interview

Pimpel CHECKitB4: Durchgängiger Workflow als Vision

25 Jahre Pimpel GmbH: Die Aufgabe einer Werkzeugmaschine ist es, Teile zu produzieren. Dabei sollte sie, wenn irgendwie möglich, von nichts und niemandem gestört werden – auch nicht vom Programmierer. Dieser Leitgedanke ließ Ing. Friedrich Pimpel vor nunmehr 25 Jahren ein eigenes Unternehmen gründen, das sich unter Zuhilfenahme Digitaler Zwillinge der Optimierung von Workflows verschrieb. Das erste lauffähige virtuelle 1:1-Abbild einer realen Werkzeugmaschine konnte der Niederösterreicher bereits Ende 2005 präsentieren. Nun will er den Weg zur Smart Factory mit der Umsetzung weiterer Visionen beschleunigen. Das Gespräch führte Sandra Winter, x-technik

Momentan präsentiert sich die Digitalisierung vielfach noch als Einbahnstraße: Es fließen sehr viele Informationen in Richtung Shopfloor, aber es kommen zu wenig Daten automatisiert als Feedback ans Management zurück.
Friedrich Pimpel, Gründer und CEO der Pimpel GmbH

Momentan präsentiert sich die Digitalisierung vielfach noch als Einbahnstraße: Es fließen sehr viele Informationen in Richtung Shopfloor, aber es kommen zu wenig Daten automatisiert als Feedback ans Management zurück. Friedrich Pimpel, Gründer und CEO der Pimpel GmbH

Herr Pimpel, was bewog Sie im Jahre 1996 dazu, eine eigene Firma zu gründen?

Ich war immer interessiert an technischen Entwicklungen, beschäftigte mich bereits in den 90er-Jahren sehr intensiv mit dem Gedanken, den Programmier-Part von der Maschine wegzubekommen und wollte damals schon in das Thema NC-Code-Simulation einsteigen. Glücklicherweise traf ich damals die richtigen Kooperationspartner, um diese Vision zu realisieren und so konnten wir Ende 2005 auf einer Messe bereits den ersten lauffähigen Digitalen Zwilling einer mit einer Siemens ausgestatteten CNC-Werkzeugmaschine präsentieren.

Mit CHECKitB4 lassen sich Steuerungsabläufe in ihrer vollen Funktionalität simulieren. So können NC-Programme inklusive aller Hochsprachenelemente u. a. auf syntaktische Korrektheit und Ablauffähigkeit geprüft werden.

Mit CHECKitB4 lassen sich Steuerungsabläufe in ihrer vollen Funktionalität simulieren. So können NC-Programme inklusive aller Hochsprachenelemente u. a. auf syntaktische Korrektheit und Ablauffähigkeit geprüft werden.

Ihr Firmenslogan lautet „get the work flow”?

Ja, diesen Leitsatz haben wir uns schon kurz nach der Firmengründung auf unsere Fahnen geheftet, um nach außen hin zu verdeutlichen, dass wir mit innovativen Software-Tools einen durchgängigen Workflow von der Arbeitsvorbereitung bis zum Produktivitätsmanagement unterstützen und somit auch vorantreiben wollen.

Der erste Digitale Zwilling in CHECKitB4 entstand bereits im Jahr 2005.

Der erste Digitale Zwilling in CHECKitB4 entstand bereits im Jahr 2005.

Haben Sie persönlich einen Maschinenbau- oder einen IT-Hintergrund?

