverlässigkeit! Wofür Zoller-Produkte heute stehen, hat mir mein Vater von Anfang an vorgelebt: Immer im Sinne des Kunden handeln, nicht nur auf den eigenen Vorteil schauen, sondern stets auf höchste Qualität achten und sich nicht auf Erfolgen ausruhen. Mein Vater hat bei seinen ersten Aufträgen für Einstelllehren ein Pantographensystem entwickelt – wahrscheinlich das erste seiner Art, das man zum Patent hätte anmelden können. Aber dabei ist es nicht geblieben, sondern er hat 1965 das erste Einstellgerät mit Mikroskop und Zählwerken gebaut, sozusagen der Urahne unserer Einstellgeräte. Als ich in die Firma eingestiegen bin, hat mein Vater mir die Aufgabe übertragen, unsere Einstellgeräte immer weiter zu entwickeln, immer besser zu machen. Innovation liegt bei Zoller quasi in den Genen.

Mit 2.500 m² bietet die neu eröffnete Zoller Smart Factory und Academy modernste Schulungs-, Vorführ- und Testmöglichkeiten.  (Alle Bilder x-technik)

Mit 2.500 m² bietet die neu eröffnete Zoller Smart Factory und Academy modernste Schulungs-, Vorführ- und Testmöglichkeiten. (Alle Bilder x-technik)

Von der Gründung 1945 war es ein langer Weg bis zum ersten Einstellgerät 1965. Wie kam es denn zu dieser Spezialisierung?

Zuerst war Zoller eine mechanische Werkstatt und hat hauptsächlich Dinge repariert, die im Krieg kaputt gegangen sind – das reichte von Feuerwehrspritzen oder Werkzeugmaschinen bis hin zu Spielzeugautos. Ich habe meinen Vater von klein auf dabei beobachtet. Irgendwann kam ihm die Idee, aus defekten Geräten Fräs-, Bohr- und Drehmaschinen für eine eigene Produktion zu bauen. So wurde aus dem Reparaturbetrieb ein Fertigungsbetrieb. Die ersten Zoller-Produkte waren übrigens Feuerzeuge, an denen meine Mutter und ich daheim mitgearbeitet haben. Eines Tages gab es dann den Auftrag, Schnellwechselhalter zu fertigen und so kam auch der Kontakt zu den Werkzeugmaschinenherstellern zustande, für die die Halter gebaut wurden. Und von da war es dann nur noch ein kleiner Schritt zu den Einstellgeräten.

Die Türbeschriftung zum neuen Seminarraum am Headquarter in Pleidelsheim spricht für sich.

Die Türbeschriftung zum neuen Seminarraum am Headquarter in Pleidelsheim spricht für sich.

War für Sie denn schon immer klar, dass Sie in die Fußstapfen Ihres Vaters treten wollten?

Zumindest für meinen Vater war es immer glasklar. Nach der Lehre bei meinem Vater und dem Studium bin ich zu Heidelberger Druck – das war damals das modernste Unternehmen Deutschlands, da habe ich unheimlich viel gelernt. Und eigentlich wollte ich mit meiner Familie in Heidelberg bleiben, so gut hat es uns dort gefallen. Doch dann kam ein geplatzter Blinddarm bei meinem Vater dazwischen und in dem Moment, als ich davon erfuhr, habe ich gar nicht überlegt: Ich habe sofort gekündigt und bin bei Zoller am 8. April 1968 ins kalte Wasser gesprungen – und plötzlich war ich Chef. Jetzt im Nachhinein war das natürlich die richtige Entscheidung, aber am Anfang war es nicht leicht. Ich bin nicht der geborene Unternehmer, das hat mich sehr gefordert. Deshalb habe ich viele Seminare besucht, mich ständig weitergebildet und so in die neue Rolle gefunden. Mit Sicherheit hat mir auch die Ehrlichkeit geholfen – mit mir konnte man immer reden, ich habe bis heute ein offenes Ohr für meine Mitarbeiter, habe aber auch klar kommuniziert, was gefordert ist und war da sehr konsequent. Die Leute wissen bei mir, woran sie sind und die meisten wissen das zu schätzen.

