interview

Mission Spanntechnik

Kenner spannen Hainbuch – mit diesem Slogan begrüßt der Spanntechnik-Spezialist Hainbuch seine Besucher auf der Website. Wer glaubt, hier auf ein verstaubtes Familienunternehmen aus der schwäbischen Provinz zu treffen, der liegt mit Sicherheit falsch. Sylvia Rall, Enkelin des Firmengründers und geschäftsführende Gesellschafterin der Hainbuch GmbH, erzählt uns im Interview, was Hainbuch so besonders macht und warum ihr Charakter und Werte wichtig sind. Das Gespräch führte Christof Lampert, x-technik

Unsere Mission ist es Spanntechnikprozesse zu vereinfachen und weltweit zu revolutionieren.

Sylvia Rall, geschäftsführende Gesellschafterin der Hainbuch GmbH

Unsere Mission ist es Spanntechnikprozesse zu vereinfachen und weltweit zu revolutionieren. Sylvia Rall, geschäftsführende Gesellschafterin der Hainbuch GmbH

Hainbuch im Überblick

Gründung
• 1951
• Familienunternehmen in dritter Generation

Mitarbeiter
• weltweit mehr als 850
• 550 in Deutschland
• 45 Auszubildende

Weltweit
• 4 nationale Niederlassungen
• 12 internationale Tochterunternehmen
• weltweit rund 40 Vertretungen

Know-how
• mehr als 150 Patente
• 1.000 Sonderlösungen pro Jahr
• Leichtbau-Spannmittel aus Carbon

Frau Rall, Hainbuch ist ein familiengeführtes Unternehmen, das sich mittlerweile zu einem Global Player entwickelt hat. Wie sehen Sie Hainbuch heute am Markt positioniert?

Wir haben eine gute Ausgangslage. Aber wir sind noch mitten drin in der Entwicklung vom schwäbischen Unternehmen zum wirklichen Global Player. Wir haben mittlerweile vier nationale Niederlassungen, zwölf internationale Tochterunternehmen und rund 40 Vertretungen. Zwischenzeitlich sind wir sehr gut aufgestellt, jedoch Global Player sind wir noch keiner.

Die Hainbuch GmbH mit Sitz im schwäbischen Marbach entwickelt und produziert Spannmittel zum Spannen von Werkstücken beim Fräsen, Drehen und Schleifen auf Werkzeugmaschinen.

Die Hainbuch GmbH mit Sitz im schwäbischen Marbach entwickelt und produziert Spannmittel zum Spannen von Werkstücken beim Fräsen, Drehen und Schleifen auf Werkzeugmaschinen.

Auf Ihrer Homepage steht als Slogan: „Unsere Mission ist Spanntechnik-Prozesse zu vereinfachen und weltweit zu revolutionieren.“ Können Sie das konkretisieren?

Wenn es am Markt ein Produkt gibt, das gut ist, dann wollen wir das nicht kopieren. Unser Anspruch ist, Technologie zu entwickeln und nicht zu kopieren oder zu kaufen. Deshalb verfügen wir auch über eine entsprechend große F&E-Abteilung, die vielleicht andere Unternehmen bei unserer Größe als Luxus ansehen würden. Für uns ist F&E immens wichtig und wir haben hier über die Jahre sehr viel an Erfahrung gesammelt. Die Abteilung ist wie eine kleine Schatzkiste, aus der wir uns bedienen können. Unser oberstes Ziel ist nicht allein die Gewinnmaximierung, wir wollen etwas entwickeln, konstruieren und erschaffen – die Welt der Spanntechnik revolutionieren.

Mit dem Baukasten-System bleibt das Basisspannmittel auf der Maschine montiert. So ist die Maschine in Sekunden umgerüstet

Mit dem Baukasten-System bleibt das Basisspannmittel auf der Maschine montiert. So ist die Maschine in Sekunden umgerüstet

Bereits vor über zehn Jahren stellte Hainbuch das „intelligente“ Spannfutter TOPlus IQ vor. Zu dieser Zeit sprach noch niemand von Industrie 4.0 bzw. Digitalisierung. Waren Sie Ihrer Zeit voraus?

