VDW umati: Schnittstellenstandard zur Vereinfachung der Digitalisierung

Eine globale Vernetzung im Sinne von Industrie 4.0 gelingt dann, wenn der Datenaustausch über die gesamte Prozesskette über standardisierte Schnittstellen erfolgt. Mit der neuen Marke umati erarbeitet der VDW einen solchen Standard für eine offene Schnittstelle zur Anbindung von Werkzeugmaschinen an übergeordnete IT-Systeme, mit der die Digitalisierung vereinfacht wird und die Potenziale der modernen Produktionsumgebungen auch für den Mittelstand erschlossen werden. Auf der EMO Hannover 2019 soll dies mit einem komplexen Showcase demonstriert werden.

Bosch Rexroth verbindet reale Komponenten und Systeme durchgängig mit Software zu kompletten Lösungen. (Bild: Bosch Rexroth)

Bosch Rexroth verbindet reale Komponenten und Systeme durchgängig mit Software zu kompletten Lösungen. (Bild: Bosch Rexroth)

Dr. Stephan Kohlsmann
Geschäftsführer der Profiroll Technologies GmbH

„Wir Hersteller von Werkzeugmaschinen wissen, welche
Informationen für einen Betreiber von Interesse
sind und sind damit prädestiniert, einen Standard zu
definieren und mit den Steuerungsherstellern zu vereinbaren.“

Mit der auf OPC UA basierenden Schnittstelle umati (universal machine tool interface) will der VDW erreichen, dass Daten durch eine offene, standardisierte Anbindung aus Maschinen geleitet werden, die mit unterschiedlichen Steuerungen ausgestattet sind – vergleichbar mit einem USB-Stick. „Es geht darum, etwas zu schaffen, das die Computerindustrie längst hat“, macht Dr. Heinz-Jürgen Prokop, Vorsitzender des VDW, deutlich.

Die Applikation Multi Machine Monitor von Emag bietet
eine schnelle Übersicht über alle Maschinen in der Produktion. Sie lässt sich auf allen gängigen Endgeräten verwenden. (Bild: Emag)

Die Applikation Multi Machine Monitor von Emag bietet eine schnelle Übersicht über alle Maschinen in der Produktion. Sie lässt sich auf allen gängigen Endgeräten verwenden. (Bild: Emag)

Roland Emig
Geschäftsführer der Samag Saalfelder Werkzeugmaschinen GmbH

„Grundsätzlich bestehen durch einen einheitlichen
Standard deutliche Potenziale für die Erleichterung der
Exporte durch eine sofortige Implementierung der Maschinen
und Anlagen in bestehende Organisationsstrukturen
– ohne nationale Anpassungen.

Vielseitige Kundenwünsche erfüllen

Für Maschinenbauer gehört die Digitalisierung längst zum täglichen Business. Und so formulieren die Unternehmen auch ihre Vorstellungen für den praktischen Einsatz und die Erwartungen an umati. „Derzeit konzentrieren wir uns bei Profiroll auf die Analyse von Maschinendaten, um immer engere Toleranzen prozesssicher zu erreichen. So ist in den vergangenen Jahren eine Härtekompensation entwickelt worden, die Schwankungen im eingehenden Material prozessseitig ausregelt – wenn man so will eine intelligente Maschine. Eine groß angelegte Verarbeitung von Maschinenzustandsdaten erfolgt bei uns noch nicht. Entsprechend haben wir zunächst anderweitig im VDW an der Erarbeitung des umati-Standards mitgewirkt, da die Ressourcen zur Softwareentwicklung im Haus begrenzt sind“, sagt Dr. Stephan Kohlsmann, Geschäftsführer der Profiroll Technologies GmbH.

„Unsere Kunden wünschen zunehmend Informationen zum Zustand der Maschinen, zu erreichten Stückzahlen und auch teilespezifischen Daten. Als Hersteller von Werkzeugmaschinen wissen wir, welche Informationen für einen Betreiber von Interesse sind. Damit sind wir prädestiniert, einen Standard zu definieren und mit den Steuerungsherstellern zu vereinbaren. In Zukunft kann der Betreiber von unterschiedlichsten Werkzeugmaschinen somit erwarten, die notwendigen Daten in einem einheitlichen Kontext, in einem einheitlichen Takt und in einem einheitlichen Datenformat zur Verfügung gestellt zu bekommen. Das ist ein Riesenfortschritt, da er sich nur noch mit der für ihn spezifischen, ebenfalls standardisierten Speicherung und Verarbeitung der Daten kümmern muss“, erklärt er weiter.

