Stufenbohrfräser fertigt gratfreie Querbohrungen

Spezielle Vollhartmetallbohrer mit Vorschneidstufe sorgen im BOSCH-Werk Homburg/Saar (D) bei der Fertigung von CR-Injektoren für nahezu gratfreie Querbohrungen. Daraus resultieren mehr Prozesssicherheit sowie der Wegfall von Arbeitsgängen, Werkzeugen, Werkzeugwechsel und auch Produktionseinrichtungen – bei gleichzeitig höherer Produktqualität.

Dieses Bild zeigt links Michael Walter, Anwendungstechniker in der Abteilung W350 und rechts Rainer Lauffer, als Fertigungsplaner im HoP1 zuständig für Werkzeugplanung, Werkzeugtechnologie, Toolmanagement IPN Diesel Systems CR-Injektor in der Abteilung HoP1/MOE6.2 beide bei BOSCH im Werk Homburg.

Dieses Bild zeigt links Michael Walter, Anwendungstechniker in der Abteilung W350 und rechts Rainer Lauffer, als Fertigungsplaner im HoP1 zuständig für Werkzeugplanung, Werkzeugtechnologie, Toolmanagement IPN Diesel Systems CR-Injektor in der Abteilung HoP1/MOE6.2 beide bei BOSCH im Werk Homburg.

Rainer Lauffer
Fertigungsplaner bei der Robert Bosch GmbH im Werk Homburg

„Das Projekt „Gratfreie bzw. gratminimierte Bohrungen erzeugen“ darf ohne jegliche Einschränkung als Erfolgsstory bezeichnet werden.“

Autor: Edgar Gründler / Freier Redakteur

Die BOSCH-Gruppe zählt mit knapp EUR 52 Mrd. Umsatz und über 300.000 Mitarbeitern zu den weltgrößten Technologie-Unternehmen mit sehr hohem Eigenfertigungsgrad. Allein im Bereich Kraftfahrzeugtechnik werden 59 % des Umsatzes erwirtschaftet. Im Geschäft mit Diesel-Einspritzsystemen ist BOSCH Weltmarktführer und stellt in seinem internationalen Fertigungsverbund jährlich u. a. Millionen von Diesel- und Benzin-Einspritzsystemen sowie die Komponenten und Baugruppen dafür her.

Die gesamte Belegschaft in den Werken 1 und 2 zählt aktuell über 6.000 Personen – davon im Produktionswerk 1 (HoP1) über 5.000. Mit der Kombination aus qualifizierten Fachkräften und einem modernen Maschinenpark ist man in der Lage, die größtenteils eher komplexen Komponenten und Baugruppen für CRI-/CRIN-Einspritzsysteme wirtschaftlich produzieren zu können – zumal man sich dem internen und auch dem externen Wettbewerb stellen muss.

Ausschnitt des Injektorkörpers mit dem Bohrungseintritt für die Kugelverschlussbohrung – die Bohrung wird je nach Bohrdurchmesser ohne Anspiegelung mit dem HAM-Stufenbohrfräser in einem Arbeitsgang eingebracht.

Ausschnitt des Injektorkörpers mit dem Bohrungseintritt für die Kugelverschlussbohrung – die Bohrung wird je nach Bohrdurchmesser ohne Anspiegelung mit dem HAM-Stufenbohrfräser in einem Arbeitsgang eingebracht.

Prozesssichere Serienproduktion kritischer Bauteile

Folgerichtig werden, wie an allen anderen BOSCH-Standorten, auch in den Homburger Werken permanent Maßnahmen initiiert, um die Wirtschaftlichkeit der konsequent qualitätsorientierten Produktion auf Dauer sicherzustellen – selbstverständlich auch im Bereich der Produktion bzw. der mechanischen Bearbeitung von Injektorkörpern für die erwähnten CRI- und CRIN-Dieseleinspritzsysteme.

