interview

Kundennähe als Erfolgskriterium

Interview mit Harry Ehrenberg, Präsident Vargus Ltd.: Das israelische Unternehmen Vargus ist seit mehr als 50 Jahren ein weltweit führender Hersteller von hochwertigen Gewindedreh- und Gewindefräswendeplatten sowie Einstech- und Entgratwerkzeugen. Anlässlich eines Besuches im Headquarter in Nahariya, Israel, konnten wir mit dem CEO Harry Ehrenberg, der das Unternehmen mit Innovationskraft und einem klaren Bekenntnis zum Kunden weltweit an die Spitze geführt hat, über die Philosophie eines Familienbetriebes, die Rolle als Nischenplayer, den Stellenwert Österreichs und natürlich über aktuelle Entwicklungen sprechen.

Harry Ehrenberg, Präsident Vargus Ltd.

Harry Ehrenberg, Präsident Vargus Ltd.

Über Vargus

Seit mehr als 50 Jahren ist Vargus an der Spitze der Werkzeugindustrie und ist ein weltweit führender Hersteller von hochwertigen Schneid-, Einstech- und Entgratwerkzeugen für die Metall- und Kunststoffindustrie. Vargus, gegründet im Jahre 1960 in Nahariya, Israel, ist die Werkzeugabteilung der NEUMO Ehrenberg Gruppe, europaweit eine der größten Produzenten und Großhändler von Edelstahlprodukten und Zerspanungswerkzeugen, die sich in Privatbesitz befindet.

Seit der Gründung haben die Ingenieure von Vargus in vielen Bereichen Pionierarbeit geleistet und beispielsweise für die Entwicklung der ersten Gewindedrehplatte mit drei Schneidkanten oder der ersten Wechselschneidplatte zum Gewindefräsen gesorgt. Heute bietet Vargus mit der Produktlinie VARDEX ein hochwertiges Gewindeprogramm und verfügt über eine umfangreiche Linie von Werkzeugen zur Mikrobearbeitung. Zudem verfügt Vargus mit GROOVEX über eine innovative Werkzeuglinie für Nutendreh-, Nutenfräs- und Mikroanwendungen. Mit wirtschaftlichen Lösungen für die Nachbearbeitung von Werkstücken aus Metall und Plastik rundet die SHAVIV-Linie für Handentgratwerkzeuge die Produktpalette des Unternehmens ab.

Herr Ehrenberg, als familiengeführtes Unternehmen können Sie unabhängig entwickeln und Entscheidungen treffen. Ein großer Vorteil, oder?

Mit Sicherheit. Wir sind ein Werkzeugspezialist, der in dieser Form auch seine Unabhängigkeit bewahren möchte. Die Zielsetzung bzw. das Commitment eines Familienunternehmens ist sehr wichtig für diese Art von Nischenprodukten, daher werden wir Vargus auch innerhalb unserer Familie weiterführen.

Am Headquarter in Nahariya befindet sich eine moderne Werkzeugfertigung für Standard- und Sonderwerkzeuge.

Am Headquarter in Nahariya befindet sich eine moderne Werkzeugfertigung für Standard- und Sonderwerkzeuge.

Statements im Text verteilen

>> Wir wollen als Familienunternehmen in der breiter aufgestellten Nische an der Spitze stehen. <<

>> Das technologische Licht kommt aus Europa. <<

>> Gerade aus Österreich bekommen wir sehr wichtige Anregungen für unsere Produktentwicklung. <<

Gehen Sie daher auch neue Märkte wie Gear Milling oder die Energietechnik an?

Damit wir unsere Unabhängigkeit behalten können, müssen wir uns breiter aufstellen. Wir können schlecht einen Vertriebstechniker nur mit Gewindewerkzeugen zum Kunden schicken – wollen aber auch keinen Bauchladen anbieten. Wir verstehen uns als Problemlöser für einen klar abgegrenzten Bereich. Daher auch unsere aktuellen Produktentwicklungen wie etwa im Bereich Gear Milling. Darüber hinaus haben wir auch die Marktpräsenz sukzessive verstärkt und investieren intensiv in die Weiterbildung unserer Mitarbeiter. Spezielle Kundenseminare hier im Headquarter in Israel unterstützen unsere Firmenphilosophie – ein Problemlöser für den Anwender zu sein.

