Kühlung als Produktivitätsfaktor

Kühlschmierstoffe (KSS) sollen beim Trennen von Werkstoffen durch Schmierung Reibung vermindern, durch Kühlung Wärme abführen, durch Spülung Späne transportieren, die Standzeit der Werkzeuge erhöhen, die Oberflächen der Werkstücke verbessern, das mögliche Zeitspanvolumen erhöhen, die Spankontrolle und Spanführung optimieren, die Prozesssicherheit steigern, die Bearbeitungsstelle reinigen und Korrosion verhindern – eine Fülle von Aufgaben. In den 200.000 metallverarbeitenden Betrieben in Deutschland werden beispielsweise jährlich über eine Million Tonnen Kühlschmierstoffe verbraucht – die Ladung von zwei Supertankern.

Grundhalter Typ 220C mit HORN-Polygonschaft nach ISO 26623 und Kassette mit Innenkühlung.

Grundhalter Typ 220C mit HORN-Polygonschaft nach ISO 26623 und Kassette mit Innenkühlung.

Bei der Anwendung von Kühlschmierstoffen unterscheidet man nach der Art des Kühlschmierstoffs und seiner Applikation.

Einsatz von Öl – häufig bei hoher Oberflächengüte.

Einsatz von Öl – häufig bei hoher Oberflächengüte.

Arten von Kühlschmierstoffen

Nicht wassermischbare Kühlschmierstoffe wie Öle – mit und ohne Zusätze – verwendet man, wenn beste Oberflächen gefordert sind und die Schmierwirkung im Vordergrund steht. Wassermischbare Kühlschmierstoffe wie mineralölhaltige Öl-in-Wasser-Emulsionen oder mineralölfreie seifige Lösungen setzt man ein, wenn vor allem Kühlwirkung gefragt ist.

Bei spanenden Bearbeitungen treten Mischreibungen auf. Kühlschmierstoffe verringern durch ihre Schmierwirkung die Reibung an der Schneide und vermindern damit, kombiniert mit ihrer Kühlwirkung, den Verschleiß der Werkzeugschneiden, die Erwärmung der Werkstücke sowie den Energieverbrauch. Kühlschmierstoffe für hohe und höchste Beanspruchungen enthalten besondere Additive, die bei hohen Schnittdrücken und Temperaturen mit dem Werkstoff reagieren und so verhindern, dass Rauhigkeitsspitzen von Werkzeug und Werkstück verschweißen (Adhäsionsverschleiß, Aufbauschneiden).

Kühlmittel ohne Schmierwirkung sind Umgebungsluft, z. B. bei der Trockenbearbeitung vor allem von Gusswerkstoffen, Druckluft und seit kurzem kryogene Gase wie flüssiger Stickstoff oder flüssig zugeführtes CO² im Schneestrahlverfahren. (siehe auch Bericht aus Seite XX).

Überflutungskühlung im konventionellen Kühlverfahren.

Überflutungskühlung im konventionellen Kühlverfahren.

Varianten der KSS-Applikation

Man unterscheidet die Schwallkühlung oder Überflutungskühlung, die gezielte Strahlkühlung mit unterschiedlichen Druckstufen über externe Düsen, die Minimalmengenschmierung von außen oder als Innenkühlung durch das Werkzeug. Als besonders standzeiterhöhend und produktivitätssteigernd erweisen sich moderne Werkzeugsysteme mit Innenkühlung durch den Halter, den Spannfinger oder durch die Schneidplatte mit Druckstufen bis 80 bar, Hochdruckkühlung über 80 bar und Ultrahochdruckkühlung ab 150 bar.

CBN-Hartdrehen in der Trockenbearbeitung.

CBN-Hartdrehen in der Trockenbearbeitung.

Grundsätzlich gilt:

- Die beste Kühlung nützt nichts, wenn sie nicht an die Schneide kommt.

- Die beste Schmierwirkung zur Verringerung der Reibung wird unmittelbar hinter der Zerspanstelle erreicht.

Kryogene Kühlung. Einsatz von flüssigem Stickstoff auch in der Zerspanung.

Kryogene Kühlung. Einsatz von flüssigem Stickstoff auch in der Zerspanung.

