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Über die Schneidkante hinaus

Tooling Days in Kapfenberg erweitern die Sicht des modernen Werkzeugeinsatzes: Die Tooling Days, die Ende Juni zum zweiten Mal in Kapfenberg stattgefunden haben, waren gekennzeichnet von hochkarätigen Vorträgen und spannenden Einblicken in die Welt der Zerspanungswerkzeuge. Aber auch viel Interessantes aus Management und Politik rund um das Thema Industrie und Forschung wurde geboten. Wir waren für Sie vor Ort.

Rund 160 nationale und internationale Teilnehmer kamen nach zu den Tooling Days 2014 nach Kapfenberg.

Rund 160 nationale und internationale Teilnehmer kamen nach zu den Tooling Days 2014 nach Kapfenberg.

Zum zweiten Mal fanden dieses Jahr die Tooling Days im steirischen Kapfenberg statt. Am 26. und 27. Juni 2014 trafen sich Vertreter aus Industrie, Handel und Forschung zu dem zweitägigen Symposium, das von den der regionalen wirtschafts- und Entwicklungsagentur AREA m styria GmbH im Verbund mit den ortsansässigen, internationalen Unternehmen Boehlerit GmbH & Co. KG, Boehler Edelstahl GmbH, Oerlikon Balzers Coating AG sowie der TCM Group aus der Weststeiermark organisiert wurden. Dabei kamen im Audimax der Fachhochschule Kapfenberg neben Sprechern der Industrie auch Referenten aus Forschung und Politik zu Wort.

In gewohnt mitreißender Manier legte Dr. Claus J. Raidl, Präsident der österreichischen Nationalbank die Bedeutung der Industriepolitik im Gesamtkontext der Wirtschaftspolitik dar. Dabei stellte er insbesondere in den Vordergrund, dass sich Länder und Regionen mit einem hohen Industrieanteil in ihrer Gesamtwirtschaft als besonders widerstandsfähig gegen Krisen erweisen. Gleichzeitig kritisierte er, dass diese Erkenntnis in den aktuellen politischen Programmen und Aktivitäten leider viel zu wenig Beachtung findet und mahnt: „Die Industriepolitik muss wieder fester Bestandteil der Wirtschaftspolitik werden“.

Dazu nannte er konkrete Faktoren, die erklären, warum Industriepolitik durchaus wieder modern ist, oder diese verstärkt werden sollte. Aber auch im gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang sieht Raidl großen Handlungsbedarf. Er fordert Wirtschaftswissenschaftler und Politik dazu auf, eine verlässliche Energie- und Klimapolitik in die Industriepolitik mit einzubinden, dabei die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten im Auge zu behalten und insbesondere bei der wirtschaftlich sinnvollen Verteilung von Fördermaßnahmen anzusetzen. Ein besonderes Anliegen ist ihm dabei die Bildung, die seiner Meinung nach grundlegend überdacht werden sollte.

In gewohnt mitreißender Manier gab Dr. Claus J. Raidl, Präsident der österreichischen Nationalbank die Richtung vor und legte die Bedeutung der Industriepolitik im Gesamtkontext der Wirtschaftspolitik dar.

In gewohnt mitreißender Manier gab Dr. Claus J. Raidl, Präsident der österreichischen Nationalbank die Richtung vor und legte die Bedeutung der Industriepolitik im Gesamtkontext der Wirtschaftspolitik dar.

Gesellschaft und Technik

Den Gesamtzusammenhang zwischen gesellschaftlicher Entwicklung und technischen Innovationen stellte auch Lothar Horn, Geschäftsführer der Paul Horn GmbH und Vorsitzender des Fachverbandes für Präzisionswerkzeuge, in den Vordergrund seiner Betrachtungen. Er zeigte dabei die durch die gesellschaftlichen Megatrends entstehenden Anforderungen an Industrieunternehmen. Am konkreten Beispiel modularer Werkzeuge und moderner Zerspanungswerkstoffe machte er auf die Bedeutung des verantwortungsvollen Umgangs mit Ressourcen aufmerksam.

Besonders konnte Dr. Mag. Markus Tomaschitz, HR-Manager der AVL List GmbH in Graz, das Auditorium mit seinen Betrachtungen zum Thema Vorhersagbarkeit wirtschaftlicher Ereignisse begeistern. Er warnte davor, zu lange auf festgelegte Strategien zu beharren, und seien sie in der Vergangenheit noch so erfolgreich gewesen. „Nichts ist schlimmer als der Erfolg von gestern, denn er verhindert die Bereitschaft zur Veränderung“, stellt er dazu fest, und forderte die Anwesenden auf, einen allgemeineren Blick auf die Dinge zu wagen und sich vor den Scheuklappen der Spezialisierung zu hüten, vor allem im Management.

