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75 Jahre Mapal: Dr. Jochen Kress über 75 Jahre Verantwortung, Transformation und die Zukunft von Mapal
Dr. Jochen Kress über 75 Jahre Verantwortung, Transformation und die Zukunft von Mapal Mapal feiert 75-jähriges Bestehen – und denkt dabei konsequent nach vorne. Im Interview spricht der geschäftsführende Direktor Dr. Jochen Kress über die Wurzeln des Familienunternehmens, persönliche Erinnerungen an die Gründergeneration, den laufenden Transformationsprozess und die Herausforderungen einer Branche im Wandel. Ein Gespräch über Kontinuität, Verantwortung und die Kraft der Fachkräfte – und über die Frage, wie man in einem internationalen Wettbewerb technologisch die Nase vorn behält.
Dr. Jochen Kress führt Mapal seit 2018 in dritter Generation – mit klarer Vision und viel Leidenschaft für die Transformation des Familienunternehmens.
75 Jahre Mapal im Überblick:
Aus kleinen Anfängen entwickelte sich Mapal in 75 Jahren zu einem weltweit führenden Anbieter für Präzisionswerkzeuge. Die Unternehmensgeschichte ist geprägt von Kontinuität, schwäbischem Tüftlertum und unternehmerischem Mut der Inhaberfamilie Kress.
Gründung: 1950 durch Georg Kress in Aalen (DE) – ursprünglich mit Gewindebohrern und Holzbearbeitungsmaschinen.
Heute: Internationaler Technologieführer für Präzisionswerkzeuge zur Bearbeitung kubischer Bauteile.
Standorte: 25 Länder mit Produktion, Vertrieb und Service.
Branchenfokus: Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt, Maschinenbau, Werkzeug- und Formenbau.
Wichtige Meilensteine:
• 1952: Kauf des Patents für Reibahlen mit Wechselschneide
• 1969: Dr. Dieter Kress tritt als zweite Generation ins Unternehmen ein
• 1970er: Konzentration auf Feinbohrwerkzeuge
• Ab 1990: Internationalisierung & Ausbau des Produktportfolios
• Seit 2018: Führung durch Dr. Jochen Kress in dritter Generation
Aktueller Fokus: Transformation des Unternehmens mit Blick auf neue Märkte, Anwendungen und Technologien.
Herr Dr. Kress, Mapal feiert heuer 75-jähriges Bestehen. Was bedeutet dieses Jubiläum für Sie ganz persönlich? Das ist ein besonderer Moment, vor allem im Bewusstsein, dass es eine gemeinsame Leistung vieler Generationen und Mitarbeitender ist. Mein Großvater hat den Grundstein gelegt, mein Vater hat das Unternehmen zum Technologieführer weiterentwickelt. Heute ist es meine Aufgabe, diesen Weg weiterzugehen und die Weichen für die Zukunft zu stellen.
Mit sichtbarer Begeisterung spricht Dr. Jochen Kress über die Produkte von Mapal und ihre Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der Kunden: von innovativen Beschichtungstechnologien über Lösungen für das Feinbohren bis hin zu Digitalisierung und Automatisierung.
Dr. Jochen Kress
Geschäftsführender Direktor, Mapal Dr. Kress SE & Co. KG., Mapal Dr. Kress SE & Co. KG.
„Technologie ist wichtig, aber es sind immer die Menschen, die den Unterschied machen. Ohne engagierte, gut ausgebildete Fachkräfte gibt es keine Innovation. Deshalb bleibt bei aller Transformation eines immer gleich: Die Menschen stehen bei Mapal im Mittelpunkt.“
Wie kam es damals eigentlich zur Gründung von Mapal?
Mein Großvater Georg Kress war ursprünglich Steuerberater, hatte aber schon immer den Traum, eines Tages ‚Fabrikant‘ zu werden. Mit 49 Jahren hat er diesen Traum verwirklicht und gemeinsam mit Partnern ein kleines Unternehmen übernommen – ein mutiger Schritt, denn er kam ja als Quereinsteiger in die Industrie. Gestartet ist Mapal damals mit Gewindebohrern und Maschinen für die Holzbearbeitung, also noch weit entfernt von dem, wofür wir heute bekannt sind. Besonders beeindruckt mich bis heute seine Entschlossenheit: Er hat etwas völlig Neues gewagt, obwohl er bereits eine erfolgreiche Laufbahn eingeschlagen hatte. Dieser Pioniergeist, Dinge aufzubauen und weiterzuentwickeln, prägt unser Unternehmen nach wie vor.
Dr. Jochen Kress treibt den Transformationsprozess bei Mapal konsequent voran – mit Fokus auf neue Anwendungen, digitale Technologien und eine noch stärkere Kundenorientierung.
Sie führen das Unternehmen seit 2018 in dritter Generation. War der Einstieg in das Familienunternehmen für Sie immer klar?