Ich absolvierte eine HTL für Kraftfahrzeugbau, war also ursprünglich eher ein „Benzinbruder“. Allerdings inspirierte mich mein damaliger Kfz-Elektrik-Lehrer dazu, mich näher mit Computern zu beschäftigen und als ich auf ein an sich für Elektrotechnik- und Nachrichtentechnik-Abgänger gedachtes Mikroelektronik- und EDV-Kursangebot aufmerksam wurde, fragte ich dort nach, ob ich auch mitmachen könne. Die erste Zeit war zwar hart, weil ich im Vergleich zu meinen Kollegen einiges an Theorie nachzuholen hatte, aber es war dennoch spannend zu sehen, wie schnell man in einer lockeren Umgebung dazulernt. Bereits nach zwei, drei Monaten konnte ich mit den anderen auf Augenhöhe mitreden. Und als ich später dann für einen Werkzeugmaschinenhersteller als Servicetechniker tätig war, oblag es oftmals sogar mir, die elektronischen Dinge zu regeln.

Die Kinematik macht maximal die Hälfte eines Digitalen Zwillings einer Werkzeugmaschine aus. Vollständig wird dieser erst, wenn man die gesamte DNA der Anlage, inklusive Steuerung und deren Parametrisierung, virtuell abbildet.
Friedrich Pimpel, Gründer und CEO der Pimpel GmbH

Die Kinematik macht maximal die Hälfte eines Digitalen Zwillings einer Werkzeugmaschine aus. Vollständig wird dieser erst, wenn man die gesamte DNA der Anlage, inklusive Steuerung und deren Parametrisierung, virtuell abbildet. Friedrich Pimpel, Gründer und CEO der Pimpel GmbH

Und das Thema Simulation hat Sie immer schon begeistert?

Es war ein Teil des Ganzen. Ich wollte immer den gesamten Fertigungsprozess abbilden und da zählt die Simulation dazu. Wobei ich bei unserer Produktlinie CHECKitB4 nicht von einer Simulation sprechen würde. Was wir machen, ist ein virtueller Maschinenlauf. Denn wir berücksichtigen nicht nur die Kinematik der Maschinen, sondern deren gesamte DNA inklusive Steuerung und deren Parametrisierung. Somit lassen sich mit CHECKitB4 auch Steuerungsabläufe in ihrer vollen Funktionalität virtuell abbilden.

Unmittelbar nach Erstellen des NC-Programms wird der NC-Code auf Basis des NC-Kernels von Siemens oder Heidenhain simuliert. Lange bevor die Maschine gerüstet wird, können so etwaige Fehler erkannt und behoben werden, ohne den Produktionsablauf zu stören.

Unmittelbar nach Erstellen des NC-Programms wird der NC-Code auf Basis des NC-Kernels von Siemens oder Heidenhain simuliert. Lange bevor die Maschine gerüstet wird, können so etwaige Fehler erkannt und behoben werden, ohne den Produktionsablauf zu stören.

Wieso war/ist Ihnen eine klassische CAM-Simulation zu wenig?

Wir wollten diese Ungewissheit „stimmt der NC-Code oder nicht“ ausräumen. Deshalb läuft bei uns kein Interpreter im Hintergrund. Stattdessen wird die virtuelle Steuerung am PC mit allen zur Verfügung stehenden Einflussgrößen, die die DNA einer Maschine ausmachen, gebootet. Dazu zählen u. a. Verfahrbegrenzungen, Sonderzyklen, Unterprogramme oder auch dynamische Achsenlimits. Außerdem werden bei uns die NC-Programme und all ihre Hochsprachenelemente auf syntaktische Korrektheit und Ablauffähigkeit geprüft. Somit sorgen wir für einen vor unliebsamen Überraschungen sicheren Übergang von der virtuellen in die reale Welt.

Rüstinformationen stehen vollständig digital und in einer sehr hohen Qualität zur Verfügung.

Rüstinformationen stehen vollständig digital und in einer sehr hohen Qualität zur Verfügung.

Wie viele Digitale Zwillinge hat die Firma Pimpel bereits zum Laufen gebracht?

In Summe ca. 800 würde ich schätzen. Wobei eines zu betonen ist: Kein Digitaler Zwilling gleicht 1:1 einem anderen – selbst dann nicht, wenn es sich um den gleichen Maschinentyp mit derselben Steuerung handelt. Es reicht eine kleine Abweichung bei einem Parameter und die Maschine reagiert anders. Derselbe NC-Code läuft plötzlich anders ab als zuvor.

