interview

Zerspanung aus Leidenschaft: DMG Mori Austria feiert 20 Jahre

Im Jahr 2004 hat sich DMG dazu entschlossen, den Markt in Österreich mit einer eigenen Niederlassung zu stärken. Eine tragende Säule spielte dabei Gebhard Aberer, der die Erfolgsgeschichte seit nun 20 Jahren maßgeblich begleitet. Das Portfolio von DMG Mori umfasst Fertigungslösungen auf Basis der Technologien Drehen, Fräsen, Schleifen, Bohren sowie Ultrasonic, Lasertec und Additive Fertigung. Nachhaltigkeit, Technologieintegration sowie durchgängige Automations- und Digitalisierungslösungen sind fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie. Im Interview blicken wir mit Gebhard Aberer hinter die Kulissen eines weltweit führenden Werkzeugmaschinenherstellers.

Stolz auf 20 Jahre DMG Mori Austria: Geschäftsführer Gebhard Aberer ist besonders zufrieden mit dem tollen Vertriebs- und Serviceteam, mit dem man in Österreich die Kunden bestmöglich betreuen kann. (Bilder: x-technik)

Stolz auf 20 Jahre DMG Mori Austria: Geschäftsführer Gebhard Aberer ist besonders zufrieden mit dem tollen Vertriebs- und Serviceteam, mit dem man in Österreich die Kunden bestmöglich betreuen kann. (Bilder: x-technik)

Herr Aberer, die DMG Mori Austria feiert mit Ihnen als Geschäftsführer heuer ihr 20-jähriges Jubiläum. Wie sind Sie eigentlich zu DMG gekommen?

Von 1995 bis 2000 durfte ich für ein Schweizer Handelsunternehmen im Aufbau des deutschen Marktes als Technischer Verkaufsberater mitwirken. Damals wurde mir auch DMG zur Betreuung zugeteilt. Im Laufe der Zusammenarbeit durften wir bei mehreren komplexen Technologieprojekten unsere Expertise in den Bereichen Hartfräsen und Nullpunktspannsysteme mit einbringen und eines Tages wurde mir ein Angebot als Werksvertriebsingenieur bei Deckel Maho Pfronten unterbreitet. Mittlerweile bin ich tatsächlich in meinem 25. Arbeitsjahr bei DMG Mori.

Im Interview mit Chefredakteur Robert Fraunberger blickt Gebhard Aberer (rechts) auf 20 erfolgreiche, aber auch anspruchsvolle Jahre zurück.

Im Interview mit Chefredakteur Robert Fraunberger blickt Gebhard Aberer (rechts) auf 20 erfolgreiche, aber auch anspruchsvolle Jahre zurück.

2004 wurden Sie schließlich zum Geschäftsführer der DMG Austria ernannt.

Ja, für mich als 39-Jähriger war das eine große Ehre sowie ein bemerkenswerter Vertrauensvorschuss vom damaligen Vorstandsvorsitzenden, dem ich auch gerecht werden wollte und musste. Es stellte eine immens große Aufgabe dar und ich hatte das Glück, stets gute Mentoren zu haben, die mir immer mit Rat und Tat zur Seite standen. Als sehr selbstkritischer, zielorientierter und strukturierter Mensch habe ich meine Ziele nie aus den Augen verloren.

Technologieintegration als Markenbotschaft: Bauteile wie dieser können heute mit Komplettbearbeitung in einer Aufspannung gedreht, gefräst und verzahnt werden.

Technologieintegration als Markenbotschaft: Bauteile wie dieser können heute mit Komplettbearbeitung in einer Aufspannung gedreht, gefräst und verzahnt werden.

2012 begann die Fusion von DMG und Mori Seiki. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Zuerst konnte ich es gar nicht glauben, da wir als deutscher Hersteller natürlich immer versucht hatten, speziell die japanischen Wettbewerber zu verdrängen. Uns war natürlich bewusst, dass gerade Mori Seiki sehr gute Maschinen im Portfolio hat. Da ich mich persönlich schnell auf neue Situationen einstellen kann, habe ich versucht, die neue Struktur und speziell meine neue Aufgabe zu verstehen und anzunehmen. Mit interkulturellen Trainings wurden wir entsprechend vorbereitet, was die ersten Begegnungen mit den japanischen Kollegen und ihrer Kultur deutlich erleichterte. Dem folgten Sales Meetings direkt in Japan, um die Stärken von Mori Seiki auch in Europa als Ergänzung zu DMG möglichst gut nutzen zu könnten. Der respektvolle gegenseitige Umgang sowie der Glaube an die Global ONE Company wurde uns von den obersten Chefs stets vorgelebt und hat uns dahin gebracht, wo wir heute sind – nämlich zu einem Top-Unternehmen mit einem weltweit hervorragenden Team. Dadurch konnten wir unsere Marktführerschaft noch weiter ausbauen.

