interview
Mapal Dr. Jochen Kress: Herausforderungen der Zukunft heute schon angehen
Mitte Juli fand der traditionelle Mapal-Pressetag in Aalen statt – real vor Ort und zur Freude vieler Journalisten. Auch der Fachverlag x-technik folgte der Einladung und wir nutzten die Möglichkeit, mit Dr. Jochen Kress, geschäftsführender Gesellschafter von Mapal, über die Corona-Krise, die Digitalisierung, den Stellenwert von Messen sowie die E-Mobilität zu sprechen. Das Gespräch führte Christof Lampert, x-technik
Dr. Jochen Kress, geschäftsführender Gesellschafter der Mapal Fabrik für Präzisionswerkzeuge Dr. Kress KG
Herr Dr. Kress, welche Auswirkungen hat die Corona-Krise nach nun rund eineinhalb Jahren für Ihr Unternehmen und ist die wirtschaftliche Talsohle bereits durchschritten?
Die Corona-Krise traf die gesamte Branche der Präzisionswerkzeughersteller in erheblichem Maße. Durch das weltweite Herunterfahren der Produktionen verschlechterte sich die Lage der bereits krisengeschüttelten Automobilindustrie weiter und auch unser zweiter großer Markt – die Luftfahrtindustrie – geriet durch Corona schwer ins Wanken. Flugzeuge wurden massenweise storniert, Stahlwerke reduzierten ihre Kapazitäten, Rohstoffe wurden knapp, Lieferketten gerieten durcheinander – das hatte für Mapal erhebliche Auswirkungen und führte zu einem Umsatzrückgang. Ich bin jedoch zuversichtlich und gehe davon aus, dass wir die Talsohle erreicht haben und wir 2023 wieder ein ähnliches Umsatzniveau wie vor der Corona-Krise erreichen werden.
Mapal blickt auf eine 70-jährige, erfolgreiche Firmengeschichte zurück. Von Anfang an war die Entwicklung geprägt von Kontinuität und Innovation – gespeist von schwäbischem Tüftlertum und dem unternehmerischen Mut der Inhaberfamilie Kress.
Während der Corona-Zeit setzten viele Unternehmen verstärkt auf Online-Kanäle. Digitalisierung ist in aller Munde, auch bei Mapal?
Digitalisierung ist ein extrem weites Feld und auch ein Trend, der alle Lebensbereiche umfasst. Wenn wir über die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten sprechen, über den Austausch mit den Mitarbeitern oder unseren Kunden, dann hat sich hier im letzten Jahr bei Mapal einiges getan. Wenn Sie während der Corona-Krise durch die Firma gelaufen sind, wussten Sie teilweise nicht, ob Sonntag oder Mittwoch ist, da Sie durch leere Räume gingen und sich die Büromitarbeiter im Homeoffice befanden. Also ja, auch wir bedienen uns all diesen neuen Möglichkeiten, welche die Digitalisierung bietet und setzen verstärkt verschiedenste Online-Kanäle ein. Wenn wir allerdings von der konsequenten Nutzung der digitalen Möglichkeiten sprechen, sind wir schon mittendrin und immer noch voll mit Ideen.
Das radiale Standard-Fräsprogramm NeoMill von Mapal mit seinen Plan-, Eck-, Nut-, Walzenstirn- und Hochvorschubfräsern steht für höchste Produktivität und Wirtschaftlichkeit insbesondere in der Serienfertigung.
Wie wichtig sind Messen für Ihr Unternehmen und welche Neuheiten werden Sie dem Fachpublikum auf der EMO in Mailand präsentieren?
Man muss sich hier einmal die Frage stellen, welche Funktion hat eine Fachmesse heute noch? Agiert die Messe als Verkaufsmesse, als Ort wo Neuheiten präsentiert werden oder einfach nur als Plattform, auf der man sich austauscht. Für uns waren Messen immer ein Ort der Begegnung, des Austausches, um Informationen und Eindrücke zu sammeln. Hier sehe ich auch den wahren Nutzen einer realen Messe. Ob es allerdings in Zukunft noch so viele unterschiedliche Messen geben muss, das bezweifle ich jedoch sehr.
Bezüglich EMO. Wir werden in Mailand vorwiegend neue Werkzeuge und Lösungen in den Bereichen E-Mobilität, Hydraulik, Werkzeug- und Formenbau, Spanntechnik sowie einiges rund ums Fräsen präsentieren. Wir hoffen wirklich, dass die EMO stattfindet und freuen uns sehr auf den persönlichen Austausch mit unseren Kunden und den Besuchern.
