Der lange Weg zur Digitalisierung

Beim Übergang zur Digitalisierung ist Sema mit zwei Geschwindigkeiten unterwegs. Bei den Maschinen, die der Spezialmaschinenhersteller für seine Kunden herstellt, sind der digitale Zwilling und virtuelle Inbetriebnahme längst selbstverständlich. In der eigenen Fertigung gibt es eine durchgängige Prozess- und Informationskette. Das Ende des Weges zur vollständigen Vernetzung und digitalisierten Fertigungsoptimierung ist noch nicht erreicht, erscheint jedoch durch das hausinterne Know-how durchaus greifbar. Von Ing. Peter Kemptner, x-technik

Spezialmaschinenhersteller Sema bietet seinen Kunden die Möglichkeit, am digitalen Zwilling der Maschine Abläufe zu optimieren oder das Personal zu schulen.

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Spezialmaschinenhersteller Sema bietet seinen Kunden die Möglichkeit, am digitalen Zwilling der Maschine Abläufe zu optimieren oder das Personal zu schulen. Alle Bilder: Sema

Johannes Weiermair
technischer Leiter, Sema Maschinenbau GmbH

„Weil wir unsere Digitalisierungsanstrengungen in den vergangenen Jahren auf Kundenprojekte konzentriert haben, sind wir bei der Digitalisierung unserer eigenen Fertigung noch nicht dort, wo wir hinwollen. Mit dem Digitalisierungs-Knowhow aus unserer eigenen Produktentwicklung ist der Weg dorthin jedoch klar vorgezeichnet.“

Die Sema Technology Group ist ein international tätiger Hersteller von Bearbeitungszentren, Rundtakt- und Endenbearbeitungsmaschinen sowie Automatisierungslösungen mit rund 250 Mitarbeitern. Zu den Kunden des eigentümergeführten Familienunternehmens gehören die namhaftesten Player der Automobil- und Zulieferbranche in der ganzen Welt.

Am Hauptstandort im Salzkammergut entwickeln und produzieren die Mitarbeiter der Sema Maschinenbau GmbH individuelle Lösungen rund um das einzelne Werkstück. Deren Herstellung erfolgt – einschließlich von Maschinenkomponenten wie z. B. den Werkzeugspindeln – mit hoher Fertigungstiefe. Sie umfasst auch die Zerspanung hochpräziser Bauteile aus Stahl, Aluminium und Gusseisen bis 1,2 x 1,5 x 1 Meter Größe auf verschiedenen Bearbeitungszentren.

In der eigenen Fertigung auf nur teilvernetzten Werkzeugmaschinen ist es bis zur vollständigen Digitalisierung der Produktionsmittel noch ein beträchtlicher Weg.

In der eigenen Fertigung auf nur teilvernetzten Werkzeugmaschinen ist es bis zur vollständigen Digitalisierung der Produktionsmittel noch ein beträchtlicher Weg.

Digitalisierung bei eigenen Produkten

„Bei den Maschinen, die wir für unsere Kunden herstellen, hat die Digitalisierung längst Einzug gehalten“, sagt Adolf Schacherleitner, Gründer und Geschäftsführer der Sema Maschinenbau GmbH. „Mittels einer Software, die ein Spinoff der TU München entwickelt hat, erstellen wir den vollständigen digitalen Zwilling der oft sehr komplexen Anlagen.“

Trotz ihres hohen Individualisierungsgrades können Kunden so die in Auftrag gegebenen Produktionsmittel bereits vor der tatsächlichen Inbetriebnahme testen. Mit der späteren Bedienkonsole und mit der tatsächlichen SPS- und NC-Software können sie am Simulationsmodell der Maschine Abläufe optimieren oder das Personal schulen. Auf diese Art findet auch die Inbetriebnahme der Maschinen zeitsparend in der virtuellen Welt statt.

Eigene Fertigung noch auf dem Weg

Die Digitalisierung der Fertigung im eigenen Haus ist noch nicht so weit fortgeschritten, obwohl viele Voraussetzungen dazu bereits heute erfüllt sind. So gibt es eine durchgängige, abteilungsübergreifende Prozesskette von der Produktdefinition bis zur Inbetriebnahme der hauseigenen Erzeugnisse. Nach Konzeptphase und Konstruktion werden Zeichnungen und Stücklisten im ERP-System abgelegt. Dabei handelt es sich ein um eine kombinierte ERP- und MES-Software, die als Branchenpaket für den Maschinenbau sehr eng mit der Konstruktion verknüpft ist. „Noch haben wir kein unternehmensweites Produktdatenmanagement-System, ein solches befindet sich aktuell im Auswahlstadium“, berichtet Johannes Weiermair. Deshalb findet die Verwaltung sämtlicher Teile zentral im ERP-System statt, vom Rohmaterial über den Bauteil bis zu den SPS- und NC-Programmen. Nach der Kapazitätsprüfung im ERP-System erfolgt die CAM-Programmierung durch die Maschinenführer, die Sema in einer eigenen Lehrwerkstätte zu Zerspanungs- und CAD/CAM-Technikern ausbildet. „Das wertet nicht nur deren Tätigkeit auf“, findet Johannes Weiermair. „Es führt auch zu besseren NC-Programmen, da sie ihr Know-how zum Zerspanungsprozess an der Maschine einbringen.“

Wertvolle Infos aus der Fertigung

Wie die NC-Programme zu den Maschinen, gehen die Betriebsdaten – unter anderem die Laufzeiten der Maschinen oder auch der einzelnen Spindeln – zurück an das ERP-System. Eine Besonderheit stellt die Verwendung einer Handhabungseinheit MH Heidi für das intelligente Handling von Werkstückpaletten in der Fertigung dar. Dabei handelt es sich um ein Standardprodukt aus dem eigenen Haus, das zwei Maschinen flexibel beladen kann. Ihr Leitsystem wurde – unterstützt von einem nahe gelegenen Startup-Unternehmen – von der 15 Mitarbeiter starken Sema-Softwareabteilung entwickelt. Es prüft verschiedene Kriterien, etwa ob NC-Programme und Werkzeuge vorhanden sind oder den Werkzeugzustand. So kann es als integrierter Teil einer digitalen Fertigung mit wertvollen Informationen zur Optimierung der Fertigungsprozesse beitragen.

Vorgezeichneter Weg

Allerdings: Noch sind nicht einmal alle Maschinen vernetzt, zu manchen davon reisen die Daten auch heute noch über das „Adidas-Netzwerk“, also zu Fuß, per USB-Stick. Und auch die Simulation beschränkt sich bisher ausschließlich auf die Bearbeitungssimulation im Arbeitsraum. „Weil wir unsere Digitalisierungsanstrengungen in den vergangenen Jahren auf Kundenprojekte konzentriert haben, sind wir bei der Digitalisierung unserer eigenen Fertigung noch nicht dort, wo wir hinwollen“, fasst Johannes Weiermair den Status Quo zusammen. „Mit dem Digitalisierungs-Know-how aus unserer eigenen Produktentwicklung ist der Weg dorthin jedoch klar vorgezeichnet.“

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