Walter BLAXX M3255: Flugzeugwerkstoffe effizient bearbeiten

Die Flugzeugindustrie boomt nach wie vor: Mit gut 40 Milliarden Euro lag der Umsatz der Branche in Deutschland 2017 auf einem Allzeithoch (Quelle: BDLI). Gerade in den Bereichen neue Werkstoffe und Bearbeitungsverfahren gehört die Flugzeugindustrie zu den Vorreitern. Werkzeughersteller wie Walter halten mit der hohen Innovationsdynamik in der Branche mit. So pflegt der Zerspanungsspezialist intensive Partnerschaften mit Forschungsinstituten wie dem Institut für Produktionsmanagement und -technik der Technischen Universität Hamburg. Gemeinsam entwickelte man den BLAXX Igelfräser M3255 für Titan-Aluminium-Legierungen. Im Portfolio sind auch die Ramping-Fräser M2131/M2331, mit denen Aluminiumlegierungen prozesssicher, präzise und effizient bearbeitet werden.

Die Flugzeugindustrie gehört in den Bereichen neue Werkstoffe und Bearbeitungsverfahren zu den Vorreitern.

Die Flugzeugindustrie gehört in den Bereichen neue Werkstoffe und Bearbeitungsverfahren zu den Vorreitern.

Aluminiumlegierungen spielen im Flugzeugbau schon lange eine zentrale Rolle. Die neuen Anfordungen sowie höchstmögliche Gewichtsreduktion haben auch in der Aluminiumbearbeitung und bei den Legierungstypen zu Innovationen geführt. Zu den zentralen Herausforderungen gehören das sehr hohe Zerspanvolumen, das bei vielen Bauteilen bis zu 90 Prozent liegen kann, sowie die neuen, besonders leichten und festen Aluminium-Lithium-Legierungen, die schwierig zu zerspanen sind. Dazu kommen die Kosten für den Werkstoff: Auch wenn Aluminiumlegierungen kostengünstiger als CFK-Werkstoffe sind, schlagen sie in der Cost-per-Part-Rechnung dennoch deutlich zu Buche.

Walter Ramping-Fräser zum Schruppfräsen und Vorschlichten von Taschen mit hohem Zeitspanvolumen von bis zu elf Litern in der Minute.

Walter Ramping-Fräser zum Schruppfräsen und Vorschlichten von Taschen mit hohem Zeitspanvolumen von bis zu elf Litern in der Minute.

Ausgelegt auf High Speed Cutting

Hohes Zerspanungsvolumen bedeutet bei den meisten Strukturbauteilen auch komplexe Geometrie. Meist müssen unterschiedlich große und tiefe Taschen aus dem Material herausgefräst werden. Wirtschaftlich darstellen lässt sich das nur im High-Speed-Cutting-Verfahren (HSC), bei dem mit Schnittgeschwindigkeiten bis zu 3.300 m/min gefräst wird. Liegen die Schnittwerte niedriger, bilden sich Aufbauschneiden, die zum schnellen Verschleiß der Fräswerkzeuge führen. Die Maschine steht still, die Gesamtkosten für das Bauteil steigen.

Maschinen und Werkzeuge müssen aber auch für die deutlich über dem Durchschnitt liegenden Schnittwerte ausgelegt sein, die Bauteilzulieferer für die Flugzeugindustrie erwarten. Walter bietet für diese Anforderungen spezielle Ramping-Fräser: Modell M2131 und das eigens auf die Anforderungen von Makino-Maschinen mit über 30.000 min-1 entwickelte Modell M2331. Zwei Wendeschneidplattengrößen erlauben dabei Schnitttiefen von 15 bzw. 20 Millimeter, ideal für das Rampen- und für das Taschenfräsen. „Der Fräser arbeitet beim Nachsetzen nahezu absatzfrei, sodass bereits beim Vorschlichten eine hohe Genauigkeit erreicht wird. Durch ihre dichte, glatte PVD-Beschichtung bilden sich auf den Wendeschneidplatten kaum Aufbauschneiden, die Schneidkanten sind sehr stabil. Die besondere Konstruktion des Plattensitzes sichert die Platte gegen die hohen Fliehkräfte, die beim High Speed Cutting auftreten. Die innen liegenden Kühlkanäle bringen das Kühl- oder Schmiermittel exakt an die richtigen Stellen“, erläutert Dirk Masur, Component Manager Aerospace bei Walter. Die Fräser sind sowohl für Emulsion als auch für Minimalmengenschmierung (MMS) geeignet.

Titanlegierungen werden im Flugzeugbau überall da verwendet, wo hohe Steifigkeit benötigt wird, zum Beispiel bei Fahrwerksteilen.

