anwenderreportage
Produktivität mit sozialem Auftrag
Wer an integrative Betriebe denkt, hat meist ein Bild vor Augen, in dem Menschen mit Behinderung Holzspielzeug zusammenbauen. Dass dies aber auch ganz anders aussehen kann, macht der Fachbereich Metall der Wien Work integrative Betriebe und AusbildungsgmbH deutlich. Wirtschaftlichkeit und Produktivität stehen klar im Vordergrund und sind Teil des integrativen Verständnisses. Autor: Georg Schöpf / x-technik
Für Menschen mit Beeinträchtigung stellt die Arbeit bei Wien Work eine Möglichkeit dar, in einem wirtschaftlich orientierten Betrieb produktiv mitzuwirken.
Helmut Machaczek
Geschäftsfeldleitung Metall Wien Work integrative Betriebe und AusbildungsgmbH
„Gerade weil wir mit Menschen mit Beeinträchtigungen arbeiten, legen wir besonderen Wert darauf, trotzdem produktiv und wirtschaftlich zu arbeiten. Jeder soll spüren, dass er einen wichtigen Beitrag leistet.“
Als Wirtschaftsbetrieb mit sozialem Auftrag übernimmt die Wien Work integrative Betriebe und AusbildungsgmbH besondere Verantwortung für die Gesellschaft. Produktivität und Wirtschaftlichkeit nehmen hierbei einen hohen Stellenwert ein. Das 1981 aus der „Geschützten Werkstätte für Wien“ hervorgegangene Unternehmen ist ein gemeinnütziges Projekt der Sozialwirtschaft und bietet an verschiedenen Standorten in Wien eine umfangreiche Mischung aus Dienstleistungen in elf unterschiedlichen Geschäftsfeldern. Derzeit beschäftigt man rund 600 Mitarbeiter. Neben handwerklichen Leistungen in den Bereichen Holz, Textil und Metall werden auch IT- und Bürodienstleistungen angeboten. 70 % der Angestellten, ArbeiterInnen und alle Lehrlinge haben Körper-, Sinnes- oder Lernbehinderungen, chronische Erkrankungen oder waren langzeitarbeitslos.
Der Fachbereich Metall, der im Norden Wiens untergebracht ist, verfügt über eine moderne Maschinenausstattung und ist dadurch in der Lage, auch komplexe Teile herzustellen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Fertigung von Einzelteilen, Prototypen und Kleinserien bis Losgröße 300 (Anm. in der Regel 20 bis 30 je Auftrag), mit einem hohen Anteil an Wiederholteilen. Dabei wird eine große Bandbreite an Stählen, sowie NE-Metallen verarbeitet. Da die Hauptkunden aus den Bereichen Getränke- und Lebensmittelindustrie kommen, spielt die Verarbeitung von Edelstählen eine besondere Rolle. „Unser Fachbereich war eines der ersten Geschäftsfelder von Wien Work. Wir haben schon sehr früh darauf Wert gelegt, profitabel zu arbeiten. Unsere Mitarbeiter sollten von Anfang an das Gefühl haben, einen wertvollen Beitrag zu leisten“, beschreibt Helmut Machaczek, Geschäftsfeldleiter Metall, den grundlegenden Ansatz von Wien Work. „Der gesamte Unternehmenserfolg lebt vom wirtschaftlichen, als auch sozialen und integrativen Erfolg“, so Machaczek weiter.
Für anspruchsvolle Fräsarbeiten stehen sowohl eine DMC 63 V (im Bild) mit 4. Achse und Teileapparat von DMG MORI SEIKI als auch eine MAZAK VTC-200B mit zusätzlichem Schwenktisch zur Verfügung.
Josef Kovacs
Produktionsleiter Wien Work integrative Betriebe und AusbildungsgmbH
„Besonders bei Kunden, die mit der Produktion keine oder wenig Erfahrung haben, leisten wir wertvolle Unterstützung. Diese Kunden kommen gerne wieder zu uns.“
Gut ausgestattet
Um konkurrenzfähig anbieten zu können und den steigenden Anforderungen der Kunden gerecht zu werden, wird bei Wien Work der Maschinenpark immer wieder um aktuelles Equipment ergänzt. Derzeit wird auf zwei 4-Achs Fräsmaschinen und drei Drehmaschinen gearbeitet.
Die neueste Errungenschaft ist eine EMCO Hyperturn 665 MCplus mit Gegenspindel, Stangenlader und zusätzlicher B-Achse. Diese wurde letztes Jahr angeschafft und ermöglicht Werkstückdurchmesser bis 430 mm bei einer Drehlänge von 1.050 mm. Über die Sinumerik 840D Powermill Steuerung können, in Verbindung mit der Gegenspindel und B-Achse, komplexe und aufwändige Fräs-, Bohr- und sogar Verzahnungsoperationen in nur einem Arbeitsprozess durchgeführt werden. Kleinere Teile werden auf einer EMCO Turn 365 und einer EMCO Turn 342 hergestellt.
