veranstaltung
Die vergessene Alternative zum Schleifen
Erfolgreicher Workshop zum Thema Schaben bei Maschratur: Wie man durch die Technik des Schabens hochgenaue Gleitführungen herstellt und zusätzlich auch ein optimales Stick-Slip-Verhalten erzielt, konnten rund 20 Teilnehmer im November 2018 bei einer Schulung mit Richard King – organisiert von der Firma Maschratur und Biax, die auf die Überholung und Retrofit von Werkzeugmaschinen spezialisiert ist – erlernen. Dabei stand die Technik des Handschabens im Vergleich zum wirtschaftlichen Elektro-Schaben bis hin zur hochgenauen „40-Punkte-Technik“ im Zentrum. Von Ing. Robert Fraunberger, x-technik
Im November 2018 konnten rund 20 Teilnehmer des Workshops bei Maschratur die Technik des Hand- und Elektroschabens erlernen bzw. perfektionieren.
Über Maschratur
Die Firma Maschratur bietet seit 2012 Maschinenreparatur und -überholung sowie NC-Retrofit an älteren Werkzeugmaschinen an. Höchste Genauigkeiten von Führungsbahnen stehen im Vordergrund, um sogar Neumaschinentoleranzen zu unterbieten. Die Technologie des Schabens ist dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor.
MASCHRATUR OG
Gschwandter Straße 14, A-4663 Laakirchen
Tel. +43 650 2207808
office@maschratur.at
www.maschratur.at
Die Firma Maschratur (Maschinenreparatur) mit Sitz in Laakirchen ist vor allem im oberösterreichischen Zentralraum für ihre Kompetenz in der Überholung bzw. im Retrofit von Werkzeugmaschinen bekannt. „Unser Vater hat sich vor rund 25 Jahren selbständig gemacht und über die Zeit enormes Know-how angesammelt, das bei vielen Herstellern leider verloren gegangen ist“, betont Franz Lüftinger, gelernter Werkzeugmacher und einer der beiden Geschäftsführer der Maschratur OG.
Seit rund sechs Jahren bieten die beiden Brüder Franz und Stefan Lüftinger diese spezielle Dienstleistung zuerst nebenberuflich und seit 2017 hauptberuflich wieder an. „Vor allem die Führungen von Maschinen werden über die Jahre sehr beansprucht. Das spiegelt sich natürlich in der Genauigkeit der Bearbeitungen wider. Gleitführungen, die in älteren Werkzeugmaschinen noch sehr häufig vorhanden sind, mit der Technik des Schabens in der nötigen Präzision wiederaufzubereiten, ist einer der wesentlichen Faktoren unserer Tätigkeit“, so Franz Lüftinger weiter.
Die Elektroschaben erfordert eine komplett andere Technik als das Handschaben – das Ergebnis ist jedoch gleich: höchste Genauigkeit sowie optimales Stick-Slip-Verhalten.
Franz Lüftinger
Geschäftsführer Maschratur OG
„Die Vorteile des Elektroschabens sind enorm. Es erfordert jedoch eine ganz andere Technik als das Handschaben, sonst ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend.“
Überholungen vor Ort
Aufgrund des guten Rufes in der Branche ist man auch entsprechend ausgelastet: „Viele Werkzeugmaschinenhersteller servicieren zwar ihre älteren Modelle noch, überholen bzw. reparieren diese aber oft nicht mehr. Da benötigt es dann Spezialisten wie Maschratur“, bringt sich DI (FH) Stefan Lüftinger ein. Eines der letzten Projekte war beispielsweise die Teilüberholung einer CNC-Profilschleifmaschine mit 4,60 Meter Schleiflänge (Bett mit 8,50 Meter) eines oberösterreichischen Lohnfertigers, wie der Geschäftsführer erklärt: „Das Projekt war eine interessante Kombination – das Maschinenbett wurde aufgrund eines Schadens vor Ort wieder eingerichtet, verbliebene lokale Ebenheitsfehler der Montageflächen der Linearschienen wurden nach dem Ausrichten hochpräzise eingeschabt und die neuen Linearführungen montiert. Das Schaben bis hin zur hoch genauen ‚40-Punkte-Technik` ist eine unserer Kernkompetenzen. Damit konnten wir die nötige Präzision wieder gewährleisten und dem Kunden eine Neuinvestition ersparen“, zeigt Stefan Lüftinger die Vorteile des Schabens auf.
Dabei ist sich der Geschäftsführer sicher, dass eine Überholung in Kombination mit einem optionalen NC-Retrofit bei vielen älteren Werkzeugmaschinen sehr wirtschaftlich ist: „Wir bewegen uns da maximal bei der Hälfte der Investitionskosten einer Neumaschine.“ Eine komplette Überholung dauert abhängig von Typ zwischen sechs bis acht Wochen, dabei werden die Neumaschinentoleranzen laut Maschratur sogar oft unterboten.
