anwenderreportage

Siemens AG Österreich Sinumerik 840D sl: Rundtaktanlage im Selbsttest

Piloteinsatz im eigenen Unternehmen hält ehrlicher Kollegen-Kritik stand: Sondermaschinen sind für spezielle Anwendungen gemacht – sie sollen Aufgaben erfüllen, die von Serienmaschinen nicht abgedeckt werden. Kommen solche Werkzeugmaschinen im eigenen Unternehmen zum Ersteinsatz, entsteht die spannende Konstellation, Pilotkunde der eigenen Entwicklungen zu sein: Leistung, Komfort und Prozesssicherheit können sich bewähren und offene Kollegen-Kritik externen Endanwendern nutzen.

Die neueste Entwicklung des Unternehmens Miba ist eine Rundtaktanlage für komplexe Bearbeitungen von kleineren Bauteilen – hier am Einsatzort bei einem chinesischen Automobilzulieferer nahe Shanghai.
Bildnachweis: Miba Automation Systems GmbH

Die neueste Entwicklung des Unternehmens Miba ist eine Rundtaktanlage für komplexe Bearbeitungen von kleineren Bauteilen – hier am Einsatzort bei einem chinesischen Automobilzulieferer nahe Shanghai. Bildnachweis: Miba Automation Systems GmbH

Infos zum Anwender

Seit Gründung der Miba 1927 hat sich das Unternehmen von einer Reparatur- und Produktionswerkstätte für Motorenteile zu einem international führenden Konzern entwickelt. Heute beschäftigt die Miba mehr als 4.300 Mitarbeiter. Der Sondermaschinenbau ist neben dem Kernsegment Leistungselektronik Teil der New Technologies Group. Sie ist das Kompetenzzentrum für die weitere Entwicklung neuer Technologien und Geschäftsfelder der Miba.

Die Miba Automation Systems GmbH im oberösterreichischen Aurachkirchen gehört mit ihrer für den Sondermaschinenbau zuständigen New Technologies Group zur Miba Gruppe, einem Technologiekonzern, der seine Leistungen und Produkte rund um die Antriebstechnik konzentriert. Im komfortabelsten Fall entwickelt dieser Sondermaschinenbauer seine Anlagen gemäß einem bestehenden Pflichtenheft, manchmal wird die Aufgabe lediglich geschildert – immer haben die Konstrukteure jedoch ein kundenspezifisches Problem zu lösen. Auf diesem Weg entstehen schwerpunktmäßig CNC-gesteuerte Werkzeugmaschinen für unterschiedliche Bauteilgrößen. Sie sind teilweise mobil, sodass sich beispielsweise Dampfturbinen oder Kraftwerkskomponenten direkt vor Ort überholen und bearbeiten lassen.

Die neueste Entwicklung des Unternehmens ist eine Rundtaktanlage. Sie ist für komplexe Bearbeitungen von kleineren Bauteilen konstruiert und kam zu allererst in der eigenen Unternehmensgruppe zum Einsatz. „Was unsere Kollegen – und gleichzeitig ersten Anwender – auf dem Markt vermisst haben, war eine wirklich robust gebaute Maschine dieser Art“, erklärt Klaus Weberndorfer, Managing Director Miba Automation Systems. Das ist nur mit konstruktiv stabilen Komponenten zu erreichen, was gleichzeitig die Genauigkeit der Maschine erhöht: ein Polymerbeton-Maschinenbett, Stahlverbundteile, die durch ihr hohes Eigengewicht Schwingungen entgegenwirken, der planverzahnte Rundtisch und die insgesamt solide Konstruktion bringen diese Rundtaktanlage auf eine Positioniergenauigkeit von zwei Mikrometern im Gesamtverbund. Dennoch ist es gelungen, die Anlage kompakt aufzustellen, sodass sie vergleichsweise wenig Platz benötigt.

Die Stabilität ist zudem von großem Nutzen, weil diese Anlagen zwar für den nassen Betrieb erhältlich, aber in erster Linie für die Trockenbearbeitung vorgesehen sind. Selbst bei leistungsfähiger Absaugung bedeutet dies einen ewigen Kampf mit dem Staub, der sich beispielsweise in Führungen sammeln und dort Probleme verursachen kann. „Wir sehen dennoch Vorteile in der Trockenbearbeitung, weil u. a. die aufwändige Reinigung von Kühlschmiermitteln am Ende entfällt. Mit der richtigen Absaugung und Kapseldichte, aber eben auch durch die solide Konstruktion hält unsere Anlage die Staubbelastung aus. Diese Prozesssicherheit ist heutzutage ein Muss“, weiß Klaus Weberndorfer.