Die c-Com Software unterstützt die Produktionsmitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit und sorgt durch wertvolle Informationen für eine höhere Produktivität. Mithilfe eines DMC Codes speichert c-Com digital Daten zu einem Werkzeug.
Wenn wir von Ihren Produkten sprechen, sehen Sie sich heute schon als Komplettanbieter?
Wir sehen uns definitiv als Komplettanbieter. Das ist auch wichtig und der Anspruch an uns selbst. Wir haben eine sehr hohe Bauteilkompetenz – für gewisse Bauteile sind wir auch in der Lage, alles abzudecken. Das ist auch ein Teil unserer DNA. Unser Ziel ist es, ein verlässlicher Partner für die zerspanende Fertigung zu sein und unseren Kunden mit innovativen und qualitativ hochwertigen Lösungen zum Erfolg zu verhelfen.
Themenwechsel: Wie stehen Sie zur E-Mobilität und was hat das für Auswirkungen auf Ihr Unternehmen?
Fakt ist, dass die E-Mobilität kommt – in Europa sehr viel schneller als in anderen Ländern, da es hier ein erklärter politischer Wille ist. Wie stehe ich dazu? Ich meine, unsere Generation hat die Aufgabe, den CO2-Ausstoß massiv zurückzufahren auf ein Niveau, welches es auch unseren Enkeln noch erlaubt, auf dieser Erde sorgenfrei zu leben. Somit muss etwas passieren. Für Mapal hat das natürlich erhebliche Auswirkungen, da wir ja mit der Bearbeitung von Verbrennungsmotorkomponenten groß geworden sind. Insbesondere mit Zerspanungswerkzeugen für den Zylinderkopf bzw. -block sowie Getriebegehäuse. Als Zulieferer für die Automobilindustrie haben wir uns schon früh mit diesem Thema auseinandergesetzt. Denken Sie nur einmal zurück an die AMB 2017, da gab es auf unserem Stand keine einzige Komponente für Verbrennungsmotoren, sondern nur Werkzeuge und Lösungen für die E-Mobilität. Also ja, die E-Mobilität wird kommen und sie hat auch massive Auswirkungen auf Mapal. Wir sind jedoch gut vorbereitet und haben die E-Mobilität schon sehr früh in die strategische Ausrichtung des Unternehmens einfließen lassen.
Seit rund zwei Jahren beschäftigt sich Mapal intensiv mit Lösungen für den Werkzeug- und Formenbau. Wie war der Start in diese für Sie neue Branche und wie werden Ihre Werkzeuge angenommen?
Das Thema Werkzeug- und Formenbau war für Mapal ein komplettes Neuland und wir mussten hier noch vieles lernen. So kamen wir z. B. von der Großserie in die Kleinstserie, von Großkunden zu Kleinstkunden, von langen Lieferzeiten zu 24 Stunden-Lieferforderungen, von der Bohrungsbearbeitung zu Fräsbearbeitungen usw. Wir haben in den letzten zwei Jahren unsere Hausaufgaben bezüglich Logistik, Vertrieb, schnelle Verfügbarkeit und auch dem Aufbau des Produktprogrammes gemacht. Unser Produktportfolio umfasst nun rund 6.600 Artikel und wir verfügen in diesem Bereich über ein ganzheitliches Programm, das es in dieser Form bisher nicht am Markt gab. Wir sind also auf dem richtigen Weg, die Qualität stimmt, die Kunden vertrauen uns und der Bereich Werkzeug- und Formenbau bei Mapal wächst schön und stetig.
Können Sie uns abschließend noch einen Ausblick für das bestehende Jahr und darüber hinaus geben – einerseits wirtschaftlich und andererseits technologisch?
Dieses Jahr hat für uns sehr gut begonnen. Allerdings verhindert insbesondere der Chipmangel eine weitere Marktbelebung im 2. Halbjahr. Dennoch gehen wir von einer leichten Umsatzsteigerung aus. Wir blicken optimistisch in die Zukunft und sind für den Technologiewandel in der Automobilindustrie bestens gerüstet. Darüber hinaus haben wir die Zeit der Pandemie intensiv genutzt, um neue Produkte und Lösungen zu entwickeln. Besonders im Bereich der Schneidstoffe und Beschichtungen haben wir noch einiges in der Pipeline. Es bleibt also spannend.
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