Unterwegs zur umfassenden Digitalisierung

Weltweit gilt Engel als ein führender Anbieter von Kunststoffmaschinen und weltweit findet auch deren Produktion statt, mit großer Fertigungstiefe in neun Werken. Einschließlich des jüngsten Werks im chinesischen Changzhou sind diese komplett mittels MES-Vernetzung verbunden, mit Daten- und Programmverwaltung in einer Inhouse-Cloud. Immer größere Teile von Produkt und Produktion liegen in Form digitaler Zwillinge für die Simulation sämtlicher Produktionsprozesse vor. Mit einem fahrerlosen Transportsystem schließt Engel die Prozesslücke Intralogistik. Und doch scheint die Digitalisierung der Fertigung gerade erst begonnen zu haben. Von Ing. Peter Kemptner / x-technik

Seit 2019 bringen die Fahrzeuge eines fahrerlosen Transportsystems Rohlinge, Werkzeuge und Messmittel zu den Bearbeitungszentren. Das System soll Schritt für Schritt erweitert werden, langfristig ließen sich sämtliche Fertigungsprozesse durch Umstellung des gesamten innerbetrieblichen Warentransportes zu einer lückenlos digitalisierten Kette verbinden.
Foto: DS Automation, Nik Fleischmann

Seit 2019 bringen die Fahrzeuge eines fahrerlosen Transportsystems Rohlinge, Werkzeuge und Messmittel zu den Bearbeitungszentren. Das System soll Schritt für Schritt erweitert werden, langfristig ließen sich sämtliche Fertigungsprozesse durch Umstellung des gesamten innerbetrieblichen Warentransportes zu einer lückenlos digitalisierten Kette verbinden. Foto: DS Automation, Nik Fleischmann

Franz Froschauer
Geschäftsbereichsleiter Produktion Klein- und Mittelmaschinen, Engel Austria GmbH

„Die Integration der einzelnen Teilsysteme zu sinnbringenden Gesamtlösungen erfordert teilweise noch erheblichen Aufwand, bevor wir davon profitieren werden.“

Als eines der führenden Unternehmen im Spritzgießmaschinenbau bietet die Engel Austria GmbH ihren Kunden aus einer Hand Spritzgießkomplettlösungen, bestehend aus Spritzgießmaschine, Verarbeitungstechnologie, Prozessunterstützung, Werkzeugprojektierung, Automatisierung, Service und Training. Mit rund 6.700 Mitarbeitern entwickelt und produziert Engel diese mit hoher Fertigungstiefe an neun Produktionsstandorten in Europa, Nordamerika und Asien. Zu diesen zählt auch das Produktionswerk für die Zweitmarke WINTEC in Changzhou (China).

Engel nutzt digitale Zwillinge von Werkstück, Werkzeug, Spannmittel und Maschine für die Simulation sämtlicher Bearbeitungsschritte und nutzt für die Daten- und Programmverwaltung eine hausintern gehostete Cloud-Lösung.

Engel nutzt digitale Zwillinge von Werkstück, Werkzeug, Spannmittel und Maschine für die Simulation sämtlicher Bearbeitungsschritte und nutzt für die Daten- und Programmverwaltung eine hausintern gehostete Cloud-Lösung.

Effizienz mit Flexibilität

Die außerordentlich hohe Effizienz und Flexibilität der Fertigung trägt wesentlich zur führenden Marktposition von Engel bei. Sie beruht unter anderem auf einer vollständigen Vernetzung der Bearbeitungszentren und der Zusammenfassung der Daten in einem zentralen MES-System. „Diese datentechnische Integration erstreckt sich über sämtliche Werke, auch die Bearbeitungszentren in Changzhou sind im System“, erläutert Franz Froschauer, Geschäftsbereichsleiter Produktion Klein- und Mittelmaschinen bei Engel. „Zusätzlich zum MES sind auch das Werkzeug- und Betriebsmittelmanagement Teil dieser übergreifenden Fertigungsintegration.“

Für die Verwaltung der Werkstück-, Maschinen-, Werkzeug-, Vorrichtungs- und Programmdaten nutzt Engel eine hausintern gehostete Cloud-Lösung, auf die jedes der Schwesterwerke gleichberechtigt zugreifen kann.