Als technologieübergreifende CNC kommt die Sinumerik 840D sl zum Einsatz, sodass an den unterschiedlichen Stationen und je nach Anforderung des Anwenders beliebig gefräst, gebohrt, gedreht werden kann.
Bildnachweis: Miba Automation Systems GmbH

Als technologieübergreifende CNC kommt die Sinumerik 840D sl zum Einsatz, sodass an den unterschiedlichen Stationen und je nach Anforderung des Anwenders beliebig gefräst, gebohrt, gedreht werden kann. Bildnachweis: Miba Automation Systems GmbH

Darf’s noch eine NC-Achse mehr sein?

Die Rundtaktanlage ist in der Standardkonfiguration mit einem sechs Stationen umfassenden Rundtisch ausgestattet und verfügt in dieser Konstellation über 32 NC-Achsen. Angetrieben sind sie von Servomotoren des Typs Simotics S-1FT7 der Siemens AG. Als technologieübergreifende CNC kommt die Sinumerik 840D sl desselben Anbieters zum Einsatz, sodass an den unterschiedlichen Stationen und je nach Anforderung des Anwenders beliebig gefräst, gebohrt, gedreht werden kann.

Bestückt ist sie mit zwei über NCU-Link gekoppelte NCUs und damit leistungsstark genug – auch für 32 Achsen. Mit drei verbundenen NCUs ist diese CNC in der Lage, bis zu 93 Achsen zu steuern. Damit sind ausreichend Reserven für Maschinenvarianten mit mehr als sechs Stationen vorhanden, wie sie bei dieser modular gebauten Anlage vorgesehen sind.

Der Blick in die Rundtaktmaschine zeigt im Vordergrund den Lader mit dem von Miba entwickelten kompakten Stapelsystem in Würfelform – hinten den flexibel bestückbaren Rundtisch für die Werkstückaufnahme.
Bildnachweis: Miba Automation Systems GmbH

Der Blick in die Rundtaktmaschine zeigt im Vordergrund den Lader mit dem von Miba entwickelten kompakten Stapelsystem in Würfelform – hinten den flexibel bestückbaren Rundtisch für die Werkstückaufnahme. Bildnachweis: Miba Automation Systems GmbH

Komplexe CNC-Maschine einfach zu bedienen

Die Offenheit der Steuerungsoberfläche Sinumerik Operate ermöglichte dem Sondermaschinenbauer reale Ansichten und 3-D-Animationen einzupflegen und eigene Oberflächen zu installieren, die es dem Bediener erleichtern, an der komplexen Maschine den Überblick zu behalten. Rundtisch, 3-Achs-Einheit oder Beladesystem – die einzelnen Einheiten sind jeweils auf dem CNC-Display visualisiert und sehr einfach zuzuordnen. Es existieren standardisierte Vorprogramme und Programmketten. In den Programmen der Einzelstationen lassen sich direkt an der Maschine mittels Standard-NC-Programmierkenntnissen einzelne Operationen ändern und anpassen. Über die Steuerungs-Funktion „Teilausschleusen für Messungen“ ist es möglich, automatisch futter- oder stückzahlbezoge Teile auszusortieren. Von jeder Station aus ist es jederzeit und per Knopfdruck möglich auszuschleusen. Der Bediener ist damit in der Lage, direkt an der Maschine Qualitätskontrollen und Messungen durchzuführen.

