interview

Die Werkzeugmaschine wird digital

INTERVIEW Werkzeugmaschinen werden immer präziser, schneller, besser. Das wird auch die kommende AMB zeigen. Am Grundprinzip der Zerspanungsmaschinen ändert sich jedoch kaum etwas. Mehrere rotatorische und lineare Achsen werden in einem geschlossenen Gehäuse unterschiedlich kombiniert. In Zeiten von Industrie 4.0, eigentlich nur einem anderen Ausdruck für Vernetzung, muss sich die Werkzeugmaschine öffnen. Wie sieht sie in Zukunft aus? Antworten gibt Professor Dr.-Ing. Christian Brecher, einer der Leiter des renommierten Werkzeugmaschinenlabors der RWTH Aachen und Inhaber des Lehrstuhls für Werkzeugmaschinen.

„Zukünftige Werkzeugmaschinen müssen semantische Schnittstellen bereitstellen, um beispielsweise Prozessdaten in hoher Auflösung für erweiterte Analysen möglichst in Echtzeit bereitzustellen oder sich funktional in verketteten Systemen zu integrieren.“

Professor Dr.-Ing. Christian Brecher leitet das Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen und ist Inhaber des Lehrstuhls für Werkzeugmaschinen. Er erwartet von der AMB 2016 Neues zur Digitalisierung und die Vernetzung der Werkzeugmaschine.

„Zukünftige Werkzeugmaschinen müssen semantische Schnittstellen bereitstellen, um beispielsweise Prozessdaten in hoher Auflösung für erweiterte Analysen möglichst in Echtzeit bereitzustellen oder sich funktional in verketteten Systemen zu integrieren.“ Professor Dr.-Ing. Christian Brecher leitet das Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen und ist Inhaber des Lehrstuhls für Werkzeugmaschinen. Er erwartet von der AMB 2016 Neues zur Digitalisierung und die Vernetzung der Werkzeugmaschine.

Professor Brecher, wie muss sich die Werkzeugmaschine der Zukunft für Industrie 4.0 ändern?

Aus unserer Sicht sind zwei Aspekte vordringlich: die Digitalisierung bzw. Virtualisierung der Werkzeugmaschine sowie deren Vernetzung. Im ersten Fall wird das Engineering signifikant sowohl durch aussagekräftige Modelle des mechanischen – also statischen, dynamischen und thermischen Verhaltens – als auch steuerungstechnischen Verhaltens (wie Antriebsstrang oder Regelungsmodelle) optimiert. Ziel ist es dabei, die spätere Maschine bis in den Prozess hinein zu simulieren und frühzeitig Herausforderungen zu detektieren.

Die Vernetzung betrifft stärker die anschließende Betriebsphase. Zukünftige Werkzeugmaschinen müssen semantische Schnittstellen bereitstellen, um beispielsweise Prozessdaten in hoher Auflösung für erweiterte Analysen möglichst in Echtzeit bereitzustellen oder sich funktional in verketteten Systemen zu integrieren.

Innovativer Mensch-Maschine-Konzepte: Celos von DMG MORI  verfolgt laut Professor Brecher einen richtigen Ansatz. (Bild: DMG MORI)

Innovativer Mensch-Maschine-Konzepte: Celos von DMG MORI verfolgt laut Professor Brecher einen richtigen Ansatz. (Bild: DMG MORI)

Wie wirkt sich die zunehmende Automatisierung der Prozesse, speziell durch Roboter, auf die Gestaltung einer Werkzeugmaschine aus?

