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Wedco Tool Competence Wedco Thomas Fietz Corona: Das Schlimmste ist überstanden

Die Hoffnung auf ein V-Szenario, bei dem auf einen starken Wirtschaftseinbruch eine rasche Erholung folgt, hat sich leider nicht erfüllt. Ganz im Gegenteil: Laut WIFO-Konjunkturtest erwarten 65 % der Unternehmen in den nächsten sechs Monaten eine deutlich schlechtere Geschäftslage. Aber es gibt auch gute Nachrichten: Im Maschinenbau dürfte die schlimmste Talsohle bereits durchschritten sein, wie Thomas Fietz, CEO bei Wedco, im nachfolgenden Interview bestätigt.

„Viele meinen, dass die Krise ein Umdenken bei der Sourcing-Strategie mit sich bringen wird, da manche Unternehmen stark von chinesischen Zulieferern abhängig sind. Letzten Endes verursachten aber auch die Lockdowns in weiten Teilen Europas Lieferengpässe.“
Thomas Fietz, CEO bei Wedco

„Viele meinen, dass die Krise ein Umdenken bei der Sourcing-Strategie mit sich bringen wird, da manche Unternehmen stark von chinesischen Zulieferern abhängig sind. Letzten Endes verursachten aber auch die Lockdowns in weiten Teilen Europas Lieferengpässe.“ Thomas Fietz, CEO bei Wedco

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise nach nun rund sechs Monaten für Ihr Unternehmen?

Wir sind der Corona-Krise geschuldet seit Anfang April 2020 in Kurzarbeit. Im Vergleich zum Vorjahr mussten wir in den Monaten April bis Juli Umsatzeinbußen von rund 20 % hinnehmen.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen erwarten Sie aufgrund der aktuellen Entwicklungen für das laufende Geschäftsjahr?

Unser Geschäftsjahr läuft von Juni bis Mai. Das bedeutet: Die Corona-Krise hat uns in den letzten beiden Monaten des vorigen Geschäftsjahrs getroffen und das neue hat inmitten der Krise begonnen. Die Auswirkungen auf das aktuelle Geschäftsjahr sind momentan noch schwer abzuschätzen. Die vorsichtige Prognose liegt bei einem Minus von 10 bis 15 %, denn wir hoffen, das Schlimmste bereits durchtaucht zu haben.

Inwiefern könnte die Corona-Krise Ihr Unternehmen nachhaltig verändern? Z. B. Umdenken bei der Ausgestaltung der Lieferketten, Lagerhaltung, Homeoffice, weniger Reisetätigkeit, mehr Remote-Aktivitäten etc.

Die Corona-Krise hat uns dazu veranlasst, in vielen Bereichen umzudenken. Dies hat vor allem auch die organisatorischen Prozesse betroffen, wo aus der Not eine Tugend gemacht wurde: Meetings wurden via Videokonferenz abgehalten und es wurde vermehrt aus dem Homeoffice gearbeitet. Die Kommunikation und Präsentationen mittels Videoübertragung werden wir auf alle Fälle auch nach der Krise forcieren, da hierbei die Vorteile hinsichtlich Reisekosteneinsparung und Flexibilität auf der Hand liegen. Was eine nachhaltige Umsetzung vom Homeoffice betrifft, bin ich noch etwas zurückhaltend, da wir in unserer Dienstleitung an Flexibilität und Geschwindigkeit zum Kunden verlieren würden, was aber unseren Wettbewerbsvorteil darstellt.

Durch den Ausfall von Messen haben wir unsere Präsenz im Social Media-Bereich verstärkt, was wir auch nach der Pandemie weiterführen möchten. In der Lieferkette hatten wir keine spürbaren Einflüsse, da wir bei den wesentlichen Vormaterialien über Lieferanten-Kontrakte und Konsignationslager abgesichert sind.

Viele meinen, dass die Krise speziell in Europa ein Umdenken der Sourcing-Strategie mit sich bringen wird, da Unternehmen (insbesondere in der Automobilbranche) stark von chinesischen Zulieferern abhängig sind, wo die Pandemie ihren Lauf begonnen hat. Letzten Endes gab es dann aber auch in weiten Teilen Europas Lockdowns, die ebenso Lieferengpässe bei europäischen Lieferanten verursacht haben. Ich bin der Überzeugung, dass es unabhängig von jeglichen Pandemien grundsätzlich sinnvoll wäre, überwiegend lokal zu sourcen, um die europäische Wirtschaftskraft zu stärken.

Ist die wirtschaftliche Talsohle bereits durchschritten?

