interview

Mapal HTC: Hydrodehnspannfutter von Mapal - kleiner, hitzebeständiger und immer individueller

Die Rolle der Spanntechnik hat sich verändert. Vom bloßen Halter der Werkzeuge und Massenartikel haben sich die Spannfutter mehr und mehr zum anwendungsorientierten Leistungsträger entwickelt. Denn um sowohl das Werkzeug als auch die Maschine bestmöglich zu nutzen, spielt das Spannfutter eine entscheidende Rolle. Gänzlich neue Möglichkeiten in diesem Bereich eröffnete die additive Fertigung – mit der sich Mapal als Technologieführer einen Vorsprung verschafft hat. Wie es dazu kam und wie sich die Spanntechnik weiterentwickelt, erklärt uns Jochen Schmidt, Produktmanager Spanntechnik bei Mapal im Interview.

Generell haben wir in den vergangenen Jahren einen Trend in der Spanntechnik hin zu individuellen Kundenlösungen festgestellt. Dank der additiven Fertigung haben wir viele, bisher nicht realisierbare Konzepte für unsere Kunden umsetzen können.

Jochen Schmidt, Produktmanager Spanntechnik bei Mapal

Generell haben wir in den vergangenen Jahren einen Trend in der Spanntechnik hin zu individuellen Kundenlösungen festgestellt. Dank der additiven Fertigung haben wir viele, bisher nicht realisierbare Konzepte für unsere Kunden umsetzen können. Jochen Schmidt, Produktmanager Spanntechnik bei Mapal

Was brachte Mapal – als Hersteller von Präzisionswerkzeugen – dazu, auch im Bereich Spanntechnik aktiv zu werden?

Die Zerspanung und ihre Ergebnisse sind immer eine Summe aus verschieden Faktoren. Das heißt, damit ein Werkzeug das Maximum seiner Leistungsfähigkeit erreicht, muss auch seine Spannung bestens für die verschiedenen Gegebenheiten ausgelegt sein. Als Lösungsanbieter im Bereich der Zerspanung war es für Mapal deshalb nur folgerichtig das Portfolio um Spannfutter zu ergänzen.

Dank der additiven Fertigung produziert Mapal Hydrodehnspannfutter mit minimaler Störkontur.

Dank der additiven Fertigung produziert Mapal Hydrodehnspannfutter mit minimaler Störkontur.

Vom heutigen Standpunkt aus betrachtet – hat sich diese Entscheidung ausgezahlt?

Ganz klare Antwort: Ja. Heute liefern wir alles für den Zerspanungsprozess aus einer Hand. Wir sehen uns als Technologieführer im Bereich der Werkzeugspanntechnik. Gerade durch die additive Fertigung haben wir uns einen Vorsprung erarbeitet.

Im Bereich der Hydrodehnspannfutter sorgte die Additive Fertigung für eine kleine Revolution, unter anderem durch den Verzicht auf die Lötstelle.

Im Bereich der Hydrodehnspannfutter sorgte die Additive Fertigung für eine kleine Revolution, unter anderem durch den Verzicht auf die Lötstelle.

Welche Rolle spielt die additive Fertigung in der Spanntechnik bei Mapal?

Generell haben wir in den vergangenen Jahren einen Trend in der Spanntechnik hin zu individuellen Kundenlösungen festgestellt. Dank der additiven Fertigung haben wir viele, bisher nicht realisierbare Konzepte für unsere Kunden umsetzen können.

Für den optimalen Prozess muss die Spannstelle beispielsweise näher an die Wirkstelle am Bauteil gebracht werden, als dies bisher möglich war. Hierfür sind Spannfutter notwendig, die ohne Leistungsverlust extrem schlank gebaut sind. Dieser Forderung kommt Mapal unter anderem mit den Hydrodehnspannfuttern mit schlanker Kontur nach. Sie machen die Hydrodehnspanntechnik genau dort nutzbar, wo bisher nur Schrumpffutter im Einsatz waren. Das hat für den Kunden neben dem genaueren Rundlauf und der hochgenauen Spannung zusätzliche Vorteile: Zum einen ist das Handling von Hydrodehnspannfuttern deutlich einfacher und Werkzeuge können schneller gespannt werden, zum anderen kann auf die kostenintensive Peripherie rund um die Schrumpffutter verzichtet werden.

Möglich durch 3D-Druck: Hydrodehnspannfutter im Miniaturformat.

Möglich durch 3D-Druck: Hydrodehnspannfutter im Miniaturformat.

Wie werden die Spannfutter konkret gefertigt?

Auf den konventionell gefertigten Grundkörper wird per selektivem Laserschmelzen der Funktionsbereich aufgebracht. Auf diese Weise fertigen wir auch Hydrodehnspannfutter mit schlanker Kontur für die Direktspannung von Werkzeugen ab 3,0 mm Durchmesser.

Meilensteine in der Entwicklung der Spannzeuge bei Mapal.

Meilensteine in der Entwicklung der Spannzeuge bei Mapal.

Gibt es außer den bisher nicht zu realisierenden Geometrien weitere Vorteile?

