interview

Iscar Sumocham: Kontrolle behalten

Seit rund einem Jahr steht Jürgen Baumgartner an der Vertriebsspitze von Iscar Austria. Mitgebracht hat der der gebürtige Bayer nicht nur umfangreiche Vertriebserfahrung sondern auch umfassendes Zerspanungs-Know-how. Im ausführlichen Interview verrät er uns unter anderem, was die österreichischen Zerspaner ausmacht und auf was es in der Zerspanung wirklich ankommt. Das Interview führte Ing. Robert Fraunberger, x-technik

Jürgen Baumgartner, Verkaufsleiter Iscar Austria.

Jürgen Baumgartner, Verkaufsleiter Iscar Austria.

Herr Baumgartner, haben Sie sich Ihren neuen Aufgabenbereich so vorgestellt?

Im Grunde genommen ja, aber die Menge an unterschiedlichen Aufgaben unterschätzt man leicht. Wie bei allen neuen Herausforderungen im Leben gibt es dabei viele positive, aber auch weniger erfreuliche Dinge. Die Arbeit hier in Österreich macht mir aber großen Spaß, denn unsere Kunden haben mich sehr gut aufgenommen – daraus schöpfe ich Kraft. Vieles ist besser gelaufen als erwartet, es ist jedoch noch nicht alles so, wie ich es gerne hätte.

Produktives Planfräsen mit 16 Schneiden bietet der HELIDO 800.

Produktives Planfräsen mit 16 Schneiden bietet der HELIDO 800.

Wie war das erste Jahr kurz zusammengefasst?

Es war geprägt durch außergewöhnlich viel „Input“ an Informationen und den daraus resultierenden Entscheidungen. Wenn man so eine Aufgabe antritt, will man ja auch seine gesetzten Ziele erreichen und ist hoch motiviert. Die vorgenommenen Änderungen in unserer Struktur beginnen zu greifen und wir verzeichnen bereits Erfolge in bisher nicht bearbeiteten Bereichen. Das letzte Jahr war daher wirtschaftlich erfreulich. Aufgrund unseres hart arbeitenden und hoch motivierten Teams werden wir aber sicherlich noch weiter wachsen.

In Steyr bietet Iscar Austria einen großen Seminarraum mit angrenzendem Vorführzentrum.

In Steyr bietet Iscar Austria einen großen Seminarraum mit angrenzendem Vorführzentrum.

Konnten Sie Unterschiede in der Mentalität bzw. Arbeitsweise von österreichischen und deutschen Firmen feststellen?

Die Unternehmen in Österreich unterliegen mindestens dem gleichen Kostendruck wie die in Deutschland. Viele Firmen haben erkannt, dass sie nur durch die Steigerung ihrer Produktivität und permanenter Optimierungen im Fertigungs- und Beschaffungsprozess zukünftig bestehen können. Wir stellen uns hier den Anforderungen des österreichischen Marktes. Ob Online-Bestellungen, Einkaufsportale oder direkte EDI-Verbindungen zu unseren Kunden – wir bieten das entsprechende Umfeld. Die Mentalität zu meiner bayrischen Heimat ist sehr ähnlich, dies war mir aber schon im Vorfeld durch private Kontakte klar.

Durch eine zielgerichtete Kühlmittelzuführung können beim Abstechen ausgezeichnete Oberflächen und erhöhte Standzeiten – und somit Prozesssicherheit – erzielt werden. Iscar löst dies nun auch im Bereich der Modular Grip Stechalter.

Durch eine zielgerichtete Kühlmittelzuführung können beim Abstechen ausgezeichnete Oberflächen und erhöhte Standzeiten – und somit Prozesssicherheit – erzielt werden. Iscar löst dies nun auch im Bereich der Modular Grip Stechalter.

Ist auch das technische Niveau vergleichbar?

Absolut! Wäre dem nicht so, dann würden unsere Unternehmen in Österreich dem internationalem Druck nicht standhalten können. Wie bereits erwähnt, ist vielen Firmen klar, dass man ohne permanente Optimierungen in der Zukunft nur schwer bestehen kann. Diese Problematik ist in allen Hochlohnländern die gleiche. Permanentes Hinterfragen und Optimieren der eigenen Prozesse sorgt für die nötige Bewegung, um auf die internationalen Wettbewerber angemessen reagieren zu können. Natürlich gibt es da und dort Aufholbedarf, da bieten wir gerne unsere Unterstützung an. Was ich jedoch bemerkt habe ist, dass sich das „kleine“ Österreich oft unter Wert verkauft.

