iJaw von Röhm kennt die Echtzeit-Spannkraft
Die Spannbacke iJaw von Röhm ist mit diversen Sensoren ausgestattet. Sie messen die reale Spannkraft am Werkstück – in Echtzeit. So lassen sich Daten gewinnen, die früher unzugänglich waren. Der Zerspanungsprozess wird sicherer und effizienter. Erstmals vorgestellt hat Röhm, für Produktinnovationen bekannter Hersteller von Spann- und Greiftechnik aus Sontheim an der Brenz, die iJaw vor drei Jahren. Sie löste sofort Begeisterung aus: Best of Industry Award 2022, Industrie 4.0 Award 2023. Nun wurde die Peripherie zur Verarbeitung der Messdaten ausgebaut.
Sendet drahtlos Daten an Maschine und Bediener: die iJaw von Röhm.
Äußerlich ist die iJaw von einer herkömmlichen Spannbacke kaum zu unterscheiden. Das muss so sein: Schließlich soll sie sich problemlos in Spannfutter integrieren. Den Sensor an der Seite bemerkt man erst auf den zweiten Blick. Im Inneren sieht es aber doch anders aus: Es birgt ein IO-Link Wireless Interface mit Antenne und einen Li-Ionen-Akku. Spätestens beim Spannen wird der Unterschied dann deutlich: Das blaue LED-Licht des Sensors zeigt an, dass die iJaw arbeitet. Von nun an sendet sie Spannkraftdaten an die Maschine.
Aufbau der iJaw: Außen normale Spannbacke, innen Sensortechnik.
Vielzahl an Ausführungen
Die eine iJaw gibt es indes nicht – sondern Ausführungen für alle Dreibackenfutter mit Standard-Backengrößen 215, 260, 315 und 400, einschließlich verschiedener Backengeometrien. Ausführungen sind auch für Drehfutter mit vier und mehr Spannbacken und für Planscheiben möglich.
Das blaue LED-Licht des Sensors zeigt an, dass die iJaw arbeitet.
Paketlösung zum Nachrüsten
Einige Hersteller bieten ihre Bearbeitungsmaschinen optional bereits mit vorkonfigurierter iJaw-Einbindung an. Die Sensordaten fließen dann direkt in die Maschine und deren Visualisierungslösung ein. In den meisten Fällen aber geht es ums Nachrüsten. Hierfür hat Röhm eine Paketlösung entwickelt, die eine von der Maschinenausstattung unabhängige Schnittstelle bildet. Wesentlicher Bestandteil des Pakets ist der iJaw-Koffer. Dessen Hauptinhalt wiederum bildet der typische Drei-Backen-Satz für ein Spannfutter. Eine Backe ist mit Sensor ausgestattet. Die anderen beiden sind konventionell ausgeführt; ihre Massen sind im Sinne der Auswuchtung auf die der sensorierten Backe abgestimmt.
Weiterer Teil der Paketlösung ist iJaw Connect, ein kleiner Schaltschrank, der außen an der Maschine angebracht wird. Innen befindet sich ein IO-Link Wireless Master mit Edge-Computing-Fähigkeit. Er empfängt die Sensordaten, sortiert sie aus und leitet sie weiter an einen Industrie-PC, der ebenfalls Teil von iJaw Connect ist. Dort werden die Daten verarbeitet. Ein WLAN-Router komplettiert den Inhalt. Er sendet die Daten weiter zur Visualisierung.
Die Visualisierungslösung besteht aus einem Tablet, das softwareseitig mit der App iJaw Mobile ausgerüstet ist. Mit ihr lassen sich die aufgezeichneten Daten so darstellen, dass sich ein einzigartiger Erkenntnisgewinn ergibt.
Was man mit der iJaw sieht
Die Visualisierungslösung zeigt die realen Kräfte an, die sich beim Spannen am Werkstück einstellen. Die Daten sind exakter als die aus der Maschinenhydraulik berechneten, denn bei diesen kommt über den Wirkungsgrad stets eine Ungenauigkeit ins Spiel. Gemessen werden aber nicht nur die Ausgangswerte beim Spannvorgang; Daten werden über die gesamte Bearbeitung hinweg übermittelt – in Echtzeit und im 100-Hertz-Takt. Aufgezeichnet wird ein Spannkraft-Zeit-Diagramm. Das ist wichtig, weil sich während der Bearbeitung die Spannkraftwerte bekanntlich ändern. Das Diagramm lässt somit Rückschlüsse auf die Qualität und Effizienz der Bearbeitung zu, wie sie ohne iJaw nie möglich wären. Die Maschine und ihr Bedienpersonal werden im Wortsinn sehend.