Nicht von Anfang an. Aber nach einem Auslandsjahr in den USA, mit 17 oder 18 Jahren, wuchs in mir der Wunsch, ins Unternehmen einzusteigen. Ich bin praktisch mit Mapal aufgewachsen, war schon als Kind oft im Betrieb. Mein erstes „Gehalt“ bekam ich mit acht Jahren von meinem Großvater: fünf Mark für Hilfe im Versand.
Speziallösung für maximale Prozesssicherheit: Dieses Werkzeug wurde gezielt für eine konkrete Kundenanwendung entwickelt und senkt die Bearbeitungskosten pro Bauteil drastisch.
„Wir befinden uns nicht nur bei Mapal in einem tiefgreifenden Wandel – die gesamte Fertigungswelt verändert sich. Wer in diesem Umfeld bestehen will, braucht Klarheit im Denken, Konsequenz im Handeln und den Mut, gewohnte Pfade zu verlassen.“
Welche Werte Ihrer Vorgängergenerationen haben Sie übernommen?
Von meinem Vater habe ich die Überzeugung übernommen, dass eine starke Unternehmenskultur entscheidend ist. Er hat immer großen Wert daraufgelegt, dass sich die Menschen bei Mapal wohlfühlen, dass sie mit Freude und Stolz Teil des Unternehmens sind. Außerdem hat er mir die Begeisterung für Technik und Innovation vermittelt – dieses ständige Interesse daran, Neues zu entdecken und besser zu machen.
Von meinem Großvater wiederum stammt der Mut, auch einmal ein Risiko einzugehen, und die Bereitschaft, sich mit voller Kraft für die Firma einzusetzen. Für beide war Mapal nie nur ein Beruf oder ein Geschäft, sondern immer ein Lebensinhalt. Dieses tiefe Engagement, verbunden mit einer großen Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und Kunden, prägt bis heute meinen eigenen Weg.
Spezialisiert auf kundenspezifische Lösungen: Mapal entwickelt präzise Werkzeugkonzepte, die maximale Prozesssicherheit und signifikante Kostenvorteile in der Bearbeitung ermöglichen.
Mapal ist in 25 Ländern aktiv und beschäftigt mehrere tausend Menschen weltweit. Wie gelingt es Ihnen, trotz dieser Größe die Unternehmenskultur zu wahren?
Indem wir bewusst Strukturen schaffen, in denen sich Menschen entwickeln können. Mapal soll ein Umfeld bieten, das Fachkräfte anzieht und langfristig bindet. Das ist unser Anspruch. Mein Führungsstil lässt sich gut mit vier Worten beschreiben: dienend mit normativem Anspruch. Ich verstehe meine Aufgabe darin, unseren Mitarbeitenden die bestmögliche Unterstützung zu bieten, um erfolgreich arbeiten zu können. Gleichzeitig braucht es klare Orientierung und Verantwortung.
Ing. Robert Fraunberger im Videocast-Interview mit Dr. Jochen Kress: Ein Blick zurück auf 75 Jahre Mapal und nach vorne auf die laufende Transformation.
Wenn Sie auf die 75 Jahre zurückblicken: Welche Meilensteine sind für Sie besonders prägend?
Ein wesentlicher Meilenstein war 1952 der Erwerb des Patents für eine Reibahle mit auswechselbarer Schneide. In den 70er-Jahren folgte die Konzentration auf Feinbohrwerkzeuge – ein Schritt, der unsere Spezialisierung klar geschärft hat. Später kamen der Einstieg in die HSK-Technologie und ab den 90er-Jahren die Internationalisierung dazu. Und nicht zuletzt war es die bewusste Entscheidung, uns auf unsere Kernkompetenzen zu konzentrieren, die Mapal bis heute stark macht.
Offenes Gespräch über Vergangenheit und Zukunft: Ing. Robert Fraunberger im Dialog mit Dr. Jochen Kress zum 75-jährigen Jubiläum von Mapal.
Mapal steht für Lösungen, die Kunden wettbewerbsfähiger machen. Wie setzen Sie diesen Anspruch um?
Für uns bedeutet Wettbewerbsfähigkeit, die Prozesse unserer Kunden so zu verstehen, dass wir ihnen echten Mehrwert liefern können. Deshalb investieren wir kontinuierlich in anwendungsnahes Know-how und bilden Teams, die die Abläufe bei unseren Kunden bis ins Detail nachvollziehen. Auf dieser Basis entwickeln wir nicht nur einzelne Werkzeuge, sondern komplette Lösungen, die exakt auf spezifische Bearbeitungsprozesse abgestimmt sind. Zudem arbeiten wir verstärkt an generischen Bauteilen, also ohne konkreten Kundenauftrag. So können wir Kunden proaktiv unterstützen und die Fertigung von morgen aktiv mitgestalten.
Der Erfolg von Mapal beruht stark auf den Fachkräften. Wie begegnen Sie dem zunehmenden Facharbeitermangel?
