Walter Hybridwerkzeuge: Aluminiumbauteile wirtschaftlich bearbeiten

Hybridwerkzeuge von Walter reduzieren Stückkosten und schaffen Prozesssicherheit: Fahrwerksbauteile aus Aluminium waren vor wenigen Jahren noch dem Premium-Segment im Fahrzeugmarkt vorbehalten. Achsschenkel, Querlenker und Radträger für Mittelklasse- und Kleinwagen wurden überwiegend aus Gusseisen oder geschmiedetem Stahl gefertigt. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Um Werkstoffe wie geschmiedete Aluminium-Knetlegierungen oder duktile Aluminium-Gusslegierungen mit niedrigem Siliziumgehalt prozesssicher und wirtschaftlich bearbeiten zu können, bietet Walter Hybridwerkzeuge, deren Werkzeugkorpus unterschiedliche Zerspanungsschritte ermöglicht.

Ein Hybridwerkzeug von Walter mit Wendeplatten (hier P2840) in der Bohr- und Aufbohrstufe sowie eingelöteten PKD-Schneiden für die Bearbeitung des Fertigdurchmessers (Auf- bzw. Feinbohren).

Ein Hybridwerkzeug von Walter mit Wendeplatten (hier P2840) in der Bohr- und Aufbohrstufe sowie eingelöteten PKD-Schneiden für die Bearbeitung des Fertigdurchmessers (Auf- bzw. Feinbohren).

Fabian Hübner
Component & Project Manager Transportation bei Walter.

„Schmied- und warmaushärtbare Aluminium-Knetlegierungen mit Magnesium und Silizium als Hauptlegierungselemente stellen hohe Anforderungen an die Schneide. Für eine wirtschaftliche und prozesssichere Bearbeitung sind spezielle Oberflächengeometrien, gelaserte Spanformer- oder Spanbrechergeometrien sowie hochpolierte Spanflächen und eine spezielle Beschichtung notwendig.“

Den CO2-Ausstoß eines Fahrzeuges deutlich zu reduzieren, hat im Fahrzeugbau mittlerweile hohe Priorität. Ein Weg dahin ist die Reduktion des Fahrzeuggewichts: 100 Kilogramm weniger bedeuten 0,3 bis 0,4 Liter weniger Kraftstoffverbrauch. Auch bei Elektromobilität als Alternative zum Verbrennungsmotor ist das Gewicht des Fahrzeugs ein zentraler Faktor: Je leichter das Auto, desto höher die Reichweite der Batterie. Werkstoffe wie geschmiedete Aluminium-Knetlegierungen oder duktile Aluminium-Gusslegierungen mit niedrigem Siliziumgehalt finden sich deswegen zunehmend in allen Fahrzeugklassen.

Mit der Umstellung auf andere Werkstoffe ändern sich jedoch auch die Herausforderungen in der Bearbeitung: Aluminiumlegierungen erfordern andere Bearbeitungsstrategien in der Zerspanung als die bisher verwendeten Materialien, gerade unter den Bedingungen von hohem Kostendruck und hohen Anforderungen an Bearbeitungsqualität und Prozesssicherheit. Die eingesetzten Zerspanungswerkzeuge sind dabei ein wichtiger Faktor.

Viele Automobilzulieferer setzen dafür unter anderem auf den Tübinger Zerspanungsspezialisten Walter. Fabian Hübner, Component & Project Manager Transportation, zeigt die wesentlichen Unterschiede zur herkömmlichen Zerspanung auf: „Aluminiumlegierungen sind der optimale Werkstoff für die Automobilindustrie. Die Legierungen sind leicht, bei ausreichend hoher Festigkeit, und lassen sich mit ganz anderen Geschwindigkeiten als die traditionellen Guss- oder Stahlwerkstoffe zerspanen. Das heißt aber nicht, dass sie einfach zu zerspanen sind. Vor allem die langen Späne sind ein Risikofaktor für einen stabilen Prozess. Außerdem können sich an den Schneidkanten der Werkzeuge schnell Aufbauschneiden bilden. Für das Einhalten der vorgegebenen Toleranzen bei den Passmaßen und der Oberflächenqualität wird es dann schnell schwierig. Genau hier kommt es auf die Qualität des Zerspanungswerkzeugs und die richtige Technologie an.“

Hybridwerkzeuge kommen häufig bei Kegelsitzbohrungen zum Einsatz.

