anwenderreportage
Chiron FZ 12 FX: Längere Spindellaufzeiten durch mannlose Fertigung
Seit die Meienberg AG ein neues 5-Achs-Bearbeitungszentrum von Chiron mit einer umfassenden Automationslösung von GOODJ installiert hat, kann der Lohnfertiger zusätzliche Aufträge abwickeln – mannlos und während der Nacht. Das Familienunternehmen erweitert mit der Investition sein Leistungsspektrum, erhöht die Produktivität und gewinnt sogar Aufträge, die Kunden ins Ausland verlagern wollten. Autor: F. Stephan Auch / Freier Redakteur
Die Komponenten der Automationslösung bei Meienberg im Überblick: Links der Turmspeicher mit dem Bedienpult davor, dahinter das 5-Achs-Bearbeitungszentrum FZ 12 FX von Chiron, rechts davon der Roboter, vorne rechts die Rüststation.
François Meienberg
Geschäftsführer, Meienberg Feinmechanik AG.
„Wir stehen immer noch da und staunen, was die Fertigungszelle alles kann. Die Vielzahl der Möglichkeiten, die sich uns jetzt bieten, werden wir erst mit der Zeit vollkommen in Erfahrung bringen.“
„Auch wenn wir in den ersten Wochen seit der Installation schon einen Eindruck davon bekommen haben, was alles möglich ist, stehen wir immer noch da und staunen, was die Fertigungszelle alles kann“, – François Meienberg und sein Cousin Christoph Grangier, die beiden Geschäftsführer der Meienberg Feinmechanik AG, sind sich in ihrer Begeisterung einig. Noch im September standen in der Halle des Familienbetriebes in Unterägeri, im Schweizer Kanton Zug, nach Feierabend alle Fräsmaschinen still. Mit den vorhandenen 3-Achs-Fertigungszentren war die Flexibilität bei Aufträgen gering, komplexe Bauteile mussten für eine Komplettbearbeitung mehrfach gespannt werden. Entsprechend personalintensiv und lang waren die Rüstzeiten, die bei der Fertigung von Einzelteilen mitunter vier Stunden dauerten. Im Auftrag von Kunden überwiegend aus dem Maschinenbau und der Automobilzulieferindustrie stellt Meienberg Werkstücke aus Aluminium, Stahl, Edelstahl, Messing und Kunststoff her. Elf Mitarbeiter fertigen Bauteile mit maximal 200 mm Seitenlänge, meist in Losgrößen zwischen 20 und 1.000 Stück. Als einzelne Kunden überlegten, Aufträge mit größeren Stückzahlen ins Ausland zu verlagern, war die Zeit für eine grundlegende Veränderung reif.
Seit Meienberg im Oktober 2013 das neue 5-Achs-Bearbeitungszentrum FZ 12 FX von Chiron mit einer umfassenden Automationslösung von GOODJ installiert hat, kann der Lohnfertiger zusätzliche Aufträge abwickeln – mannlos und während der Nacht.
Infos zum Anwender
Im Auftrag von Kunden – überwiegend aus dem Maschinenbau und der Automobilzulieferindustrie – fertigt die Meienberg Feinmechanik AG in Unterägeri (CH) Werkstücke aus Aluminium, Stahl, Edelstahl, Messing und Kunststoff. Elf Mitarbeiter fertigen Bauteile mit max. 200 mm Seitenlänge, meist in Losgrößen zwischen 20 und 1.000 Stück.