Konventionelle Kühlverfahren

Die Schwallkühlung oder Überflutungskühlung sowie die Kühlung mit gerichteten Kühlmittelstrahlen – ob mit Öl oder Emulsion – ist zur Kühlung und Schmierung sowie zur effektiven Späneentfernung in universellen Anwendungen meist völlig ausreichend, wenn dabei der Kühlschmierstoff ungehindert die Wirkzone an der Schneide genügend umspült.

Klemmhalter mit innerer Kühlmittelzufuhr.

Klemmhalter mit innerer Kühlmittelzufuhr.

Minimalmengenschmierung

Der Einsatz der Minimalmengenschmierung vermeidet die kostentreibenden Faktoren der konventionellen Überflutungskühlung durch Reduzierung der eingesetzten Kühlschmierstoffmengen auf wenige Kubikzentimeter pro Stunde – durch Vermeidung der Kosten für Überwachung und KSS-Pflege – durch Wegfall der Entsorgungskosten für verbrauchte Kühlschmierstoffe – durch Verringerung des Reinigungsaufwandes der bearbeiteten Teile – und durch problemloses Recycling der quasi trockenen Späne.

Die gezielte Zufuhr des Schmierstoffes unmittelbar an die Wirkstelle, entweder als Aerosol von außen oder durch innere Kühlmittelzufuhr, erzeugt eine effektive Schmierwirkung – z. B. auch bei großen Bohrungstiefen.

Kühlung mit Luft

Im Zuge der Kostensenkung bei Zerspanungsprozessen hat sich in vielen Fällen die Trockenbearbeitung etabliert. Die Automobilindustrie hat schon vor Jahren errechnet, dass etwa 14 bis 16 % der Zerspanungskosten auf das Konto der Anwendung, Pflege und Entsorgung der Kühlschmierstoffe zu buchen sind. Moderne Werkzeuge und Beschichtungen ermöglichen heute in vielen Fällen das Trockenbearbeiten nicht nur von Gusswerkstoffen. Druckluft, mit einer gewissen Kühlwirkung durch das Entspannen nach der Düse, wird vor allem beim Bearbeiten von faserverstärkten Kunststoffen, bei Keramik- oder Hartmetallgrünlingen und von Grafit eingesetzt. Ziel ist dabei, die abrasiven Faserstäube sowie den Grafit-, Keramik- und Hartmetallstaub effektiv und schnell aus der direkten Zerspanungszone herauszublasen und dann abzusaugen.

Moderne effiziente Kühlverfahren

Der verstärkte Einsatz von immer mehr hochfesten und zähen Stahlwerkstoffen, sowie die Verbesserung der Kostenstrukturen durch immer effizientere Fertigungsverfahren beeinflussen nicht nur die Entwicklung von dafür geeigneten Werkzeugmaschinen und Werkzeugen, sondern verstärken auch die Kühlschmierverfahren. Innovative Werkzeughersteller wie P. Horn nahmen diese Forderungen des Marktes frühzeitig auf und entwickelten moderne, neue Kühlverfahren: Kühlung mit hohen KSS-Drücken, innengekühlte Werkzeuge und zuletzt die Verwendung von kryogenen Flüssiggasen als Kühlmittel.

Innenkühlung

Werkzeuge mit innerer Kühlmittelzufuhr sind Stand der Technik. Werkzeugmaschinen, Schnittstellen und Werkzeuge sind seit Langem dafür ausgelegt. Nicht nur beim Bohren führt dieses Verfahren zu einer effektiven Kühlung der Schneiden und zum sicheren Entfernen der Späne aus dem Bohrkanal.

Eine seit jeher besonders anspruchsvolle Fertigungstechnologie – jedenfalls was die Werkzeugauslegung und die Kühlschmierung betrifft – ist das Stechen und Abstechen. Zwischen zwei Flanken, von oben gedeckelt durch den abrollenden Span und von unten abgeschirmt durch die Schneidplatte, kann eine wirkungsvolle Kühlung nur aus Richtung Schneidplatte, Spannfinger oder Klemmhalter erfolgen. Die Art der Kühlung richtet sich dabei nach der Zielsetzung. Eine Verringerung des Kolkverschleißes ist schon ab 5 bar möglich – will man die Aufbauschneidenbildung reduzieren, sollten mehr als 20 bar eingesetzt werden. Ab 40 bar ist eine effektive Spanlenkung und Spankontrolle möglich und Ultrahochdruck mit über 150 bar Kühlmitteldruck erzwingt auch bei langspanenden, hochfesten Nickelbasislegierungen den gewünschten Spanbruch.