Hybridwerkzeuge kommen häufig bei Kegelsitzbohrungen zum Einsatz.

Komplexe Bohrungen wirtschaftlich darstellen

Vor allem das Einbringen von Vollbohrungen stellt bei der Fertigung von Fahrwerkskomponenten aus Aluminiumlegierungen eine technische und wirtschaftliche Herausforderung dar. Während bei größeren Bohrungen, wie zum Beispiel der Radnabenbohrung am Radträger, häufig vorgeschmiedete Vertiefungen aufgebohrt werden, werden kleinere Bohrungen wie am Querlenker dagegen ins volle Material eingebracht. „Dazu kommen die oft hohe Komplexität der zu bohrenden Konturen sowie die sehr hohen Anforderungen an die Genauigkeit der Bohrung und an die Oberflächenqualität“, betont Fabian Hübner. Meist dienen die kleineren Bohrungen zur Aufnahme von Gleitlagern und Dämpfern. Das heißt, es ist mehr als das schlichte Setzen einer Bohrung gefragt: So müssen u. a. definierte Planflächen oder Fasen angebracht werden, um im nächsten Produktionsschritt Lagerbuchsen oder Dämpfungselemente überhaupt einbauen zu können. Pro Bohrung fallen schnell bis zu fünf Bearbeitungsschritte an.

Mehrere Bearbeitungsschritte an einer Bohrung erfordern ein besonderes Zerspanungskonzept, denn Werkzeugwechsel kosten nicht nur Zeit. Sie erhöhen auch das Risiko, die Vorgaben bei Passgenauigkeit und Oberflächenqualität zu verfehlen. Mit dem Konzept des Hybridwerkzeugs bieten Zerspanungsspezialisten wie Walter ihren Kunden eine auf die konkrete Aufgabe optimierte Lösung, die sich durch höchste Prozesssicherheit und Ergebnisqualität auszeichnet – und sich so auszahlt.

Hybrid heißt, dass ein Werkzeugkorpus unterschiedliche Zerspanungsschritte ermöglicht. Dabei werden jedoch nicht einfach nur Wendeschneidplatten unterschiedlicher Form eingesetzt: Hybridwerkzeuge verbinden einen Bereich mit austauschbaren Wendeschneidplatten und fest eingelöteten PKD-Schneiden – und damit zwei unterschiedliche Werkzeugtypen. „Der Bereich für schnell verschleißende Anwendungen wie das Schruppen arbeitet dabei mit Wendeschneidplatten, die leicht vom Kunden selbst gewechselt werden können. Das Schlichten gemäß exakter Passungsmaße mit kleinsten Winkeltoleranzen und hohen Anforderungen an die Oberflächenqualität wird dagegen mit fest eingelöteten PKD-Schneiden (Anm.: hohe Verschleißfestigkeit und Standzeiten) durchgeführt“, erklärt Hübner. Eingesetzt werden Hybridwerkzeuge vor allem beim „Voll“-Bohren sowie bei Kegelsitz- und Kugelsitzbohrungen.

Wirkungsweise des Spanbrechers von Walter: Die gelaserte Spanbrechergeometrie ist der Schlüssel für eine prozesssichere Bearbeitung.

Wirkungsweise des Spanbrechers von Walter: Die gelaserte Spanbrechergeometrie ist der Schlüssel für eine prozesssichere Bearbeitung.

Kompetenz bei Schneidgeometrie und Beschichtung

Die vor allem im Fahrwerksbereich häufig eingesetzten schmied- und warmaushärtbaren Aluminium-Knetlegierungen mit Magnesium und Silizium als Hauptlegierungselemente stellen durch ihr Zerspanungsverhalten hohe Anforderungen an die Schneide selbst: Bei der Bearbeitung bilden sich Aufbauschneiden, die zu einem schnelleren Verschleiß der Schneidkante führen. Durch die Veränderung der Schneidkantengeometrie wirken höhere Prozesskräfte auf das Bauteil ein, sodass die gewünschten Maße und Winkel oder die Oberflächenqualität nicht mehr eingehalten werden. „Aluminium-Knetlegierungen bilden zudem lange Späne oder sogar Fließspäne. Werden diese Risiken für die Prozesssicherheit nicht beherrscht, sinken auch die Effizienzgewinne deutlich“, zeigt Hübner auf.