www.mefag.ch
Interessante Automationslösung
„Als wir für eine dreißig Jahre alte und mittlerweile sehr reparaturanfällige 3-Achs-Maschine nach einem Ersatz suchten, interessierten wir uns von Anfang an für Möglichkeiten zur Automation“, erinnert sich François Meienberg. „Doch die am Markt angebotenen Standardlösungen für die Automatisierung haben uns nicht überzeugt“, ergänzt Christoph Grangier. Neues bot den beiden Geschäftsführern im November 2012 die Messe Prodex in Basel. Dort erregte ein Chiron-Bearbeitungszentrum mit einer Automationslösung von GOODJ Spanntechnik ihre Aufmerksamkeit. „Diese Neuheit war interessant, aber für unsere Ansprüche schien sie zu komplex zu sein“, war die erste Reaktion von Grangier, „außerdem gab es damals noch kein Referenzprojekt.“
Für die Investition hatten sich die beiden Partner klare Ziele gesetzt, so Meienberg: „Wir wollten mehr Umsatz mit den gleichen oder weniger Mitarbeitern erzielen, kürzere Rüstzeiten, mehr Flexibilität in der Fertigung und ein einfaches Handlingsystem für die Einzelteilfertigung.“ Hatten die beiden Geschäftsführer anfangs noch nach einer 3-Achs-Maschine gesucht, ließen sie sich nach dem Besuch am Chiron-Stand und verschiedenen Gesprächen mit dem zuständigen Vertriebsmitarbeiter Ruedi Schalch von den Vorteilen des 5-Achs-Fertigungszentrums FZ 12 FX mit 2-Achs-Rundtisch überzeugen. Denn dadurch wären sie in der Lage, komplexe Bauteile schnell, präzise und effizient in einer Aufspannung zu fertigen, ihren bestehenden Kunden zusätzliche Dienstleistungen anzubieten und neue Auftraggeber zu gewinnen.
Links Turmspeicher mit Vorrichtungen, rechts daneben die Werkstückablage mit Rohlingen, weiter rechts das 5-Achs-Bearbeitungszentrum FZ 12 FX von Chiron.
komplexe Werkstücke in einer Aufspannung fertigen
Die FZ 12 FX von Chiron ist ein schnelles Fertigungszentrum für die wirtschaftliche Fertigung komplexer Werkstücke in einer Aufspannung. Sie ist mit einem 2-Achs-Schwenkrundtisch und fünf simultan gesteuerten Achsen ausgestattet. Der Tisch mit einem Schwenkbereich von ± 120° wird digital und direkt von einer hochpräzisen und sehr robusten Chiron-Achse angetrieben – ebenso die 5., endlos drehende Achse. Sie erreicht bis zu 1.000 U/min.
Werkzeugdurchmesser bis max. 125 mm und Spindeldrehzahlen von bis zu 40.000 U/min machen hohe Zerspanungsleistungen und Bearbeitungsgeschwindigkeiten möglich. Schnell ist die FZ 12 FX auch durch Eilgänge bis 75 m/min und einer Span-zu-Span-Zeit ab 2,1 s. Viele Ausstattungsvarianten und eine breite Auswahl miteinander kombinierbarer Komponenten ermöglichen die flexible Anpassung an die jeweiligen Erfordernisse der Fertigung und zahlreiche kundenspezifische Automationslösungen.
Für Arbeiten wie das Montieren und Einstellen der Spannbacken an den Vorrichtungen gibt es eine gesonderte Rüststation, die ebenfalls außerhalb der Anlage bedient werden kann.
Wohlüberlegte Entscheidung
Angesicht eines für ihr Unternehmen großen Investitionsvolumens für das Fertigungszentrum und die Automationskomponenten überlegten sich Meienberg und Grangier ihre Entscheidung gut. „Ausschlaggebend war ein Treffen aller Projektbeteiligter beim Open House, der Hausmesse von Chiron im März 2013“, erklärt Meienberg. „Wir haben mit allen an einem Tisch gesessen und das Projekt ausführlich besprochen. Danach sind wir nach Hause gefahren und haben gesagt: wir machen es.“
Im April erteilten sie den Auftrag – bereits im September wurde die Anlage geliefert und installiert. Für die Zerspanung kommt das einspindlige Fertigungszentrum FZ 12 FX in 5-Achs-Ausführung mit integriertem 2-Achs-Rundtisch zum Einsatz. Ausgestattet ist es mit einem Hintergrundmagazin für bis zu 177 Werkzeuge und einem Nullpunktspannsystem von GOODJ für das Spannen der Werkstück-Vorrichtungen. Vorgelagert ist ein 6-Achs-Knickarmroboter als Handlinggerät. Er bestückt entweder den Maschinenraum mit den Vorrichtungen für die Einzelteilfertigung oder das Werkstückspannsystem mit den in den Werkstückablagen gelagerten Rohlingen. Müssen Paletten oder Vorrichtungen gewechselt werden, so übernimmt der Roboter auch diese Aufgabe und transportiert diese zu einem passenden Lagerplatz im Turmspeicher. Über eine zweite Öffnung außerhalb der Fertigungsanlage wird das Hochregallager mit Rohlingen bestückt. Für Arbeiten wie das Montieren und Einstellen der Spannbacken an den Vorrichtungen sowie das Ein- und Ausschleusen von Paletten gibt es eine gesonderte Rüststation, die ebenfalls außerhalb der Anlage bedient werden kann. Diese ist mit zwei großen Flügeltüren ausgestattet, welche im Bedarfsfall die Beladung mit Hilfe eines Krans ermöglichen. So können die Bediener alle vorbereitenden Aufgaben bequem außerhalb erledigen, während in dem umzäunten Fertigungsareal alle Komponenten automatisiert ihre Dienste verrichten.