Titanlegierungen werden im Flugzeugbau überall da verwendet, wo hohe Steifigkeit benötigt wird, zum Beispiel bei Fahrwerksteilen.

Leistung und Prozesssicherheit bei Titanbearbeitung optimieren

Während Aluminiumlegierungen im Flugzeugbau vor allem für den Rumpf und die Tragflächen eingesetzt werden, werden Titanlegierungen wie TiAl6V4 oder Ti5553 überall da verwendet, wo hohe Steifigkeit benötigt wird. Dazu gehören zum Beispiel Fahrwerkskomponenten (wie der Strut), Tür- und Torrahmen sowie die Landeklappenführungen. Auch hier sind hohe Zerspanungsraten gefordert. Durch ihre Härte und ihre schlechte Wärmeleitfähigkeit stellen Titanwerkstücke hohe Anforderungen an die Zerspanungswerkzeuge, gerade was die Prozesssicherheit angeht. Schneller Verschleiß der Schneidkanten sowie relativ niedrige Schnittparameter machen das Schruppen bei Titanstrukturbauteilen zeitaufwendig. Gleichzeitig steigt die Nachfrage dynamisch an. Unternehmen, denen es gelingt, die Bearbeitungszeiten pro Komponente zu reduzieren, gewinnen damit einen deutlichen Wettbewerbsvorteil.

Druckstreben (Strut) nehmen enorme Kräfte beim Start und bei der Landung auf. Sie werden überwiegend aus schwer zerspanbaren Titanmaterialien hergestellt.

Druckstreben (Strut) nehmen enorme Kräfte beim Start und bei der Landung auf. Sie werden überwiegend aus schwer zerspanbaren Titanmaterialien hergestellt.

Über 20 Prozent Zeitersparnis

Mit dem modifizierten BLAXX Igelfräser M3255 von Walter liegt ein Werkzeug vor, mit dem sich Titankomponenten schnell und prozesssicher fertigen lassen. Entwickelt wurde das Werkzeugkonzept, das auf einem bewährten Walter BLAXX Igelfräser basiert, aus einer konkreten Anfrage heraus: Dr.-Ing. Matthias Lange, bei Premium Aerotec für die Abteilung Additive Manufacturing and Machining verantwortlich, war auf der Suche nach einem Prozessaufbau, mit dem sich Titanstrukturbauteile effektiver bearbeiten lassen. Premium Aerotec ist weltweit führend in der Herstellung von komplexen Strukturbauteilen. Fast die Hälfte der Bearbeitungszeit eines Titanstrukturbauteiles entfällt auf das Schruppen: Das Fräswerkzeug und die Zerspanungsstrategie stellen deswegen den zentralen Ansatz dar, um die Bearbeitungszeit zu verkürzen.

In rund 20 Monaten entwickelten die Walter Experten gemeinsam mit einem Team des Kunden und dem Institut für Produktionsmanagement und -technik der Technischen Universität Hamburg, unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Hintze und Dr.-Ing. Carsten Möller, eine Lösung. Mit dem weiterentwickelten und überarbeiteten BLAXX Igelfräser ließ sich die Bearbeitungszeit um circa 22 Prozent zu den Ausgangswerten reduzieren. Das gemeinsame Projekt fokussierte sich auf Kühlung und Spanabfuhr, Schneidstoffuntersuchung, Makro- und Mikrogeometrie der Wendeschneidplatten, Plattensitz sowie Schnittdaten. „Durch die innovative neue Geometrie sowohl des Fräskörpers als auch der Wendeschneidplatten greift tatsächlich die maximale Zähnezahl ins Material ein. So ergibt sich eine außergewöhnlich hohe Zerspanungsleistung bei höchster Prozesssicherheit – sowohl beim Eck-, Kontur- oder Taschenfräsen als auch bei Vollnuten von 1/2xD“, unterstreicht Masur.

Walter BLAXX Igelfräser M3255 zum Schruppen von Titanstrukturen.

Walter BLAXX Igelfräser M3255 zum Schruppen von Titanstrukturen.

Rumpf und Tragflächen bestehen häufig aus Aluminiumlegierungen.

Rumpf und Tragflächen bestehen häufig aus Aluminiumlegierungen.

Maximum an Zerspanungsleistung pro Platte

Dieses Konzept sichert auch in kleinen Durchmesserbereichen eine hohe Stabilität. Jede Wendeschneidplatte verfügt über vier beziehungsweise zwei Schneidkanten – so lässt sich ein Maximum an Zerspanungsleistung pro Platte erreichen. Durch die tangentiale Anordnung der Wendeschneidplatten eignet sich das Werkzeugsystem M3255 auch optimal für die Bearbeitung von geschmiedeten Bauteilen, bei denen die Randzone (Schmiedehaut) extreme Herausforderungen an die Werkzeugschneide stellt.

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