Messe Stuttgart standardisierte Schnittstellen: AMB 2018 - Digitalisierung in der Zerspanung schreitet voran

Auf dem Weg zur Digitalisierung bilden die Schnittstellen der Betriebsmittel quasi das Nadelöhr der Vernetzung. Für Industrie 4.0 müssen die anfallenden Daten nicht nur erfasst, sondern auch herstellerübergreifend weitergegeben werden. Standardisierung ist der einzige Weg, diese Hürde zu nehmen. Sie wird eines der Themen auf der neuen Sonderschau „Digital Way“ auf der kommenden AMB sein.

Künstliche Intelligenz für vorausschauende Wartung: Die Daten aus der Steuerung eines Mitsubishi-Roboters werden an eine SPS übermittelt, wo sie auf der Geräteebene bearbeitet werden (Edge Computing) und anschließend vorverarbeitet in die Cloud zur Analyse durch die KI-Plattform von IBM Watson gehen.
(Bild: Mitsubishi Electric Europe)

Künstliche Intelligenz für vorausschauende Wartung: Die Daten aus der Steuerung eines Mitsubishi-Roboters werden an eine SPS übermittelt, wo sie auf der Geräteebene bearbeitet werden (Edge Computing) und anschließend vorverarbeitet in die Cloud zur Analyse durch die KI-Plattform von IBM Watson gehen. (Bild: Mitsubishi Electric Europe)

AMB 2018

18. – 22. September 2018
Stuttgart
www.amb-messe.de

Werkzeugmaschinen erreichen schon heute einen hohen Grad an Perfektion. Wer in Zukunft jedoch noch nennenswerte wirtschaftliche Verbesserungen und damit Vorteile erzielen will, kann das eigentlich nur noch im Zusammenspiel mit den anderen Komponenten des Gesamtsystems und sogar unternehmensübergreifend. So verbinden der Studie „Industrie 4.0 im Mittelstand“ der Unternehmensberatung Deloitte aus 2016 zufolge 90 Prozent der mittelständischen Unternehmen mit dem Begriff Industrie 4.0 vor allem digital vernetzte Systeme.

Der Schlüssel für die aktuellen Industrie-4.0-Visionen: Für Schleifspezialist United Grinding Group ist es die Standardisierung und eine gemeinsame Sprache der Systeme. (Bild: United Grinding)

Der Schlüssel für die aktuellen Industrie-4.0-Visionen: Für Schleifspezialist United Grinding Group ist es die Standardisierung und eine gemeinsame Sprache der Systeme. (Bild: United Grinding)

Shortcut

Aufgabenstellung: standardisierte, digitale Schnittstellen.

Projekt: Initiative des VDW.

Nutzen: Sicherheit für Hersteller und Anwender.

VDW-Initiative soll Weg ebnen

Das hat auch der Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken erkannt. Mit seiner kürzlich vorgestellten Brancheninitiative legte der VDW einen konkreten Fahrplan vor, wie die Schnittstellen der Maschinen standardisiert werden sollen. „Ziel ist es, einen Standard für die Anbindung unterschiedlichster Maschinensteuerungen an eine gemeinsame Schnittstelle – einen Connector – zu entwickeln und softwaretechnisch zu implementieren“, erklärte der VDW-Vorsitzende Dr. Heinz-Jürgen Prokop. Zunächst soll eine Schnittstellenspezifikation erarbeitet werden. Ein Connectorstack soll dann dafür sorgen, dass die Signale aus unterschiedlichen Steuerungsschnittstellen in das offene Format OPC UA (Open Plattform Communications Unified Architecture) übersetzt werden. Schließlich wird ein Gateway implementiert, mit dem sich unterschiedliche EDV-Systeme und Clouds via Standardprotokoll anbinden lassen.

