Königsdisziplin Auskammern

Innenbearbeitungskompetenz von WFL – Teil 3/3: Der dritte Teil der Thementrilogie „Innenbearbeitungskompetenz von WFL“ ist ganz dem Thema Auskammerungen gewidmet. In Verbindung mit speziellen Werkzeugen bieten auch hier die Komplettbearbeitungszentren der WFL Millturn Technologies GmbH & Co. KG Lösungen, die komplexe Bearbeitung mit geringstem Rüstaufwand ermöglichen. Autor: Georg Schöpf / x-technik

Martin Kaukal
Verkaufsleitung bei WFL

„Unsere Komplettbearbeitungszentren bieten die Möglichkeit mehrere Sonderdisziplinen der Innenbearbeitung auf einer einzigen Maschine umzusetzen. Spann- und Rüstvorgänge werden minimiert, weil Tieflochbohren, Ausdrehen und Auskammern ohne Umspannen erfolgen können. Damit kann beste Oberflächenqualität bei höchster Präzision prozesssicher in einer einzigen Aufspannung erreicht werden.“

Nachdem im ersten Teil der Trilogie das Tieflochbohren und im Teil 2 das Innendrehen behandelt wurde (Anm.: Ausgabe 4/September bzw. 5/Oktober 2014), wird in diesem abschließenden Teil die Königsdisziplin der Innenbearbeitung, das Auskammern, näher beleuchtet. Bei WFL unterscheidet man dabei zwei wesentliche Gruppen: Auskammerungen im Zentrum eines rotierneden Werkstücks bzw. außerhalb des Zentrums eines Werkstückes mit rotierendem Werkzeug. Dabei liegen die größeren Herausforderungen naturgemäß in der zweiten Variante.

Beiden Bearbeitungsvorgängen gemein ist die Anforderung, die speziellen Werkzeuge geeignet anzusteuern. Für Auskammerungen stehen auf dem Markt im Wesentlichen die Werkzeuge von Cogsdill und ITS zur Verfügung. Bei beiden Werkzeugherstellern können – auf der Grundlage eines Werkzeugträgers mit definiertem Basisdurchmesser – an der Kopfseite des Werkzeuges Schneidmittelträger radial ausgesteuert werden. Dies erfolgt in der Regel durch einen Mechanismus, der über eine zusätzliche, rotierende Achse im Werkzeugzentrum angetrieben wird. Bei Dreh-/Fräsbearbeitungszentren steht dafür generell die Spindelachse der Werkzeugträgereinheit zur Verfügung.

Bei der Variante 2 wird eine zusätzliche U-Achse erforderlich. Neben der Anforderung, beide Funktionen im Werkzeug zu vereinen, besteht die zusätzliche Herausforderung diese Werkzeuge sicher zu spannen. Bei großen Auskraglängen wird zusätzlich eine Kompensation des Werkzeugdurchhanges erforderlich. Am Rande erwähnt sei, dass Auskammervorgänge in der Regel ziehend gefertigt werden, um ein Ausweichen des Werkzeuges durch Druckspannung in der Werkzeughülse zu verhindern. Zusätzlich erfolgt durch das Ziehen eine weitere Zentrierung des Werkzeugs im Werkstück.

Abgestütztes Arbeiten

Wie in Teil 2 beschrieben, bietet die WFL mit ihrer Prismenwerkzeugschnittstelle eine besonders prozesssichere und stabile Lösung für die Werkzeugaufnahme an. Aussteuerwerkzeuge sind durch die enthaltene Mechanik aber im Vergleich schwerer als vergleichbare Innendrehwerkzeuge. Außerdem verringert diese Mechanik die Eigensteifigkeit der Werkzeuge. Diesem Umstand geschuldet werden lange Werkzeuge für Auskammerungen mit Abstützvorrichtungen in Form von Führungsbüchsen – sogenannten Piloten – versehen. Diese stabilisieren das Werkzeug nahe an der Schneide. Diese Führungsbüchse muss passungsgenau den Durchmesser der Basisbohrung aufweisen. Das Material der Führungsleisten muss dabei so gewählt werden, dass es einerseits selbst möglichst geringen Verschleiß aufweist und andererseits die Oberfläche der Basisbohrung nicht beschädigt.

Der Schlüssel für eine saubere Führung des Aussteuerwerkzeuges liegt demnach in einem geeigneten Aufbohrverfahren für die Führungsbohrung. Bei besonders langen Basisbohrungen sowie bei langen Auskammerungen und Stufenauskammerungen wird fallweise sogar eine Mehrfachabstützung erforderlich. „Wir haben es üblicherweise mit Basisbohrungsdurchmessern von 35 bis 100 mm zu tun“, bemerkt Martin Kaukal, Verkaufsleiter bei WFL. „Dabei können wir bei einem Basisdurchmesser von 100 mm einen Bearbeitungsdurchmesser von bis zu 180 mm erreichen“, fügt er hinzu.