Trotz schwieriger Zeiten sollten Unternehmer zur Standortsicherung in modernste Technologie investieren. Digitalisierung und Automation spielen dabei eine maßgebliche Rolle.

Trotz schwieriger Zeiten sollten Unternehmer zur Standortsicherung in modernste Technologie investieren. Digitalisierung und Automation spielen dabei eine maßgebliche Rolle.

Wie kann man sich eigentlich die Zusammenarbeit mit Dr. Mori vorstellen?

Dr. Mori ist ein toller Mensch und Chef, den ich sehr schätze. Er ist international geprägt und vor allem technisch orientiert – er lässt uns auch „europäisch“ sein und gibt uns die notwendigen Spielräume, wenn auch einige japanische Workflows in unserer Organisation Einzug gehalten haben. Besonders hervorheben möchte ich, dass uns das Qualitätsdenken und die Service-Fokussierung von Dr. Mori massiv nach vorne gebracht hat und wir hier auch heute noch immer von den japanischen Kollegen lernen.

Im Technologiecenter in Stockerau kann die gesamte Machining Transformation (MX) besichtigt werden.

Im Technologiecenter in Stockerau kann die gesamte Machining Transformation (MX) besichtigt werden.

Die Zentrale von DMG Mori Österreich ist in Lustenau, das Tech-Center in Stockerau. Wie wichtig ist der Standort Stockerau?

Das Tech-Center Stockerau hat sich speziell zur Drehscheibe für Klein- und Mittelunternehmen in Ost-, Mitte- und Südösterreich etabliert. Hier sind wir nahe bei den Kunden und können unsere Machining Transformation (MX) ganzheitlich abbilden. Der Kunde kann die komplette Prozesskette hautnah erleben und testen. Ebenso sind unsere wichtigsten DMQP-Partner (wie Schunk, Fuchs, Haimer, SMW, Walter, Hainbuchmit vertreten. Weiters gibt es am TC Stockerau eine eigene DMG Mori Academy, wo sowohl Kunden- als auch Mitarbeiterschulungen stattfinden können. Dadurch entfallen unnötige Reisekosten und die Zeitaufwände werden reduziert.

Wenn wir auf die 20 Jahre zurückblicken, gab es ja zahlreiche Auf und Abs. Was sind Ihre persönlichen Highlights?

Es ist tatsächlich viel passiert, aber ich bin ein Mensch, der sich immer am Positiven orientiert und Negatives rasch wieder vergisst. Krisen habe ich privat wie geschäftlich stets als Chance gesehen und ging immer gestärkt aus diesen hervor. Mein größtes Highlight ist definitiv, dass ich es geschafft habe, ein derart tolles und loyales Team in Österreich aufzubauen. Wir unterstützen und respektieren uns alle gegenseitig, das macht uns erfolgreich. Besonders stolz bin ich zudem auf meine starke Serviceorganisation mit über 40 eigenen Servicemitarbeitern. Es war ein hartes Stück Arbeit, diese aufzubauen. Hier gilt ein großer Dank meinem Serviceleiter Clemens Walenta und dem Teamleiter Service Operative Hannes Messner – sie leisten mit dem gesamten Team tagtäglich hervorragende Arbeit.

Technologisch hat sich bei DMG Mori in den zwei Jahrzehnten viel verändert – wie ist die aktuelle Ausrichtung im Konzern?

Mit unserer Machining Transformation (MX), was bedeutet, dass wir durch Prozessintegration, Automation und Digitale Transformation (DX) die Grüne Transformation (GX) vorantreiben, sehen wir uns als den Modernisierungspartner unserer Kunden. Wir helfen ihnen dabei, ihre Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten oder weiter auszubauen und zeigen ihnen vor allem, wie sie durch die Erhöhung ihrer Wirtschaftlichkeit mehr Geld verdienen können. Zudem fokussieren wir nach wie vor die Inhouse-Fertigung, werden dadurch unabhängiger und können unsere Produktqualität maßgeblich beeinflussen. Werks- und auch technologieübergreifend bauen wir unsere Maschinen aus unseren Baukastensystemen, was die Wirtschaftlichkeit immens erhöht.

Welchen Stellenwert hat eigentlich Österreich im Konzern?

