interview

Daten der Produktentwicklung gewinnbringend einsetzen

Als Startup aus der Universität Karlsruhe (heute KIT) fokussierte sich die simus systems GmbH bereits 2002 auf die Strukturierung, Qualitätsverbesserung und Auffindbarkeit von Stammdaten technischer Produkte, die aus der Produktentwicklung stammen und über ERP-Systeme unternehmensweit genutzt werden. Heute gilt dies als Grundlage umfassender Digitalisierung – Stammdaten sind wertvolles Unternehmenskapital. Dr. Ing. Arno Michelis gibt im Interview einen genaueren Einblick.

Dr. Ing. Arno Michelis ist seit 2002 einer der Geschäftsführer und Gesellschafter von simus systems.

Dr. Ing. Arno Michelis ist seit 2002 einer der Geschäftsführer und Gesellschafter von simus systems.

simus systems entwickelt bereits seit 2002 Software für die Bereinigung, Strukturierung und Klassifizierung von technischen Daten und bietet dies als Dienstleistung an. Wie kam es dazu?

Noch als wissenschaftliche Mitarbeiter haben zunächst zwei, dann drei Gesellschafter in ersten universitären Projekten erkannt, welche Herausforderungen die stets wachsenden Datenmengen der Produktdefinition an mittelständische und große Industrieunternehmen stellen. Um Aufgaben dieser Projekte effizienter lösen zu können, haben wir ein erstes Programm entwickelt. Daraus wurde in weiteren Schritten die Software classmate DATA für die Analyse, Bereinigung und den Aufbau von Klassifikationen zur Strukturierung von technischen Stammdaten, typischerweise aus PDM-/ERP-Systemen. Dieser Ansatz wurde mit classmate CAD für die Analyse von 3D CAD-Modellen ausgedehnt, die inzwischen patentiert wurde. Damit konnten wir den Aufwand und die Zeitdauer von Analyse- und Optimierungs-Projekten von technischen Daten erheblich verringern. Kunden können so Projekte in einem überschaubaren Zeitaufwand umsetzen, die sonst nicht realisierbar wären.

Eine fundierte Datenbasis gilt als Grundlage der Digitalisierung.

Eine fundierte Datenbasis gilt als Grundlage der Digitalisierung.

Die Klassifikation und Suche von CAD-Modellen erfordert enge Verbindungen zu den betreffenden Systemen. Wie halten Sie diese aufrecht?

Wir haben nach und nach Schnittstellen zu Inventor, CATIA, Creo, NX, Solid Edge und Solid Works entwickelt. Unsere Software integriert sich damit und verarbeitet alle Modelle, zum Beispiel für eine Teilbereichssuche. Intern verwendet unsere Software ein leichtgewichtiges, eigenes Datenformat. Wir haben alle diese Systeme, einschließlich der PDM-Lösungen Teamcenter und Windchill im Hause und reagieren jeweils auf die neuesten Versionen, um unseren Kunden den größten Nutzen zu sichern.

Das Führungsteam der simus systems GmbH (v.l.n.r.): Dietmar Thomes, Vertrieb und Marketing, Dr. Jörg Weißkopf, Projektmanagement sowie die Geschäftsführer Dr. Arno Michelis und Dr. Harald Kunze.

Das Führungsteam der simus systems GmbH (v.l.n.r.): Dietmar Thomes, Vertrieb und Marketing, Dr. Jörg Weißkopf, Projektmanagement sowie die Geschäftsführer Dr. Arno Michelis und Dr. Harald Kunze.

Sind Verbindungen zu ERP-Systemen ebenfalls eine wichtige Voraussetzung?

Die 50 Jahre der SAP-Geschichte begleiten wir seit genau 20 Jahren. Schon 2005 haben wir die erste Standard-Schnittstellenlösung zu SAP entwickelt, die seither kontinuierlich ausgebaut wird. Datenbestände werden zuverlässig zwischen simus classmate und SAP synchronisiert, die Aufbereitung und die Pflege außerhalb der SAP-Oberfläche wird dadurch flexibler, schneller und komfortabler. Dies gilt nicht nur für die Klassifikation, sondern auch für Materialstämme und andere Informationsobjekte wie etwa Equipments. Auch Strukturanpassungen von Klassensystemen lassen sich mit unserer Lösung leicht bewerkstelligen. Aufwändige Arbeitsschritte wie das Anlegen neuer Klassen und Merkmale gelingen in kürzester Zeit. Die Schnittstellenlösung arbeitet optimal mit SAP S/4HANA, was bei Migrationen sehr hilfreich ist.

Das Führungsteam der simus systems GmbH (v.l.n.r.): Dietmar Thomes, Vertrieb und Marketing, Dr. Jörg Weißkopf, Projektmanagement sowie die Geschäftsführer Dr. Arno Michelis und Dr. Harald Kunze.

Das Führungsteam der simus systems GmbH (v.l.n.r.): Dietmar Thomes, Vertrieb und Marketing, Dr. Jörg Weißkopf, Projektmanagement sowie die Geschäftsführer Dr. Arno Michelis und Dr. Harald Kunze.

Wer die Stammdaten einmal strukturiert und bereinigt hat, möchte sie in diesem Zustand erhalten. Was können Sie dazu beitragen?

