anwenderreportage

Makellose Fahrräder

Eine VF4-SS Super Speed von Haas fertigt u. a. Prototypenteile bei BMC: Der Schweizer Fahrradhersteller BMC produziert in seinem Werk in Grenchen Qualitätsräder für Profi- und Amateur-Radrennfahrer. Um Kunststoffteile sowie F+E- oder Prototypenteile für die neuen Fahrräder zu fertigen und Montagestelle oder Befestigungsvorrichtungen zu bauen, die es für seine Rahmen und Komponenten benötigt, setzt das Unternehmen dafür ein CNC-Bearbeitungszentrum VF4-SS Super Speed von Haas ein.

BMC setzt die Haas VF-4SS für das Fertigen von Lehren, Vorrichtungen, Kunststoffteilen, Prototypen für High-End BMC Fahrräder - sowie Teilefertigung für den Bereich Forschung und Entwicklung ein.

BMC setzt die Haas VF-4SS für das Fertigen von Lehren, Vorrichtungen, Kunststoffteilen, Prototypen für High-End BMC Fahrräder - sowie Teilefertigung für den Bereich Forschung und Entwicklung ein.

Martin Känzig
Chief Operating Officer (COO) bei BMC.

„Für die nächste Produktgeneration schwebt uns vor, die Haas Maschine zum Fräsen von Rahmenrohren einzusetzen. Dafür werden wir wohl eine zweite VF4-SS benötigen. “

Autor: Matt Bailey / Freier Redakteur

Wie Radsportbegeisterte und die Brancheninsider wissen, waren die vergangenen zehn Jahre für den berühmtesten Schweizer Fahrradhersteller BMC eine aufregende Zeit. Das ursprünglich von einem ausgewanderten Engländer, der Räder für die britische Marke Raleigh herstellte, gegründete Unternehmen wurde 2001 vom Schweizer Geschäftsmann Andy Rihs gekauft. Dieser baute in Grenchen unweit von Bern ein beeindruckendes, neues Werk mit dem einfachen und klaren Ziel auf, ein Fahrrad und ein Team zu erschaffen, die in der Lage sind, die Tour de France zu gewinnen. Der Sieg kam schließlich im Jahr 2011 mit dem Australier Cadel Evans.

Neben den Team-Rädern baut das Werk aber auch Sonderanfertigungen mit von Hand fertiggestellten Karbon-Rahmen – sowohl für Profi- als auch für Amateur-Radrennfahrer. Am anderen Ende des Preisspektrums finden sich die Massenrahmen, die BMC in China und Taiwan fertigen lässt, wo dauerhaft stationierte Ingenieure über die Qualität wachen, bevor diese Räder ihren Heimweg nach Europa antreten. „Wenn die Räder hier ankommen, sind sie zu 80 % fahrtauglich“, meint Martin Känzig, Chief Operating Officer (COO) bei BMC in Grenchen. „Wir ergänzen lediglich die Räder und die Gabel. Nur die wirklichen High-End-Fahrräder – die mit den Optionen – werden von Anfang bis Ende hier im impec-Werk gefertigt.“

Den Besucher von Grenchen, den die Spezialanfertigungen eher nur wenig beeindrucken, begeistert sich vielleicht für den mehrere Millionen Euro teuren, dreistufigen Prozess zur Herstellung der Karbon-Rohren, der das impec-Werk dominiert und, so behauptet Känzig, in der Welt seinesgleichen sucht. Aktuell werden für jeden BMC impec-Rahmen („impec“ ist die Abkürzung von „impeccable = makellos“) etwa vier Kilometer Karbonfaser benötigt.

VF-4SS High Speed Bearbeitungszentrum von Haas Automation.

VF-4SS High Speed Bearbeitungszentrum von Haas Automation.