Der österreichische Markt ist ein absoluter High-End-Markt und sehr wichtig für DMG Mori – er ist allerdings sehr stark umkämpft und unsere Kunden stehen massiv unter Druck. Deshalb haben die Kunden auch sehr hohe Ansprüche in den Investitionsprojekten. Dies bestätigt auch Dr. Mori immer wieder nach unseren gemeinsamen Kundenbesuchen. Wir sehen dies mit unserer neuen Ausrichtung als große Chance und können sicherlich noch weitere Marktanteile gewinnen. Anspruchsvolle Kunden tragen massiv zu unserer Weiterentwicklung bei. Es kommt auf das Zuhören und das Finden der richtigen Antworten an.

Sind wir in Österreich eigentlich noch konkurrenzfähig – Stichwort: hohe Lohn- und Energiekosten, Fachkräftemangel, europäische Bürokratie etc.?

Diese Fakten erschweren sicherlich vieles im Unternehmertum. Dies demotiviert auch und hemmt oftmals die Investitionsbereitschaft – speziell im Bereich der KMU. Hier ist die Politik gefordert, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Ich persönlich bin fest davon überzeugt, dass wir in Österreich die Wettbewerbsfähigkeit durch Modernisierung halten können. Hierfür ist es aber besonders wichtig, dass wir unsere Partnerschaften noch mehr schätzen lernen und anfangen, in Allianzen zu denken und unsere Netzwerke ständig zu erweitern. Denn Nachhaltigkeit stärkt und spart langfristig Geld.

Was würden Sie heimischen Betrieben in der aktuellen Situation raten?

Ich denke, spätestens ab dem dritten Quartal 2025 sollte sich der Horizont wieder etwas lichten. Um das zu erreichen, ist es sehr wichtig, groß und ganzheitlich zu denken und weiterzumachen – speziell die jüngere Generation muss die Chancen einer Modernisierung des wichtigen Wirtschaftsstandortes Österreich erkennen und daran glauben – nur so können wir unseren Wohlstand in Österreich halten.

Besonders wichtig sind auch noch andere Faktoren, z. B. an der Attraktivität und Außenwirkung des eigenen Unternehmens zu arbeiten (Stichwort: Employer Branding) und die Ausbildung der eigenen Fachkräfte zu fokussieren. Speziell den KMU rate ich, sich mehr um ihren Vertrieb zu kümmern, um wirtschaftlich nachhaltig zu wachsen.

Kann hier die Digitalisierung einen Beitrag leisten?

Absolut. Der Digitalisierungsweg sieht für jedes Unternehmen anders aus und sollte sinnstiftend eingesetzt werden. Wichtig ist, dass man die Möglichkeiten annimmt und dort nützt, wo sie gebraucht werden. Wir bieten mit unseren intelligenten Werkzeugmaschinen ein großes Nutzungspotenzial. So unterstützt unser Service-Agent im Wartungsfall punktgenau. Unser Messenger erkennt die Statusmeldung der Maschine und kann dies direkt an ein mobiles Gerät oder einen PC weiterleiten bzw. die Verfügbarkeiten aufzeichnen etc. Der Digital Twin bietet die Möglichkeit, Stückzeiten 1:1 nachzuvollziehen und Abläufe zu simulieren, damit ein Crash vermieden und eine Produktion sicher ablaufen kann. Mit der No-Code-Plattform Tulip ermöglichen wir einen visualisierten Wissenstransfer, damit das Know-how nicht mehr nur in den Köpfen einzelner Mitarbeiter schlummert.

Und dem Facharbeitermangel kann man durch Automatisierung entgegenwirken?

Mit unseren Standard-Automationsanlagen mit einfacher visualisierter Bedienführung über unsere App-basierte Celos-Maschinensteuerung ermöglichen wir unseren Kunden einen einfachen und gleichzeitig wirtschaftlichen Einstieg in die Automation. Mit den DMG Mori-Standardanlagen umgehen wir die Schnittstellenprobleme und können Maschine und Automation schnell und unkompliziert in den Produktionsprozess integrieren – dadurch erhöhen wir die Spindelstunden und können natürlich auch bis zu einem bestimmten Maß dem Facharbeitermangel entgegenwirken.

Kommen wir zu den Maschinen. Was ist denn eigentlich Ihr persönliches Rennpferd im Stall?

Wir haben viele tolle Rennpferde im Stall, ich möchte es aber nicht an einer Maschine festmachen. Ich denke immer in Prozessen und Lösungen. Somit gilt meine Liebe der Prozessintegration, also der Komplettbearbeitung in einer Maschine, d. h. Fräsen, Drehen, Schleifen, Verzahnen usw. Besonders stark punkten auch unsere Laser- und Ultraschallmaschinen, gepaart mit der Technologie der Dreh- und Fräsmaschinen. Zudem bieten wir auch technologisch sehr ausgereifte Lösungen im Bereich Additive Manufacturing.

