Deutliche Taktzeitreduzierung bei gleichzeitiger Steigerung der Prozesssicherheit: Iscar bei Worthington

Das Adapterbauteil wird bei Worthington auf der Gegenspindel mit dem Logiq-F-Grip System von Iscar abgestochen, dessen Einsatzbereich bis zu einem Durchmesser von 160 mm reicht.

Vom regionalen Schmiedebetrieb zum Weltmarktführer für Stahl-Gasflaschen – so könnte man die Geschichte der Worthington Cylinders GmbH aus Kienberg (NÖ), dessen Ursprung bis ins Jahr 1814 zurückreicht, zusammenfassen. Das Familienunternehmen ist einer der bedeutendsten metallverarbeitenden Betriebe und Arbeitgeber in der Region „E₂isenwurzen“, deren Name durch die Nähe des in ca. 75 km Entfernung liegenden Erzberges herrührt.

Ein großer Vorteil der Logiq-F-Grip-Spannschäfte ist ihre robuste Konstruktion. Diese ermöglicht vibrationsfreies Abstechen auf der X- und Y-Achse, verlängert die Standzeiten der Schneideinsätze und erhöht die Oberflächengüten und Planebenheiten.

Hochdruckbehälter für Gase

Worthington ist weltweit bekannt für die Entwicklung und Herstellung von Hochdruck-Stahlbehältern, die für die Speicherung sämtlicher Gase eingesetzt werden. „Wir entwickeln und liefern Lösungen für Industriegas- und Tieftemperaturanwendungen sowie den Transport und die Speicherung alternativer Treibstoffe“, fasst Timo Snoeren, Vizepräsident bei Worthington Industries, Sustainable Energy Solutions, zusammen.

Die Produkte aus Niederösterreich kommen in der Industrie für Autogen- bzw. Sauerstoffanwendungen oder beispielsweise als Atemschutzflaschen für die Feuerwehr oder im Tauchsport zum Einsatz. 400 Mitarbeiter verarbeiten in Kienberg jährlich 27.000 Tonnen Stahl. Das entspricht in etwa der Menge von zweieinhalb Eiffeltürmen.

Aufgrund einer Prozessoptimierung durch Iscar konnte die Bearbeitungszeit von 13 auf 5 min reduziert werden: Gefertigt werden die Adapterbauteile in Losgrößen von aktuell 12.000 Stück pro Jahr.

Neues Composite-Werk

Worthington geht zudem neue Wege und stellt sich den Herausforderungen infolge des Klimawandels. So wird seit 2020 eine komplett neue Produktlinie für Hochdruckflaschen zur Speicherung alternativer Treibstoffe vor allem für Nutzfahrzeuge hergestellt. „In unserem neuen Composite-Werk stellen wir hochwertige Speicher- und Transportlösungen sowie On-Board-Betankungssysteme von alternativen Kraftstoffen wie Wasserstoff (H₂) und Erdgas (CNG) her“, so Snoeren weiter und er ergänzt: „Die von uns konstruierten und hergestellten Behälter und Tanksysteme unterstützen letztlich unsere Kunden beim Erreichen ihrer Nachhaltigkeitsziele.“

Wasserstoff kann man nicht in herkömmlichen Stahlflaschen speichern, da dieser mit der Zeit diffundieren würde. Daher sind die neuen Flaschen aus Kunststoff bzw. Aluminum und werden zur Drucksteigerung mit gehärteten Kohlefasern umwickelt. „Unsere Flaschen halten so Drücken von 200 bar (Anm.: für Erdgas) bis 700 bar (Anm.: für Wasserstoff) stand“, bringt sich Patrick Zellhofer, Abteilungsleiter Werkzeugbau und Ausbildung bei Worthington Cylinders GmbH, ein.

Für die Drehbearbeitungen (Schruppen und Schlichten) kommt der Alu P-Turn aus der Logiq-Produktlinie zum Einsatz, dessen Wendeplatten insbesondere für die Bearbeitung von Aluminium entwickelt wurden.

Patrick Zellhofer
Abteilungsleiter Werkzeugbau und Ausbildung bei der Worthington Cylinders GmbH

„Die Zusammenarbeit mit Iscar hat sich in diesem Optimierungsprojekt als ausgezeichnet herausgestellt. Neben der kompetenten Beratung sind die Werkzeuglösungen allesamt hochproduktiv und wirtschaftlich. “

Werkzeugbau gefordert

Aufgrund der neuen Produktlinie ist auch der hauseigene Werkzeugbau in Kienberg gefordert, die Anschlussteile aus einer hochfesten Aluminiumlegierung 7075 für die speziellen Hochdruckflaschen in Serie herzustellen. „Die Adapterstücke dienen als Verbindungsstück zwischen Flasche und dem Messingventil zur Befüllung bzw. Entnahme“, erläutert Zellhofer die Funktion der neuen Bauteile. Die Adapterstücke werden auf die Kunststoffflasche aufgeschraubt und anschließend gemeinsam – wie bereits erwähnt – mit den Kohlefasern umwickelt.

