Weltweit Cloud-vernetzte Fertigung

Kunststoffmaschinenhersteller Engel produziert mit großer Fertigungstiefe in neun Werken, die über die ganze Erde verteilt sind. Die Digitalisierung hat in Form einer weltweiten MES-Vernetzung und der Simulation sämtlicher Bearbeitungen längst begonnen. Die Daten- und Programmverwaltung erfolgt in einer Inhouse-Cloud. Jüngst vorgestellte Konzepte wie eigenintelligente Fertigungsmittel sind in der Erprobungsphase und können rasch eingeführt werden, wenn sie sich als vorteilhaft erweisen. Von Ing. Peter Kemptner / x-technik

Als einer der weltweit führenden Hersteller produziert Engel mit hoher Fertigungstiefe Spritzgussmaschinen.

Alle Bilder: Engel

Als einer der weltweit führenden Hersteller produziert Engel mit hoher Fertigungstiefe Spritzgussmaschinen. Alle Bilder: Engel

Franz Froschauer
Geschäftsbereichsleiter Produktion Klein- und Mittelmaschinen, Engel Austria GmbH

„Auf Basis der Werkstückdaten und der 3D-Modelle von Maschinen und Werkzeugen führen wir für jedes Werkstück im CAM-System eine Bearbeitungssimulation durch.“

Der Spritzgussmaschinenhersteller Engel muss hier nicht eigens vorgestellt werden. Das Familienunternehmen beschäftigt weltweit mehr als 6.000 Mitarbeiter. Die Fertigungstiefe ist groß, ebenso der Automatisierungsgrad. Allein an der Produktion der jährlich ca. 3.400 Klein- und Mittelmaschinen arbeiten in Schwertberg (OÖ) und Pyeongtaek (KR) rund 220 Fertigungsmitarbeiter. Dazu kommt die Produktion von Großmaschinen und Plastifiziereinheiten in St. Valentin (NÖ) und Shanghai (CN), von Robotern und Automatisierungskomponenten in Dietach (OÖ) und Hagen (D) sowie von Schaltschränken und Verkleidungsblechen in Kaplice (CZ).

Engel nutzt digitale Zwillinge von Werkstück, Werkzeug, Spannmittel und Maschine für die Simulation sämtlicher Bearbeitungsschritte.

Engel nutzt digitale Zwillinge von Werkstück, Werkzeug, Spannmittel und Maschine für die Simulation sämtlicher Bearbeitungsschritte.

Josef Büchsenmeister
Produktionsleiter Werk Schwertberg, Engel Austria GmbH

„Auf die hausintern gehosteten Cloud-Lösungen hat jedes unserer Schwesterwerke gleichberechtigten Zugriff. So kann die in einem Werk erprobte Fertigung mit geringem Aufwand an einem anderen Standort aufgenommen werden.“

Komplettabdeckung mit MES-System

Obwohl nach der Hochwasserkatastrophe von 2002 mehr als 80 % der Maschinen in der zerspanenden Fertigung auf einen Schlag ersetzt werden mussten und auch sonst laufend nachinvestiert wird, ist der Maschinenpark der Teilevielfalt angepasst und somit unterschiedlich ausgeprägt. „Dennoch ist die Fertigung in Schwertberg komplett vernetzt und in einem MES-System zusammengefasst“, berichtet Josef Büchsenmeister, Produktionsleiter Werk Schwertberg. „Ab März 2018 wird dieses auch das Werk in Korea mit umfassen.“

„Die datentechnische Integration umfasst neben dem MES auch die Einbindung des Werkzeug- und Betriebsmittelmanagements“, ergänzt Franz Froschauer, Geschäftsbereichsleiter Produktion Klein- und Mittelmaschinen. „Um die Integration zu erleichtern, achten wir bei der Anschaffung neuer Maschinen für zusammenhängende Bereiche darauf, dass diese mit zumindest ähnlichen Steuerungen ausgestattet sind.“

Sämtliche Engel-Fertigungsmaschinen sind vernetzt und in ein weltweites MES-System eingebunden. Für die Daten- und Programmverwaltung nutzt Engel eine hausintern gehostete Cloud-Lösung.

