interview

Engineering Kompetenz als Markenversprechen: Interview mit Christoph Geigges

Die Walter AG ist ein international führendes Unternehmen für die Metallbearbeitung mit 26 Produktions- und Nachschleifzentren und mehr als 4.400 Mitarbeitenden weltweit. Wir sprachen mit Christoph Geigges, seit letztem Jahr Präsident und CEO der Walter AG, über das Thema Nachhaltigkeit, Zukunftsbranchen und den österreichischen Markt.

Unser Anspruch ist es Marktanteile zu gewinnen und somit stärker und schneller als der Markt zu wachsen. Christoph Geigges, Präsident und CEO der Walter AG.

Unser Anspruch ist es Marktanteile zu gewinnen und somit stärker und schneller als der Markt zu wachsen. Christoph Geigges, Präsident und CEO der Walter AG.

Herr Geigges, Sie sind seit einem Jahr Präsident der Walter AG. Wie sehen Sie das Unternehmen am Markt positioniert?

Sehr gut und hier möchte ich zwei Punkte anführen, die mir sehr wichtig sind und zeigen sollen, warum Walter sehr gut am Markt positioniert ist. Im letzten Jahr durfte ich viele Walter-Kollegen und -Kolleginnen kennen lernen und das hat mir einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, ein großartiges Team mit engagierten und gut ausgebildeten Mitarbeitenden zu haben. Wir bei Walter haben diese guten Mitarbeitenden, wir haben aber auch ein gutes Miteinander, eine gute Kommunikation, Unternehmenskultur und somit auch ein gesundes Fundament, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein. Das wäre der erste Punkt.

Der zweite Punkt aus meiner Sicht ist, wir haben sehr viele, auch starke, Veränderungen in den letzten Jahren vorangetrieben, die kurzfristig sehr viel Engagement und Motivation gekostet haben, aber langfristig für unseren Erfolg wichtig und auch richtig waren. Wir sind noch nicht am Ende, aber mit den Menschen, die hier arbeiten, gepaart mit den strategischen Initiativen, die wir durchgeführt haben und noch durchführen werden, sind wir meines Erachtens bestens für die Zukunft aufgestellt.

Tiger·tec Gold erobert nach dem Fräsen und Bohren jetzt auch das Drehen.

Tiger·tec Gold erobert nach dem Fräsen und Bohren jetzt auch das Drehen.

Bevor Sie zu Walter wechselten, waren Sie für Roche tätig – ein komplett anderes Umfeld, oder nicht?

Nicht unbedingt. Ich war bei Roche in den verschiedensten Finanzrollen tätig. Bevor ich Präsident der Walter AG wurde, war ich als CFO von Walter auch hier für die Finanzen zuständig. Zudem war ich bei Roche Diagnostics beschäftigt, ein Unternehmen, das hochwertige und komplexe Instrumente herstellt, mit eigener Fertigung und Forschung. Auch Walter produziert qualitativ hochwertige Produkte mit einer hohen Komplexität, ist innovativ, ein sehr gesundes Unternehmen und hat seinen Stammsitz hier in Deutschland. All diese Punkte zusammen waren schlussendlich ausschlaggebend, dass ich zu Walter wechselte und ehrlich gesagt, habe ich diese Entscheidung seit Tag eins – also nun schon seit über drei Jahren – nie bereut.

Nachhaltigkeit ist bei Walter schon seit mehr als zehn Jahren ein zentraler Bestandteil der Unternehmensstrategie. Dabei spielt der Mensch eine entscheidende Rolle, denn bei Walter bedeuten Fairplay und ein guter und ethischer Umgang mit den Mitarbeitenden, Partnern und Kunden auch Nachhaltigkeit.

Nachhaltigkeit ist bei Walter schon seit mehr als zehn Jahren ein zentraler Bestandteil der Unternehmensstrategie. Dabei spielt der Mensch eine entscheidende Rolle, denn bei Walter bedeuten Fairplay und ein guter und ethischer Umgang mit den Mitarbeitenden, Partnern und Kunden auch Nachhaltigkeit.

Die Walter AG beschäftigt mehr als 4.400 Mitarbeiter und betreut mit zahlreichen Tochtergesellschaften und Vertriebspartnern Kunden in über 80 Ländern der Welt. In welchen Ländern sehen Sie aktuell das größte Wachstumspotenzial?

Im Moment sehen wir das größte Potenzial in Nordamerika. Das hat sicherlich mit der Near- und Onshoring-Politik der USA zu tun, aber auch mit der Tatsache, dass in Amerika die Luft- und Raumfahrtindustrie boomt. Auch sehen wir in China sowie im gesamten asiatischen Markt noch großes Wachstumspotenzial. Das wird Sie jetzt vielleicht überraschen, aber auch Japan ist für uns ein sehr interessanter Markt. Dort sind wir gerade dabei, unseren Vertriebsansatz mit neuen Partnern umzustellen. Natürlich wollen wir auch in unseren Kernmärkten wie Deutschland und Europa im Allgemeinen weiterwachsen.