Der Werkzeugbau von Worthington hat verschiedene Aufgabenbereiche. Im Drei-Schicht-Betrieb sind die 18 Mitarbeiter (Anm.: Zusätzlich werden noch 18 Lehrlinge ausgebildet) damit beschäftigt, unterschiedliche Ersatzteile wie Kolbenstangen, Buchsen oder Wellen, Sonderwerkzeuge für die Schmiede, Sonderflaschengewinde sowie seit 2020 eben auch die Anschlussteile für das neue Composite-Werk herzustellen. „Dieser Bauteil stellte uns vor neue Herausforderungen. Sowohl der Werkstoff Aluminium als auch das anspruchsvolle Komplettbearbeitungsverfahren“, so der Werkzeugbauleiter. „Daher haben wir uns für eine Zusammenarbeit mit der Firma Iscar entschieden und auf deren Kompetenz zu vertrauen!“

Die doppelseitigen, positiven Schneideinsätze der Alu P-Turn Produktlinie sind in verschiedenen Versionen erhältlich und ermöglichen lange Standzeiten, stabile Bearbeitungen und sehr hohe Oberflächengüten.

Komplettbearbeitung optimiert

Gefertigt werden die Adapterstücke auf zwei baugleichen CNC-Drehzentren Maxturn 65 von Emco. „Begonnen haben wir mit einer Taktzeit von mehr als 30 Minuten. Gemeinsam mit Iscar haben wir die Herausforderung angenommen und den Bearbeitungsprozess so weit optimiert, dass wir aktuell nur mehr etwas mehr als fünf Minuten für einen Bauteil benötigen“, zeigt sich Zellhofer von der Zusammenarbeit mit Iscar begeistert.

Für den Abteilungsleiter trennt sich bei Projekten wie diesen die Spreu vom Weizen: „Iscar hat hier verglichen zu anderen Lieferanten eine hervorragende Arbeit geleistet. Die Unterstützung war vom ersten Bauteil an vorhanden. Bei Rückfragen wird sofort reagiert und wir fühlen uns daher bestens betreut.“

Zum Fräsen der Schlüsselweiten kommt der Multi-Master-Planfräskopf T-Face MM FM Ø12 mit sechs Zähnen zum Einsatz. Damit können sehr hohe Vorschübe realisiert werden. (Anm.: In diesem Fall ist die lange Auskragung des Werkzeugs aufgrund weiterer Bearbeitungen notwendig).

Zijat Halili
Technische Beratung und Vertrieb bei der Iscar Austria GmbH

„Mich freut es persönlich sehr, dass wir nicht zuletzt aufgrund unserer guten Arbeit die Firma Worthington bei der Einführung der Serienbearbeitung unterstützen konnten. “

Prozesssicherheit und Produktivitätssteigerung

Für diese gute Betreuung ist nicht zuletzt Zijat Halili, Technische Beratung und Vertrieb bei der Iscar Austria GmbH, verantwortlich, der gemeinsam mit seinen Kollegen das Optimierungsprojekt bei Worthington betreut. „Mit den bei Worthington vorhandenen Werkzeugen konnten wir durch eine verbesserte Prozessauslegung die Bearbeitungszeit auf rund 13 Minuten reduzieren. Für eine weitere Optimierung war es aber notwendig, eine komplett neue Bearbeitungsstrategie auszuarbeiten, die auch den Einsatz der neuesten Werkzeuglösungen von Iscar beinhaltete.“

Der Bauteil an sich bringt laut dem Iscar-Techniker nicht die große Herausforderung mit sich – die Toleranzen bewegen sich im niedrigen einstelligen Hundertstel-Bereich und der Werkstoff sei mit den richtigen Geometrien gut zu zerspanen. „Grundsätzlich war es wichtig, die Bearbeitung aufgrund der Einlegearbeit absolut prozesssicher auszulegen – also vor allem den Spanbruch zu kontrollieren. Zudem konnten wir die Bearbeitungszeit nochmals halbieren und somit die Produktivität deutlich steigern. Somit kann Worthington die aktuell benötigten Jahresstückzahlen von mehr als 12.000 mit dem bestehenden Set-up herstellen.“

Durch den Einsatz des Sumocham-Wechselkopfbohrsystems konnte der Vorschub von f = 0,15 auf 0,5 mm/U erhöht werden.

Patrick Musil
CNC-Techniker und Programmierung bei der Worthington Cylinders GmbH

„Die Iscar-Werkzeuge sind hervorragend. Nicht nur die Schnittdaten überzeugen mich, auch die Standzeiten sowie die einfache Handhabung bei einem Werkzeugwechsel sind sehr zufriedenstellend.“

Einsatz der neuesten Werkzeuglösungen

Dieser Optimierungsprozess wurde seitens Iscar mit der Implementierung der neuesten Werkzeugtechnologien samt Schnittdaten sowie entsprechender Zeitstudien begleitet. „Wir haben bei allen 13 Bearbeitungsschritten ausschließlich Werkzeuge von Iscar im Einsatz“, bestätigt Zellhofer. Hervorzuheben sind laut dem Werkzeugbauleiter vor allem vier Lösungen.