Als Motorspindeln wurden Siemens-Weiss-Spindeln ausgewählt und extra konstruktiv angepasst. Dreikanalige Mediendurchlässe ermöglichen es, mit einem Membran-Spann-Futter zu arbeiten, was eine Anlagenkontrolle unter Rotation zulässt: Ob das Bauteil noch satt im Futter liegt, ist mittels einer Differenzdruckmessung festzustellen. Sobald ein Fehler erkannt ist, schleust das System das Bauteil aus. Dies ist besonders wichtig, weil der Vorteil einer Rundtaktanlage – das Werkstück ohne Umspannen an mehreren Stationen zu bearbeiten – nur dann zum Tragen kommt, wenn die Positionierung mit hoher Genauigkeit erfolgt und auch präzise beibehalten wird. Schon beim Beladen, bei dem ein von Miba entwickeltes Stapelsystem in Würfelform zum Einsatz kommt, wird per Kamerasystem die lagerichtige Position der Bauteile im Spannfutter kontrolliert. Bohrungen am Werkstück zeigen, ob es von der Beladeeinheit korrekt zur Anlage gebracht wird. Bei Bedarf justiert die Maschine eigenständig nach.

Die Miba-Rundtaktanlage ist mit der Sinumerik 840D sl sowie Antrieben des Typs Sinamics S120 bestückt. Ein Reparatur-Service-Vertrag mit dem Komponentenhersteller Siemens erfüllt die häufige Forderung internationaler Anwender nach einer weltweiten und standortunabhängigen Maschinen- und Ersatzteileverfügbarkeit.
Bildnachweis: Siemens AG

Die Miba-Rundtaktanlage ist mit der Sinumerik 840D sl sowie Antrieben des Typs Sinamics S120 bestückt. Ein Reparatur-Service-Vertrag mit dem Komponentenhersteller Siemens erfüllt die häufige Forderung internationaler Anwender nach einer weltweiten und standortunabhängigen Maschinen- und Ersatzteileverfügbarkeit. Bildnachweis: Siemens AG

Leicht umzurüsten, anzupassen und zu warten

Der Ein- und Ausbau der Motorspindeln erfolgt mit einem eigenen Kransystem und ist dadurch mit äußerst geringem Montageaufwand verbunden: „Wir haben selbst einen Versuch gestartet und eine Spindel getauscht. Nach der Positionierung der Ersatzspindel mussten wir nur einen Mikrometer nachkorrigieren. Das zeigt die sehr hohe Grundgenauigkeit unserer Anlage“, so Weberndorfer.

Sämtliche Stationen der Anlage sind individuell nachrüstbar und verfügen über standardisierte Schnittstellen. „Will ein Anwender Operationen tauschen, also beispielsweise drehen, axial oder radial bohren, wo vorher gefräst wurde, ist das einfach möglich“, erklärt Josef Klausner, der Maschinenkonstrukteur, der die Anlage zu diesem Zweck modular und die Stationen Plug-and-Play-tauglich entwickelt hat.

Um sowohl für Abnehmer in der eigenen Unternehmensgruppe als auch für externe Anwender selbst bei außergewöhnlichen Anwendungen eine schnelle Inbetriebnahme zu gewährleisten, hält Miba eigens einen Techniker bereit. Beim Kauf jeder Anlage ist außerdem ein Reparatur-Service-Vertrag mit dem Komponentenlieferanten Siemens eingeschlossen, sodass die Anlagenbetreiber im Fehlerfall kostenfrei und weltweit einen Techniker für Diagnose und Fehlerbehebung rufen können. Dies gilt für sämtliche Komponenten dieses Automatisierungslieferanten, also die Antriebe Sinamics S120, die Simatic-Peripherie für Ein- und Ausgänge und die Steuerung Sinumerik 840D sl, die sowohl in der Rundtaktanlage als auch im Beladesystem zum Einsatz kommt. Damit beantwortet der Sondermaschinenbauer den Wunsch der weltweit verteilt sitzenden Maschinenanwender nach einer hohen, standortunabhängigen Maschinen- und Ersatzteileverfügbarkeit.

Bewährungsprobe bestanden

Wer für sich selbst oder für Kollegen arbeitet – in diesem Fall eine Maschine entwickelt – tut dies in der Gewissheit, dass die Kritik bei Mängeln vergleichsweise schnell und ungefiltert kommt – und im Zweifelsfall in der Kantine über den Mittagstisch hinweg vorgetragen wird. Doch da die Rundtaktanlage die interne Bewährungsprobe mit Bravour bestanden hat, hörten Weberndorfer und sein Team vor allem Gutes: „Die Anlage ist erfolgreich im Einsatz, die Produktion läuft reibungslos, sodass intern die Beschaffung von weiteren Maschinen schon beschlossen ist und sie inzwischen auch extern große Beachtung findet.“

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