Für Fräsarbeiten stehen sowohl eine MAZAK VTC-200B mit zusätzlichem Schwenktisch, als auch eine DMC 63 V mit 4. Achse und Teileapparat von DMG MORI SEIKI zur Verfügung. Mit einem Verfahrweg von x= 1.120 mm, y = 510 mm und z = 510 mm auf der MAZAK-Maschine können bei Wien Work auch größere Teile problemlos bewältigt werden. Jedoch wird bei Teilegröße und Gewicht bewusst auf eventuelle Einschränkungen der Mitarbeiter Rücksicht genommen.
Neueste Maschine im Betrieb ist eine EMCO Hyperturn 665 MCplus. Mit B-Achse und Stangenlader ausgestattet erlaubt sie umfangreiche, simultane Bearbeitungsoperationen.
Infos zum Anwender
Als integrativer Betrieb beschäftigt Wien Work im Geschäftsbereich Metall in der Zerspanung derzeit 17 Mitarbeiter. Am Standort im Norden Wiens werden mit einem hohen Qualitätsanspruch Einzelteile und Kleinserien für Industrie- und Privatkunden hergestellt.
Wirtschaftlichkeit im Vordergrund
„Da wirtschaftliches Arbeiten im Vordergrund steht, wollen wir aber auch die Arbeitsvorbereitung weiter verbessern, darum wird die Programmierung gerade um die CAM-Lösung ESPRIT (Anm.: Betreut durch die Pimpel GmbH) ergänzt“, gibt der Bereichsleiter einen Ausblick auf künftige Entwicklungen.
„Ein wesentlicher Mehrwert für unsere Kunden ist die Unterstützung im Bereich Umsetzung“, erklärt Josef Kovacs, Produktionsleiter bei Wien Work. „Häufig haben unsere Kunden, die auch aus dem privaten oder künstlerischen Umfeld kommen, keine konkrete Vorstellung, wie sich deren Projekte realisieren lassen. Da helfen wir dann mit unserem Know-how und unserer Erfahrung gerne weiter“, beschreibt der Produktionsleiter dieses Zusatzangebot.
Dass Qualität einen wesentlichen Faktor für den Erfolg von Wien Work darstellt, kann man schon daran erkennen, dass in der Qualitätssicherung nicht nur produktionsbegleitend geprüft wird, sondern auch eine 100 % Endkontrolle durchgeführt wird. „Unsere Kunden sind es gewohnt, dass sie sich auf eine gleichbleibende Qualität verlassen können“, freut sich Kovacs.
Sozialgütesiegel als Qualitätsgarant
Dieser Qualitätsanspruch beschränkt sich aber nicht nur auf die Produktion. Auch soziale, wirtschaftliche und organisatorische Qualitätsstandards werden berücksichtigt. So gelingt es Wien Work auch regelmäßig, mit dem „Gütesiegel für Soziale Unternehmen“ ausgezeichnet zu werden.
Das vom bdv Austria entwickelte Gütesiegel, mit Schwerpunkt Beschäftigung steht für die Einhaltung sozialer, organisatorischer und wirtschaftlicher Qualitätsstandards in sozialen Unternehmen, die sich die berufliche Integration von Menschen mit Benachteiligungen am Arbeitsmarkt zum Ziel gesetzt haben. Dies ist mit freiwilligen Assessments verbunden und wird jährlich vergeben.
Überhaupt liegt ein wesentliches Augenmerk bei Wien Work auf einem angenehmen Arbeitsklima. „Ich bin über einen Freund zu Wien Work gekommen und arbeite jetzt seit über vier Jahren hier. Der kollegiale Umgang und die Möglichkeit sich einzubringen, gefallen mir sehr gut“, wird dies von Thomas Raab, Hauptmaschinenbediener der beiden Fräsmaschinen, bestätigt.
„Ganz besonders stolz sind wir darauf, dass wir seit 2001 regelmäßig mit dem Öko-Business-Siegel ausgezeichnet werden, dessen Ziel es ist, saubere Gewinne für Umwelt und Unternehmen durch ökologisches Wirtschaften zu erzielen und mit Umweltschutz innerhalb der Unternehmen hohe Qualität und finanzielle Vorteile zu sichern“, ergänzt Ulrike Votypka, Beauftragte für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit ein weiteres Highlight des Unternehmens.
Auf Expansionskurs
Die Entwicklung bei Wien Work geht aber weiter. Um zusätzliche Möglichkeiten für Mitarbeiter mit Beeinträchtigungen zu schaffen und auch die steigenden logistischen Herausforderungen besser bewältigen zu können, entsteht derzeit im neuen Wiener Stadtteil Aspern eine neue Betriebsstätte, die künftig auch den Geschäftsbereich Metall beherbergen wird. Auf Barrierefreiheit ausgerichtet, werden dort sowohl die 1.200 m2 große, neue Produktionsstätte, als auch das Zentrallager unmittelbar nebeneinander liegen. Das ermöglicht kürzere Durchlaufzeiten und damit eine noch bessere Auftragsabwicklung.
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