Stefan Lüftinger
Geschäftsführer Maschratur OG
„Das Schaben bis hin zur hoch genauen ‚40-Punkte-Technik` ist eine unserer Kernkompetenzen. Damit konnten wir die nötige Präzision wieder gewährleisten und unseren Kunden eine Neuinvestition ersparen.“
Schaben weitestgehend verdrängt
Die Technik des Schabens war vor der Entwicklung hochgenauer Führungsbahn-Schleifmaschinen die einzige Möglichkeit, Gleitführungen in der erforderlichen Genauigkeit herzustellen. Wobei auch die Führungen der Führungsbahn-Schleifmaschinen im Regelfall geschabt werden. „Durch die starke Verbreitung der Linearführungen wurde die Gleitführung und somit auch das Schaben an Standard-Dreh-, Fräs- oder Schleifmaschinen weitestgehend verdrängt. Nur mehr bei Werkzeugmaschinen mit sehr hohen Anforderungen an die Genauigkeit, wie bei Rundschleifmaschinen, Koordinatenschleifmaschinen, hochgenaue Bearbeitungszentren oder auch Messmaschinen, wird nach wie vor geschabt“, verdeutlicht Franz Lüftinger.
Neben der Genauigkeit erwähnt er auch einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Vorteil der Technologie: „Durch die Öltaschen, die durch das Schaben entstehen, bietet die Gleitführung zusätzlich auch ein optimales Stick-Slip-Verhalten und verlängert die Lebensdauer deutlich.“
Schulung zum Thema Schaben
Leider kommt das Thema Schaben in keiner aktuellen Ausbildung mehr vor und ist somit in Europa größtenteils in Vergessenheit geraten. Und genau hier setzten die beiden Brüder mit ihrem speziellen Schulungsangebot an: „Wir haben diese Fertigkeiten von unserem Vater übernommen und in weiteren Kursen bei Richard King perfektioniert. Nach den sehr erfolgreichen Schulungen von Richard King im Jahr 2016 und 2017 in Deutschland (erstmals in Europa) ist es uns gelungen, diese letztes Jahr in Zusammenarbeit mit Biax und Richard King nach Österreich zu holen.“
Richard King hat in seiner mehr als 50-jährigen Laufbahn unzählige Werkzeugmaschinen, insbesondere Koordinatenschleifmaschinen, überholt und hält seit Mitte der 70er weltweit Seminare zum Thema Maschinenüberholung und Schaben. Er selbst hat das Wissen von seinem Vater übermittelt bekommen, der seinerseits die Kunst des Schabens von einem Deutschen, der in die USA ausgewandert ist, erlernt hat. „Unsere Seminare sind somit zumindest in Europa die einzige Möglichkeit, um das Schaben unter professioneller Anleitung zu erlernen oder vorhandenes Know-how zu perfektionieren“, so Stefan Lüftinger. Die Teilnehmer im Jahr 2018 kamen demensprechend aus den verschiedensten Ländern Europas – darunter Deutschland, Österreich, England, Norwegen, Niederlande und Spanien.
Beim Workshop stand das Erlernen der hochgenauen „40-Punkte-Technik“ im Zentrum.
Elektroschaber mit vielen Vorteilen
Ein wichtiger Part in den Seminaren ist neben dem klassischen Handschaben auch das Schaben mit Elektroschabern, denn mit diesen könne nochmals um bis zu 70 % effizienter bearbeitet werden. Die Firma Biax tritt dabei als Partner auf und sponsert die Schulungen von Richard King und Maschratur mit entsprechendem Equipment. „Ziel ist das Erlernen der sogenannten ‚40-Punkte-Technik`. Damit erhalten Führungen 40 Tragpunkte pro Quadratzoll (40 ppi) und idealerweise einen Traganteil von 50 bis 60 Prozent (Anm.: Die Anzahl Punkte ist nicht zwingend gleich dem Traganteil. Je nach Größe der Punkte kann der Traganteil variieren). Der Ölfilm kann durch die beim Schaben eingebrachten Vertiefungen nicht mehr abreißen. „Das Elektroschaben erfordert jedoch eine ganz andere Technik als das Handschaben, sonst ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend“, betont Franz Lüftinger. Neben der höheren Genauigkeit ist auch die wesentlich höhere Geschwindigkeit des Schabvorgangs an sich ein enormer Vorteil.
Stick-Slip-Effekt minimiert
Bei hochpräzise geschliffen Führungen liegt der Traganteil gegen 100 % (1 ppi, 100 %). „Das ist zwar extrem genau, jedoch nicht optimal für das Losbrechmoment. Dazu haben wir auch bei einem geschliffenen Drehmaschinenbett, wo die geschliffene Fläche perfekt zum Bett gepasst hat und einen Traganteil von rund 95 % hatte, entsprechende Tests durchgeführt. Durch die hochglatte Oberfläche und den hohen Traganteil haben wir trotz Ölfilm ein Losbrechmoment von 24 kg beim Bewegen des Schlittens gemessen. Nachdem wir dann die Führung komplett eingeschabt haben, reduzierte sich das Losbrechmoment auf 8,0 kg. Was eindeutig beweist, dass der Achsantrieb entsprechend weniger Kraft benötigt und der Stick-Slip-Effekt durch das Schaben nahezu eliminiert wird“, zeigt Franz Lüftinger den sehr positiven, physikalischen Effekt auf.
Maschratur bietet zukünftig Schulungen auch individuell für interessierte Unternehmen an. „Uns ist es ein großes Anliegen, dass die Kunst des Schabens nicht in Vergessenheit gerät und es vor allem mit den richtigen Techniken eine effiziente Alternative zum Schleifen sein kann“, fassen die beiden Lüftingers abschließend zusammen.
www.maschratur.at www.handscraping.com
Teilen: · · Zur Merkliste