anwenderreportage

Voll automatisierte flexible Fertigung auch für kleine Stückzahlen mit Spannmitteln von Hainbuch

Produktionskosten kennen seit Jahren nur eine Richtung und zwar steil nach oben. Im Gegenzug soll aber immer günstiger gefertigt werden. Die Lösung scheint naheliegend: eine voll automatisierte Fertigungshalle. WTO, Hersteller für stehende und angetriebene Präzisionswerkzeughalter, hat diese Smart Factory gemeinsam mit dem Spannmittelhersteller Hainbuch in die Realität umgesetzt.

Blick in die Smart Factory von WTO.

Blick in die Smart Factory von WTO.

Shortcut

Aufgabenstellung: Im Zuge der Smart Factory sollten zwei Dreh-Fräszentren und zwei Rundschleifmaschinen mit Spannmitteln ausgestattet werden, die für einen automatisierten Spannmittelwechsel geeignet sind.

Lösung: Standardspannfutter Toplus AC 100 mit Axzug für die Rundschleifmaschine mit Außenspannung; je zehn vorgerüstete Maxxos-Spanndorne mit einer centrotex AC-Schnittstelle für die Maschinen mit Innenspannung – alles von Hainbuch.

Nutzen: Um 25 % verkürzte Rüstzeit; deutlich reduzierter Ausschuss; alle Anforderungen in puncto Reinheit, Genauigkeit und Wiederholgenauigkeit erfüllt.

In der neuen Smart Factory von WTO laufen alle Prozesse automatisiert, dabei legen Roboter die Bauteile ein, wechseln die Spannmittel und Fahrerlose Transportsysteme bringen alles von A nach B. Seit Ende 2022 läuft die Fertigung eines Bauteils für die angetriebenen Werkzeuge mit einer Losgröße von 1 bis 100 autonom 24/7. Für WTO und Hainbuch ein Meilenstein nach dreijähriger Entwicklungsphase.

Das Werkstück wird von innen auf einem Hainbuch-Spanndorn gespannt.

Das Werkstück wird von innen auf einem Hainbuch-Spanndorn gespannt.

Sascha Tschiggfrei
Geschäftsführer von WTO

„Wir haben uns einen Partner gewünscht, mit dem wir dieses Entwicklungsprojekt durchziehen können. Hainbuch hat alles gegeben, um das letzte „µm“ zu finden. Wir sind sehr zufrieden. “

Smart Factory als einzige Option

WTO hat seinen Sitz in Ohlsbach bei Offenburg, doch abseits von Ballungszentren gibt es nicht genügend Facharbeiter. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird sich diese Situation weiter verschärfen. Außerdem wollen immer weniger Menschen Maschinen bedienen und die Bereitschaft zur Schichtarbeit sinkt. Das erkannte auch Sascha Tschiggfrei, Geschäftsführer von WTO, und machte sich bereits 2016 die ersten Gedanken dazu. „Die Facharbeiter sind das eine, die Kostensteigerungen das andere. Da wir international agieren, ist der Wettbewerbsdruck groß, andere gehen ins Ausland und produzieren mit geringeren Kosten. Wir wollten aber am Standort in Deutschland bleiben und mussten reagieren, um langfristig die Wettbewerbsfähigkeit unseres Unternehmens zu sichern. Unsere Zukunft liegt in der Smart Factory, die rund um die Uhr produziert und das voll automatisiert. Das verschafft uns Wettbewerbsvorteile und wir werden auch für höher qualifiziertes Personal attraktiv“, so Tschiggfrei.

Die vorgerüsteten Spanndorne von Hainbuch liegen für den automatisierten Spannmittelwechsel bereit.

Die vorgerüsteten Spanndorne von Hainbuch liegen für den automatisierten Spannmittelwechsel bereit.

