anwenderreportage
Der erste Schuss muss sitzen
Betritt man die Räumlichkeiten der Giebeler GmbH, fällt der Blick zunächst auf die beeindruckenden Exponate. Stolz präsentiert das Unternehmen hier sein Leistungsspektrum – Leuchten- und Spiegelbaugruppen, Bedienblenden, Sitzkomponenten, Türgriffe und andere Baugruppen für nahezu alle namhaften Automobilhersteller. Die Exponate beweisen: Bei Giebeler ist man in der Lage, beste Qualität zu liefern – unter anderem mit Unterstützung durch die Softwarelösung CimatronE.
5-Achsen-Bearbeitung einer Grafit-Elektrode zur Herstellung einer Druckgussform für den Spiegelfuß eines PKW-Außenrückspiegels. Früher wurden für Teile wie dieses acht Einzelelektroden hergestellt.
Der Wandel im Werkzeug und Formenbau
Vortrag von Herrn Dipl.-Ing. Kristian Arntz vom IPT Fraunhofer, Aachen auf dem Cimatron Anwendertreffen 2013 in Fulda zum Thema Wandel im Werkzeug und Formenbau. (Anm.: 30 min. Vortrag in Wort unterstützt mit Folien.)
Voraussetzung für einen perfekten Kunststoffartikel zu marktgerechten Preisen ist nicht zuletzt, in kürzester Zeit eine leistungsfähige Spritzgießform bereitstellen zu können und dabei in der Lage zu sein, bis zum Produktionsstart flexibel auf alle Änderungswünsche des Kunden zu reagieren. Marco Wolff, Werkzeugbauleiter bei Giebeler, beschreibt die alltägliche Anforderung an seine Abteilung wie folgt: „Der erste Schuss muss sitzen. Wir müssen täglich neue Aufgaben lösen und haben dafür nur einen Versuch. Das funktioniert nur, wenn alle Komponenten aufeinander abgestimmt sind.“
Um dem gerecht zu werden, scannt man bei Giebeler die internen Abläufe und die im Hause eingesetzten Lösungen in kontinuierlichen Abständen hinsichtlich Schwachstellen und Potenzialen, um dem wachsenden, internationalen Wettbewerb gewachsen zu sein. Auch in wirtschaftlich anspruchsvollen Jahren blickt man stets nach vorn und hinterfragt selbstkritisch die eigenen Unternehmensprozesse.
Marco Wolff (re.) erläutert Uwe Walter von Cimatron, für welche Teile der Spiegelbaugruppe seine Abteilung die Spritzgießformen gefertigt hat und worin die besonderen Anforderungen bestanden.
Infos zum Anwender
Zum Leistungsprofil der Giebeler GmbH – Präzisions-Formenbau und Kunststofftechnik – gehören Projektierung, Konstruktion und Herstellung von Präzisionsformen. Im Geschäftsbereich Kunststofftechnik entwickelt man außerdem Prototypen und Serien-Spritzgussteile mit Mehrkomponententechnik.
www.giebeler.eu
Prozessoptimierung statt Maschinenkauf
Vor einigen Jahren kam der gesamte Formenbauprozess auf den Prüfstand, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die Optimierungspotentiale suchte man dabei nicht in der Modernisierung und Erweiterung des Maschinenparks, sondern eher in der Neugestaltung der Prozesse. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden selbst langjährig erfolgreich eingesetzte Softwareprodukte wie die CimatronE-Elektrodenlösung erneut getestet, indem man sie im Rahmen von Benchmarks Alternativlösungen gegenüberstellte. „In der Regel läuft das so ab, dass erfahrene Mitarbeiter eine Aufgabenstellung mit dem bei Giebeler eingesetzten Tool erledigen, während ein Spezialist des Anbieters der Alternativlösung sich der gleichen Aufgabe stellen muss“, erklärt Marco Wolff.
Im Falle der Elektrodenerstellung konnte das vorhandene System CimatronE erneut überzeugen. Das 5-achsige Fräsen einer hochkomplexen Grafit-Elektrode bewältigte Cimatron in nur neun Stunden fehlerfrei, während der Wettbewerber nach 13 Stunden das Bauteil zu Bruch fuhr. Bei Giebeler vertraut man daher auf die Maschinensimulation von CimatronE, bei der auch die Spannmittel berücksichtigt werden, um solche Situationen wie beim Benchmark zu vermeiden – das ist Grundvoraussetzung für eine mannlose Fertigung.