Geringere Taktzeit, sinkende Kosten
Die Minimal- und Maximalspannkräfte für ein Werkstück werden in der Regel konstruktionsseitig vorgegeben. Bei konventioneller Arbeitsweise muss man sich beim Spannen an diese Werte herantasten und einen Sicherheitsabstand zu ihnen halten – wegen der erwähnten Ungenauigkeit der hydraulischen Kraftmessung. Das ist mit Zeitaufwand verbunden und kostet mitunter auch Werkstücke. Mit der iJaw wird dieser Aufwand auf ein Minimum reduziert. Zielgerichtet kann sofort die optimale Spannkraft angesteuert werden – wiederholbar bei jedem neuen Spannvorgang. Das bedeutet: schnelleres Rüsten.
Die Permanentbeobachtung des Zerspanungsprozesses durch die iJaw – einschließlich von Warnmeldungen beim Über- oder Unterschreiten der zulässigen Spannkraft – erhöht die Bearbeitungssicherheit. Sie ermöglicht letztlich eine höhere Schnittgeschwindigkeit und mehr Vorschub. Die Taktzeit kann um bis zu 50 Prozent reduziert werden. Stillstandszeiten und Verluste von Werkstücken lassen sich vermeiden. Die Maschinenverfügbarkeit erhöht sich; die Werkstückkosten sinken.
Hilfe bei dünnwandigen Werkstücken
Auf diese Weise bietet die iJaw insbesondere auch Hilfestellung beim Spannen empfindlicher dünnwandiger Werkstücke. Zuverlässig zeigt sie an, was gerade noch geht und hilft so Verluste einerseits durch Deformation, andererseits durch zu schwaches Spannen zu vermeiden.
Hinweisgeber für Qualität und Wartung
Für in Serie bearbeitete Werkstücke wird das Spannkraft-Zeit-Diagramm zum „genetischen Fingerabdruck“. Verdächtige Ausreißer im Kurvenschrieb deuten in Echtzeit auf Bearbeitungsfehler hin. Das betreffende Teil kann sofort aussortiert werden. Außerdem zeigt das Diagramm eine nachlassende Spannkraft des Drehfutters an und ermöglicht somit dessen vorausschauende Wartung.
Exaktes Spannen beim automatisierten Beladen
Beim cobot-gestützten automatisierten Beladen von Dreh- und Fräsmaschinen wird die iJaw sogar zum unentbehrlichen Hilfsmittel. Hier treten oft Probleme mit der richtigen Positionierung des Werkstücks im Spannfutter auf – schon geringfügiges Verkanten führt zu Bearbeitungsfehlern. Insbesondere bei asymmetrisch geformten oder auch nur nicht perfekt runden Teilen steigt die Gefahr. Hier leistet die iJaw Soforthilfe. Sie erkennt jede Exzentrität beim Spannen und löst eine Aufforderung an den Cobot aus, das Werkstück neu auszurichten. Dieser dreht es in die von der iJaw angewiesene Richtung. Dann wird erneut gespannt. Der Vorgang wird so lange wiederholt, bis die iJaw eine ausreichend zentrische Spannung erkennt. Zumeist reichen zwei bis drei Iterationen aus. Der Einspareffekt gegenüber jeder nachträglichen Lösung liegt auf der Hand: Qualität und Genauigkeit der Bearbeitung erhöhen sich. Ausschuss und Nacharbeit werden vermieden. Der Werkzeugverschleiß fällt geringer aus. Produktivität und Kosteneffizienz steigen. Vor allem aber wird mithilfe der iJaw der Gefahr eines Werkstückverlustes durch Herausschleudern aus der Einspannung bei hoher Drehzahl vorgebeugt. Exzentrische Werkstückspannung ist hierfür die Hauptursache.
Selbstverständlich gilt auch für die Speziallösung zum automatischen Beladen, was für alle Anwendungen der iJaw gilt: Sie lässt sich nahtlos in bestehenden Anlagen nachrüsten.
Produkt im Bericht
Röhm iJaw
Die messende Spannbacke iJaw ist mit Sensorik und kabelloser Datenübertragung ausgestattet und kann so während der Zerspanung die Spannkraft in Echtzeit messen.




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