In der ersten Projektphase ist ein Kernteam mit den Firmen DMG MORI, Emag, Grob, Heller, Liebherr-Verzahntechnik, United Grinding und Trumpf beteiligt. Für die United Grinding Group ist Standardisierung und eine gemeinsame Sprache der Systeme jedenfalls der Schlüssel für die aktuellen Industrie-4.0-Visionen. „Technisch ist Industrie 4.0 real umsetzbar. Wenn jedoch auf Grund der Interessen Einzelner keine Vereinheitlichung bei den Standards stattfinden, werden die Maschinen weiterhin Insellösungen bleiben“, so Christian Josi, Projektleiter HW/SW Engineering beim Gruppenmitglied Fritz Studer AG.

Auch DMG Mori sieht die Vernetzung der installierten Basis als eine derzeit noch relevante Barriere für die Umsetzung von I4.0-Projekten. Das VDW-Projekt soll für den Werkzeugmaschinenhersteller das Anschließen von Maschinen und die systematische und echtzeitnahe Datenauswertung vereinfachen. Konnektoren könnten zudem helfen, Maschinen verschiedener Fremdanbieter zu vernetzen, um Data Driven Services bzw. IoT-Applikationen realisieren zu können.

Open Connectivity von DMG MORI: Damit lassen sich auch Fremdfabrikate, Maschinen komplementärer Technologiebereiche und manuelle Arbeitsplätze in einen Verbund integrieren. (Bild: DMG MORI)

Open Connectivity von DMG MORI: Damit lassen sich auch Fremdfabrikate, Maschinen komplementärer Technologiebereiche und manuelle Arbeitsplätze in einen Verbund integrieren. (Bild: DMG MORI)

Dr. Heinz-Jürgen Prokop
VDW-Vorsitzender

„Ziel ist es, einen Standard für die Anbindung unterschiedlichster Maschinensteuerungen an eine gemeinsame Schnittstelle – einen Connector – zu entwickeln und softwaretechnisch zu implementieren.“

Schnittstellen ein Thema des „Digital Way“

Erste Ergebnisse der Initiative sind für das erste Quartal 2018 angekündigt, weitere Fortschritte dürften zur AMB folgen. Mit Sicherheit werden sie als Wegbereiter zu Industrie 4.0 in der Praxis eine wichtige Rolle auf der neuen Sonderschau „Digital Way“ spielen. Diese bietet eine Expertenkonferenz und eine Begleitausstellung – interaktive Show Cases zeigen das Zusammenspiel vernetzter Abläufe in Unternehmen und ihren Mehrwert.

Besonders Steuerungshersteller sind gefordert, den Datenfluss in und vor allem aus den Werkzeugmaschinen zu unterstützen. Michael Marzluff, Deputy Division Manager CNC Europe Mechatronics CNC bei Mitsubishi Electric Europe sieht das so: „Endkunden, also die Kunden unserer Kunden, sagen, dass sie die Maschinen auf Basis eines Standards schneller anbinden können. Wir müssen diesen Standard bedienen können, denn es ist eine Kundenforderung.“ Ein IoT-Gateway-Modul habe man deshalb bereits im Programm.

Werkzeugmaschinen sind schon heute immer öfter in einen digitalisierten und einheitlich gesteuerten Materialfluss integriert.(Bild: Kasto)

Werkzeugmaschinen sind schon heute immer öfter in einen digitalisierten und einheitlich gesteuerten Materialfluss integriert.(Bild: Kasto)

Dr. Christian Klapf
Leiter Forschung und Entwicklung bei Emco

„Uns bringt eine gemeinsame Schnittstelle sowohl bei der Entwicklung als auch im Verkauf der Maschinen Erleichterungen.“

