Know-how in der spanenden Rohrbearbeitung

Um die unterschiedlichen Bearbeitungsschritte der Rohrherstellung abzudecken, ist bei Boehlerit über die Jahrzehnte eine umfangreiche Produktpalette mit heute auch standardisierten Lösungen entstanden.

Die Herstellung von Großrohren, wie sie beispielsweise in Pipelines für den Transport von Flüssigkeiten wie Öl oder Erdgas eingesetzt werden, ist so etwas wie die Königsdisziplin in der Rohrherstellung und erfolgt heute in hochintegrierten Gesamtkonzepten mit intelligenten Produktionsstraßen.

Höchstmaß an Prozesssicherheit erforderlich

Ähnlich anspruchsvoll ist die Herstellung von Kleinrohren für Präzisionsanwendungen in der Automotive-Branche. Deshalb erfordern die vom Coil oder Blech bis zum fertigen Rohr verketteten Fertigungsschritte ein Höchstmaß an Prozesssicherheit. Das gilt natürlich auch für die in die Prozessabläufe integrierten diversen spanenden Bearbeitungsgänge. Hier werden robuste Werkzeugsysteme mit langen Werkzeugstandzeiten benötigt, um Produktionsstockungen durch Stillstand- bzw. Rüstzeiten der teuren Anlagen zu vermeiden.

Hinzu kommt eine hohe Bearbeitungspräzision, die man jedoch beim ersten Blick auf das fertige Produkt so nicht vermuten würde. Immerhin handelt es sich hierbei um Rohre mit Durchmessern ab rund 500 Millimeter aufwärts. Mit weit über 3.000 Millimeter Rohrdurchmesser liegen die Fertigungsmöglichkeiten mancher Anlagen noch deutlich darüber. Die hohen Bearbeitungsgenauigkeiten resultieren letztlich aus den Anforderungen an die Schweißnähte. Kleinste Unregelmäßigkeiten können später zu undichten Stellen führen. Deren Qualität beginnt mit der vorbereitenden spanenden Bearbeitung und schließt natürlich auch das Entgraten der längs verlaufenden Schweißnähte innen und außen mit ein.

Um die unterschiedlichen Bearbeitungsschritte abzudecken, ist bei Boehlerit über die Jahrzehnte eine umfangreiche Produktpalette mit heute auch standardisierten Lösungen entstanden. Der erste spanende Bearbeitungsschritt in der Prozessfolge ist die vorbereitende Schweißkantenbearbeitung. Dabei werden die Band- oder Blechkanten im Durchlauf beidseitig synchron, mit sich gegenüberliegenden Fräsköpfen, bearbeitet. Diese Werkzeuge werden spezifisch für die jeweiligen Anlagen sowie auf die zu zerspanenden Werkstoffe, die Materialstärken und die geforderten Kantenprofile ausgelegt und gefertigt.

Modulare Standardkomponenten

Als besonders wirtschaftliche und flexible Lösung bietet Boehlerit modulare Profilfräsköpfe an. Sie bestehen aus einem Grundkörper mit austauschbaren Fräskassetten und Wendeschneidplatten. Die erzeugte Schnittkontur wird durch die Form der Kassetten bestimmt. Ein Vorteil gegenüber herkömmlichen Monoblockwerkzeugen ist, dass bei Beschädigungen nicht das gesamte Werkzeug, sondern lediglich die betroffenen Kassetten ausgetauscht werden müssen. Zusätzliche Justierarbeiten sind nicht erforderlich. Darüber hinaus lässt sich durch Austausch der Kassetten bei Bedarf das Schneidenprofil einfach und schnell ändern, wofür sonst ein komplett neues Werkzeug beschafft werden müsste.

Mit entsprechenden Fräskassetten und Wendeschneidplatten bildet Boehlerit alle in der Branche gefragten Kantenprofile ab. Das heißt, Anwender haben die Wahl zwischen I-Profil, X-Profil, Y-Profil oder Tulpen-Profil.

Bei längsnahtgeschweißten Rohren folgt als nächster spanender Arbeitsvorgang das Entgraten der Schweißnaht von innen und/oder außen durch Schaberwerkzeuge. Boehlerit bietet die notwendigen Klemmhalter, Kassetten und Schneideinsätze beziehungsweise Schneidringe. Auch diese Werkzeuge werden applikationsspezifisch ausgelegt und in den Geometrien an die Durchmesser der Rohre angepasst. Die besondere Herausforderung liegt hier darin, dass das Entgraten sehr zeitnah nach dem Schweißen erfolgt und so die Schneideinsätze meist den noch sehr hohen Temperaturen in der Schweißnaht ausgesetzt sind. Hier finden deshalb spezielle Schneidengeometrien und Hartmetallsorten Verwendung.

Vor allem Großrohre für den Pipeline-Bau benötigen eine Bearbeitung an den Rohrenden, um ein Aneinanderschweißen zu ermöglichen. Die Genauigkeitsanforderungen werden mit Drehverfahren erreicht, für das Boehlerit komplette Werkzeugsysteme, bestehend aus Planscheibe, gefederten Werkzeugschlitten, Kassettenhaltern, Kopierrolle und diversen Spindeln zur Einstellung liefert. Für Kassetten und Wendeschneidplatten gibt es ein umfangreiches Standardprogramm aus dem Katalog.

Synergieeffekte

Innovationen für die Rohrfertigung spielen sich hauptsächlich im Bereich der Schneidstoffe und Werkzeugkonzepte ab. Zu bearbeiten sind in diesem Segment hauptsächlich hochfeste Spezialstähle, die den hohen Kräften von innen und von außen standhalten. Die Werkstoffbandbreite reicht üblicherweise von X 50 bis heute X 100 Bleche. Zunehmend finden korrosionsbeständige Stähle Verwendung. Dass die Schneidstoff-Spezialisten aus der Obersteiermark ihr Know-how in allgemeinen Zerspanungstechnologien auch hier synergetisch einsetzen, zeigt beispielsweise der Einsatz verschleißfester Beschichtungen und Geometrien für rostfreie Stähle. Das gewährleistet einen verbesserten Spanabfluss durch geringe Klebneigung und erhöht somit die Standzeiten.

Auch das Grundkonzept der modularen Werkzeugsysteme für die Blechkantenbearbeitung stammt aus anderen Bearbeitungsfeldern wie der Kurbelwellenfertigung. Dort wird mit vergleichbaren Werkzeugsystemen gearbeitet, die eine flexible Bestückung eines Grundkörpers mit Fräskassetten und Wendeschneidplatten ermöglichen. Mit Grundkörpern, unterschiedlichen Kassetten und dem umfassenden Portfolio an Wendeschneidplatten können so alle Profile abgedeckt werden. Gezielt ausgewählte Wendeschneidplatten-Ausführungen und Systemlösungen gewährleisten eine optimale Span- und Wärmeabfuhr bei der Trockenbearbeitung verschiedenster Werkstoffqualitäten.

Die Werkzeugsysteme von Boehlerit findet man darüber hinaus vom allgemeinen Anlagenbau über den Schiffsbau bis hin zum Fräsen von Brammen in Stahlwerken.