Den Gesamtzusammenhang zwischen gesellschaftlicher Entwicklung und technischen Innovationen stellte Lothar Horn, Geschäftsführer der Paul Horn GmbH und Vorsitzender des Fachverbandes für Präzisionswerkzeuge, in den Vordergrund seiner Betrachtungen. (v.l.n.r.: Wolfgang Kals, Franz Haas, Lothar Horn und Moderatorin Ines Sabitzer)

Den Gesamtzusammenhang zwischen gesellschaftlicher Entwicklung und technischen Innovationen stellte Lothar Horn, Geschäftsführer der Paul Horn GmbH und Vorsitzender des Fachverbandes für Präzisionswerkzeuge, in den Vordergrund seiner Betrachtungen. (v.l.n.r.: Wolfgang Kals, Franz Haas, Lothar Horn und Moderatorin Ines Sabitzer)

Aktuelle Schneidstoffentwicklungen

Bei den fachbezogenen Vorträgen standen die Entwicklungen im Bereich der Schneidstoffe und Beschichtungen im Vordergrund. Dabei machte Dr. Wolfgang Kalss, Marktsegmentverantwortlicher Cutting Tools bei Oerlikon Balzers Coating AG, den Auftakt mit einem Überblick über die Entwicklung PVD-beschichteter Werkzeuge und die unterschiedlichen Technologien, die schließlich zur Entstehung der Oerlikon Balzer S3p Beschichtung führte und gab einen Ausblick auf den neuen BALIQ Schneidstoff, der beispielsweise einen Standmengenzuwachs von 171 % gegenüber BALINIT beim Gewindeformen und beim Reiben sogar einen Zuwachs von 183 % gegenüber TiAlN erlauben soll.

Ebenso informierte Gert Kellezi, Böhler Edelstahl GmbH & Co KG, über einen neuen Schneidstoff für die Bearbeitung schwer zerspanbarer Werkstoffe, wie Nickelbasislegierungen, Titanlegierungen und austenitische oder rostfreie Stähle. MC90 Intermet soll die Lücke zwischen den herkömmlichen Schneidstoffen Hartmetall und Schnellarbeitsstahl schließen und somit produktiveres Arbeiten in Bereichen mit hoher Temperaturentwicklung sowie Temperaturwechselbeanspruchung ermöglichen.

Die Schneidstoffe waren auch für Thomas Falk von LMT Fette Werkzeugtechnik GmbH & Co. KG. zentrales Thema. In seinen Ausführungen stellte er SpeedCore vor. Unter dieser Bezeichnung wurde ein Wälzfräser eingeführt, der aus einem Substrat aus Molybdän, Kobalt und kohlenstofffreiem Eisen besteht. Zusätzlich werden diese Fräser mit einer Nanosphere 2.0 Beschichtung versehen, einer besonders feinkörnigen CrAlN-Schicht. Diese Kombination bietet eine wesentlich bessere Warmhärte als herkömmliche HSS-PM Substrate bei gleichbleibend hoher Zähigkeit.

Gefolgt wurden seine Ausführungen noch von Reinhard Pitonak von Boehlerit, der die Anwesenden über High Performace Coating im CVD Verfahren informierte und dabei am Beispiel von LCP15T Schneidplatten (AlTiN) zeigte, wie wichtig der richtig gewählte Schichtaufbau bei diesem Verfahren für die Widerstandsfähigkeit der Schneide ist.

Dr. Mag. Markus Tomaschitz, HR-Manager der AVL List GmbH warnte davor, zu lange auf festgelegte Strategien zu beharren, und seien sie in der Vergangenheit noch so erfolgreich gewesen.

Dr. Mag. Markus Tomaschitz, HR-Manager der AVL List GmbH warnte davor, zu lange auf festgelegte Strategien zu beharren, und seien sie in der Vergangenheit noch so erfolgreich gewesen.

Dr. Ing. Jan Dege, Leiter der NC-Programmierung bei der Premium AEROTEC GmbH, gab den Teilnehmern zum Abschluss einen Einblick in die Zerspanung großer Luftfahrtstrukturbauteile.

Dr. Ing. Jan Dege, Leiter der NC-Programmierung bei der Premium AEROTEC GmbH, gab den Teilnehmern zum Abschluss einen Einblick in die Zerspanung großer Luftfahrtstrukturbauteile.

Anschauliches Praxisbeispiel

Zum Abschluss der Veranstaltung bot Dr. Ing. Jan Dege, Leiter der NC-Programmierung bei der Premium AEROTEC GmbH, den Teilnehmern einen Einblick in die Zerspanung großer Luftfahrtstrukturbauteile. Am Beispiel eines Türrahmenspantes für einen Airbus A350 aus Titan zeigte er eindrücklich, welche Herausforderungen bei einer Zerspanungsrate von 95 %, dünnen Stegen und hohen Umschlingungswinkeln entstehen. Dass dabei besondere Anforderungen an das Spannen der Bauteile und an die Zerspanungswerkzeuge gestellt werden, wurde auf eindrucksvolle Weise klar.

Damit sich die Teilnehmer, zusätzlich zu den hochkarätigen Vorträgen, einen Eindruck verschaffen konnten, wie Hartmetallwerkzeuge hergestellt werden, öffnete die Boehlerit die Türen ihrer Produktionshallen und zeigte den Entstehungsprozess vom Hartmetallpulver bis zur Beschichtung. Ebenso bestand die Möglichkeit, sich von der Leistungsfähigkeit der Böhler Schmiedetechnik GmbH & Co KG zu überzeugen. Die beiden Spindelpressen mit 31.000 bzw. 35.500 Tonnen Presskraft, die es zu sehen gab, zählen zu den wohl größten derartigen Maschinen weltweit.

Das Rahmenprogramm, mit einem Besuch der Burg Oberkapfenberg, das zusätzlich Gelegenheit zum Kennenlernen und Netzwerken bot, ließ, zusammen mit den interessanten und informativen Vorträgen, die Neuauflage der Tooling Days zu einer gelungenen Veranstaltung werden.

www.toolingdays.at

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