interview

Walter BLAXX M3255: Schneidstoffentwicklung gepaart mit Anwendungs-Know-how

NACHGEFRAGT Neue Aluminium-Lithium-Knetlegierungen liegen im Flugzeugbau absolut im Trend. Wenn hohe Steifigkeit benötigt wird, sind jedoch Titan-Komponenten im Einsatz. Wie man diese Werkstoffe mit den neuesten Schneidstoffen und Werkzeugkonzepten wirtschaftlich bearbeiten kann, erklärt Dirk Masur, Component Manager Aerospace bei Walter. Das Interview führte Ing. Robert Fraunberger, x-technik

Aluminium ist ein fester Bestandteil im Werkstoff-Ensemble moderner Flugzeuge. Unter anderem auch deshalb, weil die Entwicklung neuer Legierungen mit verbesserten Eigenschaften nicht stillsteht. So liegen gegenwärtig etwa Aluminium-Lithium-Knetlegierungen im Trend.

Dirk Masur, Component Manager Aerospace bei Walter

Aluminium ist ein fester Bestandteil im Werkstoff-Ensemble moderner Flugzeuge. Unter anderem auch deshalb, weil die Entwicklung neuer Legierungen mit verbesserten Eigenschaften nicht stillsteht. So liegen gegenwärtig etwa Aluminium-Lithium-Knetlegierungen im Trend. Dirk Masur, Component Manager Aerospace bei Walter

Spielen Aluminiumlegierungen im Flugzeugbau nach wie vor eine wichtige Rolle?

Aluminium ist ein fester Bestandteil im Werkstoff-Ensemble moderner Flugzeuge. Nach wie vor – und trotz der zunehmenden Verbreitung von Verbundwerkstoffen, sogenannter Composites. Unter anderem auch deshalb, weil die Entwicklung neuer Legierungen mit verbesserten Eigenschaften nicht stillsteht. So liegen gegenwärtig etwa Aluminium-Lithium-Knetlegierungen im Trend.

Al-Li-Legierungen sind leichter als andere Al-Legierungen und haben ein höheres Elastizitätsmodul – willkommene Eigenschaften für die Flugzeugindustrie. Werkstücke aus diesen Leichtgewichten ähneln häufig denen aus Titan. Hier wie dort gibt es viele Taschen – und folglich große Spanmengen. Größter Unterschied: Die Aluminium-Zerspanung ist eine HSC-Bearbeitung (High Speed Cutting). Keine Rede mehr von „schwer zerspanbar“ oder „reduzierten Schnittwerten“. Im Gegenteil: Vc-Werte beim Fräsen oberhalb 3.000 m/min sind keine Seltenheit. Umgekehrt führen niedrige Schnittgeschwindigkeiten zu Aufbauschneidenbildung – und damit zu schnellerem Werkzeugverschleiß. Wie bei der Ti-Bearbeitung ist auch bei Aluminium sehr viel Know-how und Bauteilkompetenz gefragt, wenn man wirtschaftliche und sichere Prozesse entwickeln will. Auch hier stehen auf die Applikation abgestimmte Komplettlösungen im Mittelpunkt, nur dass die Werkzeug- und Maschinenkonzepte für Aluminium optimiert sind.

Rumpf und Tragflächen bestehen häufig aus Aluminiumlegierungen.

Rumpf und Tragflächen bestehen häufig aus Aluminiumlegierungen.

Was ist dabei für eine wirtschaftliche Bearbeitung hauptsächlich zu beachten?

Moderne HSC Maschinen für die Aluminiumbearbeitung sind alle mit leistungsstarken Spindeln ausgestattet, die von 120 kW und neuerdings bis zu 150 kW erhältlich sind. Hier können mit den neuen Walter Schruppfräsern M2131 / M2331 Zeitspanvolumen von bis zu 10 l/min generiert werden. Für Aluminium ist die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung die beste Fertigungsmethode. Hier benötigen die Anwender Hochleistungswerkzeuge, die zur Maschine passen und den effizientesten Prozess ermöglichen. Für Walter als Werkzeughersteller ist daher die sehr enge Zusammenarbeit mit Werkzeugmaschinenherstellern entscheidend, um die maximale Leistung an der Maschine zu erreichen. Walter als Premium-Werkzeugspezialist verfügt über einen kompletten Werkzeugkasten mit M2131 / M2331 und MB265 für das Schruppen, MB266 für das Semischlichten sowie Schlichten und dem neuen HPC Al 35 für das „One Shot-Schlichten“ mit Steghöhen bis zu 5xD, der für diesen wichtigen Bereich der Luft- und Raumfahrtbearbeitung bestens geeignet ist. Diese Werkzeuge sind für die hohe Leistung von HSC-Spindeln optimiert. Kunden, die spezielle Versionen für ihre Anwendung benötigen, erhalten innerhalb von zwei bis drei Wochen über den Xpress-Service von Walter maßgeschneiderte Werkzeuge. Nur in enger Zusammenarbeit mit Maschinenherstellern lernen unsere Ingenieure die Maschinen richtig kennen und sammeln die notwendige Erfahrung, um zum einen die richtigen Werkzeuge zu entwickeln und zum anderen zu wissen, welches Werkzeug der Kunde für seine Anwendung benötigt.

