Zerspanungstechnik – ein Lehrberuf im Wandel
Technisches Verständnis und handwerkliche Geschicklichkeit gehören zu den wesentlichen Anforderungen an den Lehrberuf des Zerspanungstechnikers. Rasante technologische Entwicklungen und veränderte Formen der Unternehmensorganisation verlangen heute jedoch mehr: Flexibilität, Teamfähigkeit und Offenheit für Neues sind nur einige Beispiele. Das Familienunternehmen W&H Dentalwerk Bürmoos nördlich von Salzburg setzt seit vielen Jahren höchste Anforderungen an die Ausbildung seiner jungen Mitarbeiter. Lehrlingsausbildner Matthias Hufnagl ist davon überzeugt, dass die Zukunft in modernsten CNC-Technologien liegt, die erweiterte EDV-Kenntnisse voraussetzen. Ziel des W&H Ausbildungsprogramms ist es, die Lehrlinge bestens auf die Anforderungen des heutigen Arbeitsmarktes vorzubereiten.
Im ersten Lehrjahr stehen manuelle Grundkenntnisse in der Zerspanungstechnik am Ausbildungsplan. Neben den Tätigkeiten wie Feilen, Bohren, Reiben, Gewindeschneiden und Schleifen steht auch das Thema der Werkzeugkunde im Fokus.
Infos zum Unternehmen
Das Familienunternehmen W&H Dentalwerk mit Sitz in Bürmoos bei Salzburg ist Österreichs einziger Hersteller von dentalen Präzisionsinstrumenten und –geräten und zählt zu den führenden Dentalunternehmen weltweit. Mit rund 1.000 Mitarbeitern weltweit (davon 625 am Stammwerk Bürmoos) exportiert W&H seine Produkte in über 110 Länder. Das Familienunternehmen betreibt zwei Produktionsstätten in Bürmoos, eine in Brusaporto (Italien) sowie 19 Tochterunternehmen in Europa, Asien und Nordamerika.
Wer eine Lehre bei W&H beginnt, entscheidet sich für eine solide berufliche Grundlage. Neben manuellen Fertigkeiten gehört die Komplettbearbeitung von Bauteilen mit modernsten CNC-Maschinen zum 3 1/2-jährigen Ausbildungsschwerpunkt. Bereits im ersten Lehrjahr fertigen die Zerspanungstechniker Teile, die in der Produktion eingesetzt werden.
W&H Lehrlingsausbildner Matthias Hufnagl (re.) legt sehr viel Wert auf Präzision und Genauigkeit. Im Bild: Unterstützung eines Lehrlings bei der Vorbereitung eines Werkstückes für den Werkzeugbau.
Matthias Hufnagl
W&H Lehrlingsausbildner.
„Am besten ist es, wenn Lehrlinge die mechanische und die EDV-Seite problemlos verbinden können – das ist unser Ausbildungsziel.“
Ausbildungsplan folgt veränderten technologischen Anforderungen
Um den Anforderungen von modernen Industriebetrieben an bestens ausgebildete Fachkräfte gerecht zu werden, legt W&H sehr viel Wert auf die Vermittlung neuester technologischer Kenntnisse auf dem Gebiet der CNC-Technologie. „Während sich die mechanischen Grundkenntnisse über die Jahre kaum verändert haben, war eine rasante Entwicklung im Bereich der CNC-Technik, der verwendeten Werkzeuge sowie Materialien zu beobachten“, so Matthias Hufnagl. „Fertigungsprozesse, die vor einigen Jahren noch auf kurvengesteuerten Drehmaschinen bewerkstelligt wurden, werden heute auf modernsten CNC-Maschinen ausgeführt. Diese veränderten technologischen Anforderungen müssen natürlich auch in unserem Ausbildungsplan entsprechend berücksichtigt werden.“
Neben der Bereitstellung modernster Bearbeitungsmaschinen für Ausbildungszwecke und der Vermittlung umfassender CNC-Programmierkenntnisse legt der Salzburger Leitbetrieb verstärktes Augenmerk auf praxisnahes Lernen in der Fertigung. Dabei werden die Lehrlinge vorwiegend an Maschinensystemen namhafter Maschinenhersteller ausgebildet.
Derzeit ist ein steigendes Interesse am Lehrberuf des Zerspanungstechnikers auch bei Mädchen spürbar. Aktuell bildet W&H vier weibliche Lehrlinge in diesem Beruf aus.
Eine fundierte CNC-Grundausbildung im Fokus
Jährlich werden bei W&H ca. 8 bis 10 Lehrstellen im Bereich Zerspanungstechnik vergeben. Auffallend positiv: der Lehrberuf findet insbesondere auch bei Mädchen immer mehr Interesse. Aktuell werden bei W&H vier weibliche Lehrlinge im Beruf Zerspanungstechnik ausgebildet. „Bei den Bewerbern legen wir sehr viel Wert auf technisches und mathematisches Verständnis sowie räumliches Vorstellungsvermögen. Da wir uns bei der Herstellung zahnmedizinischer Instrumente im µ-Bereich bewegen, ist zudem ein hohes Maß an Geschicklichkeit, Feinmotorik und Genauigkeit gefordert.“
Die ersten zwei Lehrjahre verbringen die jungen Mitarbeiter in der W&H Lehrwerkstätte. Im ersten Jahr stehen vor allem manuelle Tätigkeiten wie Feilen, Bohren, Reiben, Gewindeschneiden, Schleifen sowie das Thema Werkzeugkunde im Vordergrund. „Für uns ist es wichtig, dass die Lehrlinge schon sehr früh Teile fertigen, die wir im Unternehmen tatsächlich einsetzen. Der Anteil an reinen Übungsstücken ist bei uns mittlerweile sehr gering“, erklärt der Lehrlingsausbildner.