Mit Gear Milling präsentiert Vargus eine innovative Lösung für die Verzahnungsindustrie und stellt eine wettbewerbsfähige Alternative gegenüber traditionellen Abwälzfrässystemen dar.

Mit Gear Milling präsentiert Vargus eine innovative Lösung für die Verzahnungsindustrie und stellt eine wettbewerbsfähige Alternative gegenüber traditionellen Abwälzfrässystemen dar.

Wie wichtig sind diese Kundenseminare?

Die Kundennähe und eine intensive Zusammenarbeit mit den Anwendern sind für unsere Produktentwicklung äußerst wichtig. Seminare bei uns im Haus sind eben eine ideale Chance, sich aktiv auszutauschen, sich besser kennenzulernen und die Bedürfnisse unserer Kunden noch besser zu verstehen.

Im Bereich Gewindedrehsysteme bietet Vargus rund 6.000 verschiedene Standardwerkzeuge, wie die neue Standard-Linie MEGALINE für extra große Steigungen bis zu 25 mm oder 1 Gang pro Zoll.

Im Bereich Gewindedrehsysteme bietet Vargus rund 6.000 verschiedene Standardwerkzeuge, wie die neue Standard-Linie MEGALINE für extra große Steigungen bis zu 25 mm oder 1 Gang pro Zoll.

Sie bezeichnen Vargus als Nischenplayer. Passt das noch zur aktuellen Firmenentwicklung?

Wir haben unsere Strategie in den letzten Jahren nicht gravierend geändert. Vargus war immer schon ein Nischenplayer und ist es auch heute noch. Mit unseren Produkten bedienen wir lediglich rund 16 Prozent der möglichen Zerspanungsanwendungen. (Anm.: rund vier Prozent Gewindebearbeitung und rund 12 Prozent Stechbearbeitung). In dieser Nische sind wir sehr erfolgreich tätig und haben sowohl die Gewindedreh- als auch die Gewindefräsplatten weltweit als erstes Unternehmen auf den Markt gebracht und beispielsweise auch die wirtschaftliche Lösung zum Gear Milling als Erste vorgestellt.

F&E hat also bei Vargus einen wesentlichen Anteil am Firmenerfolg?

Mit Sicherheit. Hier in Nahariya arbeiten rund 15 Ingenieure an der Neu- und Weiterentwicklung unserer Werkzeuge – dazu kommt noch die gesamte Versuchsabteilung, wo unsere Produkte und Lösungen auf Herz und Nieren getestet werden. Darüber hinaus fällt in diesen Bereich auch der rege Austausch mit unseren Mitarbeitern bei Vargus in Deutschland sowie auch dem Team von SWT in Österreich, die beide sehr nahe an den wichtigen Industrien sind. Auch diese Teams werden in die Entwicklung miteinbezogen – wir haben auf diesem Weg auch schon zahlreiche internationale Entwicklungsprojekte mit namhaften Unternehmen durchgeführt.

Wie schaut das konkret aus?

Die Kunden kommen mit ihren Bauteilen zu uns ins Haus, wo wir dann entweder spezielle Sonderwerkzeuge entwickeln oder Serienwerkzeuge bis ins Detail optimieren. Das sind zumeist Projekte, wo sich der Kunde eine signifikante Produktivitätssteigerung erwartet und von uns auch erhält.

Der deutsche Standort soll daher auch noch ausgebaut werden?

Wir haben in den letzten Jahren in Knittlingen höchste Kompetenz aufgebaut und es ist nur logisch dort auch die bestehende Sonderwerkzeugfertigung (Anm.: seit über 20 Jahren) weiter auszubauen, um für den gesamten europäischen Markt einen noch besseren Service bieten zu können.

Kommen wir zu den Produkten. Welche Highlights wollen Sie hervorheben?