Im Technology Center in Tübingen werden Hightech-Lösungen für die Zerspanung von morgen schon heute entwickelt und getestet.

Im Technology Center in Tübingen werden Hightech-Lösungen für die Zerspanung von morgen schon heute entwickelt und getestet.

Wie wichtig ist der österreichische Markt für Walter?

Kurz gesagt, sehr wichtig. Wir haben in Österreich ein sehr gutes, partnerschaftliches Verhältnis mit unseren Kunden – unsere Premiumqualität und lösungsorientierten Ansätze werden hier respektiert und anerkannt. Walter ist als Marke in Österreich sehr gut etabliert und wir können mit Stolz sagen, dass wir hier ein sehr großer und wichtiger Player mit relativ großen Marktanteilen sind.

Walter bietet ein umfassendes Sortiment an hochwertigen Zerspanungswerkzeugen und Werkzeug-Aufnahmen zum Fräsen, Drehen, Bohren und zum Fertigen von Gewinden.

Walter bietet ein umfassendes Sortiment an hochwertigen Zerspanungswerkzeugen und Werkzeug-Aufnahmen zum Fräsen, Drehen, Bohren und zum Fertigen von Gewinden.

Walter verfügt über Produktionsstandorte in Deutschland, Frankreich, Türkei, USA und China. Wo werden welche Werkzeuge produziert und warum?

Starten wir mit Deutschland und hier mit Tübingen. In Tübingen haben wir die Sonderfertigung für unsere Körper. Unsere Wendeschneidplatten werden ausschließlich in Münsingen in der Schwäbischen Alb gefertigt. In Frankreich produzieren wir unsere Roundtools, in der Türkei ist eine Körperfertigung und in Asien wird alles außer Wendeschneidplatten produziert. In den USA haben wir mit dem Standort Greer in South Carolina einen neuen Roundtoolstandort aufgebaut, da in Nordamerika der Anteil an Roundtools im Vergleich zu Wendeschneidplattenwerkzeugen viel größer ist. Dadurch sind wir jetzt viel näher am Markt, an unseren Kunden und können schneller und flexibler agieren, ganz zu schweigen von der Nachhaltigkeit.

Aluminium erobert breite Anwendungsfelder – die Walter Werkzeuge zum Fräsen, Drehen, Bohren und Gewinden bringen Aluminium-Bauteile in Form.

Aluminium erobert breite Anwendungsfelder – die Walter Werkzeuge zum Fräsen, Drehen, Bohren und Gewinden bringen Aluminium-Bauteile in Form.

Ist es ein Ziel von Walter, die Nummer eins am Zerspanungsmarkt zu werden?

Unser Ziel ist es, in allen Ländern und Regionen schneller und auch mehr als der Markt zu wachsen. Zu welcher Marktposition das schlussendlich führt, ist für uns sekundär. Wir sind überzeugt, dass wir durch unseren Ansatz mit der Engineering Kompetenz einen wichtigen Player im Zerspanungsmarkt darstellen. Unsere derzeitige Position am Markt eröffnet uns noch viele Möglichkeiten für weiteres Wachstum.

Christoph Geigges, Präsident und CEO der Walter AG.

Christoph Geigges, Präsident und CEO der Walter AG.

Die Walter AG hat immer schon sehr stark auf Kundenbindung, individuelle Lösungen und persönliche Beratung gesetzt. Wird diese Vertriebsstrategie beibehalten?

Unser Markenversprechen heißt Engineering Kompetenz. Von daher ist die Antwort, ja. Walter gibt es jetzt schon seit über 100 Jahren und wir wollen weiterhin partnerschaftlich mit Kunden an individuellen Lösungen und persönlicher Beratung arbeiten und das werden wir auch so beibehalten.

Sie bieten ein umfassendes Spektrum an Präzisionswerkzeugen in allen wichtigen Branchen an. Wo sehen Sie noch Chancen für zusätzliches Wachstum?

Ganz klar in der Luft- und Raumfahrt, in der Medizintechnik, dem Werkzeug- und Formenbau und nach wie vor in der für uns weltweit wichtigsten Branche, der Automobilindustrie. In diesem Bereich haben wir uns auch durch die Akquisition des portugiesischen Werkzeugherstellers Frezite nochmals verstärkt.

Unter anderem ist Aluminium ein Werkstoff, um Gewicht zu sparen. Ist die Aluminiumbearbeitung daher strategisch wichtig für Walter?