Wir setzen stark auf die eigene Ausbildung und schaffen klare Entwicklungsmöglichkeiten, damit Talente im Unternehmen wachsen können. Dafür haben wir einen eigenen Bereich für People Development aufgebaut, der sich gezielt um Förderung und Weiterbildung kümmert. Außerdem kooperieren wir eng mit Hochschulen, etwa durch eine Tandemprofessur, um frühzeitig junge Menschen für uns zu gewinnen. Wichtig ist für uns eine werteorientierte Personalstrategie: Wir wollen ein Umfeld bieten, in dem sich unsere Mitarbeiter wohlfühlen, Verantwortung übernehmen und ihre Stärken einbringen können. Nur so bleibt Mapal auch in Zukunft attraktiv und erfolgreich.
Wie wichtig sind Partnerschaften und Kooperationen heute für Mapal?
Partnerschaften und Kooperationen sind für uns heute von zentraler Bedeutung. Kein Unternehmen kann die komplexen Herausforderungen unserer Branche alleine bewältigen. Deshalb arbeiten wir sehr eng mit Hochschulen, Kunden, Forschungseinrichtungen und anderen Unternehmen zusammen. Der Austausch bringt Geschwindigkeit und neue Perspektiven.
Mapal steht vor einer umfassenden Transformation. Was bedeutet das konkret?
Wenn wir von Transformation sprechen, meinen wir einen umfassenden Wandel, der weit über eine reine Produkterweiterung hinausgeht. Wir wollen unser Anwendungsportfolio deutlich verbreitern, neue Märkte erschließen und gleichzeitig unsere Organisation neu aufstellen. Es geht darum, Know-how in unterschiedlichen Bearbeitungen aufzubauen und unseren Kunden ganzheitliche Lösungen zu bieten. Digitalisierung und Automatisierung sind dabei zentrale Treiber, genauso wie neue Anforderungen etwa im Spannmanagement. All das verlangt von uns flexiblere Strukturen und eine Kultur, die schnelle Anpassungen erlaubt. Nur so können wir die Zukunftsthemen der Branche erfolgreich angehen und unseren technologischen Vorsprung sichern.
Ist der europäische Fertigungsstandort langfristig zu halten?
Nur, wenn wir höchste Produktivität, Innovation und gute Rahmenbedingungen verbinden. Der internationale Wettbewerb ist hart, besonders mit Blick auf China. Viele dortige Unternehmen haben technologisch enorm aufgeholt. Europa muss sich anstrengen, auch politisch.
Welche Rolle spielen neue Technologien wie additive Fertigung oder Digitalisierung in der Produktentwicklung?
Eine zentrale Rolle. Wir beobachten und testen solche Verfahren sehr frühzeitig, um ihr Potenzial einschätzen und gezielt nutzen zu können. Dazu gehören nicht nur neue Fertigungsprozesse, sondern auch Nachbehandlungsverfahren, die uns ermöglichen, innovative Werkzeuge und Lösungen zu entwickeln. Gleichzeitig ist es für uns entscheidend, das Wissen unserer Mitarbeiter systematisch verfügbar zu machen. Digitalisierung bedeutet deshalb nicht nur moderne Produktionsprozesse, sondern auch den Aufbau einer Wissensbasis, auf die alle zugreifen können. Nur so gelingt es uns, vorhandenes Know-how effizient einzusetzen und mit neuen Technologien zu verbinden – und daraus echte Innovationen entstehen zu lassen.
Sie haben die Verantwortung für das Familienunternehmen. Gibt es schon eine vierte Generation, die nachrückt? Noch nicht in einer aktiven Rolle, aber die vierte Generation gibt es bereits. Jetzt geht es vor allem darum, die richtigen Grundlagen zu schaffen, damit sie eines Tages Verantwortung übernehmen kann. Entscheidend ist, dass der Übergang behutsam vorbereitet wird und die nächste Generation die Möglichkeit hat, ihren eigenen Weg im Unternehmen zu finden.
Wie finden Sie persönlich Ausgleich zu Ihrer Aufgabe als Geschäftsführer?
Den finde ich in erster Linie bei meiner Familie und im Freundeskreis, aber auch durch Sport. Bewegung hilft mir, den Kopf freizubekommen und neue Energie zu tanken. Reisen spielen ebenfalls eine große Rolle, auch wenn sie manchmal anstrengend sind, eröffnen sie fast immer neue Perspektiven. Letztlich sehe ich es als eine dauerhafte Aufgabe, die richtige Balance zwischen Verantwortung im Unternehmen und persönlichen Kraftquellen zu finden.
Was wünschen Sie sich zum 75-jährigen Jubiläum für Mapal?
Ich wünsche mir, dass uns die Transformation gelingt und wir damit das Fundament für die nächsten Jahrzehnte legen. Mapal soll auch künftig als Technologiepartner echten Mehrwert schaffen und mit innovativen Lösungen nah an den Kunden bleiben. Gleichzeitig hoffe ich, dass die Freude über das Erreichte uns alle motiviert, mit Mut und Begeisterung die kommenden Aufgaben anzugehen, damit wir auch in 75 Jahren auf eine ebenso starke Geschichte zurückblicken können.







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