Ist es nicht aufgrund dieser zahlreichen und unterschiedlichen Baureihen sowohl für den Vertrieb als auch Service umso schwieriger?

Wir sind Komplettanbieter und können daher für die unterschiedlichsten Bauteile und Anforderungen aus dem Vollen schöpfen. Aufgrund des Baukastensystems sind wir auch im Vertrieb und Service gut aufgestellt, da sich vieles in den unterschiedlichsten Baureihen und Technologien widerspiegelt. Durch unsere Vielfalt an Maschinen und Technologien können wir für jeden Kunden immer die ideale Lösung bieten, das macht es spannend und wirtschaftlich. Aber natürlich muss sich unser Vertriebs- und Serviceteam stets weiterbilden.

Apropos Service – wie ist die DMG Mori Austria im Service und der After-Sales-Betreuung aufgestellt?

Unser Service-Portal My DMG Mori ist mittlerweile unsere wichtigste digitale Plattform – die Servicequalität ist dadurch massiv gestiegen: Konkret stellt der Kunde seine Serviceprozesse digital mit den notwendigen Informationen unkompliziert und schnell ein und kann per Trackingsystem seinen Servicefall online verfolgen. Er weiß also immer um seinen Status Bescheid. Ebenso sind hier die komplette Maschinenhistorie und Dokumentation abgelegt. Die Plattform wird stetig weiterentwickelt – auch Maschinenbestellungen werden hier zukünftig mit dem aktuellen Status abgebildet.

Des Weiteren ist unser Fullservice 5.0 einzigartig und bietet dem Kunden ein Sorglospaket für fünf Jahre. Unser Serviceleiter ist ständig bei Kunden vor Ort, stellt unsere Strukturen vor und trägt auch die übergeordnete Verantwortung für die Kundenzufriedenheit sowie das gesamte After-Sales-Geschäft.

Ein aktuelles Trendthema ist Nachhaltigkeit. Welche Position vertritt DMG Mori hier?

Ich denke, mit unseren Maschinen leisten wir einen bedeutenden Beitrag für mehr Nachhaltigkeit und damit für den Schutz unserer Umwelt. Die Grüne Transformation ist daher elementarer Bestand unserer MX-Machining Transformation Strategie. Nachhaltigkeit umfasst alle Prozesse – vom Design über die Materialbeschaffung, Maschinenproduktion und Fertigung bei Kunden bis hin zum Recycling am Ende des Lebenszyklus. Hierfür ergreifen wir umfassende Maßnahmen, zum Beispiel durch Nachhaltigkeitsanforderungen in der Entwicklung, beanspruchungsgerechten Komponenten und einer Recycelbarkeit unserer Maschinen von über 99 %. Mit Greenmode-Maßnahmen können unsere Kunden Energieeinsparungen von über 30 % realisieren. Zudem stehen wir auch unseren Kunden mit unserem Know-how beratend zur Seite, um ihre Fertigung nachhaltiger zu gestalten und damit wertvolle Ressourcen einzusparen.

Blicken wir abschließend kurz in die Zukunft. Verraten Sie uns Ihre Zukunftspläne?

Gerne. Nächstes Jahr werde ich 60 Jahre alt, da macht man sich natürlich schon Gedanken, was man in den letzten Berufsjahren noch so machen möchte bzw. wird. Demzufolge würde ich gerne Ende nächsten Jahres die Geschäftsführung in neue, jüngere Hände legen und mich in die zweite Reihe zurückziehen und dort mein Wissen für die Ausbildung junger Vertriebsmitarbeiter zur Verfügung stellen. Aber mal schauen, wie es dann wirklich kommt – im Herbst 2025 kann ich dann mehr dazu sagen.

Wenn wir abschließend nochmals auf die 20 Jahre zurückblicken – sind Sie stolz auf das, was Sie erreicht haben?

Ja, ich bin sehr stolz, was ich im Laufe meines Berufslebens bis jetzt erreicht habe. Ein wenig bedaure ich, dass ich für mein privates Umfeld, aber auch für mich selbst zu wenig Zeit eingeräumt habe – das würde ich heute nicht mehr so machen. Wie jeder erfolgreiche Manager habe natürlich auch ich tolle Menschen um mich gehabt, die an mich geglaubt und mich stets gefordert, aber auch gefördert haben. Vor allem bin ich DMG Mori dankbar, dass ich in diesem großartigen Unternehmen arbeiten durfte und hoffentlich noch einige Jahre arbeiten darf.

Danke für das Gespräch!

Video- und Podcast: Das gesamte Interview ist als Video- und Podcast auf allen x-technik-Kanälen verfügbar. QR-Code YouTube-Video folgt

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