Absolut. Einerseits im Automobilbereich mit der Entwicklung zu immer mehr elektrifizierten Fahrzeugen und natürlich auch in der Luft- und Raumfahrt, wo Aluminiumbauteile aufgrund ihrer Gewichtseinsparung eine immense Rolle spielen. Die schon erwähnte Akquisition von Frezite vor einem Jahr war für uns ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Wir sind mit Frezite in einem regen Technologie-, Prozess- und Fertigungsaustausch und entwickeln gemeinsam neue Lösungen.

Themenwechsel: Mit Tiger·tec Gold erschließt Walter nach dem Fräsen und Bohren nun auch das Drehen. Wo sehen Sie hier die wesentlichen Vorteile für Ihre Kunden?

Wesentliche Vorteile sind die höhere Produktivität und Prozesssicherheit durch die gesteigerte Zähigkeit und Verschleißfestigkeit der Wendeschneidplatten. Weiters die Flexibilität, da die Tiger·tec Gold-Sorten aufgrund verschiedener Geometrien sehr vielfältig einsetzbar sind und last, but not least die Wirtschaftlichkeit. Mit derselben Wendeschneideplatte haben wir jetzt bis zu 50 Prozent höhere Standzeiten.

Das steigert die klarerweise auch Nachhaltigkeit. Inwieweit spielt das für Walter eine Rolle?

Das Thema Nachhaltigkeit ist für uns sehr wichtig und schon seit mehreren Jahren in unserer Strategie verankert. Die Wiederaufbereitung unserer Bohrer ist hier ein gutes Beispiel und ganz neu sprechen wir über das Thema Recycling. Wir sammeln das Hartmetall von unseren Kunden nach Gebrauch ein und recyclen die Rohmaterialien wieder konzernintern. Bei der Nachhaltigkeit haben wir uns vier Bereiche gesetzt: Zirkularität, Klima, Menschen und Fairplay, weil auch ein guter und ethischer Umgang in der Geschäftswelt Nachhaltigkeit für uns bedeutet. Wir wurden 2021 und auch letztes Jahr mit dem EcoVadis Gold-Rating ausgezeichnet. Damit gehört Walter im Bereich Nachhaltigkeit unter die Top 1 % der Unternehmen der Branche und zu den Top 6 % aller von EcoVadis weltweit bewerteten Unternehmen.

Und das Thema Energieeffizienz?

Wir verfolgen hier sehr genaue Ziele und wann immer es unter wirtschaftlichen Aspekten sinnvoll ist, kommen die jeweils klimafreundlichsten Technologien zum Einsatz, um Energie, Wasser und andere Ressourcen möglichst sparsam einzusetzen. Wir haben z. B. heute schon in allen unseren Fertigungsstandorten auf LED-Beleuchtung umgestellt. Des Weiteren wurde erst kürzlich am Standort Tübingen eine Photovoltaikanlage in Betrieb genommen und wir arbeiten an der Umsetzung weiterer Anlagen an allen unseren Standorten. Wir haben sehr klare Ziele, was das Thema Energieeffizienz und Energieeinsparungen betrifft.

Sie waren dieses Jahr kein Aussteller der EMO. Sind Messen für Sie generell kein Thema mehr?

Nein, wir lehnen Messen grundsätzlich nicht ab. Wir stellen auch weiterhin an kleineren und lokalen Messen aus. Seit Covid allerdings prüfen wir jedes Jahr aufs Neue, welche Messen für uns in Zukunft strategisch sinnvoll sind und ob wir mit einer Teilnahme einen Mehrwert für uns und unsere Kunden generieren können oder nicht.

Was sind Ihre Ziele in den nächsten Jahren?

Wir wollen weiterhin erfolgreich sein, Marktanteile gewinnen und ich wiederhole mich hier gerne: stärker und schneller als der Markt wachsen.

Abschließend noch eine persönliche Frage: Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Wo schöpfen Sie die notwendige Energie, Kraft für das Unternehmen?

Familie und Sport. Ich habe zwei kleine Jungs mit drei und sechs Jahren und bin in dem Ort, wo wir auch wohnen, U7-Fußballtrainer. Ich bin da als Papa mit reingerutscht und stehe jeden Freitag um 16:00 Uhr auf dem Sportplatz. 30 Kinder zu trainieren ist sicherlich eine andere Verantwortung als die eines CEO bei der Walter AG, aber ich mache es gerne und mit viel Leidenschaft. Diese Tätigkeit dient für mich als Ablenkung, um abzuschalten und ist bestens geeignet, um Energie zu tanken – denn wenn Fünf- und Sechsjährige vor einem jubeln oder weinen, vergessen Sie in diesem Augenblick die Herausforderungen der Zerspanungsindustrie.

Vielen Dank für das Gespräch!

Filtern

Suchbegriff

Unterkategorie

Firmen

Inhaltstyp

Firmentyp

Land