Dies wird mit Sicherheit branchenabhängig sein. Ich denke, dass wir im Bereich Maschinenbau das Schlimmste bereits hinter uns haben. Wir als Wedco hatten im Mai den größten Einbruch mit rund 50 % Umsatzverlust im Vergleich zum Vorjahres-Mai. Die Monate Juni und Juli waren überraschend gut mit 20 % hinter demselben Vorjahreszeitraum. Der August wird noch spannend, da viele unserer Kunden diesen Haupturlaubsmonat noch mit Betriebsschließungen überbrücken (Anm. der Red.: Redaktionsschluss war vor dem Monatsende, deshalb lagen noch keine August-Zahlen vor). Für den September erwarte ich wieder einen leichten Aufschwung, der sich dann hoffentlich durch das letzte Quartal stabil hält.

Was würden Sie bei einer zweiten Welle bzw. einem zweiten Lockdown machen?

Dasselbe wie bei der ersten Welle respektive beim ersten Lockdown. Wir hatten beim ersten Lockdown keine Betriebsschließung und das würde ich auch bei einem zweiten Lockdown vermeiden wollen, um unsere Kunden beliefern zu können.

Welche politischen bzw. wirtschaftlichen Maßnahmen erwarten Sie, um die industrielle Produktion wieder auf ein zufriedenstellendes Niveau zu bekommen?

Die AWS Investitionsprämie für Unternehmen finde ich grundsätzlich gut, ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich denke, dass es wichtig wäre, eine Unterstützung bei den wirklich wirtschaftstreibenden Branchen zu entwickeln, wie beispielsweise die Automobilindustrie eine darstellt. In der Wirtschaftskrise 2008/2009 gab es die „Abwrackprämie“, die uns damals vor Schlimmerem bewahrte. Ich könnte mir wieder eine ähnliche Prämie vorstellen, die aber alle Antriebsarten (Benzin, Diesel, E-Antrieb) unterstützt. Denn nur die Elektroantriebe zu unterstützen wäre nicht zielführend, da diese weltweit nicht einmal ein Prozent Marktanteil darstellen.

Inwiefern wird diese Krise die Wirtschaft nachhaltig verändern?

Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Wirtschaft nachhaltig verändert. Denn die Wirtschaft wird durch den Menschen beeinflusst und gesteuert und der Mensch ist, wenn es um Geld und Macht geht, gierig und daher nicht belehrbar. Auf alle Fälle findet, wie bei jeder Krise, eine gewisse Marktbereinigung statt. Ich persönlich finde das gut, denn die Firmen, die dies betrifft, haben mit geringsten Margen am Markt urgiert und dabei die Preise kaputt gemacht.

Wann denken Sie, ist das „Vor-Krisen-Niveau“ wieder erreicht?

Das hängt ebenfalls von der jeweiligen Branche ab: In der Flugzeugindustrie wahrscheinlich in drei bis vier Jahren und im Maschinenbau Ende 2021. Die Automobilindustrie ist schwieriger zu bewerten, denn bereits vor der Pandemie gab es im Herbst 2019 eine Automobilkrise, hervorgerufen u. a. durch den Dieselskandal und Umweltaktivisten.

Welche Krise erleb(t)en Sie als herausfordernder – die Finanzkrise 2008/2009 oder die „Corona-Krise“? Warum?

Diese Frage ist schwierig zu beantworten, da die Corona-Krise noch nicht vorbei ist. Ich denke aber die Corona-Krise, da uns zusätzlich zur Wirtschaftskrise ein Virus beschäftigt, der uns in vielen Dingen hemmt.

Wer sind Ihrer Meinung nach die größten Krisengewinner bzw. Krisenverlierer?

Krisengewinner ist unter anderem die Pharmaindustrie. Hier werden derzeit Milliarden in die Forschung und Entwicklung eines Impfstoffs gepumpt. Auf der Gewinnerseite stehen auch Firmen, die Hygieneartikel, Schutzausrüstungen, Masken etc. anbieten, Tech-Giganten sowie im IT-Bereich tätige Unternehmen. Nicht zu vergessen ist der durch die Pandemie stark wachsende Onlinehandel, wovon u. a. Amazon massiv profitiert. Gewinner sind aber auch all jene Branchen, die mit dem Eigenheim zu tun haben, wie die Möbelindustrie, Baumärkte etc. da in den letzten Monaten viel Zeit zu Hause verbracht wurde.

Zu den Verlierern zählen definitiv die Gastronomie, Künstler und die gesamte Veranstaltungs- und Tourismusbranche – also alles, wo viele Menschen zusammenkommen.

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