Ein zwar nicht neuer, aber hoch interessanter Produktbereich ist das Gewindefräsen mit Wendeplatten. In diesem Segment haben sich zwar einige Wettbewerber zurückgezogen, aber ich sehe aufgrund unserer aktuellen technischen Weiterentwicklungen noch viel Potenzial für unsere Kunden. Genauso sehe ich im Vollhartmetallgewindefräsen noch weiteres Potenzial. Im Bereich Gear Milling waren wir der erste Werkzeughersteller der erkannt hat, dass es zwischen dem wirklich großen Bereich der Zahnradbearbeitung und dem Miniaturbereich in der Uhrenindustrie Lücken gibt, die man mit speziellen Werkzeugen effizienter füllen kann. Im Bereich Einstechen (Anm.: Groovex) sehen wir eine gute Möglichkeit, uns verstärkt in die Breite zu entwickeln. Unsere neue VRX-Platte (Anm.: kommt zur AMB 2014) wird einiges dazu beitragen, denn die laufenden Tests versprechen wahre Wunderdinge.

Themenwechsel. Wie ist eigentlich das Jahr 2013 wirtschaftlich verlaufen?

Wir konnten speziell in Asien und den USA sehr gute Erfolge erzielen. Aber auch in Europa – vor allem im letzten Quartal – lief es sehr gut. In Summe lag das Wachstum im zweistelligen Bereich. Das ist einerseits auf die hohe Produktqualität und andererseits auf eine gesteigerte Marktpräsenz zurückzuführen.

Wie lief es in Österreich?

Wir sind generell mit der Entwicklung der letzten fünf Jahre in Österreich sehr zufrieden. Natürlich dauert es eine gewisse Zeit, bis ein Produkt auch am Markt eingeführt ist – aber gerade in den letzten beiden Jahren haben wir ein Wachstum erreicht, das uns viel Freude macht. Wir haben durch unsere österreichische Vertretung der SWT Schlager Werkzeugtechnik eine unwahrscheinlich hohe Kundennähe. Wir bekommen dadurch viele Komplimente aber auch konstruktive Kritik – und das ist sehr wichtig, denn hinter jeder Kritik befindet sich etwas Wahres. Daraus muss man lernen und sich entsprechend weiterentwickeln.

Das heißt, Österreich ist ein wichtiger Markt für Vargus geworden?

Absolut. Als Land ist Österreich zwar nicht so groß, aber wir bekommen von dort sehr, sehr wichtige Anregungen, die immer etwas Positives nach sich ziehen. Das hat auch damit zu tun, dass das Team von SWT äußerst kompetent ist und sich technisch auf höchstem Niveau befindet.

Zum Abschluss noch einige persönliche Fragen. Wie viel Zeit verbringen Sie noch in Israel?

Einige Jahre habe ich mich sehr auf die Produktion hier in Israel fokussiert und ca. 60 % meiner Zeit am Headquarter verbracht. Heute kümmere ich mich mehr um Kundennähe und den weltweiten Vertrieb – mit Fokus Europa, denn von dort kommen nach wie vor die technologischen Entwicklungen. Mein Sohn Eran Ehrenberg ist zu 100 % in Israel vor Ort und wir sind natürlich ständig im Kontakt.

Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in 10 Jahren?

Wir haben noch genügend Gelegenheiten zu wachsen. Ich bin sehr stolz darauf, was wir schon erreicht haben. Wir verfügen über ein starkes Team und ich bin daher guter Dinge. Unsere Mitarbeiter identifizieren sich mit dem Unternehmen und man lebt mit und für die Firma. Wir haben es trotz unserer Unternehmensgröße geschafft, nicht anonym zu werden – wir sind eine große Familie. Da gehört auch eine gewisse Bescheidenheit dazu.

Wie lange werden sie noch aktiv sein?

Ich bin gerade 65 Jahre geworden und kann mir gut vorstellen, die nächsten drei Jahre noch voll aktiv zu sein. Vargus wird von einem ausgezeichneten Team von erfahrenen Mitarbeitern geführt und ich habe daher keine Bedenken, das Unternehmen an die nächste Generation zu übergeben.

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