interview

Kurze Reaktionszeiten als Haupt-Challenge

Seit der Gründung im Jahr 1991 entwickelte sich Wedco zu einem der bedeutendsten österreichischen Hersteller von Vollhartmetall-Präzisionswerkzeugen für die zerspanende Industrie. Mittlerweile verlassen pro Monat mehr als 50.000 Werkzeuge das Produktionswerk in Wien. Der Großteil davon sind Sonderanfertigungen, die im Regelfall innerhalb von spätestens vierzehn Tagen inklusive Beschichtung geliefert werden. Schließlich seien seitens der Kunden immer kürzere Reaktionszeiten gefordert, benennt Ing. Thomas Fietz, Geschäftsführer von Wedco, eine der Haupt-Challenges, mit denen sich produzierende Unternehmen heutzutage konfrontiert sehen. Das Gespräch führte Sandra Winter, x-technik

„Tool Competence“ ist bei Wedco nicht nur ein Slogan, sondern ein gelebtes Geschäftsprinzip. 
Ing. Thomas Fietz, Geschäftsführer von Wedco Tool Competence.

„Tool Competence“ ist bei Wedco nicht nur ein Slogan, sondern ein gelebtes Geschäftsprinzip. Ing. Thomas Fietz, Geschäftsführer von Wedco Tool Competence.

Herr Fietz, Wedco produziert Standard- und Sonderwerkzeuge aus Vollhartmetall – wie viel tragen diese beiden Bereiche zum Gesamtumsatz bei?

Unsere Wedco-Tools tragen rund 70 % zum Gesamtumsatz bei. Und von diesen 70 % erwirtschaften wir rund 80 % mit Sonderwerkzeugen. Wobei bei uns all das in die Kategorie „Sonder“ fällt, was nicht als Katalogwerkzeug gelistet ist. Das können also durchaus auch sehr ähnliche Werkzeuge sein, die sich nur bei gewissen Abmessungen von unseren Standardprodukten unterscheiden.

Sonderwerkzeuge sind bei Wedco der am stärksten wachsende Geschäftszweig. Deshalb setzten wir in den letzten Jahren alle verfügbaren Hebel in Bewegung, um unsere Produktionsprozesse dahingehend zu optimieren, dass wir selbst bei sehr speziellen Wünschen binnen 12 Stunden (Anm.: Standard 24 Stunden) ein Angebot legen sowie im Regelfall innerhalb von sieben bis maximal vierzehn Tagen liefern können – je nachdem, ob die Werkzeuge zu beschichten sind oder nicht.

Modernste Werkzeug-Fertigung: Wedco hat seine Produktion möglichst „lean“ nach den vier Prinzipien Fließen, Takten, Ziehen sowie Null-Fehler aufgebaut.

Modernste Werkzeug-Fertigung: Wedco hat seine Produktion möglichst „lean“ nach den vier Prinzipien Fließen, Takten, Ziehen sowie Null-Fehler aufgebaut.

Worin äußert sich die „Tool Competence“ von Wedco sonst noch?

Wir versuchen, unseren Kunden mit einem umfassenden Beratungsangebot ein kompetenter Problemlösungs-Partner zu sein. Denn „Tool Competence“ ist bei Wedco nicht nur ein Slogan, sondern ein gelebtes Geschäftsprinzip. Wir unterstützen bei der Ausarbeitung einer Bearbeitungsstrategie genauso wie bei der Werkzeugauslegung und bieten darüber hinaus individuelle Zerspanungsschulungen für unsere Kunden an. Schließlich liegt die Krux meist im Detail: So gilt es, für optimale Zerspanungsergebnisse wie beispielsweise die Materialpaarung, die Stabilität des Werkzeughalters, das Spannmittel, die Maschinenstabilität, die eingesetzte Kühlstrategie und vieles andere mehr im Auge zu behalten.

Unsere Verkaufsberater und Anwendungstechniker verbringen oftmals mehrere Tage bis hin zu einer Woche bei Kunden, um eine perfekte Lösung zu finden: Eine, die sich zum einen optimal in die bestehenden Abläufe einfügt und zum anderen zu einer deutlichen Effizienzsteigerung beiträgt. Wenn wir mit unserem Erfahrungswissen beispielsweise helfen können, die Bearbeitungszeit eines Bauteils, das in einer hohen Stückzahl gefertigt wird, um ein paar Sekunden zu verkürzen, profitiert unser Auftraggeber von reduzierten Herstellungskosten. Unter Umständen erübrigt sich dann sogar die Investition in eine weitere Maschine, wenn durch die unter unserer Federführung vorgenommenen Optimierungsschritte zusätzliche Kapazitäten auf den bereits vorhandenen Betriebsmitteln frei werden.

Bei Wedco werden Sonderwerkzeuge inklusive Beschichtung innerhalb von vierzehn Tagen geliefert.

