interview

Bei Hermle steht der Kunde immer im Fokus

Die Hermle AG zählt zu den führenden Herstellern von Bearbeitungszentren. Wir sprachen mit Benedikt Hermle, Vorstandsmitglied der Hermle AG, über die Problematik von Lieferengpässen, den digitalen Wandel im Maschinenbau und warum die Hermle AG im Service so erfolgreich ist.

Ein fairer Umgang miteinander ist bei Hermle gelebte Kultur: gegenüber Kunden, Mitarbeitern, Zulieferern und Dienstleistern.

Benedikt Hermle, Vorstand für Materialwirtschaft, Produktion und Service bei der Maschinenfabrik Berthold Hermle AG

Ein fairer Umgang miteinander ist bei Hermle gelebte Kultur: gegenüber Kunden, Mitarbeitern, Zulieferern und Dienstleistern. Benedikt Hermle, Vorstand für Materialwirtschaft, Produktion und Service bei der Maschinenfabrik Berthold Hermle AG

Herr Hermle, Sie sind ja studierter Maschinenbauer. War für Sie immer schon klar, dass Sie früher oder später im Unternehmen arbeiten werden?

Das hat sich über die Zeit immer deutlicher herauskristallisiert. Ich wollte schon immer Ingenieur werden. Aber es gab als Kind nie den Zwang, später einmal in das Unternehmen eintreten zu müssen. Ich hatte alle Freiheiten, was die Berufswahl anging. Dass ich schlussendlich Maschinenbau studiert habe und dann in das Unternehmen eintrat, war reiner Eigenantrieb. Ich wollte mich in der Firma einbringen, mitgestalten und Verantwortung übernehmen.

Die Hermle AG zählt zu den führenden Herstellern von 5-Achs-Bearbeitungszentren. Das Unternehmen beschäftigt derzeit  1.320 Mitarbeiter, davon 1.050 in Gosheim und Zimmern.

Die Hermle AG zählt zu den führenden Herstellern von 5-Achs-Bearbeitungszentren. Das Unternehmen beschäftigt derzeit 1.320 Mitarbeiter, davon 1.050 in Gosheim und Zimmern.

Gerade der Service von Hermle wird von Ihren Kunden immer wieder positiv erwähnt. Warum sind Sie hier so erfolgreich?

Ein wichtiger Baustein unseres Erfolgs ist sicher, dass bei uns der Kunde immer im Vordergrund steht – auch und vor allem beim Thema Service. Im Vergleich zu einigen anderen Maschinenbauern wird der Service bei Hermle nicht als Profitcenter geführt. Unser Fokus liegt also nicht darauf, möglichst hohe Service-Gewinne zu realisieren oder im Nachgang noch möglichst viele, umfangreiche Serviceverträge zu verkaufen. Das gibt uns die Möglichkeit, uns sehr stark auf den Service am Kunden zu fokussieren. Alle unsere Kunden erhalten von uns den besten Service, egal ob der Kunde seine erste Maschine erhalten hat oder bereits mit zahlreichen Hermle-Maschinen produziert. Unsere Kunden wissen, dass jeder Kunde gleich priorisiert und gleich behandelt wird.

Prozesssichere Automation rund um die Uhr: Robotersystem RS 1 mit drei Regalspeichermodulen – adaptiert an zwei Hermle Bearbeitungszentren C 22 U.

Prozesssichere Automation rund um die Uhr: Robotersystem RS 1 mit drei Regalspeichermodulen – adaptiert an zwei Hermle Bearbeitungszentren C 22 U.

Die Covid-19-Pandemie stellte Sie und die gesamte Belegschaft vor große Herausforderungen. Wie sind Sie intern mit dieser Situation umgegangen und hier speziell in der Produktion?

Bereits vor der gesetzlichen Maskenpflicht haben wir Masken an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgegeben – präventiv und als wesentlichen Schutz für alle. Anfangs war das Tragen der Masken nur in den Gängen Pflicht und später dann auch am Arbeitsplatz, sofern der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden konnte. Das haben wir auch – trotz Abflachen der Coronapandemie – beibehalten und ich denke, dass dies ein wesentlicher Baustein war, der uns bisher verhältnismäßig gut durch die Pandemie gebracht hat. In der Produktion und Montage selbst haben wir des Weiteren zeitweise als Sicherheitsvorkehrung ein Zweischichtmodell eingeführt. Selbstverständlich haben wir auch eine Impfung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeboten; wobei wir uns hier bewusst aus der politischen „Impf-Diskussion“ herausgehalten haben. Impfung ja oder nein sehen wir Stand heute als eine primär persönliche Entscheidung, die jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter für sich selbst treffen muss – ohne zusätzliche Vorgaben seitens des Unternehmens.

Hermle investierte mehr als 15 Mio. Euro in eine neue, moderne Blechfertigung am Standort Zimmern.

Hermle investierte mehr als 15 Mio. Euro in eine neue, moderne Blechfertigung am Standort Zimmern.

Das Thema Lieferketten ist in aller Munde. Gibt es hier auch für Ihr Unternehmen Engpässe bzw. Probleme?