Schnitt durch die Auswerferseite einer Spritzgießform für einen Reflektor, die Giebeler produziert hat. Die Möglichkeit mit CimatronE automatisch alle Auswerferbohrungen auf Knopfdruck schließen zu können, verkürzt die NC-Programmierung der entsprechenden Teile drastisch.
Erfolgsfaktor Durchgängigkeit
Ging das Rennen in diesem Fall für den bestehenden Anbieter aus, so verhielt es sich bei der langjährig etablierten CAD-Lösung für die Formkonstruktion anders herum. Bei der Schwachstellenanalyse machte man seitens Giebeler zunächst die fehlende Durchgängigkeit zwischen der Konstruktion auf der einen Seite und der Fertigung auf der anderen Seite als Optimierungspotential aus. „Dadurch kam Cimatron ins Spiel“, erläutert Wolff „und dort hatte man uns schon oft ans Herz gelegt, CimatronE einmal in unserer Werkzeugkonstruktion zu testen.“
Da man mit CimatronE bereits seit vielen Jahren gute Erfahrungen im CAM-Umfeld gemacht hatte und in Verbindung mit dem MoldDesign-Einsatz eine echte CAD/CAM-Durchgängigkeit zu realisieren war, entschied man sich auch hier für die Durchführung eines Benchmarks. Sollten sich dabei deutliche Vorteile für Cimatron abzeichnen, würde man im Rahmen einer 3-monatigen Testphase das MoldDesign im Haus noch einmal auf Herz und Nieren prüfen. Der Benchmark brachte ein eindeutiges Ergebnis: Mit CimatronE wurde die gesamte Werkzeugkonstruktion in der Hälfte der Zeit erledigt.
Um solche Teile zu produzieren, ist sehr viel Know How erforderlich. Der Giebeler Präzisions-Formenbau gehört zu den Wenigen weltweit, die in der Lage sind, Spritzgießformen für solche Reflektoren zu fertigen.
Erfolgsfaktor Mensch
Dem Werkzeugbauleiter bei Giebeler ist es wichtig, dass alle neuen CimatronE-Anwender aus dem eigenen Betrieb kommen und so mit der eigenen Fertigungstechnologie vertraut sind. In der Regel sind die neuen CAD/CAM-Mitarbeiter praxiserfahrene Maschinenbediener. So ist jeder in der Lage, fertigungsoptimiert zu konstruieren und zu programmieren. Die Fachleute wissen zum Beispiel, wie man den Erodieraufwand durch konstruktive Kniffe reduzieren kann. Das macht am Ende einen enormen Produktivitätsvorteil aus. „Weil uns dieses Projekt so wichtig war, haben wir sofort nach dem Benchmark einen unserer langjährigen Cimatron-Anwender mit dem Test betraut. Damit war es möglich, den Schulungsaufwand auf einen 2-tägigen Inhouse-Workshop zu reduzieren“, erinnert sich Wolff.
Cimatron schickte zu diesem Workshop den gleichen Spezialisten wie schon beim Benchmark. Dieser konnte neben der Durchführung der Individualschulung auch zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten aufzeigen. Nebenbei erwähnt: Der Workshop hatte nicht nur Einfluss auf die Entscheidung für die neue CAD-Lösung – auch auf den noch im Einsatz befindlichen Altsystemen wird nun optimiert nach der Empfehlung des Cimatron-Spezialisten gearbeitet.
Durch die praxisnahe und individuelle Gestaltung der Vor-Ort-Schulung, konnte man anschließend auf einem sehr hohen Niveau in den Test einsteigen. Die leichte Erlernbarkeit und die einfache Bedienung taten ihr Übriges, um mit dem neuen CAD-System schnell zu vorzeigbaren Ergebnissen zu kommen.
Erfolgsfaktor Software
In der eigentlichen Testphase zeigten sich dann die inneren Stärken der MoldDesign-Lösung. Vor allem die Möglichkeit mit offenen Volumen zu arbeiten, begeisterte die Anwender sofort. Da man bei Giebeler in der Regel die Artikelkonstruktionen vom Kunden erhält, hat man wenig Einfluss auf die Datenqualität der eingehenden Modelle. So war man bis dahin gezwungen, lückenhafte Modelle aufwendig zu reparieren. Dank CimatronE ist das nun nicht mehr nötig. Die Durchgängigkeit zum Elektrodenprozess und in die NC-Programmierung brachte den erwarteten Vorteil, vor allem bei der Einarbeitung von Änderungen, die seitens der Kunden auch nach Projektbeginn noch regelmäßig vorgegeben werden.