Die TOPlus IQ Variante haben wir 2007 vorgestellt. Aber ganz ehrlich, zu dieser Zeit hat sich niemand, aber wirklich niemand für dieses Produkt interessiert. Als Pionier ist man manchmal eben seiner Zeit voraus, man braucht einen langen Atem und auch eine gewisse Hartnäckigkeit. Und jetzt, zwölf Jahre später, ist dieses Produkt dank Industrie 4.0 in aller Munde und stößt auf riesiges Interesse, da jetzt schließlich der Nutzen erkannt wird.

Oft scheitert eine Komplettbearbeitung daran, dass ein vernünftiges Innenspannmittel fehlt. Die Spanndorne von Hainbuch überzeugen auch bei sehr kritischen Anwendungen.

Oft scheitert eine Komplettbearbeitung daran, dass ein vernünftiges Innenspannmittel fehlt. Die Spanndorne von Hainbuch überzeugen auch bei sehr kritischen Anwendungen.

Auch die additive Fertigung ist in aller Munde. Benötigt es hier nicht auch entsprechende Spanntechnik?

Absolut. Additiv gefertigte Werkstücke, oder auch leicht verformbare oder sehr filigrane Werkstücke zu spannen, das ist natürlich unser Metier. Hier müssen sie über Spezialwissen verfügen, um solche Werkstücke zu spannen, damit sie nicht verformen. Das ist absolut unser Feld und hier verfügen wir auch über das notwendige Know-how.

Der Robotergreifer rüstet innerhalb von Sekunden prozesssicher das Spannfutter.

Der Robotergreifer rüstet innerhalb von Sekunden prozesssicher das Spannfutter.

Was sind kommende Trends in der Spanntechnik bzw. an welchen Ideen wird derzeit gearbeitet?

Wir haben mit unserem Baukasten-System ein einzigartiges Produkt, welches wir auch sukzessive weiter ausbauen. Zudem haben wir viele fantasievolle Leute an Bord, denen die Ideen nicht ausgehen. Weitere Themen sind sicherlich die Digitalisierung, die Elektronik im Spannmittel, Softwarelösungen, Maschinenintegration oder auch der automatische Spannmittelwechsel.

CFK-Spannmittel sind um bis zu zwei Drittel leichter als die Standardausführung. Beim manuell betätigten Spannstock Manok plus schlägt sich das niedrige Gewicht zudem in einer deutlich minimierten Störkontur nieder.

CFK-Spannmittel sind um bis zu zwei Drittel leichter als die Standardausführung. Beim manuell betätigten Spannstock Manok plus schlägt sich das niedrige Gewicht zudem in einer deutlich minimierten Störkontur nieder.

In welchen Branchen bzw. Regionen sehen Sie das größte Wachstumspotential?

International sehe ich die größten Wachstumschancen in China, USA, Japan und Mexiko. Da wir einen relativ geringen Marktanteil haben, können wir in vielen Branchen und auch Regionen noch wachsen.

Sie haben derzeit 45 Auszubildende. Wie wichtig ist für Sie die Ausbildung zum Facharbeiter im eigenen Haus?

Gute Facharbeiter zu haben und auszubilden ist natürlich sehr wichtig. Bei uns fallen auf 15 Ausbildungsplätze 500 Bewerbungen. Hier die Geeignetsten zu finden, das ist schon eine Herausforderung. Wir suchen ja Mitarbeiter, wo wir das Gefühl haben, dass sie von den Werten und vom Charakter her zu uns passen. Ehrlichkeit, Respekt, Vertrauen – das ist für uns sehr wichtig und dafür stehen wir. Diese „Hainbuch-Werte“ vermittelt mein Vater mit großer Freude jedem neuen Mitarbeiter in seiner ersten Arbeitswoche in einem persönlichen Gespräch.

Was ist schwieriger: Mitarbeiter zu finden oder Mitarbeiter zu halten?

Es ist beides schwierig. Wir stehen hier in der Region im Wettbewerb mit anderen namhaften Unternehmen und jeder will natürlich als attraktiver Arbeitgeber punkten. Wir sind ein Familienunternehmen, haben eine attraktive Größe, sind international aufgestellt – diese Kombination hat doch für viele einen gewissen Charme. Statt in einem großen Unternehmen eine kleine Nummer zu sein, können sich die Mitarbeiter bei uns in ihrem Betätigungsfeld noch so richtig „austoben“. Zum Thema Mitarbeiter halten –wir hatten gerade letzten Monat zwei 40-jährige Jubiläen bei Hainbuch. Beide haben hier als Azubis angefangen. Das ist schon was Besonderes und das findet man nicht an jeder Ecke. Um Mitarbeiter zu halten, müssen Sie ihnen Möglichkeiten geben, sich weiterzuentwickeln. Das versuchen wir. Heute sind bei Hainbuch viele ehemalige Auszubildende tragende Säulen im Unternehmen.