Es gibt bereits automatisierte Fertigungszellen. Wir haben jedoch große Herausforderungen identifiziert, wenn es um den wirtschaftlichen Betrieb solcher Zellen (Roboter, Werkzeugmaschine, Lager) bei variantenreichen Kleinserien geht – also dem typischen Produktspektrum von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Vielfach können Prozesse nicht hauptzeitparallel in Betrieb genommen werden, oder die dafür notwendige Expertise ist nicht vorhanden. Auch existieren bislang erst wenige Ansätze, eine funktional umfangreiche Schnittstelle zwischen Werkzeugmaschine und Roboter zu definieren, die sich bis in die CAD/CAM-NC- bzw. RC-Kette integrieren lässt. Dies wird besonders spannend, wenn wir über flexible Automatisierung – zum Beispiel mittels kollaborativer Robotik – nachdenken. Hier sehen wir ebenfalls für KMU und Kleinserien großes Potenzial. Wir gründen zurzeit einen Arbeitskreis, der genau diese Fragestellung sowohl forschungsseitig, als auch in direkter Industriekooperation beleuchten soll.

Gemeinschaftsprojekt von DMG MORI und Schaeffler Technologies: Umfassend ausgestattet mit intelligenter Sensorik, werden für eine DMC 80 FD duoBLOCK® in Echtzeit kontinuierlich Daten zu Betriebszustand und Prozess gesammelt und sowohl lokal an der Maschine in CELOS® als auch in der Cloud gespeichert, verarbeitet und analysiert. (Bild: DMG MORI)

Gemeinschaftsprojekt von DMG MORI und Schaeffler Technologies: Umfassend ausgestattet mit intelligenter Sensorik, werden für eine DMC 80 FD duoBLOCK® in Echtzeit kontinuierlich Daten zu Betriebszustand und Prozess gesammelt und sowohl lokal an der Maschine in CELOS® als auch in der Cloud gespeichert, verarbeitet und analysiert. (Bild: DMG MORI)

Die Maschinen werden immer komplexer, der Nachwuchs denkt in Apps – wie sieht die Bedienung der Zukunft aus?

Die Entwicklung neuer, innovativer Mensch-Maschine-Konzepte hat eine lange Historie am WZL. So wurde der Ansatz eines handlungsorientierten Bedienkonzepts – motiviert von heutigen Smartphones – mit multimodalen Schnittstellen erfolgreich validiert und so die Komplexität heutiger Human Maschine Interfaces signifikant gesenkt. Celos von DMG MORI (Stand 7A01) verfolgt an dieser Stelle einen ganz ähnlichen Ansatz. Aktuell betrachten wir im Projekt MaxiMMI unter Beteiligung führender Werkzeugmaschinen-Hersteller und -Zulieferer darüber hinaus die Integration neuartiger Bediengeräte wie Smart Watches, Tablets oder Multimedia-Brille im WZM-Umfeld. Die Potenziale sind vielfältig, allerdings sollte man diese Ansätze nicht nur ihrer selbst willen verfolgen, sondern immer einen realistischen Anwendungsbezug herstellen. Im Projekt MaxiMMI sind die Siemens AG (Stand 4C12), INDEX-Werke (Stand 3C52), ProCom, Chiron-Werke (Stand 5C12), Fecken-Kirfel und die RWTH Achen beteiligt.

Energieeffizienz ist Dauerthema auch für Werkzeugmaschinen. Wie ist der Stand?

Das Themenfeld Energieeffizienz ist nach wie vor Gegenstand aktueller Förderausschreibungen. Während wir zunächst unter Berücksichtigung von physikalischen Modellen die Hauptaggregate, zum Beispiel die Spindel, effizienter gestalten konnten, liegt der aktuelle Fokus mehr auf den Nebenaggregaten und einem übergreifenden und intelligenten Thermomanagement. Aktuelle Arbeiten beschäftigen sich am WZL mit der Reduktion unproduktiver Warmlaufzeiten, um auch in kurzen Produktionspausen die Maschinen kurzfristig und flexibel abzuschalten. Im Sinne der ganzheitlichen Betrachtung muss das Thema Energieeffizienz stark im Kontext der Produktivität betrachtet werden, um den Energieeinsatz pro Bauteil zu senken.

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