Rainer Lauffer, bei der Robert Bosch GmbH im Werk Homburg, als Fertigungsplaner zuständig für Werkzeugplanung, Werkzeugtechnologie und Toolmanagement, erklärt: „Das in Millionen-Stückzahlen zu produzierende Bauteil Injektorkörper aus dem Werkstoff 50CrMo4 (37 HRC) stellte uns bezüglich einer erforderlichen Querbohrung zur Herstellung der inneren Kanal-Verbindung für den Medienrückfluss (Diesel) immer wieder vor große Probleme. Querbohren heißt nämlich in dem Fall, auf einer Transferstraßenstation mit einem Bohrer Durchmesser 2,00 mm ohne Anspiegelung in Schräglage anbohren und dann über die Steigbohrung ca. 8 mm tief bohren. Im zweiten Arbeitsgang erfolgt das Reiben auf das eng tolerierte Endmaß mit Durchmesser 2,25 mm. In diese Passung wird schließlich mit hohem Druck eine präzise Kugel gepresst, um die Eintrittsöffnung der Querbohrung sicher zu verschließen (Kugelverschlussbohrung). Mit die größten Probleme ergaben sich durch innere Bohrgrate, ausgehend vom hohen Schnittdruck herkömmlicher Bohrwerkzeuge, die wir nur mit Hilfe von elektrochemischer Entgrattechnologie (ECM) beseitigen konnten.“

Allerdings führten beim elektrochemischen Entgraten unweigerlich auftretende, physikalische Materialveränderungen zu Nachteilen hinsichtlich gleichbleibender Produktqualität, weshalb sich Rainer Lauffer und Kollegen auf die Suche nach alternativen Bearbeitungsmöglichkeiten begaben.

Steffen Baur – Techn. Verkaufsberater und Projekt Engineering bei HAM – mit einem Vollhartmetallstufenbohrfräser mit Vorschneidstufe (Durchmesser 1,87 mm) zum kombinierten Bohren und Reiben (Fertigdurchmesser 2,25 mm) von 8 mm tiefen Querbohrungen ohne Anspiegelung.

Steffen Baur – Techn. Verkaufsberater und Projekt Engineering bei HAM – mit einem Vollhartmetallstufenbohrfräser mit Vorschneidstufe (Durchmesser 1,87 mm) zum kombinierten Bohren und Reiben (Fertigdurchmesser 2,25 mm) von 8 mm tiefen Querbohrungen ohne Anspiegelung.

Stufenbohrfräser zur reproduzierbar gratfreien Herstellung von Querbohrungen

In diesem Zusammenhang bezogen sie auch die Werkzeuglieferanten mit ein und formulierten ein Anforderungsprofil für Bohr- und Reibwerkzeuge zur „gratfreien Herstellung von Querbohrungen.“ Anlässlich einer Fachmesse wurden Rainer Lauffer und sein Kollege Michael Walter auf die Bohrwerkzeuge – genau genommen auf spezielle Bohrwerkzeuge mit Vorschneidstufe – des Vorzugslieferanten HAM Hartmetallwerkzeugfabrik Andreas Maier GmbH aufmerksam.

Die nicht alltägliche Aufgabenstellung führte bei HAM zur Entwicklung eines an die BOSCH-spezifischen Anforderungen angepassten Vollhartmetall-Bohrwerkzeugs mit Vorschneidstufe, nämlich eines so genannten Stufenbohrfräsers. Bereits die ersten Versuche mit dem kombinierten, multifunktionalen „Bohrfräsreibwerkzeug“ zeigten vielversprechende Ergebnisse, sodass die Entwicklung fortgeführt wurde und in quasi standardisierten VHM-Stufenbohrfräswerkzeugen mündete.

