interview

Tradition verpflichtet

Interview mit Thomas Hertl, WIDIA Central Europa und Martin Pilz, Channel Partner Manager: WIDIA gibt es seit über 80 Jahren und gilt als einer der ältesten Zerspanungswerkzeughersteller der Welt und heute neben Kennametal die zweite starke Marke im Kennametal-Konzern. Im Gegensatz zu Kennametal wird WIDIA ausschließlich über qualifizierte Vertriebspartner angeboten. Wir sprachen mit Thomas Hertl, Verkaufsleiter WIDIA Central Europa und Martin Pilz, Channel Partner Manager, über die Marke WIDIA, die internationale Strategie und Ausrichtung, die Ziele für Österreich und natürlich über neue Produkte.

Thomas Hertl

Thomas Hertl

Seit der EMO 2009 ist WIDIA als eigenständige Marke am Zerspanungssektor zurück. Was ist seitdem passiert?

Thomas Hertl: Unglaublich viel. Unser Auftritt an der EMO 2011 in Hannover hat unsere Fortschritte deutlich präsentiert. WIDIA hat eine klare, differenzierte Marken-Vertriebskanalstrategie bekommen, die zwischenzeitlich vollständig, weltweit einheitlich implementiert wurde. Der Kennametal-Konzern hat erhebliche Investitionen in die Markenpositionierung und –kommunikation, den Ausbau der Vertriebspräsenz in den Regionen, in die eigenen Mitarbeiter, und vor allem im Ausbau des Markenportfolios getätigt. Die Angebotspalette an Produkten und Dienstleistungen für die Märkte der zerspanenden Metallbearbeitung ist heute die größte, die WIDIA jemals hatte.

Martin Pilz

Martin Pilz

Widia ist neben Kennametal die zweite starke Marke im Kennametal-Konzern. Was zeichnet diese beiden Marken aus bzw. was unterscheidet sie?

Thomas Hertl: Beide Marken haben eine differenzierte „Value Proposition“ (Wertversprechen, Anm.) und Vertriebskanalstrategie, um die Markensegmente optimal zu bedienen. Lassen Sie mich zuerst über WIDIA sprechen. WIDIA ist die älteste Marke der Welt für Werkzeuge aus Hartmetall. Kurz gesagt: Wer hat Hartmetall erfunden? – WIDIA.

WIDIA hat heute ein umfassendes Programm für fast alle Anwendungsbereiche in der Zerspanung, das den Kunden Bearbeitungslösungen mit Standardwerkzeugen und modifizierten Standardwerkzeugen bietet – sowohl im High Performance Bereich als auch in universellen Anwendungen in mehreren Werkstück-Werkstoffen. Die Beratung und Unterstützung der Endkunden, die Abwicklung des Geschäfts und die logistische Versorgung erfolgt ausschliesslich über qualifizierte Vertriebspartner im Werkzeugfachhandel, die eine große Kundennähe und einen hervorragenden Ruf im Markt haben. Zudem bieten unsere WIDIA Vertriebspartner den Kunden meist ein erweitertes Spektrum an Produkten und Dienstleistungen, was ihnen ermöglicht, die Anzahl der Lieferanten weiter zu reduzieren. Das ist ein klarer Trend und bietet WIDIA besondere Wachstumsmöglichkeiten insbesondere über den Handelskanal.

Kennametal bietet neben einem größeren Standardprogramm vor allem komplexe Werkzeuglösungen im Sonderbereich und Prozessdienstleistungen an und ist in hoch anspruchsvollen Anwendungen jenseits der reinen Zerspanung mit innovativen Materialtechnologien und Verschleißschutzlösungen aktiv. Kennametal verfügt deshalb über umfassende Direktvertriebs- und Serviceorganisation, um große Kunden in den Automobil-, Luftfahrt-, Energie-, Berg- und Straßenbausegmenten zu bedienen.

Der Fokus von WIDIA richtet sich verstärkt auf die Bedürfnisse in den vielschichtigen Segmenten des allgemeinen Maschinenbaus und der Zulieferindustrien.

Höchste Stabilität kennzeichnet den Schaftfräser VariMill II ER von WIDIA.

Höchste Stabilität kennzeichnet den Schaftfräser VariMill II ER von WIDIA.

Wie haben die Unternehmen auf diese Strategie reagiert?