Neben der Herstellung eines Luftmotors, der bereits erste wichtige Arbeitsschritte wie z. B. die Fertigung eines Kolbens, einer Pleuelstange oder eines Schwungrades beinhaltet, zählt beispielsweise die Ausarbeitung eines Prismen-Schraubstocks für Mess- und Feilarbeiten an kleinen Bauteilen zu den Aufgaben. Damit werden wichtige Grundlagen im Umgang mit den für W&H entscheidenden Werkstoffen wie Edelstahl, Messing, Aluminium, aber auch Kunststoffen vermittelt.
Nach den manuellen Grundkenntnissen folgt die CNC-Grundschulung. „Pro Lehrling stellen wir eine CNC-Maschine für CNC-Dreh- und Fräsarbeiten zur Verfügung. Jeder Lehrling erarbeitet dabei in einem halbjährlichen Turnus ca. 50 Programme selbständig“, so Matthias Hufnagl. Auch die CNC-Grundausbildung wird in der Lehrwerkstätte absolviert. Im Fokus steht dabei die Fertigung von Montagewerkzeugen, die in den W&H Servicestellen zum Einsatz kommen.
Umfassende Programmierkenntnisse gewinnen im Lehrberuf des Zerspanungstechnikers immer mehr an Bedeutung.
Projektarbeit unterstützt gezieltes Lernen
Nach Ende des 2. Lehrjahres geht es für die jungen Mitarbeiter in die moderne W&H Fertigung. Eine Besonderheit ist, dass sie dabei von so genannten Lehrlingspaten unterstützt werden. Dabei handelt es sich um erfahrene Mitarbeiter, die mit Rat und Tat zur Seite stehen und Verantwortung für die Vermittlung vorgegebener Lehrinhalte tragen.
Neben dem Kennenlernen der Maschinensysteme international anerkannter Marken stellt die Projektarbeit einen weiteren Schwerpunkt dar. So stehen bei W&H eigene Projektmaschinen bereit, die ausschließlich für die Fertigung von Prototypen und Nullserien verwendet werden. „Im Zuge der Projektarbeit ist der Lerneffekt für unsere Lehrlinge besonders hoch. Selbständiges Denken und Handeln sowie das Arbeiten im Team werden hier sehr stark gefördert“, erklärt Matthias Hufnagl. Um möglichst viele Maschinensysteme kennenzulernen, werden die Lehrlinge in einem Halbjahres-Rhythmus einem neuen Paten sowie einer anderen Maschine zugeteilt. „Damit stellen wir sicher, dass sie von einer möglichst breiten Fächerung an Maschinensystemen profitieren und somit für die vielfältigen Anforderungen des Arbeitsmarktes gerüstet sind“, so Hufnagl weiter.
Im Zuge ihrer 3,5-jährigen Ausbildung werden die Lehrlinge auch im Umgang mit dem Werkstoff Kunststoff geschult.
Auszeichnungen belegen außerordentliches Ausbildungsniveau
Die außerordentlich hohe Qualität der Lehrlingsausbildung im Bereich Zerspanungstechnik zeigt sich vor allem in zahlreichen Auszeichnungen bei Staats- oder Landeswettbewerben. Während bereits bei den letzten Staatsmeisterschaften die Plätze 2 und 3 im Bereich „CNC-Drehen“ an W&H Lehrlinge vergeben wurden, konnten diese bei den diesjährigen Landesmeisterschaften sogar alle drei vordersten Ränge für sich entscheiden. Auch die hohe Anzahl an Auszeichnungen bei Lehrabschlussprüfungen ist für Matthias Hufnagl, der seit rund 10 Jahren selbst als Prüfungsvorsitzender am WIFI in Salzburg tätig ist, ein deutlicher Beleg für den hohen Ausbildungsstandard im Unternehmen.
Von der Feinmechanik bis hin zum Maschinen- und Anlagenbau zählen W&H Lehrlinge bei renommierten Industriebetrieben in der Region zu gefragten Fachkräften. „Nach erfolgreicher Ausbildung arbeiten unsere jungen Fachkräfte u. a. im allgemeinen Maschinen- und Formenbau, in der Lohnfertigung für CNC-Drehen/Fräsen sowie im Anlagenbau“, erklärt der W&H Lehrlingsausbildner stolz.
Flexibilität – das A und O
Angesichts des rasanten technologischen Wandels wird von den jungen Zerspanungstechnikern heute ein Höchstmaß an Flexibilität gefordert. „Die jungen Leute müssen heute neuesten Technologien gegenüber aufgeschlossen sein. Sie sind gefordert, sich neue Maschinensysteme rasch anzueignen und diese erfolgreich anzuwenden“, so Matthias Hufnagl. Des Weiteren betont er, dass die Programmier-Kenntnisse im CNC-Bereich im Vergleich zur mechanischen Arbeit immer wichtiger werden. Hier komme es zu einer klaren Verschiebung des Verhältnisses. „Dennoch wäre der Bezug zum Werkstoff sehr wichtig, dies sollte in der Ausbildung in Zukunft nicht vernachlässigt werden. Am besten ist es natürlich, wenn die Lehrlinge die mechanische Seite und die EDV-Seite problemlos verbinden können – das wäre das eigentliche Ausbildungsziel“, fasst Matthias Hufnagl abschließend zusammen.
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