Die von Walter für die Aluminiumbearbeitung entwickelten Wendeschneidplatten (P2840, P4840, P6004 für Vollbohroperationen sowie P4460 zum Aufbohren) verfügen deswegen über besondere Merkmale: Eine spezifische Oberflächengeometrie gewährleistet eine optimale Spankontrolle. Die bei der Bearbeitung entstehenden Späne brechen so kurz, dass sich Fließspäne oder Spanknäuel nicht bilden können. Bei fest eingelöteten PKD-Schneiden wird, sofern nötig, durch gelaserte Spanformer- oder Spanbrechergeometrien für die entsprechend gute Spankontrolle gesorgt. Bei Wendeschneidplatten reduzieren scharf präparierte Schneidkanten die Prozesskräfte sowie hochpolierte Spanflächen und eine spezielle Beschichtung außerdem die Bildung von Aufbauschneiden: Die so erzeugten sehr glatten Oberflächen an der Wendeschneidplatte bieten dem Werkstoff wenig Angriffsfläche. Die Wendeschneidplatten verfügen so über deutlich höhere Standzeiten als nicht-optimierte Typen.

Die tangential-laterale Aufbohrplatte P4460: Wenn zuvor tangential eingebaute Wendeplatten in einen lateralen Sitz montiert werden, können bis zu 4+4 Schneidkanten genutzt werden.

Die tangential-laterale Aufbohrplatte P4460: Wenn zuvor tangential eingebaute Wendeplatten in einen lateralen Sitz montiert werden, können bis zu 4+4 Schneidkanten genutzt werden.

Hohe Schnittdaten und hohe Prozesssicherheit

Bei Walter werden Hybridwerkzeuge für den Einsatz im konkreten Prozess konzipiert und gefertigt. Der Werkzeugkorpus ist deswegen im Prinzip eine Sonderanfertigung. Durch die hohe Produktivität, die sie im Fertigungsprozess bringen, rechnen sich die Werkzeuge schnell. Ein namhafter Kunde von Walter konnte beim Einbringen von Bohrungen in einen Querlenker mit einem Walter-Hybridwerkzeug beispielsweise in der Bohrstufe Schnittgeschwindigkeiten (vf) von über 1.300 m/min bei einem Umdrehungsvorschub (fu) von 0,11 mm erreichen, beim nachfolgenden Auf- bzw. Feinbohren vf = 850 m/min bei einem Zahnvorschub (fz) von 0,12 mm.

Tangential-laterales Aufbohrwerkzeug

Eigens für die Hubbohrung bei Radnaben bietet Walter zudem ein neues Spezialwerkzeug, mit dem sich fünf Prozessschritte abbilden lassen – ohne Kompromisse bei der Einhaltung extrem enger Maßtoleranzen. Mit demselben Werkzeug wird nicht nur die eigentliche Bohrung vorgenommen, sondern es werden auch die zugehörige Planfläche gefräst und die gesamte Bohrung vorwärts sowie rückwärts entgratet.

Möglich wird das durch eine neuartige Wendeschneidplatte, die lateral und tangential eingesetzt wird. Zusätzlich zur Reduktion beim Werkzeugwechsel bringt das neue Aufbohrwerkzeug weitere wirtschaftliche Vorteile: Es werden ausschließlich Wendeschneidplatten verwendet. „So entfällt im Gegensatz zu Hybridwerkzeugen mit eingelöteter PKD-Schneide das Reconditioning. Bei Verschleiß wird die Platte gedreht oder gewechselt“, betont Hübner. Alle Schneiden sind gleich, können also nicht verwechselt werden. Dadurch können vier plus vier Schneidkanten genutzt werden, wenn die zuvor tangential eingebaute Wendeplatte in einen lateralen Sitz montiert wird oder umgekehrt. Durch die neue Werkzeuggeometrie gelangen Kühl- oder Schmierstoffe direkt an die Wendeplatte. Im Vergleich zu einer Kassettenlösung bringt das Aufbohrwerkzeug mehr Zähne in den Schnitt, so sind hohe Schnittdaten möglich. „Damit konnten beim Zirkularfräsen eine Schnittgeschwindigkeit (vc) von 1.100 m/min bei einem Zahnvorschub (fz) von 0,5 mm erreicht werden, beim Aufbohren in der 90°-Stufe eine Schnittgeschwindigkeit von 700 m/min bei einem Zahnvorschub von 0,24 mm“, zeigt Hübner abschließend auf.

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