Thomas Hertl: Ähnlich aber auch unterschiedlich. Unsere Kunden und auch unsere Vertriebspartner kennen uns ja schon lange Jahre. Wir haben viel Anerkennung und Lob bekommen, dass wir so stark in WIDIA investieren und die neuen Produkte die Eigenständigkeit und Zukunftsorientierung von WIDIA unterstreichen. Viele Kunden waren von unserem Agieren mit den vielen Marken in den verschiedensten Vertriebskanälen in der Vergangenheit verunsichert und auch unsere Vertriebspartner wie auch der eigene Direktvertrieb haben sich oft schwer getan, die Strategien zu verstehen. Natürlich bringen Veränderungen auch immer anfängliche Unsicherheiten und benötigen Anstrengungen, um die Vorteile einer Strategie zu realisieren. Die meisten erkennen die Klarheit und Konsequenz der Trennung der Vertriebskanäle für Kennametal und WIDIA an und das Bekenntnis von WIDIA zum Werkzeugfachhandel. Vielerorts arbeiten Kunden schon bei anderen Produkten mit unseren Vertriebspartnern zusammen und empfinden es als vorteilhaft, nun auch WIDIA Produkte über diese beziehen zu können.

Thomas Hertl (links) und Martin Pilz auf der AMB 2012 in Stuttgart.

Thomas Hertl (links) und Martin Pilz auf der AMB 2012 in Stuttgart.

WIDIA punktet u. a. mit einer sehr langen Tradition. Wo werden die Werkzeuge heute produziert?

Thomas Hertl: Wir nutzen alle Vorteile unseres weltweiten Produktionsnetzwerkes in Europa, USA und Asien. Die meisten Wendeschneidplatten von WIDIA werden heute noch dort hergestellt, wo einst die Wiege von WIDIA stand – in Essen. Deutschland ist nach wie vor einer der bedeutendsten Fertigungsstandorte für WIDIA und den Kennametal Konzern.

Funktioniert der WIDIA-Vertrieb weltweit gleich?

Thomas Hertl: Nein, der Vertrieb funktioniert nicht genau überall gleich, weil auch die Märkte, die Kunden und Handelskanäle nicht überall gleich sind. Die WIDIA Strategie funktioniert global und einheitlich. Wir nutzen die Möglichkeiten der jeweils in den Regionen und Ländern vorhandenen Handelskanäle und Vertriebskanalpartner und achten auf die Entwicklungen und Chancen, die sich durch diese ergeben. Wichtig ist uns neben einer optimalen geographischen Präsenz unserer Partner, eine langfristige erfolgreiche Partnerschaft und Betreuung der Endkunden zusammen mit den Vertriebspartnern im Handel. Wir wollen mit einer ausreichenden Anzahl an Vertriebspartnern das Geschäft entwickeln, aber selektiv und auch wählerisch bleiben, damit wir einen hohen Stellenwert bei unseren Vertriebspartner haben und diese bei uns. Schließlich sind erhebliche Investitionen auf beiden Seiten erforderlich, um die Kunden für uns zu gewinnen, optimal zu betreuen und somit das Geschäft weiter entwickeln zu können.

Produktivität ist das Schlagwort in Hochlohnländern wie Deutschland oder Österreich. Was bietet WIDIA in diesem Zusammenhang?

Martin Pilz: Wichtig ist auf jeden Fall die Nähe zum Endkunden und dies können wir mit unseren ausgewählten Partnern international, national wie regional garantieren. Die Basis, bei produktivitätssteigernden Maßnahmen beim Endkunden erfolgreich zu sein, ist das Wissen um die aktuelle Situation und die klare Zielsetzung durch den Endkunden. Nach einer präzisen Ist-Situationsanalyse durch den Technischen Vertrieb oder Anwendungstechniker unseres lokalen WIDIA-Partners werden die Lösungen entweder selbständig von unserem Partner oder durch die Unterstützung unserer europaweit agierenden WIDIA-Anwendungstechniker beziehungsweise dem CAS-Team erarbeitet. Das CAS (Customer Application Service) Team mit Sitz in Fürth bei Nürnberg ist rund um die Uhr für unsere Partner erreichbar, um technische Unterstützung oder Lösungsvorschläge zu geben. Zusätzlich wird mit der Koordination von unterstützenden Kapazitäten durch den marktverantwortlichen Channel Partner Manager weitere Unterstützung für unsere Partner und somit dem Endkunden angeboten, um Produktivität zu steigern.

Welche Ziele haben Sie sich in Österreich gesetzt?

Martin Pilz: Unser wichtigstes Ziel ist durch unseren „Premium Vertriebspartner“ eine erstklassige Unterstützung für „alle“ sich am Markt befindlichen Unternehmen zu leisten. Dies – so wissen wir aus der Vergangenheit – hat mit der Firma Scheinecker in Österreich mehr als gut funktioniert. Die Ziele, die wir uns in der Vergangenheit zusammen mit der Firma Scheinecker gesetzt haben, wurden allesamt mehr als erreicht und die ambitionierten Ziele, die vor uns liegen, werden wir gemeinsam ebenfalls erreichen. „Alleine addieren wir – zusammen multiplizieren wir“ ist unser Leitsatz, den wir auch in der Zukunft beibehalten wollen.