Für die Drehbearbeitungen (Schruppen und Schlichten) kommt die Alu P-Turn aus der Logiq-Produktlinie auf JHP-Haltern mit zielgerichteter Kühlung zum Einsatz. Iscar hat die Wendeplatten insbesondere für die Bearbeitung von Aluminium, aber auch anderen Nichteisen-Metallen entwickelt. „Die doppelseitigen, positiven Schneideinsätze sind in verschiedenen Versionen erhältlich und ermöglichen lange Standzeiten, stabile Bearbeitungen und sehr hohe Oberflächengüten. Zudem ist die Prozesssicherheit durch einen kontrollierten Spanbruch gegeben“, begründet Halili die Auswahl. Der stark positive Spanwinkel in Kombination mit polierten Spanflächen minimiert darüber hinaus die Gefahr einer Aufbauschneidenbildung.

Zum Fräsen der Schlüsselweiten setzt man anstelle eines Vollhartmetallfräsers auf den Multi-Master-Planfräskopf T-Face (MM FM). Dieser wurde speziell zum Plan- und Eckfräsen in engen und begrenzten Arbeitsräumen auf Fräsmaschinen sowie für angetriebene Einheiten auf Drehmaschinen entwickelt. „Durch die sehr, sehr kurze Auskraglänge – speziell erreicht durch Aufnahmen in den verschiedenen ER-Größen der angetriebenen Einheiten – bietet der T-Face eine sehr hohe Stabilität. Eine enge Zahnteilung sorgt für hohe Vorschubwerte und angepasste Geometrien liefern eine exzellente Oberflächengüte. Dazu kommen minimale Nebenzeiten dank Wechselkopftechnologie“, fasst der Iscar-Vertriebstechniker die Vorteile des Frässystems zusammen.

Durch den Einsatz des Sumocham-Wechselkopfbohrsystems zum Bohren konnte der Vorschub von f = 0,15 auf 0,5 mm/U erhöht werden. „Das ist zwar nicht unbedingt taktzeitbestimmend, aber sehr, sehr beeindruckend. Zudem haben sich mit der Umstellung sowohl die Prozesssicherheit, die Oberflächengüte sowie die Werkzeugwechselzeiten verbessert“, zeigt sich Zellhofer zufrieden.

Abstechen bis Durchmesser 160 mm

Der wohl größte Zeitgewinn wurde durch die Umstellung des Abstechprozesses auf der Gegenspindel erzielt. Hier kommt das Logiq-F-Grip-System zum Einsatz, denn mit dem speziellen Werkzeughalter hat Iscar ein sehr stabiles System zum vibrationsfreien Abstechen im Programm, deren Einsatzbereich erst vor Kurzem bis zu einem Durchmesser von 160 mm erweitert wurde. Die Bauteile von Worthington weisen einen Durchmesser bis 140 mm auf. „Möglich wird das mit den neuen D160-Spannschäften und -Schneidenträgern. Die quadratischen Adapter weisen vier Plattensitze auf“, geht Halili ins Detail. Das System ist für alle Maschinentypen geeignet und somit auch sehr flexibel zum X- und Y-Abstechen einsetzbar.

Ein großer Vorteil der Logiq-F-Grip-Spannschäfte ist ihre robuste Konstruktion. „Diese ermöglicht vibrationsfreies Abstechen auf der X- und Y-Achse, verlängert die Standzeiten der Schneideinsätze und erhöht die Oberflächengüten und Planebenheiten“, ergänzt der Zerspanungstechniker. Zudem lässt sich mit der stabilen Lösung der Vorschub deutlich erhöhen, die Schnittbreite bei großen Stechtiefen reduzieren und damit der Rohstoffverbrauch verringern.

Bemerkenswertes Ergebnis

Die fertigen Adapterstücke werden bei Worthington mit einem QR-Code lasermakiert und nach einem vorgegebenen Prüfprotokoll vermessen. Seitdem der Prozess nun vollständig auf Werkzeuge von Iscar umgestellt wurde, ist auch jeder Bauteil ein Gutteil. „Das freut uns natürlich sehr. Iscar ist ein sehr innovativer Werkzeughersteller, mit immer neuen Lösungen und Bearbeitungsmöglichkeiten. Gerade dieser Bauteil hat uns gezeigt, dass wir speziell mit unseren Logiq-Produkten andere Wege gehen können und damit die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit unserer Kunden nochmals steigern können“, fasst Zijat Halili zusammen.

Worthington hat die Herausforderung der Serienbearbeitung angenommen und mit einem bemerkenswerten Ergebnis einer markanten Taktzeitreduzierung gemeistert „Grundsätzlich sehen wir große Vorteile, auch Serienbauteile bei uns im Haus zu fertigen, trotzdem standen wir gerade bei diesem Projekt in Konkurrenz zu externen Zulieferern. Durch den Optimierungsprozess seitens Iscar konnten wir sowohl fertigungstechnisch als auch wirtschaftlich voll überzeugen“, freut sich Patrick Zellhofer abschließend über das Erreichte.