Wechselkopfbohrsystem SUMOCHAM: Mit den FCP-Bohrköpfen bietet Iscar eine produktive Lösung für die Herstellung von Flachkopfbohrungen und Schraubenkopfsenkungen. Dank der Zentrierspitze können die Bohrköpfe für Bearbeitungstiefen bis 5 x D eingesetzt werden – eine Pilotbohrung ist nicht erforderlich.

Wechselkopfbohrsystem SUMOCHAM: Mit den FCP-Bohrköpfen bietet Iscar eine produktive Lösung für die Herstellung von Flachkopfbohrungen und Schraubenkopfsenkungen. Dank der Zentrierspitze können die Bohrköpfe für Bearbeitungstiefen bis 5 x D eingesetzt werden – eine Pilotbohrung ist nicht erforderlich.

Wie meinen Sie das?

In Österreich haben wir sehr viele Innovationsträger und Weltmarktführer, auf die wir sehr stolz sein können. Leider sind wir uns dessen zu wenig bewusst und es wird auch viel zu selten in der Öffentlichkeit thematisiert. Das würde auch zur Bekämpfung des Facharbeitermangels beitragen. Übrigens ein ganz wichtiger Punkt für die Zukunft des Fertigungsstandortes Österreich.

Warum?

Nur durch top ausgebildete Fachkräfte können wir uns in Zukunft von anderen Regionen differenzieren und am Weltmarkt behaupten. Trotz all des technischen Fortschritts (auch) in der Zerspanung ist letztlich der Mensch ein entscheidender Faktor. Wie hat mal ein kluger Unternehmer zu mir gesagt: „Nur ein sehr gut ausgebildeter Mitarbeiter kann auch aus einer schlechten bzw. älteren Anlage etwas herausholen." Da ist sicher etwas Wahres dran. Fakt ist, dass nur qualifizierte Facharbeiter aktiv an der Verbesserung des Zerspanungsprozesses mitwirken können – das gilt sowohl in der Einzelteilfertigung als auch in der Großserie. Dies führt zudem zur Steigerung des Know-hows und hilft wiederum den Unternehmen, die Kontrolle über die eigene Produktion zu behalten. Eine hohe Fertigungstiefe macht unabhängig und verbessert die Qualität sowie die Termintreue. Dazu ist die permanente Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter ein wichtiger Baustein.

Was können Sie als Werkzeughersteller den Unternehmen diesbezüglich anbieten?

Neben dem optimierten Einsatz unserer hochwertigen Produkte und somit Steigerung der Produktivität des Zerspanungsprozesses steht bei uns auch der Wissenstransfer im Vordergrund. Gute Möglichkeiten hierfür sind neben der Unterstützung durch unsere Anwendungstechniker auch Seminare vor Ort beim Kunden bzw. technische Schulungen – beispielsweise in unserem Seminar- und Vorführzentrum in Steyr. Das 2-Tages-Seminar im Sommer 2014 kam bei unseren Kunden übrigens hervorragend an.

Ein Facharbeiter sollte aber auch die Fähigkeit besitzen, theoretisches Wissen in die Praxis umsetzen zu können. Auch da können wir unseren Beitrag leisten. Dazu gehören unter anderem die richtige Verschleißerkennung und der fachgemäße Umgang damit. Aber auch betriebswirtschaftliche Themen werden bei ständig kleiner werdenden Losgrößen und steigenden Rohstoffkosten immer wichtiger. Techniker und Betriebswirte sprechen oft unterschiedliche Sprachen – da muss oft jemand „übersetzen“. Genauso liegt mir die Unterstützung von Ausbildungsstätten am Herzen. Letztlich führen all diese Maßnahmen dazu, den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken – wir sitzen alle im selben Boot, je stabiler desto besser.

Eines Ihrer Ziele war bzw. ist das technisch beste Vertriebsteam zu stellen. Haben Sie das schon erreicht?

Dies ist ein permanenter Entwicklungsprozess und endet nicht nach einem Jahr! Wir haben aber viele erfolgreiche Maßnahmen ergriffen, um das Ziel möglichst schnell zu erreichen. Einerseits nützen wir unsere Ressourcen zur internen Fortbildungen in Steyr, in Ettlingen (Anm.: Iscar Deutschland) aber auch im Headquarter in Tefen/Israel, anderseits hilft der permanente Austausch von Informationen und Erfahrungen innerhalb des Teams und mit den Anwendern anspruchsvolle Zerspanungsaufgaben noch effizienter zu lösen. Auch diverse Umstrukturierungen innerhalb unseres Teams zeigen Wirkung.