Die Bestückung mit Rohlingen erfolgt über eine zweite Öffnung außerhalb der Fertigungsanlage.
Geringer Platzbedarf überrascht
Nur rund 7,0 x 7,0 m Platz benötigt die Automationslösung rund um das kompakte Fertigungszentrum, die sich außerdem für zusätzliche Nacharbeiten wie das Entgraten und Nachpolieren von Bauteilen erweitern lässt. Das Projektmanagement übernahm die GOODJ Spanntechnik AG. Dazu gehörte das Integrieren und Abstimmen aller Hard- und Softwarekomponenten für ein reibungsloses Zusammenwirken. Für die rasche Lieferung, die schnelle Installation und den bereits im Oktober erfolgten Produktionsstart sind François Meienberg und Christoph Grangier voll des Lobes. „Die Vielzahl der Möglichkeiten, die sich uns bieten, werden wir allerdings erst mit der Zeit vollkommen in Erfahrung bringen“, schätzt Grangier.
Im Turmspeicher, ein Kardex Remstar Shuttle, lagern Vorrichtungen und Paletten, rückseitig ist er ebenfalls zu beladen.
Steuerung der Prozesse und Auswertung der Kennzahlen
Bekommen sie die CAD-Daten für die Bearbeitung eines Bauteils, schicken sie diese nach einer Fertigungs-Simulation im CAM-System an die Soflex-Steuerung ihrer Gesamtanlage, wo alle Bearbeitungs-Parameter gespeichert werden. Hinterlegt sind alle auftragsbezogenen Werte, darunter die NC-, Werkzeug- und Werkstückdaten, die entsprechenden Nullpunktwerte und jeweiligen Parameter für die Vorrichtungen, den Roboter und den Turmspeicher. Zudem übernimmt die Steuerung die Auftragsverwaltung – so können mit ihr Prioritäten in der Abfolge festgelegt werden.
Michael Lendi, Projektverantwortlicher bei der GOODJ Spanntechnik AG, beschreibt die einfache Bedienung: „Alle Werte sind am Bedienpult anschaulich visualisiert und können unkompliziert verändert werden. Außerdem lassen sich die wichtigsten Prozesskennzahlen für eine betriebswirtschaftliche Auswertung auslesen. Fehlen für die Fertigung des Folgeauftrags beispielsweise NC-Programme, Werkzeuge oder Vorrichtungen, gibt die Software frühzeitig eine Warnung aus. Sollte es im unbemannten Betrieb zu Störungen kommen, meldet dies die Anlage dem verantwortlichen Mitarbeiter via SMS oder E-Mail. Mit diesen Hilfsmitteln kann die verfügbare Spindellaufzeit nahezu 100-prozentig ausgenutzt werden.“
Tagsüber mannintensive Aufträge, nachts automatisiert fertigen
Mit dem neuen 5-Achs-Fertigungszentrum und der Automationslösung hat sich der Arbeitsalltag bei der Meienberg Feinmechanik AG grundlegend geändert. Tagsüber werden die mannintensiven Arbeiten erledigt, nachts fertigt die FZ 12 FX mannlos. „Wir sind mit dem 5-Achs-Bearbeitungszentrum nicht nur viel flexibler als noch vor wenigen Monaten – die hervorragend aufeinander abgestimmte Gesamtanlage verschafft uns durch die nächtlichen Spindellaufzeiten auch zusätzliche Produktionskapazitäten für mehr Aufträge“, freuen sich die beiden Geschäftsführer. Die Verbesserungen sind überall im Alltag spürbar, so Grangier abschließend: „Kleine Bestellungen können nun effizienter und damit gewinnbringend gefertigt werden.“ Gerade bei wiederkehrenden Aufträgen ist der Produktivitätsfortschritt enorm.
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