anwenderreportage

Paul Horn Supermini Typ 105: Optimierte Titanbearbeitung

Die Christoph Miethke GmbH & Co. KG aus Potsdam (D) forscht leidenschaftlich an der Entwicklung einzigartiger und innovativer Produktlösungen und stellt dabei den Status quo immer wieder in Frage. Für seine neurochirurgischen Implantate ist sich das Unternehmen der hohen Verantwortung an die Funktionalität, Sicherheit und hohe Produktqualität bewusst. Denn hinter jedem eingesetzten Implantat steht die Lebensqualität und das Vertrauen eines an Hydrocephalus erkrankten Menschen. Für die Fertigung der einzelnen Bauteile aus Titan setzen die Potsdamer auf Präzisionswerkzeuge von Horn, in Österreich vertreten durch Wedco.

Axialstechen des Ventildeckels mit dem Werkzeugsystem Supermini Typ 105 von Horn. (Bilder: Horn/Sauermann)

Axialstechen des Ventildeckels mit dem Werkzeugsystem Supermini Typ 105 von Horn. (Bilder: Horn/Sauermann)

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Aufgabenstellung: Fertigung von Bauteilen aus Titan für neurochirurgische Implantate.

Lösung: Präzisionswerkzeuge von Horn: Werkzeugsystem Supermini Typ 105; profilierte, dreischneidige Wendeschneidplatte des Typs S32T.

Nutzen: Standzeit gesteigert; Rüstzeit gespart.

Das menschliche Ventrikelsystem, bestehend aus vier miteinander verbundenen Hirnkammern (Ventrikeln), und das darin zirkulierende Hirnwasser versorgen das Gehirn mit Nährstoffen. Alle vier Ventrikel sind miteinander verbunden und in ihnen zirkulieren beim erwachsenen Menschen etwa 120 ml Hirnwasser. Weitere etwa 30 ml Hirnwasser zirkulieren im sogenannten äußeren Liquorraum und umspülen das Gehirn. Die Aufgabe des Hirnwassers besteht darin, das Gehirn vor mechanischer Schädigung zu schützen. Es regelt außerdem den Hirninnendruck, hält das Hirngewebe feucht und transportiert Stoffwechselprodukte.

Jeden Tag produziert der Körper eines Erwachsenen ca. 500 ml neues Hirnwasser, was schließlich vom venösen Blutsystem wieder aufgenommen wird, so dass das Hirnwasser sozusagen etwa dreimal täglich ausgetauscht wird. Beim gesunden Menschen besteht ein Gleichgewicht zwischen Produktion und Resorption des Hirnwassers. Beim Hydrocephalus wird in der Regel mehr Liquor produziert als aufgenommen werden kann, und es kommt zu einer Vergrößerung der Hirnkammern und folgend zu einer Steigerung des Hirndrucks. Genau hier kommen die neurochirurgischen Implantate der Christoph Miethke GmbH & Co. KG zum Einsatz.

Schlichten der Deckelpassung mit dem Sonderwerkzeug Supermini Typ 105.

Schlichten der Deckelpassung mit dem Sonderwerkzeug Supermini Typ 105.

Infos zum Anwender

Die Christoph Miethke GmbH & Co. KG ist ein Medizintechnikunternehmen, das sich seit 1992 zu einem weltweit agierenden Mittelständler entwickelt hat. Heute sind 220 Mitarbeiter an aktuell vier Standorten in Potsdam (D) tätig. Das Portfolio umfasst innovative, neurochirurgische Implantate zur Therapie des Hydrocephalus.

www.miethke.com

Regulierung des Hirninnendrucks

Die Operation zur Implantation eines sogenannten Shuntsystems ist im Vergleich zu anderen neurochirurgischen Eingriffen im Allgemeinen weder gefährlich noch schwierig. Die Ableitungssysteme bestehen aus einem Ventil zur Regulierung des Hirninnendrucks und Kathetern, durch die das Hirnwasser abgeführt wird. Für die Implantation eines solchen Shuntsystems macht der Neurochirurg einige kleine Schnitte, um das Shuntsystem gut zu großen Teilen im Unterhautgewebe platzieren zu können – nur der Ventrikelkatheter muss bis in die Ventrikel und das Ende des ableitenden Katheters in die entsprechende Körperhöhle (Bauchraum oder über eine der Halsvenen in den rechten Herzvorhof) vorgeschoben werden. Um den Ventrikelkatheter in einem der seitlichen Ventrikel zu platzieren, bohrt der Neurochirurg ein Loch durch den Schädelknochen. Der Rest der ableitenden Katheter sowie das Ventil liegen direkt unter dem Hautgewebe, wobei das Ventil entweder auf dem Schädelknochen in der Region hinter dem Ohr, im Thoraxbereich oder im Lumbalbereich platziert wird.

„Für den Einsatz als Implantat müssen wir in der Fertigung ständig die bestmögliche Qualität der Bauteile liefern. Dazu zählt auch, dass wir uns immer mit der Optimierung der Fertigungsprozesse beschäftigen“, erzählt Willi Engel, Zerspaner bei Miethke. Werkzeuge von Horn kommen in zahlreichen Bearbeitungen in der Miethke-Fertigung zum Einsatz. „Wir arbeiten seit über zwei Jahren intensiv mit Horn zusammen. Mit den zuständigen technischen Beratern haben wir immer Ansprechpartner, welche uns mit Rat und Tat zur Seite stehen“, so Engel.