Durch die additive Fertigung können unsere Hydrodehnspannfutter bei Betriebstemperaturen von bis zu 170° C prozesssicher eingesetzt werden, denn dank dieser Fertigungsmethode kann auf die temperaturkritische Lötstelle zwischen Spannhülse und Grundkörper verzichtet werden. Das ist umso wichtiger, da die Trockenbearbeitung einen immer größeren Anteil an den Fertigungsprozessen, unter anderem aus Umweltaspekten einnimmt. Bei thermischen Belastungen, die über diese Temperaturgrenze hinausgehen, wie beispielsweise beim Rührreibschweißen, ist es uns mit der additiven Fertigung gelungen, ein eigenes Kühlsystem ins Spannfutter zu integrieren. Das heißt der Anwender kann auch bei deutlich höheren Bearbeitungstemperaturen prozesssicher mit unseren Futtern arbeiten.

Eignet sich die additive Fertigung denn überhaupt zur Serienfertigung oder nur für kundenspezifische Sonderspannmittel?

Wir bei Mapal fertigen bereits seit 2014 mit unseren Maschinen in Serie. Heute betreiben wir mehrere Laserschmelzanlagen an zwei Standorten. Aber natürlich eignet sich die additive Fertigung auch hervorragend für kundenspezifische Projekte.

Und wie sehen die Kosten aus?

Im Grunde ist es ja so: Die gänzlich neuen Konzepte für die Spanntechnik, die wir mit der additiven Fertigung umsetzen, bieten unseren Kunden einen klaren Mehrwert. Was also möglicherweise auf den ersten Blick teuer erscheinen mag, kann sich bei genauer Betrachtung und mithilfe von Amortisationsrechnungen als sehr rentabel erweisen.

Ein sehr eindrückliches Beispiel dafür ist eine Anwendung, die durch die Abmessungen des Bauteils eine lange Auskragung des Werkzeugs erfordert. Hier gibt es nun zwei Möglichkeiten: Entweder der Kunde setzt ein anwendungsoptimiertes, langes Spannfutter in Kombination mit einem Standardwerkzeug ein. Oder aber er verwendet ein Standardfutter und benötigt ein langes Sonderwerkzeug. Betrachtet man die Lebensdauer von Werkzeug und Spannfutter, haben sich in diesem Fall die höheren Anschaffungskosten des Sonderspannfutters bereits nach acht Werkzeugwechseln amortisiert.

Von welchen weiteren Entwicklungen im Bereich der Spanntechnik gehen Sie für die Zukunft aus? Wo liegen die Trends?

In allererster Linie wird die Sensorik in den Werkzeughaltern meines Erachtens in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen. Denn gerade in der Massenfertigung werden mehr und mehr Spannfutter gefordert, die sich in intelligente Fertigungsstrukturen mit einem hohen Automatisierungsgrad integrieren lassen. Und smarte Spannmittel mit entsprechender Sensorik können als Bindeglied zwischen Maschine und Werkzeug wichtige Daten zur Bearbeitung liefern.

Welche Vorteile ergeben sich aus diesen Daten?

Ist der Anwender beispielsweise durch die Daten über die Krafteinwirkung am Werkzeug informiert, kann er Rückschlüsse auf die verbleibende Standzeit ziehen. Er kann also seine Werkzeuge standzeittechnisch länger einsetzen oder im Umkehrschluss vor einem Werkzeugbruch und damit möglicherweise der Beschädigung des Bauteils austauschen. Zudem können dank entsprechender Daten Dispositionsgrößen genauer bestimmt und der digitale Service für Kunden ausgebaut werden.

Wie verändert sich die Rolle der Spanntechnik durch die Erfassung dieser Daten?

Die Rolle der Spanntechnik an sich ändert sich im Kern nicht. Ein Spannfutter spannt immer noch ein Werkzeug. Vieles darüber hinaus ändert sich – das heißt, die Möglichkeiten der Auswertung und genauen Abstimmung der einzelnen Faktoren vergrößern sich. Wie bei den Werkzeugen bieten wir unseren Kunden zudem zahlreiche Dienstleistungen über die „bloße“ Spannung der Werkzeuge hinaus. Unter anderem die angesprochenen Spannfutter, die genau auf die jeweilige Anwendung abgestimmt sind. Die finden übrigens auch schon in für Mapal ganz außergewöhnlichen Bereichen ihren Einsatz.

Zum Beispiel?

Unsere Spannfutter werden heute unter anderem bei der Fertigung von Nähmaschinen und Wasserkraftturbinen eingesetzt. Wir haben viele neue Anwendungsfelder erschlossen, deren spezifische Anforderungen wir mit unseren Spannfuttern erfüllen. Ich denke da beispielsweise an Kunden aus dem Werkzeug- und Formenbau, die unser HighTorque Chuck (HTC) mit schlanker Kontur einsetzen.

Die Hydrodehnspannfutter mit schlanker Kontur haben Sie im vergangenen Jahr auch für die Direktspannung kleiner Durchmesser vorgestellt. Wie war die Resonanz darauf?

Sehr gut. Diese Spannfutter sind für uns der Türöffner bei vielen Anwendungen – unter anderem in der Elektronik-, der Medizin- sowie der Schmuck- und Uhrenindustrie. In diesem Bereich der „Miniaturisierung“ haben wir intensiv weitergearbeitet und geforscht. Die Ergebnisse werden wir im September auf der AMB in Stuttgart präsentieren.

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