Auch Maschinenhersteller profitieren

Beim Werkzeugmaschinenhersteller Emco sieht man in standardisierten Schnittstellen erhebliche Vorteile für den Kunden beim Vernetzen von Maschinen in heterogenen Maschinenparks. Für Emco selbst – man setzt Steuerungen von Siemens, Fanuc und Heidenhain ein – „bringt eine gemeinsame Schnittstelle sowohl bei der Entwicklung als auch im Verkauf der Maschinen Erleichterungen“, erklärt Dr. Christian Klapf, Leiter Forschung und Entwicklung, weshalb man dort bereits zusammen mit dem IFT Institut für Fertigungstechnik der TU Wien das Forschungsprojekt „OPC4Factory“ durchgeführt hat. Dabei wurde ein OPC-UA-Server inklusive Informationsmodell für die WinNC-Steuerung von Emco entwickelt. „Wir werden die Ergebnisse des Projekts und der VDW-Brancheninitiative übereinanderlegen und damit die nächsten Schritte planen“, berichtet Klapf. Auf der AMB 2018 will man zeigen, wie verschiedenste Emco-Maschinen mit unterschiedlichsten Steuerungen über einen Standard kommunizieren und mit anderen, heterogenen Maschinenparks vernetzt werden können.

Die positive Wirkung eines Standards bestätigt auch Jonas Ruesch, Manager Software Development Digital Transformation bei GF Machining Solutions: „Eine standardisierte Schnittstelle für Maschinensteuerungen ist eine grundlegende Voraussetzung für die Umsetzung von flexiblen Anwendungen wie sie unsere Kunden im Umfeld von Industrie 4.0 fordern.“ Und ein Connectorstack, wie ihn die VDW-Initiative vorsieht, würde den Aufwand für die Entwicklung steuerungsunabhängiger Lösungen signifikant senken. Übrigens auch eine wichtige Voraussetzung zur Produktion individualisierter Produkte mit Losgröße eins, da beispielsweise die Umrüstzeit stark reduziert werden könnte. Bei GF will man einen Weg finden, das Datenmodell der Maschinensteuerung mit den übrigen Daten, die in den Maschinen verarbeitet werden, zu einer einheitlichen Repräsentation verknüpfen zu können.

Standard entspricht Kundenforderung

„Kasto muss seine Sägen schon heute mühelos in einen digitalisierten und einheitlich gesteuerten Materialfluss integrieren können“, betont Sönke Krebber, Mitglied der Geschäftsleitung. Unnötige Schnittstellen sollten deshalb möglichst vermieden werden – weshalb man die Brancheninitiative tatkräftig unterstützt. Auch Präzisionswerkzeuge profitieren von Digitalisierung und Vernetzung. „Generell ist für uns die Digitalisierung eine Möglichkeit, unseren Kunden Anwendungswissen direkt und zielgerichtet zur Verfügung zu stellen“, veranschaulicht Dr. Niklas Kramer, Product & Industry Segment Director bei Sandvik Tooling Deutschland. Um richtig beraten zu können, müsse aber der Ausgangszustand bekannt sein. „Konkrete Kontextdaten aus der Werkzeugmaschine sind da ein riesiger Schritt voran, je einfacher und einheitlicher sie uns zur Verfügung stehen, desto größer der Anwendernutzen.“

Den Weg zur Vernetzung über die Cloud geht Roboterhersteller Kuka. „Nicht nur der Roboter, auch die Werkzeugmaschine und weitere Geräte in der Fertigung können an die Kuka-Cloud angebunden werden, um dort die Daten zu sammeln und zu analysieren, um die Fertigungsabläufe zu optimieren“, erläutert Business Development Manager Winfried Geiger. Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigt Kuka auf der nächsten AMB mit einer vollautomatisierten, vernetzten Roboterzelle, in die zwei Heller-Bearbeitungszentren integriert sind. Alle aktiven Komponenten sind miteinander und mit der Kuka-Cloud über die Kuka Connectivity Box verbunden.

Dr. Niklas Kramer
Product & Industry Segment Director bei Sandvik Tooling Deutschland

„Generell ist für uns die Digitalisierung eine Möglichkeit, unseren Kunden Anwendungswissen direkt und zielgerichtet zur Verfügung zu stellen.“

Winfried Geiger
Manager Business Development bei Kuka

„Nicht nur der Roboter, auch die Werkzeugmaschine und weitere Geräte in der Fertigung können an die Kuka-Cloud angebunden werden, um dort die Daten zu sammeln und zu analysieren, um die Fertigungsabläufe zu optimieren.“

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