Gemeinsam mit Wolfgang Huemer (rechts) gründete Eberhard Zoller 1987 auch die erste Auslandsniederlassung in Ried im Innkreis (OÖ). Im Bildhintergrund ist die neue Zoller das neue Gebäude der Zoller Academy und Smart Factory zu sehen.

Gemeinsam mit Wolfgang Huemer (rechts) gründete Eberhard Zoller 1987 auch die erste Auslandsniederlassung in Ried im Innkreis (OÖ). Im Bildhintergrund ist die neue Zoller das neue Gebäude der Zoller Academy und Smart Factory zu sehen.

Gibt es etwas, das Ihnen Ihr Vater mit auf den Weg gegeben hat und Sie jetzt Ihren Söhnen?

Da gibt es eine Geschichte, die mich und damit auch Zoller sehr geprägt hat. Ich habe damals im Auftrag eines großen Unternehmens Vorrichtungen konstruiert und gebaut. Vom Kunden wurden sie aber abgelehnt, es wurde eine Nachbesserung verlangt. Ich wollte sie nur abändern, weil schon so viel Geld darin steckte. Aber mein Vater wollte, dass ich noch einmal komplett von vorn anfange, damit wirklich alles passt. „Deinen Ruf verlierst du nur einmal, Geld kannst du immer wieder gewinnen“– das waren seine Worte, die ich nie vergessen werde. Dieser Anspruch an 100%ige Qualität hat mich durch mein Leben geleitet und das habe ich auch meinen Söhnen mit auf den Weg gegeben.

Pünktlich zum Firmenjubiläum wurde der Ausbau des Produktionsstandortes auf rund 30.000 m² abgeschlossen. Unter anderem optimiert eine neue, hochmoderne Fertigungshalle inklusive Bürotrakt nicht nur die Lieferzeiten, sondern bietet perfekte Bedingungen für höchste Qualität und Zuverlässigkeit.

Pünktlich zum Firmenjubiläum wurde der Ausbau des Produktionsstandortes auf rund 30.000 m² abgeschlossen. Unter anderem optimiert eine neue, hochmoderne Fertigungshalle inklusive Bürotrakt nicht nur die Lieferzeiten, sondern bietet perfekte Bedingungen für höchste Qualität und Zuverlässigkeit.

In den letzten beiden Jahren wurde der Firmenhauptsitz in Pleidelsheim massiv erweitert und auch international wächst Zoller ständig. Wie schaffen Sie dieses konstante Wachstum?

Die aktuelle Erweiterung bzw. der massive Ausbau unserer Produktions- und Schulungsmöglichkeiten hier in Pleidelsheim ist sicherlich ein absolutes Highlight der Firmengeschichte – ein enormer Kraftakt aller Beteiligten. Darauf darf man schon stolz sein. Das ist sicherlich auch der Verdienst meiner Söhne Christoph und Alexander. Alexander war in den letzten Jahren viel in den USA, Mexiko und Kanada unterwegs und hat bereits den kompletten Neubau von Zoller Inc. geleitet. Christoph kümmert sich um den Rest der Welt – von China über Indien nach Brasilien. Er gründet eine Niederlassung nach der anderen, somit sind wir bereits in vielen Ländern der Welt direkt vertreten. Und das ist auch das Rezept für den internationalen Erfolg. Ich hatte auch von Anfang an vollstes Vertrauen zu den beiden.

Alle verbauten Komponenten der Zoller Einstell-, Mess- und Prüfgeräte unterlaufen strengsten Qualitätskriterien und bürgen so für Präzision und Zuverlässigkeit.

Alle verbauten Komponenten der Zoller Einstell-, Mess- und Prüfgeräte unterlaufen strengsten Qualitätskriterien und bürgen so für Präzision und Zuverlässigkeit.

Die erste Auslandsniederlassung gründeten Sie 1987 gemeinsam mit Wolfgang Huemer in Österreich. Wie sehen Sie diese Zusammenarbeit?