Das fertig montierte Implantat zur Behandlung eines Hydrocephalus. (Bild: Christoph Miethke GmbH & Co. KG)

Das fertig montierte Implantat zur Behandlung eines Hydrocephalus. (Bild: Christoph Miethke GmbH & Co. KG)

Hohe Werkzeuganforderungen

Für die Fertigung des dünnwandigen Ventildeckels aus Titan für das Ventil proGAV 2.0 kommt das System Supermini des Typs 105 zum Einsatz. Zum einen ein Werkzeug für die Axialeinstiche und zum anderen ein Sonderwerkzeug zum Schlichten der Deckelpassung. „Für die schmale Passung am Deckel mit einer Länge von 0,5 mm mussten wir das Supermini-Werkzeug mit einem Eckenradius von 0,05 mm auslegen“, erläutert Horn-Techniker Christian Gries und Willi Engel ergänzt: „Die Schwierigkeit stellt sich bei der Bearbeitung von Titan immer in der Abführung der Wärme sowie bei der Kontrolle der Späne. Für den Einsatz als Implantat haben wir strenge Kriterien an die Oberfläche und an die Gratfreiheit des Bauteils.“

Durch die Optimierung der Verfahrwege durch ein CAM-System konnten die erfahrenen Kollegen der spanenden Fertigung die Standzeit von ursprünglich 1.000 auf nun 2.000 Bauteile verdoppeln. „Wir haben die richtigen Wege gefunden, um die Leistung der Schneidplatten optimal zu nutzen“, erzählt Engel. Der Ventildeckel ist bei Miethke mit mehreren 10.000 Stück im Jahr ein Dauerläufer auf der Maschine.

Beim Axialstechen und Schlichten des Ventildeckels aus Titan setzt Miethke auf das System Supermini Typ 105.

Beim Axialstechen und Schlichten des Ventildeckels aus Titan setzt Miethke auf das System Supermini Typ 105.

Einsparung von 20 Sekunden pro Bauteil

Eine weitere Prozessoptimierung verlangte die Fertigung der Schlauchtüllen für Reservoire. An den Tüllen sind im Einsatz Silikonschläuche befestigt. Die Form der Tülle wurde kopiert. Hier bestand aufgrund der Formtreue und des hohen Zeitbedarfs der Bearbeitung und beim Rüsten Handlungsbedarf. Gries schlug vor, das Kopieren durch den Einsatz einer profilierten, dreischneidigen Wendeschneidplatte des Typs S32T zu ersetzen. „Das Stechen der Form sowie der gleichzeitige Abstich der Tülle kann auf diese Weise in einem Arbeitsgang erledigt werden“, schildert der Horn-Techniker.

Die Umsetzung der Bearbeitung gelang den Verantwortlichen innerhalb von sechs Wochen. Die ersten Tests der präzisionsgeschliffenen Wendeschneidplatte verliefen schon positiv. Jedoch entstand beim Abstich ein kleiner Grat. Die Optimierung des Schneidenprofils und die Verlängerung der Schleppschneide brachten dann den erwünschten Erfolg. „Wir lieferten zwei Varianten des Sonderwerkzeuges innerhalb von sechs Wochen. Das Horn-Greenline-System ermöglicht es uns, schnell zu reagieren“, erzählt Gries. Auch Engel ist mit der Umsetzung zufrieden: „Wir fertigen von der Tülle mehrere 10.000 Teile im Jahr. Durch die Umstellung sparen wir jetzt rund 20 Sekunden pro Bauteil ein. Die Standzeit konnten wir pro Schneide auf 1.500 Tüllen steigern. Zudem sparen wir uns Rüstzeiten.“

Durch den Wechsel auf das profilierte Sonderwerkzeug des Typs S32T konnte Miethke rund 20 Sekunden pro Bauteil einsparen.

Durch den Wechsel auf das profilierte Sonderwerkzeug des Typs S32T konnte Miethke rund 20 Sekunden pro Bauteil einsparen.

Intensive Zusammenarbeit seit über zwei Jahren: Miethke Technologie-Experte Willi Engel (Mitte) im Gespräch mit dem Horn-Anwendungstechniker Enrico Koitek (links) und dem technischen Vertriebsmitarbeiter Christian Gries (rechts).

Intensive Zusammenarbeit seit über zwei Jahren: Miethke Technologie-Experte Willi Engel (Mitte) im Gespräch mit dem Horn-Anwendungstechniker Enrico Koitek (links) und dem technischen Vertriebsmitarbeiter Christian Gries (rechts).

Erfolgreiche Zusammenarbeit

Zusätzlich zu einem Shuntsystem kann eine (pädiatrische) Vorkammer integriert und auf der Schädeldecke positioniert werden. Eine solche Vorkammer ermöglicht die Liquorentnahme, Medikamentenapplikation und Druckkontrolle. Eine Entnahme von Liquor und Zugabe von Medikamenten kann durch die Punktion der Silikonmembran mit einer Kanüle erfolgen. Der Titanboden verhindert dabei das Durchstechen mit einer Kanüle. Auch bei diesem Bauteil setzt die Fertigung von Miethke auf das Supermini System Typ 105. Für eine 8H7-Bohrung kommt ebenfalls dieses System zum Tragen. Mit der HP-Geometrie wird zuerst ins Volle auf den Durchmesser von 7,0 mm vorgebohrt. Für die Fertigung des Endmaßes auf den Durchmesser 8H7 kommt eine Axial-Geometrie zum Einsatz.

Die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Miethke und Horn bewertet Willi Engel positiv: „Es wird seitens Horn immer versucht, vieles möglich zu machen. Auch wenn es mal nicht klappt, finde ich den Einsatz und das Engagement richtig super.“

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