Infos zum Anwender

BMC ist ein Schweizer Fahrradhersteller mit Firmensitz in Grenchen und fertigt ca. 1.300 Karbonrahmen pro Jahr – für technisch anspruchsvolle Rennräder, die bei der Tour de France und anderen großen Sportveranstaltungen fahren, als auch für „Amateur-Renner“ und sogenannte „Massenfahrräder“.
www.bmc-racing.com

So läuft der Prozess ab

„Die nahtlosen Karbonrohre sind kritische und charakteristische Komponenten eines BMC impec-Rades. Unser Prozess beginnt mit dem Flechten. Hier wird jeder Silikon-Rohrkern von einem Roboter geladen und anschließend mit vier Schichten Karbonfasern umflochten“, erklärt Känzig. Der Roboter erkennt, um welches Rohr es sich handelt, lädt die passenden Programme und startet den Flechtprozess – je nach Länge und Komplexität ist das Rohr nach etwa sieben Minuten fertig. In einem zweiten Schritt folgt das Verharzen. Hierbei erhält das Rohr seine endgültige Form und das Harz wird eingepresst und härtet aus. Zu guter Letzt werden die Rohre von einem 6-Achsen-Roboter und einer Diamantsäge auf die richtige Länge geschnitten. „Gegenwärtig produzieren wir auf diese Weise pro Jahr etwa 1.300 Fahrräder, wobei die Fertigungskapazität bei über 2.500 Stück liegt.“

BMC mit Firmensitz in Grenchen/Schweiz fertigt zurzeit zirka 1.300 Karbonrahmen pro Jahr.

BMC mit Firmensitz in Grenchen/Schweiz fertigt zurzeit zirka 1.300 Karbonrahmen pro Jahr.

CNC-Bearbeitung seit 2010

Kleiner und weniger durchdringend als die Maschinen zur Herstellung der Rohe, aber genauso wichtig, ist das CNC-Bearbeitungszentrum VF4-SS Super Speed von Haas, das im Jahr 2010 im Unternehmen installiert wurde. „Die Haas Maschine wird verwendet, um Montagestelle und Befestigungsvorrichtungen, Kunststoffteile und F+E- oder Prototypenteile für neue Fahrräder zu fertigen. Für letztere arbeiten wir mit 3D-CAD-Programmen. Die Teile werden dann auf der Haas bearbeitet. Wir glauben, das geht schneller und einfacher als mit anderen Technologien, wie dem 3D-Drucken. Außerdem erhalten wir so ein Teil, das die tatsächlichen, mechanischen Eigenschaften besitzt und für Tests unter realen Einsatzbedingungen verwendet werden kann.“

Laut Känzig ist die Haas bei BMC auch für zukünftige Produktionsaufgaben vorgesehen. „Für die nächste Produktgeneration schwebt uns vor, die VF4-SS zum Fräsen von Rahmenrohren einzusetzen, damit diese enger zusammen montiert werden können. Um diese Strategie möglichst effektiv umzusetzen, werden wir wohl eine zweite VF4-SS benötigen. Letztendlich planen wir, ein völlig neues Fahrrad mit weniger Teilen als beim aktuellen Modell herzustellen.“

BMC produziert selten Rahmen mit einem konventionellen runden Querschnitt. „Das bringt keine technischen Vorteile“, erläutert Känzig, „sondern ist eher ein Konstruktionsmerkmal, das unsere Marke kennzeichnet. Allerdings erschwert diese Form die Herstellung der notwendigen Werkzeuge.“ Das war der Hauptgrund um in eine Haas Maschine zu investieren.

Auf Haas gesetzt

Als das aktuelle Produktionsmodell im Jahr 2010 entwickelt wurde, standen die Techniker bei BMC unter Zeitdruck. Sie mussten möglichst schnell die Prototypen- und Testphase abschließen und die Produktion aufnehmen.