Für Steffen Baur, zuständig für Projekt-Engineering bei HAM, stellten die Wünsche von BOSCH zwar eine große aber doch lösbare Herausforderung dar: „Zunächst haben wir auf Basis des Anforderungsprofils die technische Machbarkeit geprüft. In die Entwicklung und Konstruktion flossen dann die Auslegung des Bohrfräsreibwerkzeugs insgesamt und natürlich die entsprechenden Geometrien zum Pilotieren, der Vorschneidstufe und der Aufbohrschneiden ein. Als Schneidstoff wählten wir ein zähhartes, verschleißfestes Ultrafeinstkorn-Hartmetall. Die Musterwerkzeuge wurden harten Feldtests unterworfen und mussten sich dabei ohne Anspiegelung sowohl beim zentralen mittigen Bohren als auch beim geraden Eintauchen bewähren. Die darauf aufbauenden Serienwerkzeuge weisen nur noch geringe Optimierungen auf, womit wir festhalten können, dass schon der erste Schuss sozusagen ins Schwarze traf.“

Die Rastelektronenmikroskop-Aufnahme der Kugelverschlussbohrung, die mit einem HAM-Stufenbohrfräswerkzeug nahezu gratfrei gefertigt wird.

Die Rastelektronenmikroskop-Aufnahme der Kugelverschlussbohrung, die mit einem HAM-Stufenbohrfräswerkzeug nahezu gratfrei gefertigt wird.

550 „Bohrfräsreibungen“ mit einem Einwegwerkzeug

Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass die Stufenbohrfräswerkzeuge in der Vorschneidstufe nur 1,85 mm und im Endmaß 2,05 mm Durchmesser haben – bei einem Schaftdurchmesser von 4 mm. Das Ultrafeinstkorn und die spezielle Konstruktion sorgen für eine hohe Stabilität, die sich wiederum nachdrücklich sehr positiv auf die Maßhaltigkeit der Bearbeitung und die Standzeit auswirkt. Das Konzept der Vorschneidstufe und der nachfolgenden Reibschneiden bewirkt außerdem eine so gut wie gratfreie Bohrreibbearbeitung – wie es sich eben der Kunde BOSCH vorgestellt hat.

Nachdem die Produktion bzw. die gratarme Bohrreibbearbeitung nun schon über einen längeren Zeitraum absolut prozesssicher läuft, äußerte sich Rainer Lauffer sehr lobend über die Zusammenarbeit mit HAM und die daraus entstandene Lösung: „Das Projekt „Gratfreie bzw. gratminimierte Bohrungen erzeugen“ darf ohne jegliche Einschränkung als Erfolgsstory bezeichnet werden. Wir haben für die komplette Bohr- und Reibbearbeitung nur noch ein Werkzeug im Einsatz. Der Arbeitsgang Reiben entfällt ebenso wie das Werkzeug und der Werkzeugwechsel dafür. Außerdem entfällt der Entgratvorgang und damit auch das entsprechende Teilehandling samt den Entgratanlagen. Trotz Bohren ohne Anspiegelung und 8 mm tiefer Bohr- bzw. Reibbearbeitung kommen wir auf hohe Standmengen bis 550 Stück, bevor wir das Stufenbohrfräswerkzeug vorbeugend wechseln. Wir arbeiten hier mit 50 bar Kühlmitteldruck und spülen die Späne zuverlässig aus, was ebenfalls zur hohen Standzeit beiträgt und darüber hinaus die Qualität der Bohr- bzw. Reibflächen unterstützt.“

„Auf Grund der sehr guten Erfahrungen machen wir heute nach 200 Bearbeitungen lediglich noch eine Stichprobe und prüfen dabei alle Verschneidungen am Werkstück. Da die Kosten für die Stufenbohrfräser wegen der Prozesssicherheit, der Bearbeitungsqualität und dank der hohen Standzeit sowie der erzielten Einsparungen mehr als nur in Ordnung gehen, sehen wir sie als nicht nachschleifbare Einwegwerkzeuge“, erklärte Rainer Lauffer abschließend.

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