Um den Aufwand für die Digitalisierung der weltweit verteilten Fertigung zu begrenzen, achtet Engel bei Investitionen in den Maschinenpark auf eine weitgehend einheitliche Steuerungstechnologie. Um der Fertigung zusätzliche Flexibilität zu verleihen, sind in bestimmten Bereichen mehrere Bearbeitungsmaschinen mit einem gemeinsamen Leitrechner zu Flexible Manufacturing Systems (FMS) zusammengefasst.

Mit hoher Fertigungstiefe produziert Engel in neun Werken, auch in China, als einer der weltweit führenden Hersteller Spritzgießmaschinen.

Mit hoher Fertigungstiefe produziert Engel in neun Werken, auch in China, als einer der weltweit führenden Hersteller Spritzgießmaschinen.

Werkstückdigitalisierung weitergedacht

Bereits seit geraumer Zeit führt Engel auf Basis der Werkstückdaten und der 3D-Modelle von Maschinen und Werkzeugen im CAM-System eine Simulation aller Bearbeitungsprozesse an allen Werkstücken durch. So kann der Kunststoffmaschinenhersteller nicht nur die Prozesse optimieren, sondern durch Berücksichtigung der Postprozessor-Zeiten auch die Kalkulation auf sicherere Beine stellen.

Das ist jedoch bei Engel noch nicht das Ende der Aktivitäten zur Werkstückdigitalisierung. „Es gibt aktuell Projekte mit Universitäten, wo wir gemeinsam daran arbeiten, erhebliche weitere Verbesserungen bei Effizienz und Sicherheit der Fertigungsprozesse zu erreichen.“ erläutert Franz Froschauer.

Intralogistik wird integriert

„Um uns vor kurz greifenden Schnellschüssen zu bewahren, haben wir auch im eigenen Haus Studien angestellt, welche Aspekte von Industrie 4.0 wir nutzbringend umsetzen können“, berichtet Franz Froschauer. „Auf dieser Grundlage haben wir 2019 begonnen, ein fahrerloses Transportsystem einzuführen.“ Zunächst erfolgte die Installation einer Testanlage, bei der ein fahrerloses Kleinlasten-Fahrzeug hauptsächlich Werkzeuge und Messmittel zu den Bearbeitungszentren bringt. Im zweiten Schritt bringen fahrerlose Transportfahrzeuge die Rohlinge von den Sägen zu den Dreh-/Fräsbearbeitungszentren.

„Wir planen, das System Schritt für Schritt zu erweitern“, erläutert Franz Froschauer. „Zunächst ist angedacht, die gefertigten Teile zur Weiterverarbeitung zu verbringen. Langfristig können wir uns eine Umstellung des gesamten innerbetrieblichen Warentransportes im Bereich der mechanischen Fertigung auf fahrerlose Systeme vorstellen.“ So lassen sich sämtliche Fertigungsprozesse einschließlich der Intralogistik zu einer lückenlosen digitalen Kette verbinden.

Übergreifende Digitalisierung

Zu dieser Kette gehören auch nicht-spanabhebende Bearbeitungen wie Werkstückvermessung, Teilereinigung, Lackierung oder Montage. So denken die Experten bei Engel z. B. auch daran, in der Fließmontage von schienengebundenen Transportsystemen auf autonom fahrende umzustellen. Dies würde die Flexibilität der Fertigungsprozesse noch weiter steigern.

„Generell ist aus der Digitalisierung nur ein Gewinn zu lukrieren, wenn man diese übergreifend durchführt“, ist Franz Froschauer überzeugt. „Allerdings stoßen wir genau dabei noch auf erhebliche Hürden, denn die Integration der einzelnen Teilsysteme zu sinnbringenden Gesamtlösungen ist teilweise noch mit erheblichem Aufwand verbunden.“ So hat Engel zwar bereits ein hohes Maß an Digitalisierung seiner Fertigung erreicht, dennoch bleibt weiterhin noch sehr viel zu tun.

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