interview

Der virtuelle Zwilling kommt

INTERVIEW Spätestens mit Industrie 4.0 zieht die Digitalisierung auch in die Werkzeugmaschine ein. Schon werden Steuerungen diskutiert, die sich in der Cloud befinden. Big Data-Analysen gieren nach immer mehr Daten aus dem Zerspanungsprozess. Entwickelt sich die Werkzeugmaschine zum PC mit Spindel, entscheidet die Software über Erfolg oder Misserfolg einer Maschine? Eine Einschätzung liefert Professorin Jivka Ovtcharova vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Die Diplom-Ingenieurin mit zweifacher Promotion in Maschinenbau und Informatik leitet das Institut für Informationsmanagement im Ingenieurwesen (IMI).

„In der zerspanenden Fertigung wird es in naher Zukunft genauso aussehen wie in vielen anderen Industrie-4.0-Branchen. Mittels eines virtuellen Abbildes wird es möglich sein, operationale Konzepte der Wertschöpfung einer Werkzeugmaschine in Echtzeit zu validieren.“

Professor Dr.-Ing. Dr. Dr. h. c. Jivka Ovtcharova.

Die Expertin für Virtual Engineering leitet das Institut für Informationsmanagement im Ingenieurwesen (IMI) und ist Direktorin im Forschungszentrum für Informatik Karlsruhe (FZI).

„In der zerspanenden Fertigung wird es in naher Zukunft genauso aussehen wie in vielen anderen Industrie-4.0-Branchen. Mittels eines virtuellen Abbildes wird es möglich sein, operationale Konzepte der Wertschöpfung einer Werkzeugmaschine in Echtzeit zu validieren.“ Professor Dr.-Ing. Dr. Dr. h. c. Jivka Ovtcharova. Die Expertin für Virtual Engineering leitet das Institut für Informationsmanagement im Ingenieurwesen (IMI) und ist Direktorin im Forschungszentrum für Informatik Karlsruhe (FZI).

Frau Professor Ovtcharova, werden wir in Stuttgart auf der AMB Werkzeugmaschinen sehen oder Computer mit Spindeln?

In der zerspanenden Fertigung wird es in naher Zukunft genauso aussehen wie in vielen anderen Industrie-4.0-Branchen. Mittels eines virtuellen Abbildes wird es möglich sein, operationale Konzepte der Wertschöpfung einer Werkzeugmaschine in Echtzeit zu validieren. Ein Beispiel ist die manuelle und automatische Bedienung sowie die Konfiguration der Werkzeugmaschine über intuitive Mensch-Maschinen-Schnittstellen wie Web-Oberflächen oder haptische Interaktionsgeräte. Eine umfassende Simulation der tatsächlichen Bewegung der Werkzeugmaschine wird es ermöglichen, das virtuelle 3D-Werkzeugmaschinenmodell über die Software der Steuerung auszuführen. Weiterhin wird es möglich sein, eine abschließende Validierung vor der Bearbeitung durchzuführen, was den Zeitaufwand für die Probedurchläufe auf der realen Werkzeugmaschine enorm verkürzt.

Professorin Jivka Ovtcharova und Michael Grethler, Leiter des Industrie 4.0 Collaboration Lab im IMI, vor einer virtuellen 3D-Darstellung einer kompletten Fertigungshalle. (Bild: M. Breig / KIT)

Professorin Jivka Ovtcharova und Michael Grethler, Leiter des Industrie 4.0 Collaboration Lab im IMI, vor einer virtuellen 3D-Darstellung einer kompletten Fertigungshalle. (Bild: M. Breig / KIT)

Mit welchen Auswirkungen auf Produktivität und Wirtschaftlichkeit?

Eine Wertschöpfung wird nur dann erreicht, wenn ganzheitlich die Prozesse mit all ihren Daten berücksichtigt werden. Hierzu werden Daten wie Energiedaten, Störungsmeldungen oder Werkzeugdaten aus der Maschine benötigt. Hinzu kommen Daten aus der Logistik und technische Informationen wie Schnittdaten etc. Das Verschmelzen realer Maschinen und virtueller Abbildungen ermöglicht eine Annäherung an die Vision der automatisierten, vernetzten virtuellen Inbetriebnahme eines ganzen Betriebes.

Die virtuelle Fabrik: In der zerspanenden Fertigung ist laut Prof. Ovtcharova das IT-Systemnetzwerk das Herzstück einer Industrie-4.0-Lösung. Orchestriert wird dieses Netzwerk durch das Tool Lifeycle Management als Interplayer an der Schnittstelle zwischen Planung und realer Fertigungswelt. (Bild: Walter AG)

Die virtuelle Fabrik: In der zerspanenden Fertigung ist laut Prof. Ovtcharova das IT-Systemnetzwerk das Herzstück einer Industrie-4.0-Lösung. Orchestriert wird dieses Netzwerk durch das Tool Lifeycle Management als Interplayer an der Schnittstelle zwischen Planung und realer Fertigungswelt. (Bild: Walter AG)

Welche Aufgaben kommen speziell auf die Softwareentwicklung für Industrie-4.0-fähige Werkzeugmaschinen zu?

In der zerspanenden Fertigung ist das IT-Systemnetzwerk das Herzstück einer Industrie-4.0-Lösung. Orchestriert wird dieses Netzwerk durch das Tool Lifeycle Management als Interplayer an der Schnittstelle zwischen Planung und realer Fertigungswelt. Dadurch können sowohl die in der Planung als auch in der Fertigung anfallenden Daten erfasst und für eine Analyse zugänglich gemacht werden. Die Prozesse werden kontinuierlich, quasi „in the loop“, verbessert. Offene Programmierschnittstellen (APIs), mit denen Drittentwickler auf die Möglichkeiten von Webservices zugreifen können, sind eine treibende Kraft im Industrie 4.0-Umfeld.

Wenn der gesamte Produktentstehungsprozess virtuell abgebildet wird, wie muss Software für die Fertigung aussehen?

Der Trend zum virtuellen Abbild im Kontext von Industrie 4.0 setzt eine funktionsfähige, interoperative Prozess- und IT-Systeminfrastruktur voraus. Das Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0) von VDI, VDE und ZVEI sorgt aktuell für Verortung von Normen, Standards, Use-Case-Inhalten und Beziehungen. Es bildet die Grundlage für Ableitung von Regeln für Industrie-4.0-Implementierungen. Die Industrie-4.0-Komponente im RAMI 4.0 ermöglicht die Kommunikation von realen Objekten in der Produktion mithilfe virtuell vernetzter Objekte und Prozesse. Als Enabler der bidirektionalen Assoziativität tritt das virtuelle Abbild auf. Dieses ist für die echtzeitfähige Handhabung und Ausführung von Prozessschritten über den gesamten Lebenszyklus zuständig.

Datensicherheit und Know-how-Schutz sind wichtige Themen der diesjährigen AMB. Was sind die wichtigsten Maßnahmen, um sich abzusichern?

Die beste Sicherheits-Software kann durch eine schwache Umsetzung bei den Kunden wirkungslos gemacht werden. Verschlüsselungstechnologien bringen nichts, wenn Anwender sie nicht nutzen. Mitarbeiter sind häufig die größte Schwachstelle in der Sicherheitsstrategie eines Unternehmens. Daher ist zu empfehlen, nicht nur in den Schutz des physischen Zugangs zu Servern und Netzwerk-Hardware im Unternehmen zu investieren, sondern auch in die Absicherung der Software und insbesondere in die Schulung der Mitarbeiter.

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