Infos zum Anwender

WTO, ein Pionier in der Entwicklung und Herstellung von angetriebenen Präzisionswerkzeughaltern für CNC-Drehzentren, ist ein Familienunternehmen in zweiter Generation mit 280 Mitarbeitern am Standort Ohlsbach. Mit der Smart Factory, in die WTO 40 Millionen Euro investierte, setzen sie neue Maßstäbe bei der Digitalisierung und Automatisierung der Fertigung von kleinen Stückzahlen. Das Gebäude mit 14.000 m² besteht aus der Smart Factory mit 9.000 m² und einem Bürokomplex mit 5.000 m².

Exklusivpartner gesucht

Für dieses Mammutprojekt wünschte sich WTO einen Exklusivpartner für die Spannmittel, der das Commitment und die Expertise hat, geeignete Neuentwicklungen einzubringen. „In Projektteams haben wir die technischen Details ausgearbeitet. Dabei ging es um die Fragen: Wie spannen wir die Werkstücke, wie ist die Spannung automatisiert möglich und wie können wir auch das Spannmittel automatisiert wechseln? Ziel war, dass sich die Maschinen komplett selbst umrüsten. Dazu braucht es Spannmittel, die in der Lage dazu sind. Hinzu kommt die hohe Genauigkeit beim Schleifprozess, da liegen wir im Toleranzbereich von maximal 3 µm“, erklärt Tschiggfrei. Als das Konzept der Smart Factory stand, wurde nach einem Partner gesucht. Da WTO und Hainbuch sich aufgrund diverser Auslandsprojekte kannten und gute Erfahrungen miteinander gemacht haben, war Hainbuch Wunschpartner. Ende 2019 fingen die ersten Gespräche dazu an und die Spannmittelwünsche wurden besprochen. Die ausgearbeiteten Konzepte von Hainbuch haben überzeugt.

Für die Fertigung von unterschiedlichen Gehäusen stehen 18 Spann-Sets, bestehend aus Spannkopf mit Anschlag, zur Verfügung.

Für die Fertigung von unterschiedlichen Gehäusen stehen 18 Spann-Sets, bestehend aus Spannkopf mit Anschlag, zur Verfügung.

Startschuss gefallen

WTO hat eine bestehende Fertigungshalle mit über 50 CNC-Maschinen. Gespannt wird auf diesen Maschinen überwiegend mit Backenfuttern und für die einzelnen OPs wird von Hand umgerüstet und ausgerichtet. Der erste komplett mannlose Fertigungsprozess, der in der Smart Factory umgesetzt werden sollte, war der eines Gehäuses mit Weich- und anschließender Hartbearbeitung. Tschiggfrei gab noch zu Protokoll: „Die Maschinen in der Smart Factory sind alle neu. Es sind Standardmaschinen, aber angepasst auf die speziellen Wünsche, um den automatisierten Spannmittelwechsel mit einem Roboter zu ermöglichen.“ Es ging um vier Maschinen, die Hainbuch mit Spannmitteln ausstatten sollte. Zwei Dreh-/Fräszentren in einer Zelle mit Innenspannung auf der Gegenspindel und zwei Rundschleifmaschinen in einer Zelle, davon eine mit Außenspannung und eine mit Innenspannung. Für die Außenspannung zum Schleifen hatte Hainbuch bereits ein Standardspannfutter, das Toplus AC 100 mit Axzug. Für die unterschiedlichen Gehäuse gibt es mittlerweile 18 Spann-Sets, bestehend aus Spannkopf mit Anschlag, die automatisiert ins Futter eingewechselt werden. Doch für die Innenspannung beim Drehen und Schleifen war eine komplette Neuentwicklung erforderlich. Die Modifikation basierte zwar auf dem vorhandenen Spanndorn Maxxos T211, aber in dieser Ausführung – mit den Sicherheitsabfragen – wurde der Dorn speziell entwickelt.

Der Spannkopf mit Anschlag wird automatisiert in das Spannfutter Toplus AC 100 mit Axzug eingewechselt.