Wir haben traditionell bei Hermle einen recht hohen Sicherheitsbestand am Lager. Dies hat uns Ende 2021 sehr geholfen. Zwischenzeitlich sind wir aber wie jedes andere Unternehmen auch von Engpässen betroffen, da die Lagerkapazitäten leider nicht unendlich sind. Was uns jetzt zugute kommt ist, dass wir eine sehr kollegiale Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten pflegen und – so habe ich zumindest das Gefühl – wir dadurch fair behandelt werden. Momentan müssen wir noch keinen unserer Kunden auf einen späteren Liefertermin vorbereiten, sondern können termingerecht liefern. Was wir allerdings aus der Vergangenheit gelernt haben ist, dass wir beim Thema Lieferkette immer nur von heute sprechen können.

Benedikt Hermle ist seit 2018 Vorstandsmitglied der Hermle AG und verantwortet die Bereiche Produktion, Service und Materialwirtschaft.

Benedikt Hermle ist seit 2018 Vorstandsmitglied der Hermle AG und verantwortet die Bereiche Produktion, Service und Materialwirtschaft.

Apropos Lieferanten, kommen Ihre Lieferanten vorwiegend aus dem deutschsprachigen Raum?

Vorwiegend, ja. Wir beziehen alle unsere Teile aus Europa. Den Großteil sogar aus der D-A-CH-Region. Klar ist aber auch, dass viele Vorprodukte unserer Lieferanten aus Asien kommen, denken Sie nur an die ganze Chipindustrie oder an die vielen seltenen Erden.

2020 investierte Hermle mehr als 15 Mio. Euro in eine neue, moderne Blechfertigung am Standort Zimmern – genau zur Pandemiezeit. Mit welchen Schwierigkeiten hatten Sie zu kämpfen?

Die größte Schwierigkeit war sicher, den Bau in der ursprünglichen Projektzeit zu realisieren. Hilfreich war hier, dass der Rohbau schon vor dem Lockdown fertiggestellt war und wir „nur“ noch die 9.000 Quadratmeter große Halle während der Pandemiezeit fertigstellen mussten. Rückblickend hat uns die Pandemie sogar ein wenig geholfen, denn der Umzug der Blechfertigung war so um ein Vielfaches einfacher, als wenn wir diesen unter Vollauslastung hätten bewerkstelligen müssen, wie es ursprünglich geplant war. Abschließend kann man bezüglich des Neubaus in Zimmern nur sagen, dass es der richtige Zeitpunkt und auch absolut notwendig für unsere Zielerreichung war.

Heißt das im Umkehrschluss auch, dass wenn Sie weiter wachsen wollen, dies nur noch am Standort Zimmern können?

Wir planen auf jeden Fall weiter zu wachsen und das können wir sowohl in Gosheim als auch in Zimmern. In Gosheim ist Wachstum mit Blick auf verfügbare Flächen mit mehr Herausforderungen verbunden als in Zimmern. In Zimmern finden wir mit dem dortigen Industriegebiet und auch mit der zuständigen Behörde in Rottweil ideale Bedingungen für ein flächenmäßiges Wachstum vor.

Die HLS Hermle Systemtechnik GmbH ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Hermle AG und ist für den Bereich Automatisierung zuständig. Wie findet hier der Austausch statt?

Die HLS ist eine Tochtergesellschaft, die sehr eng mit dem Mutterkonzern verzahnt ist. Egal welche Automatisierungslösung der Kunde bevorzugt, ob ein Palettenwechsler oder das Handlingsystem HS Flex der Hermle AG oder eine Roboterlösung der HLS – Verkäufer, Monteur oder auch der Servicetechniker sind dieselben Personen. Das meine ich mit enger Verzahnung. Man kann also wirklich sagen, dort wo HLS darauf steht, ist Hermle drin.

Der digitale Wandel steht im Fokus vieler Produktionsbetriebe. Wie geht ein traditioneller Maschinenbauer wie Hermle damit um?

Für mich schließen sich Tradition und digitaler Wandel nicht aus – im Gegenteil. Der deutsche Maschinenbau war immer schon aus Tradition innovativ und hat sich schon sehr früh mit dem digitalen Wandel beschäftigt, lange bevor die Politik darauf aufmerksam machte. Kundenanforderungen ändern sich und hierzu bedarf es neue und teilweise auch gänzlich andere Lösungen. Ich sehe diesen Wandel als Chance, den Markt weiter auszubauen und noch viele weitere Kunden von Hermle und unseren Lösungen zu überzeugen.

Nächstes Jahr feiern Sie 85 Jahre Hermle. Was macht Hermle so erfolgreich bzw. was ist die DNA von Hermle?

Was uns besonders auszeichnet ist, dass bei uns der Kunde sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Fokus stehen. Uns geht es als Unternehmen nicht darum, kurzfristige Gewinne zu realisieren oder den Aktienkurs nach oben zu treiben. Entscheidungen werden bei Hermle unabhängig der Hierarchiestufe mit Blick auf langfristige Chancen und Potenziale getroffen und immer mit der Zielsetzung, unsere Produkte und Leistungen für unsere Kunden weiter zu verbessern. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt, der zu unserem Erfolg beiträgt.

Können Sie uns abschließend noch einen Ausblick für das kommende Jahr geben?

Wir sind in das Jahr 2022 mit einer sehr guten Auftragslage gestartet. Wenn weitere Lockdowns ausbleiben, könnte 2022 insgesamt ein wirtschaftlich starkes Jahr werden. Langfristig wird die Automobilindustrie wie auch weitere Abnehmerindustrien kräftig investieren müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Hiervon wird auch der deutsche Maschinenbau profitieren.

Danke für das Gespräch!

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