Liegt man im Plan?

Martin Pilz: Wir haben schon viel erreicht, haben aber auch noch vieles vor uns. Wichtig sind uns nicht die blanken Zahlen sondern gemeinsam mit unseren Partnern die bestmögliche Leistung zu erbringen, um die am Markt befindlichen Endkunden optimal bedienen zu können. Die Zahlen, das weiß ich nach meiner mehr als 15-jährigen Erfahrung, kommen dann immer von selbst und werden nur bei professioneller Tätigkeit nachhaltig sein.

Mit der Firma Scheinecker haben Sie in Österreich einen langjährigen Partner. Sind Sie mit der Zusammenarbeit zufrieden?

Martin Pilz: Und einen sehr guten noch dazu. Mit der Firma Scheinecker verbindet uns eine langjährige Vertriebspartnerschaft, früher ausschließlich mit VHM-Werkzeugen der Marke Rübig (WIDIA Rübig). Heute vertreibt Scheinecker unser gesamtes WIDIA-Produktportfolio. Scheinecker ist ein sehr modernes und nach vorn gerichtetes Handelsunternehmen, mit einem starken Fokus und Kompetenzen im Bereich von Zerspanungswerkzeugen. Investitionen in Ausbau weiterer technischer Kompetenzen und Kapazitäten, professionelle Kundenunterstützung vor Ort, hohe Lagerfähigkeit und damit kürzeste Lieferzeiten und eine Omnipräsenz in ganz Österreich, ist für Mag. Christof Graul, Geschäftsführer bei Scheinecker, ein wesentlicher Schritt zum Erfolg.

Mit der Firma Scheinecker sehen wir hier in Österreich die besten Möglichkeiten, wie in der Vergangenheit auch in der Zukunft erfolgreich und eine der ersten Adressen zu sein, wenn es um gute Produkte und Lösungen, technische Unterstützung und gemeinsamen Erfolg geht.

Wie funktioniert die technische Unterstützung der Händler seitens WIDIA?

Thomas Hertl: WIDIA bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten der Ausbildung und Schulung nicht nur der eigenen Mitarbeiter, sondern auch die unserer Vertriebspartner. Das Programm umfasst sowohl die Ausbildung in den Grundlagen der Zerspanungstechnik als auch spezifische Schulungsprogramme. Unsere Vertriebspartner investieren in die eigene technische Kompetenz und werden gezielt von WIDIA beim Endkunden unterstützt. Darüber hinaus haben wir in fast allen Ländern eine technische WIDIA Hotline, die Endkunden und Vertriebspartner in allen technischen Fragen und bei Problemen unterstützt.

Lassen Sie uns zum Abschluss noch über Produkte sprechen. Welche Neuheiten möchten Sie besonders hervorheben?

Thomas Hertl: Eigentlich alle, denn die Anzahl der neuen Produkte, die wir in den letzten 12 Monaten in den Markt eingeführt haben, ist riesig. Unter anderem hat sich im Bereich Drehen sehr viel getan. WIDIA hat ein komplett neues Portfolio für ISO-Drehwendeplatten mit neuen Sorten, Geometrien und Beschichtungen. Damit konnten wir bereits viele erfolgreiche Bearbeitungen durchführen. Der Dachname „Victory“ steht für unsere neuen und besten Produkte. Im Übrigen haben wir ein neues Auswahl- und Kennzeichnungssystem für unsere Drehsorten eingeführt, was es den Anwendern erheblich erleichtert, die richtige Wendeplatte für den jeweiligen Einsatzfall auszuwählen.

Auch das Fräsprogramm, sicherlich eine Domäne von WIDIA, hat erheblichen Zuwachs bekommen: Die M1200 Planfräser-Baureihe ist speziell für konsistente Leistungen in anspruchsvollen Anwendungen entwickelt worden, die M370-Baureihe zum Hochvorschubfräsen mit sechs Schneidkanten oder die Schaftfräserfamilie VariMill.

Im Bohren können wir aufgrund des großen Know-hows im Konzern aus dem Vollen schöpfen. Sowohl mit Wendeplattenbohrwerkzeugen als auch mit Vollhartmetallbohrern präsentieren wir ein umfassendes Programm. Unser neuer universeller VHM-Bohrer VariDrill, für den Einsatz in mehreren Werkstoffgruppen, ist ein durchschlagender Erfolg. Mit dem Top Drill und Top Drill S haben wir Bohrer, die speziell für High Performance Anwendungen konzipiert wurden.

Mit WIDIA sind wir nicht nur an der Schneide, sondern decken das gesamte Spektrum an Produkten bis an die Spindel ab. Mit unserem umfassenden Programm an Werkzeugaufnahmen und –systemen präsentieren wir uns gerade in einem 1190-seitigen Katalog.

Danke für das ausführliche Gespräch.

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