Der Spannkopf mit Anschlag wird automatisiert in das Spannfutter Toplus AC 100 mit Axzug eingewechselt.

Hohe Anforderungen an die Spannmittel

Für Björn Schiesling, Konstrukteur in der Automationsabteilung von Hainbuch und von Anfang an dabei, gibt es grundlegende Anforderungen, die bei der Automatisierung bedacht werden müssen. „Was fehlt beim automatisierten Spannmittelwechsel? Das ist der Mitarbeiter, der die Kontaktflächen sauber macht. Schon kleinste Schmutzpartikel sorgen dafür, dass die Genauigkeit nicht mehr passt. Dann die Sicherheitsabfragen. Darf die Spindel in Rotation versetzt werden? Ist es richtig gespannt? Liegt es richtig auf? Kann sich etwas lösen? Im Prinzip alles, was üblicherweise der Mitarbeiter prüft und einstellt. Das fällt bei der Automatisierung weg. Für uns war das eine riesige Challenge, die Abfragen in den Spannmitteln unterzubringen. Natürlich mussten wir auch mit dem Maschinenhersteller klären, wie das steuerungstechnisch mit einer Hublagenkontrolle ausgewertet werden kann“, so Schiesling.

Sicherheit geht vor

Bei der Innenspannung hatte Hainbuch ebenfalls überlegt, die Segmentspannbüchse plus Anschlag zu wechseln. Doch aufgrund von Verschmutzungen vorne am Werkstück und den Sicherheitsabfragen kamen nur vorgerüstete Spanndorne infrage, die automatisiert umgerüstet werden. Schiesling erklärt: „Das hatte zu viele Tücken beim Reinhalten. Wir haben beim Spanndorn einfach nicht so viel Platz wie beim Spannfutter. Hinzu kommt, dass wir mit dem Zugbolzen die Spannbüchse auf einen Pyramidenstumpf ziehen. Hätten wir das nicht gemacht, müssten wir mit dem Roboter eine Passung in IT7-Größenordnung einfügen. Da die Roboter aber etwas ungenau arbeiten, hätten wir den Wechsel nicht zuverlässig hinbekommen.“ In der Schleifzelle sowie in der Dreh-/Fräszelle stehen nun je zehn vorgerüstete Maxxos-Spanndorne mit einer centrotex AC-Schnittstelle bereit. Diese werden für die unterschiedlichen Gehäuse mit entsprechendem Set-up vorgehalten und automatisiert eingewechselt.

Hainbuch hat die Anforderungen mehr als erfüllt

Philipp Wußler, Bereichsleiter Schleifen bei WTO, hatte anfangs große Zweifel, ob alles funktionieren wird. „Die haben sich zum Glück in Luft aufgelöst. Die Spannmittel erfüllen alle Anforderungen, sei es die Reinheit, die Genauigkeit und was ganz wichtig ist, die Wiederholgenauigkeit. Bei jedem Spanndornwechsel haben wir die geforderten 3 µm“, schwärmt Wußler. Durch den automatisierten Fertigungsprozess verkürzt sich die Rüstzeit um 25 Prozent zu früher, als mit dem Backenfutter gespannt, händisch umgerüstet und die Backen für die Genauigkeit geschliffen werden mussten. „Auch der Ausschuss hat sich deutlich reduziert beziehungsweise liegt fast bei null. Denn das Spannen war früher weniger genau. Jetzt spannen wir mit Axzug auf den Anschlag und das ist viel genauer. Wenn ich das Bauteil einmal eingefahren habe, dann weiß ich, dass es beim nächsten Rüstvorgang auch funktioniert. Somit muss ich mir über das Spannmittelthema keine Gedanken mehr machen“, ergänzt Wußler. Für WTO ist ganz klar: Wenn das Spannen sicherer ist, dann ist auch der Prozess sicherer.

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