Themenwechsel: 2013 gründeten Sie „Hainbuch in Austria“. Wie hat sich die Niederlassung seitdem entwickelt?

Ich denke, sie hat sich prächtig entwickelt. Wir haben damals mit einem Mann im Home-Office angefangen. Mittlerweile ist es eine kleine, feine Firma geworden. Die Mitarbeiter sind vor Ort, haben den direkten Draht zum Kunden und betreuen den österreichischen Markt flächendeckend und hervorragend.

Wie wichtig ist denn der österreichische Markt für Hainbuch?

Der österreichische Markt wird von Deutschland aus oft unterschätzt. Sie haben in Österreich Maschinenhersteller, Global Player und eine Vielzahl von Fertigungsbetrieben. Es gibt eine große Bandbreite an Unternehmen, welche alle interessant für Hainbuch sind. Österreich ist daher ein guter und auch wichtiger Markt für Hainbuch. Es ist auch das Tor zum Osten, ich sehe da noch großes Wachstumspotential.

Ihr Großvater Wilhelm Hainbuch gründete 1951 die Firma Hainbuch in einer Garage mit einer Drehmaschine und einer Bügelsäge. Zwischenzeitlich beschäftigen Sie mehr als 850 Mitarbeiter. Darauf kann man auch als „schwäbisches Unternehmen“ sehr stolz sein, oder?

Natürlich freuen wir uns über die Anerkennung unserer Kunden. Jedoch ist „stolz“ hier nicht das richtige Wort. Der Wandel in der Technik ist so rasend schnell. Wer sich hier zurücklehnt oder ein wenig selbstzufrieden ist, der bekommt schnell die Quittung präsentiert. Sie müssen permanent ihre Hausaufgaben machen und up to date sein. Wir legen uns selbst die Messlatte immer noch ein Stückchen höher und hoffen natürlich, dass diese Anstrengung auch von unseren Kunden honoriert wird.

Sie leiten das Familienunternehmen zusammen mit Gerhard Rall und Michael Weller nun in dritter Generation. War es für Sie als Frau in dieser, wie ich meine, doch sehr männerdominierten Branche „schwieriger“ Fuß zu fassen und anerkannt zu werden?

Darüber habe ich ehrlich gesagt noch nie nachgedacht. Man sticht als Frau in der Geschäftsleitung in einem Maschinenbauunternehmen vielleicht mehr hervor, mehr aber auch nicht.

Sie sind nicht nur Chefin eines weltweit tätigen Unternehmens, zeitgleich sind Sie auch Mutter. Ich stelle mir das in Ihrer Position nicht so einfach vor, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, oder täusche ich mich hier?

Sie müssen sich gut organisieren und die Verantwortung teilen. Das müssen Sie aber als Mann auch, wenn Sie Familie und Kinder haben und alles unter einen Hut bringen möchten. Ich habe Familie und Beruf jedoch nie als Doppelbelastung angesehen, sondern immer als doppelte Bereicherung.

Apropos Familie, ist die vierte Generation eigentlich schon im Unternehmen tätig?

Nein. Meine Söhne sind noch in der Ausbildung. Natürlich wäre es mein Ziel, oder besser gesagt mein Wunsch, die Firma an die nächste Generation weiter zu geben. Aber dafür müssen auch zwei Dinge zusammenkommen: Einerseits muss der Nachwuchs geeignet sein und andererseits muss er auch wollen. Das Leben ist zu kurz, um etwas zu machen, was man nicht will. Es ist hier also noch zu früh, um etwas zu sagen.

Wo sehen Sie denn abschließend Ihr Unternehmen in zehn Jahren?

Gut am Markt positioniert. Wir erarbeiten gerade unsere Vision 2030. Als Familienunternehmen denken wir in Dekaden oder Generationen und nicht wie von managergeführten Unternehmen in Quartalen oder Halbjahren. Ich wünsche mir daher, dass wir in 10 Jahren weiterhin Trendsetter sind und eine tragende Rolle in der Spanntechnik spielen.

Vielen Dank für das sehr interessante Gespräch.

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