Zum einen setzt simus systems in der Produktentwicklung an. Mit classmate FINDER wurde bereits 2006 ein Softwaremodul entwickelt, mit der sich Bauteile anhand Geometrie und technischen Daten schnell und zuverlässig auffinden lassen. Die Wiederverwendung von vorhandenen Lösungen wird so gefördert, dass erst gar keine Dubletten entstehen.

Zum anderen bieten wir Tools an, die Prozesse wie die Anlage und Pflege der Materialstämme geregelt durch alle beteiligten Stellen führen. So kann man auch eine Stammdaten-Stelle einrichten, die für Qualität sorgt und das Wachstum der Datenmengen begrenzt. Diese Prozesse der Master Data Governance können außerhalb von SAP einfach und schnell eingerichtet und mit dem ERP-System synchronisiert werden.

simus systems entwickelt bereits seit 2002 Software für die Bereinigung, Strukturierung und Klassifizierung von technischen Daten und bietet dies als Dienstleistung an.

simus systems entwickelt bereits seit 2002 Software für die Bereinigung, Strukturierung und Klassifizierung von technischen Daten und bietet dies als Dienstleistung an.

Wie gehen Sie bei einem solchen Stammdatenprojekt vor?

Wir haben nicht nur Software, sondern auch eine strukturierte Projektmethodik und standardisierte Regelwerke entwickelt, die bei jedem Projekt angewandt werden. Zunächst werden die Datenquellen eingebunden und automatisch analysiert. Mittels neutraler Regeln für die Aufbereitung und Optimierung werden die Daten sortiert, angereichert und in eine Ergebnisdatenbank abgelegt. Mit unserer Suchmaschine classmate FINDER lassen sich diese Daten filtern und betrachten, um eventuelle Fehler, Dubletten oder Ungenauigkeiten aufzufinden. Anschließend werden die Basisregelwerke so lange kundenindividuell angepasst, bis die optimalen Ergebnisse erreicht sind.

Das Führungsteam der simus systems GmbH (v.l.n.r.): Dr. Harald Kunze, Geschäftsführer, Dr. Jörg Weißkopf, Projektmanagement, Dr. Arno Michelis, Geschäftsführer und Dietmar Thomes, Vertrieb und Marketing.

Das Führungsteam der simus systems GmbH (v.l.n.r.): Dr. Harald Kunze, Geschäftsführer, Dr. Jörg Weißkopf, Projektmanagement, Dr. Arno Michelis, Geschäftsführer und Dietmar Thomes, Vertrieb und Marketing.

Welchen Nutzen ziehen die Anwender noch aus Ihrer Software simus classmate?

An den Schnittstellen der etablierten Software-Systeme CAD/PDM und ERP sind Digitalisierungslücken entstanden, die unsere Software schließen kann. Zum Beispiel erstellt simus classmate automatisch Arbeitspläne maschineller Bearbeitungen anhand der CAD-Modelle und Werkstoffinformationen, der an SAP übergeben wird. Die Verknüpfung mit Kostenparametern aus SAP ergibt eine schnelle Möglichkeit zur Vorkalkulation. Dieses frühe und reproduzierbare Wissen über Produkt- und Produktionskosten unterstützt Make-or-Buy Entscheidungen. Ebenso können Konstrukteure direkt aus der Benutzerführung ihres 3D-CAD-Systems heraus die voraussichtlichen Herstellkosten ihrer Bauteile und Baugruppen automatisch berechnen lassen. So erkennt man Kostentreiber bereits extrem früh in der Entwicklungsphase und kann wirksam gegensteuern.

Mit der Software simus classmate können Digitalisierungslücken geschlossen werden, die an den Schnittstellen der etablierten Softwaresysteme CAD/PDM und ERP entstanden sind.

Mit der Software simus classmate können Digitalisierungslücken geschlossen werden, die an den Schnittstellen der etablierten Softwaresysteme CAD/PDM und ERP entstanden sind.

Wie entwickelt simus systems die Software in Zukunft weiter?

Unsere Entwicklungsstrategie wird von Kunden getrieben. Wir sind offen für interessante Themen und auch bereit, in Vorleistung zu gehen, setzen sie dann aber so um, dass alle Kunden davon profitieren. Um gerade mittelständischen Kunden mehr Flexibilität bei der Nutzung unserer Software zu bieten, bieten wir die Module seit diesem Jahr auch als Cloud-Lösungen an. Jetzt können Anwender frei wählen, wie sie simus classmate an ihre Systeme anbinden.

Zum Schluss eine Frage zu Ihrem Erfolgsrezept: Was können heutige Startups von simus systems lernen?

Wir haben unsere Produkte kundenbezogen entwickelt und uns vom ersten Tag an gleichgewichtet auch um Vertrieb und Marketing gekümmert. Unser Wachstum haben wir aus eigener Kraft und dafür nachhaltig vorangetrieben. Die Kosten wurden gerade zu Anfang sehr niedrig gehalten – durch Carsharing, gebrauchte, selbst renovierte Büromöbel und das Büro im Gründerzentrum „Technologiefabrik Karlsruhe“. Natürlich haben uns auch Fördermittel, Mentoring und zum Beispiel ein Businessplan-Wettbewerb geholfen.

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