Varianten gekühlter Werkzeuge zum Stechen

Innenkühlung durch den Klemmhalter seitlich an der Unterstützung der Schneidplatte vorbei bis zur Schneide. Da die Unterstützung der Schneide beim Stechen immer schmaler ist als die gestochene Kontur, kann durch den entstandenen Spalt Kühlschmierstoff bis zur Schneide gelangen. P. Horn bietet zwei Lösungen: mit einseitigen oder beidseitigen KSS-Düsen. Zusätzliche Düsen von unten unterstützen den Kühlschmiereffekt.

Innenkühlung durch den Spannfinger mit KSS-Hochdruck-Strahl direkt auf die Wirkstelle der Schneide. Eine effiziente Kühlung zur definierten Spanbildung und Spanlenkung mit hoher Prozesssicherheit. Der direkt auf die Wirkstelle treffende KSS-Hochdruck-Strahl kühlt die Schneidplatte, verringert die Reibung des abrollenden Spans und reduziert die Bildung von Aufbauschneiden. Als Ergebnis erhöht diese Innenkühlung erheblich die prozesssichere Standzeit der Schneiden sowie die Produktivität durch höhere, mögliche Schnittwerte.

Eine in vielen Fällen noch effizientere Wirkung bringt die Innenkühlung durch die Schneidplatte. Sie erlaubt eine effektive Kühlung direkt an der Wirkstelle. Der KSS-Strahl trifft gezielt in die Schnittzone und verbessert erheblich die Zerspanungsbedingungen. Eine speziell konstruierte Düsenform in der Schneidplatte richtet den Kühlmittelstrahl direkt in die Wirkstelle, unterstützt die Spanformung und verhindert die Gefahr eines Spänestaus. Gleichzeitig kühlt der KSS direkt die durchströmte Schneidplatte, reduziert die Aufbauschneidenbildung und den vorzeitigen Schneidkantenverschleiß. Gegenüber herkömmlichen Kühlungen erhöht diese Entwicklung Standzeiten und Schnittparameter erheblich. Ein Beispiel: Beim Abstechen einer Getriebewelle aus 42CrMoS4 mit bis zu 1.050 N/mm² Zugfestigkeit erhöhte sich die Standmenge sogar um das Sechsfache.

Kryogene Kühlung

Die kryogene Kühlung mit flüssigem Stickstoff war eines der technologischen Highlights der vergangenen EMO. Um kryogene Prozessführung mit flüssigem Stickstoff mit Temperaturen bis -196° C bei der Zerspanung zu verwenden, bedarf es spezieller Zuführsysteme wie Isolierkannen zur Speicherung, vakuumisolierte Schläuche und entsprechend ausgelegte Zuführtechnik innerhalb der Werkzeugmaschine und des Werkzeugsystems. Ein weniger aufwändiges kryogenes Verfahren ist die Schneestrahlkühlung mittels flüssigem CO² mit einer Kühlmitteltemperatur von -78° C.

Konkurrenzlose Vorteile bieten diese Kühlverfahren insbesondere bei der Bearbeitung von Titan- und Nickellegierungen oder Duplexstählen, Werkstoffen, bei denen die hohe thermische Belastung der Schneide zu schnellem und hohem Schneidenverschleiß führt. Kryogene Kühlung ermöglicht bei diesen Werkstoffen eine erhebliche Erhöhung der Schnittparameter und der Standzeiten.

Wie bei der Werkzeugauswahl kommt es auch beim Thema Kühlung immer auf den jeweiligen Anwendungsfall an. Dazu kommen die vorhandenen Möglichkeiten der Maschinen und die Infrastruktur im Unternehmen. Ob und wenn ja, welches Kühlverfahren zum Tragen und welcher Kühlschmierstoff zum Einsatz kommt, klärt oft der Dialog zwischen dem Kunden und dem Außendienst.

Der Artikel entstand mit freundlicher Genehmigung der Paul Horn GmbH: www.phorn.de

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