Sämtliche Engel-Fertigungsmaschinen sind vernetzt und in ein weltweites MES-System eingebunden. Für die Daten- und Programmverwaltung nutzt Engel eine hausintern gehostete Cloud-Lösung.

Flexibilisierung mit FMS-Systemen

In bestimmten Bereichen sind mehrere Bearbeitungsmaschinen mit einem gemeinsamen Leitrechner zu Flexible Manufacturing Systems (FMS) zusammengefasst, um der Fertigung zusätzliche Flexibilität zu verleihen. „Das MES lastet den Bearbeitungsauftrag am FMS ein“, beschreibt Josef Büchsenmeister dessen Funktion. „Innerhalb des FMS entscheidet der Leitrechner aufgrund der übermittelten Informationen und Verfügbarkeitsdaten, welche Maschine ihn tatschlich abarbeitet.“ Die Möglichkeit für die Bediener, manuell einzugreifen, bleibt systemtechnisch in vollem Umfang erhalten.

100 % Bearbeitungssimulation

Hoch ist der Standard bei Engel auch, was die Simulation der Fertigungsprozesse in den einzelnen Maschinen betrifft. „Auf Basis der Werkstückdaten und der 3D-Modelle von Maschinen und Werkzeugen führen wir für jedes Werkstück im CAM-System eine Bearbeitungssimulation durch“, erläutert Franz Froschauer. „Das dient nicht nur der Prozessoptimierung, wir ermitteln so z. B. auch die kalkulationsrelevanten Postprozessor-Zeiten.“

Unternehmensweite Cloud-Lösungen

Für die Verwaltung der Werkstück-, Maschinen-, Werkzeug-, Vorrichtungs- und Programmdaten nutzt Engel eine hausintern gehostete Cloud-Lösung. „Darauf hat jedes unserer Schwesterwerke gleichberechtigten Zugriff“, sagt Josef Büchsenmeister. „So kann die in einem Werk erprobte Fertigung mit extrem geringem Aufwand und ohne Verzögerung an einem anderen Standort aufgenommen werden.“ Weil das nur bei exakt gleichen Rahmenbedingungen ohne Modifikationen möglich ist, sitzen dennoch in jedem der Engel-Werke einige CAM-Mitarbeiter.

Smarte Fertigungsmittel noch Zukunftsmusik

Während die weltweite Anlagenvernetzung bei Engel auch die Mess- und Prüfmittel umfasst, befindet sich die Beschäftigung der Fertigungsexperten mit eigenintelligenten Werkzeugen oder Spannmitteln erst in der Erprobungsphase. „Wir beschäftigen uns intensiv mit Innovationen und integrieren diese meist sehr rasch, wenn sie uns Vorteile bieten“, sagt Franz Froschauer. „Allerdings sind viele dieser Konzepte noch in der Prototypenphase und nicht serientauglich in der Produktion anwendbar.“

Instandhaltung als Innovationstreiber

„Bereits seit einiger Zeit nutzen wir Indikatoren wie z. B. die Leistungsaufnahme der Bearbeitungsspindel, um Maschinenzustände zu überwachen und Wartungstätigkeiten vorausschauend durchzuführen“, berichtet Josef Büchsenmeister. „Mit großem Interesse verfolgen wir die Entwicklung der Möglichkeiten, mittels zusätzlicher Sensorik und Analytik durch Zustandserkennung die Schlagkraft der Instandhaltung durch frühzeitige, anlassbezogene Wartung zu verbessern und damit die Gesamtanlageneffizienz weiter zu erhöhen.“

„Diese ist ausschlaggebend für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Fertigung und bildet daher das Hauptmotiv hinter all unseren Digitalisierungsbestrebungen“, sagt Franz Froschauer abschließend.

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