Welche sind das konkret?

Wir haben jetzt größere Teams und können unser Know-how besser nutzen. Die Anwendungstechniker befinden sich so im regen Wissensaustausch und werden gezielter, je nach Anwendung und Aufgabenstellung, in Österreich eingesetzt. Davon profitiert letztlich der Kunde – und das ist das Wichtigste.

Darüber hinaus haben wir uns für das Gebiet Tirol und Vorarlberg mit einem neuen Mitarbeiter aus Tirol verstärkt. Er soll möglichst rasch in Zusammenarbeit mit dem bisherigen zuständigen Außendienstmitarbeiter für eine noch effizientere Betreuung in den westlichen Bundesländern und somit für eine höhere Schlagkraft in diesem großen Gebiet sorgen.

Wollen Sie auch die Handelspartner stärker in diese Prozesse einbinden?

Ja, die Handelssparte ist Teil unseres Verkaufsteams. Wir unterstützen ab sofort unsere beiden Partner VPW Werkzeugservice Hollenstein im Westen und FSS im Osten zusätzlich durch einen extra abgestellten Anwendungstechniker. Damit können wir in Österreich durchgängig auf unser gesamtes Know-how im Unternehmen zurückgreifen. Denn aufgrund der Fülle an technisch hochwertigen Neuheiten bei Iscar sehe ich es als besonders wichtig an, den Vertrieb auch in der Handelssparte intensiv zu unterstützen. Dies hilft wiederum, unsere innovativen Werkzeuglösungen noch schneller als bisher in den Markt zu bringen. Unser Direktvertrieb kann aufgrund der großen Entfernungen den Bedürfnissen der Kunden oft nicht gerecht werden, deshalb sind wir froh, zwei starke Handelspartner mit dem nötigen Know-how an unserer Seite zu haben!

Welche Projekte konnten Sie letztes Jahr erfolgreich abschließen?

Unsere aktuelle Abstechoffensive läuft hervorragend und wird vom Markt sehr gut angenommen. (Anm.: Ein gutes Beispiel ist die Anwenderreportage bei Sistro aus der letzten Sonderausgabe, Seite 100). Bei einem anderen Kunden konnten wir durch eine gute Idee, die aus dem bereits angesprochenen, intensiven Informationsaustausch entstanden ist, von 90°-Planfräsen auf 45°-Planfräsen mit unserer 16-schneidigen HELIDO Wendeplattenfräser umstellen. Dadurch ergab sich eine unglaubliche Einsparung im sechsstelligen Bereich! Leider ist aufgrund von Geheimhaltungserklärungen keine Reportage möglich.

Mit unserem tangentialen Frässystem T490 als Walzenstirnfräser haben wir uns in einer großen Testreihe gegen verschiedenste Wettbewerber durchgesetzt. Hier hoffen wir noch eine Reportage durchführen zu können.

Auch mit unserem SUMOCHAM-Bohrsystem konnten wir verschiedenste Anwendungen optimieren. Das sehr gut ausgebaute Wechselkopf-Bohrsystem von D 6 bis D 32,9 in Abstufungen von 0,1 mm kommt immer besser am Markt an. Vor allem die Varianten mit Flachkopf und unserer neuen HCP-Geometrie (Anm.: kein pilotieren bei Bohrungen bis 12 x D nötig) sorgt für enormes Interesse. Mittlerweile sind auch die ersten Werkzeuge beim Tiefbohren im Einsatz. Hier werden wir mit Sicherheit noch viel Positives berichten.

Abschließende Frage: Wo steht Iscar Austria in fünf Jahren?

Unser klares Ziel ist es, unseren Marktanteil in Österreich in den nächsten fünf Jahren zu verdoppeln. Bis dahin haben wir noch einen harten, arbeitsreichen Weg vor uns. Allerdings bin ich der Überzeugung, dass die Unternehmen in Österreich ihren Profit in der Zusammenarbeit mit Iscar erkennen werden und sowohl die kompetente Betreuung als auch die hohe Qualität der Werkzeuge nicht mehr missen wollen.

Danke für das Gespräch.

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