Bei Wedco werden Sonderwerkzeuge inklusive Beschichtung innerhalb von vierzehn Tagen geliefert.

Apropos Optimierungsschritte: Was musste Wedco tun, um bei Sonderwerkzeugen eine „sportliche“ Durchlaufzeit von durchschnittlich vierzehn Tagen zu erreichen?

Wir versuchten, unsere Produktion möglichst „lean“ nach den vier Prinzipien Fließen, Takten, Ziehen sowie Null-Fehler aufzubauen. Jeder produzierende Betrieb hat seinen Herzschlag – eine Taktzeit, an der sich alle nachfolgenden Prozesse orientieren. Diese gilt es einzuhalten und zu optimieren. Wir evaluierten genau, wie das Material durch unsere Fertigung fließt und stellten von einer „schiebenden“ auf eine bedarfsorientierte „ziehende“ Herangehensweise um. Außerdem sagten wir in mehreren 5S-Workshops jeder Art von Verschwendung den Kampf an. So wurden beispielsweise die Inhalte sämtlicher Laden und Regale sauber sortiert, um langwieriges Suchen – einen „Klassiker“ unter den nicht wertschöpfenden Tätigkeiten – zu vermeiden.

Alles in allem erkannten wir sehr schnell, dass mehr Effizienz keineswegs teuer erkauft werden muss. Ganz im Gegenteil: Oftmals sind es die „Low Hanging Fruits“ wie gezielte Anpassungen beim Materialfluss, die Einhaltung von FIFO-Strategien (First In-First Out) bei der Abarbeitung von Kundenaufträgen oder andere organisatorische Umstrukturierungsmaßnahmen, die den größten Benefit bringen.

An welchen Optimierungsschrauben wird bei Wedco aktuell gedreht?

Derzeit beschäftigen wir uns mit der Verknüpfung aller in unserem Unternehmen zur Verfügung stehenden Informationen in einer zentralen Datenbank. Damit wollen wir insbesondere auch unseren Außendienstmitarbeitern einen einfachen Zugriff auf unser gesammeltes Know-how gewähren. Sie können dann während eines Beratungsgesprächs oder Werkzeugtests vor Ort beim Kunden mit wenigen Mausklicks eruieren, welche Lösungen sich bei ähnlich gelagerten Aufgabenstellungen bereits bewährt haben. Schließlich bekommen wir es immer häufiger mit Super- bzw. Sonderlegierungen zu tun, für die besondere Zerspanungsregeln gelten.

Als nächstes werden wir wohl versuchen, unsere Rüstzeiten zu verkürzen. Es gibt ja diese Single Minute Exchange of Die-Theorie (SMED), die davon ausgeht, dass letztendlich jeder Produktwechsel innerhalb von maximal neun Minuten machbar sei. Diesem Ziel wollen wir möglichst nahekommen. Das klingt ambitioniert, aber wenn man bedenkt, dass ein Reifenwechsel in der Formel 1 mittlerweile sogar weniger als zwei Sekunden lang dauert, ist bei der Vorbereitung einer Maschine auf ein anderes Bauteil oder Produkt mit Sicherheit auch einiges an Zeitersparnis drin, wenn man mit den richtigen Tools arbeitet.

Wie sehen Sie abschließend die Zukunft der Zerspanungstechnik?

Es werden unterschiedlichste Materialien mit spezifischen Eigenschaften zu bearbeiten sein. Derzeit sind vor allem Verbundwerkstoffe und Leichtmetalle stark im Kommen. Mit einer Marktverschiebung ist ebenfalls zu rechnen. Da es im Gegensatz zu einem herkömmlichen Automobil mit Verbrennungsmotor bei elektrisch betriebenen Fahrzeugen weniger Bauteile gibt, die zu zerspanen sind, werden sich zwar einige „gewohnte“ Türen schließen, aber dafür an anderen Stellen mindestens genauso so viele aufgehen. Bei den Zerspanungswerkzeugen an sich geht der Trend vermehrt dahin, mehrere Arbeitsgänge mit einem Kombinationswerkzeug abzudecken.

Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten: Der wachsende Kostendruck zwingt die gesamte Zerspanungsbranche zu einem Maximum an Effizienz. Für uns als Werkzeughersteller ist es derzeit die größte Challenge, dass wir immer schneller reagieren müssen. Denn in unsicheren Zeiten schrumpft die Bereitschaft, größere Bestände auf Lager zu halten. Das bedeutet: Jeder möchte alles sofort haben. Umso wichtiger war es für Wedco, dass wir die Revitalisierung unserer Produktionshalle im Jahre 2019 gleich auch dazu nutzten, die organisatorischen Weichen für die Erreichung einer konstanten „sportlichen“ Durchlaufzeit zu stellen.

Danke für das Gespräch.

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