Alles in allem ist bei Giebeler bereits kurz nach der Einführung der durchgängigen CAD/CAM-Lösung ein deutlicher Zuwachs an Flexibilität und Produktivität erkennbar.
CAM-Lösung zeigt neue Wege auf
„Wir können heute komplexe Werkzeuge bauen, für die wir früher mehr Zeit gebraucht hätten. Das liegt natürlich nicht an Cimatron alleine – aber unseren wachsenden Anforderungen konnte Cimatron stets gerecht werden“, erläutert Marco Wolff. Dass aber auch die Softwarelösung ihrerseits Einfluss auf die Prozesse bei Giebeler nimmt, zeigt das Tieflochbohren. Hier hat man diesen Bearbeitungsschritt jahrelang von Dienstleistern machen lassen und den Flexibilitäts- und Zeitverlust durch die Auslagerung billigend in Kauf genommen. „Als wir uns die Cimatron-Lösung für das Tieflochbohren angeschaut haben, sind wir auf die Idee gekommen, diesen Prozessschritt einmal genauer zu untersuchen. Die Möglichkeiten, die uns Cimatron hier bot, machten uns klar, dass wir diese Fertigungstechnik im eigenen Hause beherrschen und wirtschaftlich sinnvoll einsetzen können“, zeigt sich Dazu Marco Wolff erfreut. Kurzerhand wurde eine Tieflochbohrmaschine angeschafft. Inzwischen läuft die Maschine im 2-Schicht-Betrieb.
Das Ergebnis ist Emotion pur – Der Weg zum fertigen Produkt, harte und sorgfältige Arbeit. Damit Giebeler diese Autofahrerträume produzieren kann, optimiert man interne Formenbauprozesse kontinuierlich. CimatronE ist ein entscheidender Baustein in diesem Prozess.
Erfolgsfaktor Automatisierung
Wie bei vielen anderen Cimatron-Kunden auch, führte der erfolgreiche Weg zur durchgängigen CAD/CAM-Lösung zunächst über die Elektrodenkonstruktion und das Elektrodenfräsen. Bei Giebeler hatte man – vor der Einführung von MoldDesign – bereits seit mehreren Jahren CimatronE für den Elektrodenprozess im Einsatz. „Die Senkerosion ist immer noch ein wichtiger Baustein in unserem Fertigungsprozess, auch wenn wir heute deutlich weniger Elektroden benötigen als früher. Das hat zwei Gründe: Zum einen versuchen wir einen Teil der Senkerosion durch Fräsbearbeitung zu ersetzen und zum anderen ist es uns heute dank 5-Achsen-Technologie möglich, mehrere Einzelelektroden in einer komplexeren Elektrode zusammenzufassen und zu fertigen“, erklärt der Werkzeugbauleiter.
Der Elektrodenprozess bei Giebeler hat heute einen sehr hohen Automatisierungsgrad erreicht. Dazu trug nicht zuletzt die Elektrodenlösung von Cimatron bei, mit der sich Elektrodengeometrien, Fertigungsdokumentationen und NC-Programme effektiver erzeugen lassen. Die zunehmende Komplexität der zu bewältigenden Bauteile und immer filigranere Geometrien ließen die Anforderungen über die Jahre wachsen. Mit dem Wechsel von Kupfer auf Grafit, Einführung der 5-Achsen-Technologie, Nutzung immer kleinerer Fräserwerkzeuge, der Einführung von Transponderchips in der Fertigung und anderen Maßnahmen hat man sich diesen Anforderungen erfolgreich gestellt.
Partnerschaftliche Zusammenarbeit
„Die Zusammenarbeit zwischen Giebeler und Cimatron wird seit Beginn intensiv und sehr partnerschaftlich gepflegt. Unsere Wünsche zur Weiterentwicklung einzelner Funktionen stoßen dabei stets auf offene Ohren. Auch an den wichtigen Beta-Tests vor neuen Versionen nehmen wir regelmäßig teil, um in unserem Sinne Einfluss auf die Funktionalität nehmen zu können. Cimatron hat über die Jahre eine Reihe von Funktionen auf unsere Bedürfnisse angepasst und unsere Prozesse durch automatische Abläufe optimiert. Damit einhergegangen ist die Umstellung zahlreicher Prozesse in unserer Produktion. Im Erodierprozess haben wir inzwischen einen Stand erreicht, der es uns erlaubt, dass wir uns auf neue Aufgaben konzentrieren“, fasst Marco Wolff abschließend zusammen.
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