Zu den Einsparpotenzialen und Optimierungen, die durch einen einheitlichen Schnittstellenstandard realisiert werden können, sagt Kohlsmann: „Heute erhalten Maschinenhersteller von jedem Kunden in einem Lastenheft eine spezifische Anforderung zur Bereitstellung von für ihn wichtigen Daten in einem Format, das er sich ausgedacht hat. Das begründet projektspezifische zeit- und kostenintensive, ingenieurtechnische Bearbeitung und Anpassung von Software. Der Standard umati macht eine Erfüllung der vielseitigen Kundenwünsche überhaupt erst möglich. Das ist im Maschinenbau ein revolutionäres Projekt und vergleichbar mit dem neuen, mobilen Übertragungsstandard 5G, durch den Entwicklungen wie autonomes Fahren, Augmented und Virtual Reality oder Echtzeitanwendungen Einzug in den Alltag halten.“

Mit dem Touch Line-Bediensystem setzt Chiron auf die
vernetzte Fertigung und auf eine intuitive sowie interaktive
Bedienung. Der Anwender erhält auch Zustandsmeldungen,
die kritische Parameter anzeigen. (Bild: Chiron)

Mit dem Touch Line-Bediensystem setzt Chiron auf die vernetzte Fertigung und auf eine intuitive sowie interaktive Bedienung. Der Anwender erhält auch Zustandsmeldungen, die kritische Parameter anzeigen. (Bild: Chiron)

Basis für zukünftige Geschäftsmodelle

Auch bei der Samag Saalfelder Werkzeugmaschinen GmbH hat das Thema Digitalisierung sowohl im Umfeld der Serienfertigung Automotive als Anlagenbetreiber als auch im Segment Machine Tools besondere Bedeutung. „Basis für IoT oder Industrie 4.0 ist einerseits die Kenntnis der produzierten Daten und deren Bedeutung während der Lebenszeit eines Systems sowie die Nutzung einer gemeinsamen Sprache, damit alle Elemente eines Systems sich letztendlich verstehen. Samag Machine Tools schafft durch die enge Zusammenarbeit mit den Entwicklungsabteilungen der Premiumlieferanten die Voraussetzungen“, erklärt Samag-Geschäftsführer Roland Emig.

„Durch einen optimierten, abgesicherten und standardisierten Datenzugang zu den Planungs- und/oder Steuerungssystemen sind unter anderem eine optimierte Auslastung von Maschinen und Anlagen, eine Vermeidung ungeplanter Stillstandzeiten sowie die optimierte Planung von Verfügbarkeiten und Kapazitäten umzusetzen“, so Emig weiter. Ergänzend dazu sei die gemeinsame Vorgehensweise Grundlage für dynamische, zukünftige Geschäftsmodelle wie zum Beispiel Pay-per-Use, Predictive Maintenance, Smart Monitoring, Smart Data Services und Capacity-on-Demand.

„Grundsätzlich bestehen zudem deutliche Potenziale für die Erleichterung der Exporte durch eine sofortige Implementierung der Maschinen und Anlagen in bestehende Organisationsstrukturen – ohne nationale Anpassungen. Dazu kommt die Reduzierung der Variantenvielfalt, die Möglichkeit, konzentriertes Expertenwissen im Unternehmen absichern zu können, die Release-Sicherheit und die Datensicherheit“, unterstreicht Emig.

Technische Grundlage für globalen Standard

Grundlage der entstehenden Spezifikation ist OPC UA (Open Platform Communications Unified Architecture) – ein Datenaustausch-Standard für eine hersteller- und plattformunabhängige industrielle Kommunikation. „Der Standard liefert gleichzeitig ein Datenmodell und eine Kommunikationsstruktur, um Parameter und Semantik in standardisierter, offener Form zu implementieren. Deshalb findet er rasante Verbreitung, gerade im Maschinen- und Anlagenbau", erläutert Dr. Alexander Broos, Leiter Forschung und Technik beim VDW, die technische Basis. Die Implementierung ist vergleichsweise einfach, da Entwicklungspakete genutzt werden können, um einen so genannten OPC UA-Server zu konfigurieren und diesen individuell anzupassen.

Eine wichtige Rolle spielen dabei einheitlich definierte Parameter, die in Form einer OPC UA Companion Specification beschrieben und veröffentlicht werden. Träger der Standards ist die OPC-Foundation, die die Veröffentlichung und Verbreitung von OPC UA-Standards unterstützt. Somit ist auch die OPC-Foundation, ein Industriekonsortium, das die Standards für die offene Konnektivität von industriellen Automatisierungsgeräten und -systemen erstellt und aufrechterhält, ein wichtiger Partner. Der VDW ist seit Juni 2018 Mitglied.

Die wachsende Bedeutung der Digitalisierung ist ein Kernthema der EMO Hannover 2019. So bietet der Ausstellungsbereich „IoT in der Produktion“ den gesamten Überblick zu zentralen Aspekten der Digitalisierung, wie Industrial Security, Data Analytics, Industrial Cloud Services, Process Monitoring, Predictive Maintenance, Artificial Intelligence AI und Machine Learning sowie Big Data-Management.

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