Knackpunkt Spanabtransport

Eine besondere Herausforderung bei Auskammerungen stellt der Spanabtransport dar. Erfolgt die Bearbeitung in einer Durchgangsbohrung, können die Späne mittels Kühlschmierstoff einfach durch die Werkstückspindel aus der Bohrung gespült werden. Anders sieht dies bei Sacklöchern aus. Dort ist es zwingend erforderlich, Fließspäne zu verhindern, die sich beim Bearbeitungsvorgang um das Werkzeug wickeln könnten.

Bei Werkstoffen wie Nickelbasislegierungen oder Titan treten diese besonders häufig auf und lassen sich oft trotz angepasster Schneidengeometrie nicht verhindern. WFL hat sich auch dazu etwas Besonderes einfallen lassen. „Wir brechen den Span mit extrem hohem Kühlschmiermitteldruck direkt an der Schneide. Zusätzlich sorgen wir mit einem besonders hohen KSS-Volumen dafür, dass die Späne durch geeignete Kanäle weggeführt werden“ schildert Kaukal weiter.

Problematik Werkzeugstandzeit

Als „besonders knifflig“ gilt die Thematik großer Auskammerungen und Sondergeometrien. „Hierbei kämpft man insbesondere mit der Problematik der Werkzeugstandzeit. Man kommt oft nicht umhin, eine Bearbeitung in mehreren Schritten durchzuführen. Ist die Schneide abgenutzt, muss man mit dem Werkzeug auszufahren und mit neuer Schneide erneut einzufahren. Dann wieder nahtlos anzusetzen, erfordert viel Know-how in der Definition der Bearbeitungsstrategie und in der Kompensation von Veränderungen“, geht Reinhard Koll, Leiter Anwendungstechnik bei WFL ins Detail. „Wir vertrauen dabei auf ein von uns entwickeltes prozessbegleitendes Messverfahren, das zu jeder Zeit Auskunft über Werkzeugzustand, Kühlschmiermittelversorgung und Werkstückdimensionen liefert. Korrekturen können dadurch unmittelbar im Prozess vorgenommen werden“, ergänzt er.

Die Werkzeuge für Auskammerungen können bis zu einer Länge von 2.500 mm und 180 kg Werkzeuggewicht bequem im Bohrstangenmagazin vorgehalten und automatisch eingewechselt werden. „Es kommt hinzu, dass bei großen Bearbeitungslängen und abgestuften Auskammerungsdurchmessern irgendwann die Möglichkeit der Abstützung verloren geht“, ergänzt Reinhard Koll. „Mit im Bearbeitungsprozess veränderbaren Piloten und Führungsbüchsen kann man nur bis zu einem gewissen Grad dagegenhalten. Dazu wird allerdings noch eine zusätzliche Ansteuerung der Piloten erforderlich“, fügt er erklärend hinzu.

Quer bearbeitet

Als dritte Disziplin im Bereich der Auskammerungen und Sondergeometrien seien noch Bearbeitungen quer zur Werkstückspindelrichtung genannt. WFL bietet dazu die Bearbeitung über den D`Andrea Plandrehkopf. Mit darin gespannten Werkzeugen können Ausspindel- und Plandrehvorgänge in unterschiedlichen Winkeln zur Werkstückachse vorgenommen werden.

Zusammenfassend betrachtet bieten die Bearbeitungszentren von WFL sämtliche, notwendigen Operationen der Innenbearbeitung. Diese werdenauf nur einer Maschine, in einer Aufspannung ausgeführt – und das auf Spezialmaschinenniveau. Die Werkzeugbereitstellung für alle Bearbeitungsschritte in den integrierten Werkzeug- und Bohrstangenmagazinen erleichtern einen reibungslosen Ablauf. Das Anwendungs-Know-how der Linzer Zerspanungsexperten gewährleistet, mit der Definition geeigneter Bearbeitungsstrategien, ein produktives, prozesssicheres Arbeiten.

Reinhard Koll
Leiter Anwendungstechnik bei WFL

„Bei derart komplexen Aussteuerbearbeitungen ist eine begleitende Überwachung der Prozesskräfte bzw. der Kühlmittelversorgung des Werkzeuges genauso wichtig wie das Sicherstellen der Bearbeitungsqualität durch integrierte Messoperationen.“

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