Dass wir uns kennengelernt haben, war sicherlich ein glücklicher Umstand, denn mit Zoller Austria und den dazugehörigen Vertriebsgebieten haben wir seit Jahren einen verlässlichen und sehr erfolgreichen Partner an der Seite. Geschuldet ist das auch dem Umstand, dass Herr Huemer und ich uns auf Anhieb verstanden haben und er meine Philosophie nicht nur verinnerlicht, sondern mit absolutem Qualitätsdenken und bester Kundenbetreuung seinen eigenen Weg eingeschlagen hat. Diese Freiheiten sind meiner Meinung nach für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung auch notwendig.

Die Mitarbeiter genießen bei Zoller einen hohen Stellenwert: So wurden bei der Standorterweiterung unter anderem ein siebenstöckiges Parkhaus sowie zahlreiche Sozialräume und kreative Kommunikationsbereiche integriert.

Die Mitarbeiter genießen bei Zoller einen hohen Stellenwert: So wurden bei der Standorterweiterung unter anderem ein siebenstöckiges Parkhaus sowie zahlreiche Sozialräume und kreative Kommunikationsbereiche integriert.

Haben Sie auch ein Rezept, wie man durch Wirtschaftskrisen kommt?

Eine Krise durchzumachen ist eine wichtige Erfahrung für einen Geschäftsführer. Auch wenn es hart ist, wie beispielsweise 1993. Damals musste ich wirklich Monat für Monat schauen, wie es weiter geht. Ich habe mich dann schweren Herzens dazu entschlossen, die eigene CNC-Fertigung aufzugeben und eine ganze Abteilung zu entlassen. Das war nicht einfach, aber damals notwendig, um das Überleben des Unternehmens zu sichern. 2009 hatte ich dementsprechend schon Erfahrung und habe deshalb klipp und klar auch gegenüber den Mitarbeitern das Wohl der Firma über alles andere gestellt und wir sind sehr gut durch diese Krise gekommen.

Die Wirtschaft ist ja heuer durch die Corona-Krise massiv getroffen. Wie sehen Sie die aktuelle Situation?

Durch diese Pandemie wird sich meiner Meinung nach einiges ändern und es werden sicherlich auch einige Firmen auf der Strecke bleiben. Zusammengefasst müssen wir zukünftig noch bessere Qualität zu noch besseren Preisen liefern, um uns am Weltmarkt behaupten zu können. Es wird sich bald keiner mehr leisten können, dass Maschinen nicht Tag und Nacht produzieren und dazu benötigt man unter anderem Zoller-Messgeräte, -Software oder -Automationslösungen. Der Automation und Vernetzung der Fertigung gehört ohnehin die Zukunft, und auch da sehe ich uns mit Lösungen wie beispielsweise roboBox, cora oder dem Zoller-TMS bestens aufgestellt.

Persönlich sehe ich der aktuellen Situation also eher gelassen entgegen. Da spielen sicher auch das Alter und die Erfahrung eine Rolle – man weiß, man kommt durch und man weiß, wie man damit umgehen muss.

Vor zwei Jahren haben Sie Ihr persönliches 50. Firmenjubiläum gefeiert. Gab es in dieser Zeit ein Ereignis, das Ihnen besonders im Gedächtnis haften geblieben ist? Sozusagen Ihr persönliches Zoller-Highlight?

Da ist eine Sache, die mir sehr in Erinnerung geblieben ist. Ich habe einmal ein Projekt von einem Großunternehmen wegen Details im Pflichtenheft abgelehnt. Das hat für ziemlichen Wirbel gesorgt und ich bin dort eingeladen worden, um das zu erklären. Ich habe den Herren dort dann Punkt für Punkt gezeigt, warum ich dieses Pflichtenheft so nicht akzeptiere. Daraufhin haben sie Zoller sofort den Auftrag gegeben, weil sie wussten, dass wir uns ganz genau mit ihren Wünschen und Vorstellungen beschäftigen. Das war für mich die Bestätigung, dass es immer besser ist, ehrlich auf Schwachstellen hinzuweisen, als einfach jeden lukrativen Auftrag anzunehmen. Diese Geschichte steht auch exemplarisch dafür, dass wir bei Zoller ganz genau hinschauen, kritisch hinterfragen und ehrlich sind.