Titankomponenten sind vor allem im Einsatz, wenn hohe Steifigkeit benötigt wird. Die Zerspanung ist aber doch nach wie vor sehr anspruchsvoll?

Die Schwierigkeit: Titan ist schwerer zu bearbeiten als das bislang meist eingesetzte Aluminium. Seine hohe chemische Reaktivität führt beim Zerspanen zu einem Verschweißen der Späne an der Schneidkante. Die schlechte Wärmeleitfähigkeit des Werkstoffs lässt die Temperaturen an der Schneide stark ansteigen. Die entstehenden Späne sind meist sehr zäh und abrasiv. Das geringe Elastizitätsmodul führt leicht zur Auslenkung des Werkstücks. Zusammen mit einer Materialverfestigung in der Randzone reduziert das selbst bei geringen Schnittgeschwindigkeiten die Werkzeugstandzeiten. Mit abnehmender Wandstärke können die Teile sehr labil werden, daher liegt ein wichtiger Fokus auf der Stabilität der Maschine und der Aufspannung. Großen Einfluss auf die Standzeit der Werkzeuge hat zudem eine passende Kühlmittelstrategie. Walter entwickelt die Werkzeugsysteme kontinuierlich weiter mit dem Ziel, die Bearbeitungszeiten zu verkürzen. Hartmetallsubstrate, neue Beschichtungstechnologien oder Makro- und Mikro-Geometrien der Schneidwerkzeuge spielen dabei eine wichtige Rolle. Aber auch die Bearbeitungsstrategie lässt sich in Zusammenarbeit mit CAD/CAM-Spezialisten weiter optimieren.

Das alles ermöglicht heute das Hochleistungsfräsen (HPC) und ein dynamisches Hochvorschubfräsen (HDC) beim Schlichten und Schruppen von Titan. So lassen sich beim dynamischen Fräsen mit dem Walter Prototyp HDC Ti38 Z6-10 und neuartiger Beschichtung Schnittgeschwindigkeiten bis zu 128 m/min erreichen. Durch Vielzahnlösungen mit bis zu zehn Zähnen kann zudem der Vorschub um bis zu 50 Prozent bei geringerer Eingriffsbreite erhöht werden. Unterm Strich erreichen diese VHM-Werkzeuglösungen eine Steigerung des Zeitspanvolumens um bis zu 50 Prozent gegenüber konventionellen Lösungen.

Was genau sind die Vorteile des modifizierten BLAXX Igelfräser M3255 bei der Bearbeitung von Titanstrukturbauteilen?

Die innovative, neue weichschneidende Geometrie der Wendeschneidplatten führt zu einem positiven Schnittverhalten, dazu kommen kurze Bearbeitungszeiten bei maximalem Zeitspanvolumen. Das Wärmemanagement, bei Titanlegierungen wegen ihrer geringen Wärmeleitfähigkeit immer ein Problem, erfolgt über optimierte Kühlmittelzufuhr an jeder Schneide. Auch bei hohen Zerspanleistungen gewährleisten die Spanräume eine sichere Spanabfuhr. Durch tangentiale und axiale Verzahnung mit dem Fräskörper sind die Wendeschneidplatten zuverlässig gespannt. Dieses Konzept sichert sogar in kleinen Durchmesserbereichen eine hohe Stabilität. Jede Wendeschneidplatte verfügt über vier beziehungsweise zwei Schneidkanten – so lässt sich ein Maximum an Zerspanungsleistung pro Platte erreichen. Durch die tangentiale Anordnung der Wendeschneidplatten eignet sich das Werkzeugsystem M3255 auch optimal für die Bearbeitung von geschmiedeten Bauteilen, bei denen die Randzone (Schmiedehaut) extreme Herausforderungen an die Werkzeugschneide stellt.

Neu ist auch eine CVD-Beschichtungstechnologie für den Wendeschneidplatten-Schneidstoff WSM45X, wie sie zum Beispiel für den Igelfräser Walter BLAXX M3255 eingesetzt werden. Die Beschichtung fungiert als Hitzeschutzschild. Das ermöglicht hohe Schnittgeschwindigkeiten bis zu 65 m/min und längere Werkzeugstandzeiten bis zu 130 Minuten. So lässt sich bei einem für Strukturbauteile aus Titan typischen Mix aus Vollnuten und Gleichlauffräsen und einer Schnittgeschwindigkeit von 45 m/min sowie einem Vorschub von 0,12 mm die Standzeit verdoppeln. Eine weitere Option ist es, bei konstanter Standzeit von etwa 60 Minuten die Schnittgeschwindigkeit auf 65 m/min zu erhöhen.

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