„Damals hatten wir immer Probleme, die Montagestelle und Werkzeuge von unseren externen Zulieferern pünktlich und budgetgerecht zu erhalten“, erläutert Känzig. „Daher kamen wir zu der Überzeugung, dass das aktuelle System zu teuer und zu zeitaufwändig ist. Einer unserer Techniker hatte zuvor bei einem Unternehmen gearbeitet, das mechanische Teile herstellte. Er war bereits mit Haas Maschinen vertraut und ein großer Befürworter, so dass uns die Entscheidung zugunsten der VF4-SS leicht gefallen ist. Heute nutzen wir die Maschine nicht nur für die Befestigungsvorrichtungen und Werkzeuge, sondern auch für einige der kleineren Teile, die man an manchen Modellen findet. Wir haben auch begonnen, Kunststoffteile – wie Rohrverbindungen – zu fräsen. Nach ein paar Änderungen an der Konstruktion hatte sich die Form leicht verändert. Anstatt die Spritzgießwerkzeuge zu zerstören und neu anzufertigen, was sehr teuer gewesen wäre, haben wir beschlossen, sie lieber auf der Haas Fräsmaschine zu bearbeiten.“

Individuell statt konventionell

Die technisch anspruchsvollen Rennräder des Unternehmens, die bei der Tour de France und anderen großen Sportveranstaltungen fahren, werden ebenfalls im Werk von Grenchen nach den Vorgaben der Kunden produziert und fertiggestellt. So wird beispielsweise die Rahmenfarbe an die Position des Fahrers angepasst: Grün für den Führenden in der Punktewertung (die stabilste Fahrerleistung), weiß mit roten Punkten für den „Bergkönig“ und Gelb für den Gesamtsieger.

„Kunden, die Spitzenräder kaufen, suchen etwas Besonderes. Für Serienräder ist die Schweiz unser größter Markt“, meint Känzig, „obwohl wir kürzlich auch in Deutschland und Frankreich zugelegt haben – und jetzt nehmen auch in Italien die Umsätze an Fahrt auf. Die USA gehören ebenfalls zu unseren Wachstumsmärkten, wie auch Großbritannien. Insgesamt stellen wir jedes Jahr etwa 45.000 Serienfahrräder her. Man kann BMC nicht mit einem Hersteller wie z. B. Giant vergleichen, der mehrere Millionen Räder jährlich produziert. Doch wie man am Durchschnittspreis ihrer Räder sehen kann, sprechen sie einen anderen Markt an. Bei den impec-Rädern können unsere Kunden zwischen der Race-Fit- oder Performance-Fit-Ausführung (höher, sicherer, besser) wählen, während die elektronische Schaltgruppe Shimano Di2 bei allen unseren Produkten zum Einsatz kommt. In der Tat sind wir bei Straßenrädern jetzt einer der größten Einkäufer von Di2-Schaltgruppen auf der ganzen Welt.“

Mit den flexiblen Werkzeugen und Fertigungsprozessen ist BMC in der Lage, mit Produktentwürfen und Innovationen zu experimentieren und, was genauso wichtig ist, die Montagestelle und Befestigungsvorrichtungen zu bauen, die es für seine neuen Rahmen und Komponenten benötigt.

Eine Investition für die Zukunft

„Die Haas VF-4SS hat sich bereits als ein sehr wichtiger Bestandteil unserer Produktionsabläufe bewährt”, betont Känzig abschließend. „Aktuell wird sie nur zu 70 bis 80 % ausgelastet und jeden Tag finden wir neue Teile, die wir damit fertigen können. Sie ist sehr einfach zu programmieren und zu bedienen sowie äußerst zuverlässig.“

Beim Aufbau von Teams und Fahrrädern, die Rennen gewinnen, geht es im Wesentlichen darum, Probleme zu beheben, bevor sie überhaupt auftreten. Das hatte Andy Rihs sicherlich im Sinn, als er dieses „makellose“ Werk schuf. Da ist es auch kein Zufall, dass er sich als einzige CNC-Werkzeugmaschine in seinem Werk für eine Haas entschieden hat.

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