Außerdem ist es für mich immer ein Highlight, wenn ein neues Zoller-Produkt auf den Markt kommt – auch da hören wir auf die Kunden und wenn der Bedarf nach etwas Bestimmten da ist, entwickeln wir etwas Entsprechendes. So gesehen, gab es viele Highlights.

Wie bereits erwähnt, ist Zoller auch im Bereich Software tätig. Sie haben ja bereits 1977 auf der ersten EMO in Hannover einen Commodore-PC mit digitalisiertem Einrichteblatt dabeigehabt.

Das ist richtig. Für Computer habe ich mich als Techniker sofort interessiert und mir auch einen Commodore für zuhause geholt, mir selbst Basic beigebracht, damit ein Einrichteblatt programmiert und das dann auf der ersten EMO als Idee gezeigt. Und daraufhin kamen richtig viele Anfragen dazu. Also habe ich für die nächste Messe 1981 jemanden eingestellt, der das erste „Tool Brain“ programmiert hat. Den Nachfolger „Super Brain“ haben wir dann 1985 vorgestellt. Wir haben das Thema Software also von Anfang an verfolgt und seit damals eine eigene Entwicklungsabteilung betrieben. Nicht umsonst hat Zoller mit „pilot“ die führende Bildverarbeitungstechnologie für Einstell-, Mess- und Prüfgeräte entwickelt und auch beim Thema Toolmanagement bieten wir intelligente Lösungen. Eben, weil wir uns so früh mit dem Thema beschäftigt und kontinuierlich daran gearbeitet haben.

Das „elephant“-Programm ist Paradebeispiel für einfache Bedienbarkeit. Warum ist Ihnen die Einfachheit so wichtig und wie sind Sie eigentlich auf den Elefanten gekommen?

Als wir 1988 die gesamte Produktlinie überarbeitet haben, war mir eine einfache Handhabung sehr wichtig. Deshalb sind der Einhandbediengriff, die Folientastatur und die Endlos-Feinverstellung entwickelt worden – damit haben wir sicherlich Maßstäbe gesetzt. Und bei der Software war es mit „elephant“ genauso. Damals war eine intuitive Nutzerführung noch nicht so selbstverständlich wie heute, schon gar nicht bei technischen Geräten. Ich wollte aber, dass wirklich jeder mit unseren Geräten arbeiten kann, nicht nur „Doktor-Ingenieure“. Bei einem Gespräch mit einem unserer Software-Entwickler habe ich einen kleinen Granitelefanten von meinem Schreibtisch genommen und erklärt, dass ich ein Programm will, bei dem ich nur auf ein Elefantenbild klicken muss, damit das Gerät den vermisst. Der Elefant steht also für die einfache Bildauswahl wie in Kinderbüchern – nur statt Hund, Maus und Elefant sind eben Werkzeuge abgebildet. Deshalb heißt das Programm auch „elephant“, wobei bei uns der Elefant inzwischen übergreifend für unsere „No Problem“-Mentalität steht – wir machen das Messen von Werkzeugen für jeden einfach und sind deshalb führend, was Bedienerfreundlichkeit angeht.

Wie wichtig ist Ihnen das Thema Optik und Außenwirkung dabei?

Wir wollen in unserer Branche vorne dabei sein, eine Spur ziehen, Maßstäbe setzen. Die Maschinen, die Ergonomie, die Zuverlässigkeit, die Optik: Alles muss top sein. Aber das Allerwichtigste, die Basis, ohne die nichts geht, sind Qualität und Zuverlässigkeit. Dafür stehen wir Zollers persönlich ein, das ist extrem wichtig. Hier kommt wieder das ins Spiel, was mein Vater mir mit auf den Weg gegeben hat: Du hast nur einen Ruf zu verlieren! Und meine Söhne werden in Zukunft dafür sorgen, dass dieser Ruf hervorragend bleibt.

Alles Gute zum Jubiläum und danke für das ausführliche Gespräch!

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