Vor dem ersten Span kann die Bearbeitung auf absolute Prozesssicherheit getestet werden.

Vor dem ersten Span kann die Bearbeitung auf absolute Prozesssicherheit getestet werden.

Wenn Sie auf einer Skala von 1 bis 10 den derzeitigen Digitalisierungsgrad in der Fertigung einschätzen müssten, wo sind wir?

Eher bei 1, wir beginnen jetzt mit der Vorbereitung. Meines Erachtens wird heute vieles unter der Kategorie Digitalisierung geführt, was ich eher als EDV- oder IT-Lösung bezeichnen würde. Auf einem Bildschirm verfügbare 3D-Modelle beispielsweise sind für mich keinesfalls mit Digitalen Zwillingen gleichzusetzen, solange sie nicht parallel zum realen Fertigungsgeschehen mit Leben befüllt werden. Mittlerweile gibt es zwar viele Informationen, die in Richtung Maschinenbediener fließen, aber oftmals ist das nur eine Einbahnstraße und der Programmierer bzw. das Management erhalten kein oder zu wenig Feedback zurück. Dabei müssten eigentlich sämtliche Verschleißerscheinungen bei Werkzeugen, Spannmitteln etc. genauso digital abgebildet werden wie umfassende Details über das gesamte Environment, das in der Fertigung vorhanden ist. Bei diesen Dingen stehen wir erst am Anfang.

Was wird die Zukunft bringen?

Ich bin überzeugt davon, dass wir vor einem kompletten Umbruch stehen. Es wird auch bei Werkzeugmaschinen eine Art Plug-&-play kommen müssen, weil niemand mehr Zeit für lange Inbetriebnahmephasen hat. Früher wurde nach der Lieferung einer neuen CNC-Maschine ein kleines Fest gefeiert und es dauerte teilweise mehrere Monate, bis diese die gewünschte Performance erreichte. Heute sollte dies am besten von heute auf morgen passieren. In diesem Zusammenhang kann unsere Produktlinie CHECKitTB4 ebenfalls wertvolle Dienste leisten. Denn ein virtuelles 1:1-Abbild einer realen Maschine ist die perfekte Lösung, um in einem „geschützten Rahmen“ ausprobieren und lernen zu können.

In der Automatisierungstechnik schlummert natürlich auch noch einiges Optimierungspotenzial. Da sind wir dazu aufgerufen, dass wir es unseren Kunden so einfach wie möglich machen, gewisse CAM-Prozesse zu automatisieren. Denn eine Maschine soll Teile produzieren, am besten 24/7, und dazu muss sie mit entsprechenden Programmen gefüttert werden. Eine weitere „Hausaufgabe“ für die Zukunft lautet: Die Herstellbarkeit durchgängiger Workflows zu erleichtern. Derzeit ist die Beseitigung von Schnittstellen mit viel zu hohen Zeit- und Kostenaufwänden verbunden.

Welche konkreten Pläne verfolgt die Firma Pimpel in naher Zukunft?

Wir versuchen, weitere Kooperationen mit Maschinenherstellern einzugehen. Zuletzt wurden mit Fermat in Tschechien und Correa in Spanien Verträge ausgehandelt. Ideal wäre es natürlich, wenn die Maschinenhersteller selbst in Zukunft zusätzlich zu ihrer eigenen Software gleich auch noch deren Digitalen Zwilling mit entwickeln würden, den sie ihren Kunden gegen ein entsprechendes Entgelt optional als Software-Plug-in zur Verfügung stellen. Dann würden wir alle gemeinsam der Vision einer Smart Factory sehr viel schneller näherkommen, als dies jetzt der Fall ist. Und wenn dann die Steuerungshersteller auch noch aufspringen würden auf diesen Zug… Sie sehen, ich möchte gerne auch in Zukunft noch ein paar Sachen anstoßen und ins Rollen bringen.

Danke für das interessante Gespräch!

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